Tussinelda schrieb am 26.05.2024:es mag aber auch so sein, dass er dies alles sagte. Wir waren nicht dabei und schlussendlich ist es doch wichtiger, dass man merkt, wie sehr es ihn mitnimmt, dass er sich entschuldigt, dass deutlich wird, dass auch für ihn seitdem nix mehr wie vorher ist. Denn darum geht es doch. Da ist Deine Detailversessenheit doch nebensächlich.
Ich kann nicht wirklich zustimmen.
Das die auf welche Weise und mit welchem Grad an individueller Schuld herbeigeführte Tötung eines anderen Menschen für den Schützen ebenfalls Folgen hat, ist wohl ein Allgemeinplatz.
Aber die größten Folgen des Geschehens trafen Mouhamed, der sein Leben verlor. Und seine Angehörigen und sein Umfeld, die einen Verwandten bzw. einen ihn nahen verloren.
Mein persönliches Mitgefühl gilt deutliche eher letzteren als dem Polizisten.
Du magst bei mit Detailversessenheit sehen.
Ich erwarte, nunja Tatsachentreu bei klaren eindeutigen Tatsachen wie Aussagen, die explizit als wörtliche Rede wiedergegeben werden. Dass alle der widersprächlichen Varianten (nacheinander) geäußert wurden, erscheint doch lebensfremd.
Real aber die Gefahr, dass umso (und dann berechtigt) an Medien gezweifelt wird, wenn Tatachen tatsächlich unterschiedliche dargestellt werden.
Aber nun dazu, wie der heutige Prozeßtag sich medial widerspiegelt.
Er wird von zwei Zeugenaussagen berichtet.
Ausgesagt hat einaml die Polizistin, die vor dem Teasern und der Schußabgabe das Pfefferspray einsetzte.
Nach Aussage der angeklagten Polizistin habe ihr Dienstgruppenleiter den Einsatz des Pfeffersprays befohlen. Durch die Wirkung des Reizstoffs sollte Mouhamed Dramé dadurch das Messer fallen lassen und sich die Augen reiben. Die Angeklagte sei an den Zaun herangetreten, der sie von dem Innenhof trennte und habe das Pfefferspray eingesetzt.
Angeklagte hat Messer während des Einsatzes nicht gesehen
"Ich hab solange gepfeffert, bis eine Reaktion gab", sagte sie am 14. Verhandlungstag aus. Es trat aber nicht die erhoffte Reaktion ein. Mouhamed Dramé soll sich nach kurzer Zeit aufgerichtet und sich "nicht ganz langsam" in Richtung der anderen Polizisten bewegt haben. Ob und wie er dabei das Messer gehalten hat, konnte die Angeklagte nicht beantworten. Das Messer habe sie während des ganzen Einsatzes überhaupt nicht gesehen.
Quelle:
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/prozess-drame/polizistin-aussage-pfefferspray-drame-100.htmlDiese Beamtin hat also auf Befehl gehandelt, die durch die Befehlshandlung erhoffte Wirkung trat aber nicht sein. Ob die Beamtin das Messer, dem bzw. dessen ablegen der Einsatz des Pfeffersprays galt, tatsächlich nicht sehen konnte, ist wohl ohne genau Ortskenntnis und Wissen um die Position der Beteiligten nicht zu beurteilen. Ob der Frage im Prozeß weiter nachgegangen wurde, erschließt sich au sden Berichten nicht.
Etwas erstaunlich erscheint mir dieser Abschnitt:
Der Vorsitzende Richter Kelm wollte von der Angeklagten wissen, ob ihr bewusst war, dass es für Dramé nur einen Ausweg aus der Nische, in der er sich befunden hatte, gab - nämlich in Richtung der anderen Polizisten. "Nein", war die klare Antwort.
Quelle:
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/prozess-drame/polizistin-aussage-pfefferspray-drame-100.htmlOhne Ortskunde und wiederum Wissen, wer wo genau stand und was sehen konnte sowie was vor dem Einsatz den Beteiligten über die Örtlichkeit vermittelt wurde, kann ich mir kein belastbares eigenes Urteil zu der Frage bilden.
Nach zugegeben mehr bauchgefühligen als exakt tatsachentreuen Eindruck der bisherigen medialen Berichterstattung schien es mir allerdings eher unzweifelhaft und für alle klar, dass Mouhammed (ohne Zäune/Mauern zu überklettern, also in der Ebende) sich von seiner Position aus nur auf die Polizisten hin bewegen konnte.
Ob sie mal überlegt habe, sich dem Befehl zum "einpfeffern" zu widersetzen oder das in dem Moment hinterfragt hätte? Die Frage schien die Angeklagte schwer zu treffen. Ihre Stimme brach. Es flossen Tränen. Ihr Verteidiger regte eine kurze Verhandlungspause an, doch seine Mandantin wollte sich weiter der Befragung stellen.
Quelle:
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/prozess-drame/polizistin-aussage-pfefferspray-drame-100.htmlMöglicherweise ist die Zeugenbefragung vor dem Hinterhgrund des Geschehens per se belastend. Allerdings vermag ich mich auch der Interpretation, die Frage hätte die Angeklagte deshalb schwer getroffen, weil sie vielleicht doch damals den Befehl hinterfragte, ihn für nicht richtig gehalten haben könnte. Vielleicht wird sich im Urteil etwwas dazu finden, was das Gericht aus welchen Gründen bei diesem Aspekt für zutreffend hält.
Sie habe den Einsatz des Pfeffersprays als "zweckmäßig" empfunden. Einen Anlass diesen Befehl zu verweigern, habe sie nicht gesehen. Bedenken habe sie nicht gehabt, der Dienstgruppenleiter hätte oft Einsätze geleitet und es sei nie etwas schief gegangen. Bis zu diesem Tag im August 2022. Dass dieser Einsatz tödlich ausging, "das war nicht die Absicht von uns", so die junge Polizistin.
Quelle:
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/prozess-drame/polizistin-aussage-pfefferspray-drame-100.htmlSo lange das Gericht nichts anderes feststellt, will ich der Aussage der Polizistin zur Zweckmäßigkeit vorerst folgen.
Erschreclkend finde ich zugegeben, wenn eine deutsche Polizistin vor einem deutschen Gericht es nach einem tödlich verlaufenen Einsatz offenbar für relevant hält, zu erwähnen, die Tötung des als suizidal gemeldeten polizeilichen Gegenübers sei keine Absicht gewesen.
Wie unsicher offenbar die genaue Beurteilung der Örtlichkeit war, läßt sich wohl hier ahnen:
Die junge Frau wirkt angefasst, während sie den Ablauf des Einsatzes mehrfach schildern muss. Dieser scheint recht unübersichtlich: Man sei als Verstärkung hinzugerufen worden, zunächst aber am falschen Ort gewesen, über einen Zaun geklettert, dann wieder zurück. Sie und ihre Kollegen hätten sich dann erstmal hinter einem Stromkasten positioniert, um sich zu orientieren.
Quelle:
https://www.waz.de/staedte/dortmund/article242506224/Polizistin-ueber-Drame-Einsatz-Ich-sollte-ihn-einpfeffern.htmlIch will zwar ausdrücklich nicht einen solchen Einsatz mit dem Einsatz zur Personensuche einer Rettungshundestaffel vergleichen, kanna ber schon grundsätzlich leichte Irritationen, Unsicherheiten, Fehlannahmen zum genauen Zielpunkt nachvollziehen. Alledings hääte ich angenommen, dass auch bei der Polizei zwischen eintreffen der Einsatzkräfte vor Ort und wirklich in den Einsatz gehen etwas wie eine einweisung liegt, so dass dann alle die Örtlichkeit kennen (ob nun digital oder als analoge Kartenausdruck oder Skizze).
Dann habe es mehrmals geknallt. Dass das Schüsse aus der Maschinenpistole ihres Kollegen waren, habe sie erst realisiert, als über Funk ein Rettungswagen angefordert wurde.
Quelle:
https://www.waz.de/staedte/dortmund/article242506224/Polizistin-ueber-Drame-Einsatz-Ich-sollte-ihn-einpfeffern.htmlFinde ich erstaunlich. Sollten Polizeibeamte nicht durch die Schießtrainings mehr Erfahrung/Sicherheit dabei haben, zwischen sonstigen Knallgeräuschen und Schußabgaben aus den wohl überschaubar vielen verschiedenen polizeilichen Dienstwaffen zu unterscheiden?
Interessant hätte ich die Antwort auf die Frage gefunden, was die BEamtin zuerst als Ursache für die Knallgeräusche annahm.
Zur Aussage eine weiteren Zeugin:
Die Frau ist Sozialarbeiterin der Jugendeinrichtung, in der Mouhamed damals untergebracht war. Ihrer Ansicht nach ging von dem Jugendlichen zu keiner Zeit eine Gefahr für die eingesetzten Polizisten aus.
Quelle:
https://www.radio912.de/artikel/mouhamed-prozess-in-dortmund-zeugin-kritisiert-die-polizei-2004340.htmlDas erläuterte die Zeugin offenbar näher:
Das Messer habe er mit der Klinge nach unten und keineswegs drohend in der Hand gehalten. Einer der Verteidiger warf der Zeugin im Anschluss an die Vernehmung eine Falschaussage vor. Was sie berichtet habe, könne sie von ihrem Standort gar nicht gesehen haben.
Quelle:
https://www.radio912.de/artikel/mouhamed-prozess-in-dortmund-zeugin-kritisiert-die-polizei-2004340.htmlDa mir nicht ausgeschlossen scheint, dass die Sachfrage, was die Zeugin sehen konnte, beweiserheblich/für deren Glaubwürdigkeit relevant ist, wird das Gericht der Frage wohl nachgehen (bspw. durch Inaugenscheinnahme entsprechender Bilder von vor Ort oder gar sachverständiger Gutachten).