Vermisste Ayleen A. (14) aus Gottenheim tot aufgefunden

Boho schrieb:Wenn er zuletzt zwei Jahre unauffällig war, sich an Auflagen hielt, dann hätte ein ordentlicher Betreuer (die übrigens oft auch Anwälte sind) schon gesetzlich die Pflicht gehabt, für eine Aufhebung der Einschränkung der Persönlichkeitsrechte zu sorgen. Insbesondere, wenn der Überwachte selbst einen solchen Wunsch geäußert hätte.

Ja, in Form von Klageeinreichung. Die endgültige Entscheidung trifft dann ein Gericht und kein Betreuer oder Anwalt eines Klägers. Der kann eine Entscheidung auch nicht erzwingen.

Kann ich mir im Falle des TV übrigens auch gut vorstellen. Also zumindest, dass er sich anwaltlich beraten lassen haben könnte und darauf muss er nicht mal selbst gekommen sein. Oder hat sich selbst ohne fremde Hilfe juristische Hilfe gesucht - keine Ahnung.
Und Klagen vor einem Landgericht, muss sogar glaube ich ein Anwalt einreichen. Da kann glaube ich nicht mal jeder X-Beliebige selbst Klage einreichen, nur weil sich jemand ungerecht behandelt fühlt. Vor allem wie würde die aussehen, wenns ein Laie tun würde?

Also den Artikel aus dem Focus finde ich ziemlich befremdlich. Hinterher haben wieder alle natürlich ganz genau gewusst...

Und immer wieder seien Mädchen oder junge Frauen zu ihm gekommen, die sich über Jan beschwert hätten. Wohl weil sie gewusst hätten, dass er Jan gut kannte und keine Angst vor ihm hatte, sagt Patrick. „Es waren zwar keine schweren Fälle mit Anfassen an den Geschlechtsteilen dabei. Aber die Mädchen haben sich von ihm bedrängt gefühlt. Er kam ihnen zu nahe, wollte eine körperliche Nähe herstellen, die zu viel für sie war. Ich würde sagen, in den letzten fünf Jahren gab es rund 50 solcher Fälle.“

https://www.focus.de/panorama/welt/familienfreund-packt-im-gespraech-mit-focus-online-aus-ayleen-ex-kumpel-von-mutmasslichem-killer-sah-die-tat-kommen_id_129952626.html

Der Kumpel spricht von Behördenversagen - aber wenn es an die 50 Vorfälle gegeben haben soll - so groß ist Wetzlar ja nun nicht, das haben trotz der Vorgeschichte alle dort so geschluckt und niemand ist aktiv geworden? Niemand - auch nicht der Freund, der die Lage in diesem Interview so klar "analysiert" - die Mutter, die Familie, die belästigten Mädchen, die Ex-Freundin - wirklich niemand hat es für erforderlich gehalten, entsprechende Stellen über all diese Vorfälle in Kenntnis zu setzen, über diese Gefahr und tickende Zeitbombe zu informieren. Man hat das alles geschehen lassen, um jetzt den Behörden die Schuld dafür zu geben?
Ich kann dem Artikel wirklich kaum was abgewinnen, außer dass die zerrütteten Familienverhältnisse ein wenig Einblick in die Vorgeschichte geben. Alle anderen Aussagen dort sollte man mit einer gewissen Vorsicht genießen.

Interested schrieb:Der Kumpel spricht von Behördenversagen - aber wenn es an die 50 Vorfälle gegeben haben soll - so groß ist Wetzlar ja nun nicht, das haben trotz der Vorgeschichte alle dort so geschluckt und niemand ist aktiv geworden? Niemand - auch nicht der Freund, der die Lage in diesem Interview so klar "analysiert" - die Mutter, die Familie, die belästigten Mädchen, die Ex-Freundin - wirklich niemand hat es für erforderlich gehalten, entsprechende Stellen über all diese Vorfälle in Kenntnis zu setzen, über diese Gefahr und tickende Zeitbombe zu informieren. Man hat das alles geschehen lassen, um jetzt den Behörden die Schuld dafür zu geben?
Ich kann dem Artikel wirklich kaum was abgewinnen, außer dass die zerrütteten Familienverhältnisse ein wenig Einblick in die Vorgeschichte geben. Alle anderen Aussagen dort sollte man mit einer gewissen Vorsicht genießen.

Das ging mir die Tage auch schon durch den Kopf. Jeder hat jetzt was zu sagen und will sich natürlich öffentlich äußern und meinst du davon würde sich auch nur einer eine Mitschuld auch nur moralischen Sinne geben? Wahrscheinlich nicht. Entweder man wills nichts bemerkt haben oder man hat alles versucht, aber konnte auch nichts tun. Und wieder andere nutzen bestimmt auch die Gelegenheit aus, um so richtig zu übertreiben aus welchen Gründen auch immer.

Und natürlich trägt am Ende nur der böse Staat eine Mitschuld und sei das auch nur wieder im moralischen Sinne.

Und gewisse Medien würden wahrscheinlich auch noch am liebsten den toten Hund des TV ausgraben, zum leben erwecken und ihm das Sprechen beibringen, damit auch noch das Haustier möglichst reißerisches berichten könnte, sollte der TV irgendwann mal einen Hund gehabt haben.



Und ich würde sagen, siehe Zitat oben, in den letzten fünf Jahren gab es rund 50 solcher Fälle, klingt auch nicht gerade nach tatsächlichem Wissen, sondern mehr nach persönlichem Glauben. Zumindest schätzt derjenige wohl nur.

Apo_Andreas schrieb:Unter Strich muss man wohl akzeptieren, dass es gewisse genetische Faktoren gibt, die kriminelles bzw. deviantes Verhalten begünstigen, wobei es natürlich auch Meinungen gibt, dass diese genetischen Faktoren sich erst bei ungünstigen bzw. negativen Umweltbedingungen manifestieren

Die Gene bestimmen aber nicht alles. Sie geben zwar Anlagen vor, aber ich glaube, dass die postnatale Prägung einen wesentlichen Anteil daran hat, was aus einem Menschen wird. Und dazu gibt es noch den freien Willen, wo man sich entscheiden kann, in welche Richtung man abbiegt.

Selbst genetisch identische eineiige Zwillinge entwickeln sich nicht gleich. Das würde dann heißen, ein Zwilling kann Kain werden, der andere Abel.

Es gilt als Konsens, dass Gene und Lebensumstände einen Menschen zu etwa gleichen Teilen beeinflussen.

Die epigenetische Auseinanderentwicklung der Zwillinge beginnt aber bereits im Mutterleib, wie ein Forscherteam um Jeff Craig von der University of Melbourne herausfand, indem es Nabelschnurblut und Mutterkuchen neugeborener Zwillinge analysierte. Obwohl die Zwillinge bei ihrer Zeugung noch genetisch identisch gewesen waren, kamen sie bereits mit unterschiedlichen Prägungen im Erbgut zur Welt.

Aber Zwillinge zeigen der Menschheit auch: Die Gene mögen zwar ein Stück weit das Leben bestimmen, aber erstens ist der Einfluss begrenzt. Und zweitens bestimmt das Leben auch über die Gene.

Quelle:

https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/zwillinge-genforschung-mutationen-epigenetik-1.5178260

Es ist müßig darüber zu richten, welcher Freund oder welcher Familienangehörige sich da hätte eher einmischen müssen. Es ist eben auch keine unpersönliche Beziehung gewesen - da entscheiden halt noch andere Faktoren als nur Vernunft und Analyse.

Für mich bleibt der entscheidende Punkt sein Verhalten gegenüber der 17-Jährigen und evtl. anderen Mädchen, was der Polizei vorlag. Das muss in so einem Fall reichen, um ihn zumindest mal zu überwachen. Dass er überhaupt die Möglichkeit hatte, nach Freiburg zu fahren (ohne Führerschein wohlgemerkt), da fehlen mir wirklich die Worte.

Strongbow schrieb:Dass er überhaupt die Möglichkeit hatte, nach Freiburg zu fahren (ohne Führerschein wohlgemerkt), da fehlen mir wirklich die Worte.

Wenn er doch keinen Führerschein hatte, dann wird er doch auch kein eigenes Auto gehabt haben. Oder wie ist das?
Von wem hatte er dann das Auto, um nach Südbaden zu fahren? Für einen Mietwagen muß man einen Führerschein vorlegen. Fällt also flach. Und bei dem Zugriff am Freitagmorgen, 29.07.22, in Frankfurt, da war er ja auch mit dem Auto unterwegs. Dienstwagen? Fällt doch auch flach, dazu brauchts auch einen Führerschein.

CorvusCorax schrieb:Wenn er doch keinen Führerschein hatte, dann wird er doch auch kein eigenes Auto gehabt haben. Oder wie ist das?
Von wem hatte er dann das Auto, um nach Südbaden zu fahren? Für einen Mietwagen muß man einen Führerschein vorlegen. Fällt also flach. Und bei dem Zugriff am Freitagmorgen, 29.07.22, in Frankfurt, da war er ja auch mit dem Auto unterwegs. Dienstwagen? Fällt doch auch flach, dazu brauchts auch einen Führerschein.

Laut Berichten war es sein eigenes. Und nur weil er keinen Führerschein mehr hatte, darf er es ja trotzdem besitzen.

Hier ein Artikel von heute in der FAZ von Rüdiger Soldt, der schon mehrere Texte über den Fall geschrieben hat. Dieses Mal geht es um die psychiatrische Begutachtung des TV.
Im Artikel stimmt wohl die Jahreszahl 2017 im Zusammenhang mit der Volljährigkeit nicht, oder es erschließt sich mir nicht:

https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/ayleen-a-warum-durfte-sich-der-mutmassliche-moerder-frei-bewegen-18224652.html

Strongbow schrieb:Laut Berichten war es sein eigenes. Und nur weil er keinen Führerschein mehr hatte, darf er es ja trotzdem besitzen.

Hab schon mehrere Male gelesen, dass er neben Eigentumsdelikten auch mit Verkehrsdelikten aktenkundig geworden sei. Ich ging bislang davon aus, dass er noch gar nie einen Führerschein gemacht hat. Das ist wohl doch nicht so.

chipie schrieb:Im Artikel stimmt wohl die Jahreszahl 2017 im Zusammenhang mit der Volljährigkeit nicht, oder es erschließt sich mir nicht:

Muss mich selbst zitieren. Das Datum 2017 im Zusammenhang mit der Volljährigkeit im FAZ Artikel ist wohl ein Tippfehler des Autors: Er meinte vermutlich 2010.

Also, nachdem ich den neuen FAZ-Artikel zwei Mal gelesen und darüber nachgedacht habe, fällt mir besonders ein Umstand kritisch auf. Was ist das für ein System: Wenn jemand als Kind/Jugendlicher in die forensische Psychiatrie eingewiesen wird und lebt dort abgeschottet vier Jahre, wie kann es dann sein, dass man mit Eintreten in die Volljährigkeit in eine Geschlossene Anstalt für Erwachsene verlegt wird? Dort fängt man wieder neu an und zwar ganz von unten. Es wird dort sicherlich härtere Kaliber als in der Kinder- und Jugendpsychiatrie geben.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Umstand förderlich für die weitere Entwicklung ist.
Außerdem meldet sich in dem Artikel schon wieder jemand zu Wort, der alle Schuld anderen zuweist. Hier soll es also der externe Gutachter gewesen sein. Kein Wort natürlich über die "Behandlungserfolge" der Vitos-Klinik-Gruppe.
Dann noch der Hinweis auf eine Entlassungswelle für viele im Jahr 2016. Wieder eine andere Schuldquelle.
Massives Versagen allerorten.

chipie schrieb:wie kann es dann sein, dass man mit Eintreten in die Volljährigkeit in eine Geschlossene Anstalt für Erwachsene verlegt wird?

Die Vitos-Klinik behandelt halt nur Kinder und Jugendliche. Ab Eintritt der Volljährigkeit war dann die Haina-Klinik für Erwachsene zuständig.

https://www.vitos.de/gesellschaften/vitos-giessen-marburg/einrichtungen/vitos-jugendforensische-klinik-marburg?fbclid=IwAR06rOpP93Gi-M2QZ_T9CPIeGarUixzj802Fwb9XFUAPuPkJesrZlvbH9Vg

https://www.vitos.de/gesellschaften/vitos-haina/einrichtungen/vitos-klinik-fuer-forensische-psychiatrie-haina?fbclid=IwAR2Sa2ppFz3CWJUwAR3lNv7egms1lzX3yYBU9vat8H112VIMCxnXTjbE6Ko

CorvusCorax schrieb:Die Vitos-Klinik behandelt halt nur Kinder und Jugendliche. Ab Eintritt der Volljährigkeit war dann die Haina-Klinik für Erwachsene zuständig.

Beide Kliniken gehören zur Vitos-Gruppe.
Meine Kritik richtete sich vor allem auf den Umstand, dass man mit Eintritt in die Volljährigkeit in eine völlig andere Klinik überwiesen wird. Das ist sicherlich sehr belastend und nicht förderlich.
Z.B. auch der Umstand, dass neue Betreuer und ein neues soziales Umfeld geschaffen werden.
Psychisch kranke Menschen brauchen eine stabiles, klar strukturiertes Umfeld.

ich sehe auch keinerlei Behandlungserfolg und unzählige Brüche im Lebenslauf des TV.
Das alles konnte ja nicht gutgehen.

Was anderes noch: Haben Wachleute eigentlich Zugang zu Waffen im weiteren Sinne oder bekommen sie eine Einweisung in Verteidigung?

chipie schrieb:Kein Wort natürlich über die "Behandlungserfolge" der Vitos-Klinik-Gruppe.

Mich wundert immer wieder die offenbar große Erwartung an Behandlungserfolge. Diese kann man in leichten Fällen evtl. erreichen. Aber seien wir realistisch (und jetzt ganz allgemein gesprochen): bei einem Sexualstraftäter kommen ja meist zwei Dinge zusammen: erstens ein gestörter Sexualtrieb (mit evtl. sadistischen Anteilen), und zweitens eine Unfähigkeit, diesem Trieb stets zu widerstehen (und dann auch zur Verdeckung nicht vor einem Mord zurückzuschrecken). Die sexuelle Veranlagung gilt spätestens nach der Pubertät als mehr oder weniger nicht mehr veränderbar, so dass man hier mit einer Psychotherapie so gut wie nichts erreichen kann. Das Problem ist ja, dass die (sexuelle) Befriedigung durch nichts anderes ersetzt werden kann. (Deswegen werden in solchen Fällen ja auch Medikamente eingesetzt, die diesen Trieb so weit wie möglich dämpfen.) Mit Psychotherapie kann man allenfalls hoffen, dass der Betroffene lernt, auf die Erfüllung seiner sexuellen Bedürfnisse vernunftsmäßig zu verzichten, jedenfalls in Bezug auf das (uneinvernehmliche) Einbeziehen anderern Personen. Wie lange kann sowas gut gehen? Selbst bei positiver sozialer Integration oder starker Persönlichkeit, die die meisten nicht haben? In Deutschland steht die Resozialisierung aus guten Gründen im Strafrecht sehr hoch. (Im Gegensatz zum Beispiel zum US-Rechtssystem.) Aber mir scheint, dass bei solchen stark triebgesteuerten Sexualstraftätern weder Therapie noch lange Haftstrafe eine "Heilung" und damit gute Voraussetzungen für eine Resozialisierung schaffen. Im Vordergrund sehe ich den Schutz des einzelnen in der Gesellschaft. Einzige Alternative zum dauerhaften Wegsperren scheint mir noch eine konsequent kontrollierte medikamentöse Einstellung zu sein, die auch ohne wenn und aber durchgeführt wird. Was hier in diesem Fall aber offenbar nicht geschehen ist.

redsherlock schrieb:Einzige Alternative zum dauerhaften Wegsperren scheint mir noch eine konsequent kontrollierte medikamentöse Einstellung zu sein, die auch ohne wenn und aber durchgeführt wird. Was hier in diesem Fall aber offenbar nicht geschehen ist.

Ja, auch das ist nicht erfolgt. Eine endlose Kette von Versagen tut sich hier auf.
Du hast sicher Recht mit Deiner Ausführung. Es gibt wohl wenig Optimismus in solchen Fällen. Leider.

Ich frag mich auch, wieso es die Kripo Freiburg nicht geschafft hat, das Handy von Ayleen zu orten. Selbst wenn es ausgeschalten war, hätte man doch (hab ich nachgelesen) mit stillen SMS (stealth ping) das Gerät orten können. Es sei denn der TV hatte die Sim-Karte entfernt.
Mir kommt der Verdacht auf, dass alles zu spät eingesetzt hat und zu langsam gelaufen ist. Hessen hatten sie ja auch nicht auf dem Schirm. Ich hoffe, dass wenigstens die Kripoarbeit transparent offengelegt wird.
Sowie auch die Behörden-Entscheidungen.

chipie schrieb:Ich frag mich auch, wieso es die Kripo Freiburg nicht geschafft hat, das Handy von Ayleen zu orten. Selbst wenn es ausgeschalten war, hätte man doch (hab ich nachgelesen) mit stillen SMS (stealth ping) das Gerät orten können.

Aber wenn das Handy aus ist, ist es aus. Wie soll man da etwas orten?

Klappt das auch bei ausgeschalteten Handys?

Nein, das Mobiltelefon muss eingeschaltet und mit einer gültigen SIM-Karte im Netz eingebucht sein. Wenn sich ein Mobiltelefon im "Flugmodus" befindet, kann es auch nicht mit einer SMS "angepingt" werden.

Quelle:

https://www.n-tv.de/technik/Wie-funktionieren-stille-SMS--article20563873.html

@CorvusCorax

Eine stille sms funktioniert nicht, wenn Akku und sim-Karte entfernt werden.

(Was an sich auch unlogisch ist. Wenn die sim-Karte entfernt wurde, nützt ein Akku ja auch nichts.)

@CorvusCorax

Nein, das Mobiltelefon muss eingeschaltet und mit einer gültigen SIM-Karte im Netz eingebucht sein. Wenn sich ein Mobiltelefon im "Flugmodus" befindet, kann es auch nicht mit einer SMS "angepingt" werden.

Quelle: siehe oben bei @CorvusCorax

Es bestehen wohl mehrere technische Erklärungen zur stillen sms. Man müsste es mal ausprobieren. Das kann man auch als Laie tun, bekommt dann allerdings keine Orte, sondern nur Rückmeldungen.