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Till R. seit 2017 vermisst und wieder aufgefunden

741 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Vermisst, Bayern, 2017 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Till R. seit 2017 vermisst und wieder aufgefunden

08.07.2022 um 13:01
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Mein Konsolenwissen ist irgendwo bei der ersten PlayStation stehengeblieben. Was ich mich frage, ist, welchen Sinn es überhaupt machte, die Konsole zu dem erwachsenen Freund mitzunehmen.

Wenn er dort gemeinsam mit ihm zocken wollte, hätte doch ein Bildschirm bzw. Fernseher gefehlt? Kann man nicht an eine PlayStation auch mehrere Controller anschließen? Oder hatte er vor, falls er dort unterkäme, in Abwesenheit seines Freundes (Arbeit?), und nur dann, seine eigene Playstation an Monitor und Netzverbindung des Freundes anzuschließen? Oder kann man zwei Konsolen gleichzeitig an einem Monitor betreiben?

Welches sinnvolle Szenario ergibt sich denn aus zwei identischen Spielekonsolen und nur einem Monitor?
Ich glaube nicht, dass er überhaupt so weit gedacht hat. Er hat ja offenbar den Lingener Mann nicht vorher über sein Vorhaben, bei ihm Wohnen zu wollen informiert oder überhaupt auch nur gefragt, ob dieser prinzipiell dazu bereit war, ihn aufzunehmen. Er stand einfach eines Tages da vor der Tür.

Ich fand ihn in dem Film sehr kindlich und für sein Alter extrem naiv dargestellt. Insofern glaube ich eben, dass er sich einfach vorgestellt hat, wie die beiden den Rest des Lebens zusammen PS zocken. Das er auch dort zur Schule müsste, dass irgendjemand ja auch den Lebensunterhalt verdienen muss und schon gar nicht über so technische Details wie den Bedarf von zwei Monitoren hat er sich nicht große vorher Gedanken gemacht.


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08.07.2022 um 13:22
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Das er auch dort zur Schule müsste, dass irgendjemand ja auch den Lebensunterhalt verdienen muss und schon gar nicht über so technische Details wie den Bedarf von zwei Monitoren hat er sich nicht große vorher Gedanken gemacht.
Nun ja, hier wurde ja schon einmal geschrieben, dass die Spielstände, die Mitgliedschaft bei Sony usw. nicht nur an die Person, sondern wohl auch an dieses ganz bestimmte Gerät gekoppelt waren. In so einem Konsolen-Ökosystem hat ja der Hersteller sehr weit reichende Möglichkeiten, die Regeln zu bestimmen und durchzusetzen.

Ich will darauf hinaus, ob man aus der Mitnahme der Konsole eventuell schließen kann, dass Till aus seiner Sicht gar nicht vorgehabt hat, jemals nach Markt Bibart zurück zu kehren.

Schließlich hatte man ja nach Aussage der Eltern in AzXY auch den Eindruck, dass sich der Streit in der Familie an der Konsole entzündet hatte.

Was mich bei der Zugfahrt von Lingen (Ems) nach Hause auch noch interessieren würde, wäre die Frage, wer alles von dieser Zugfahrt Kenntnis hatte. Meines Wissens waren das zumindest:

  • Till selbst
  • Der erwachsene Konsolenfreund
  • Das Jugendamt in Lingen
  • Das Jugendamt in Markt Bibart


Die entscheidende Frage ist für mich, ob noch jemand von der anstehenden Zugfahrt wusste. Wie ich schon einmal schrieb, wird es zwischen den beiden relativ unbedeutenden Orten keine direkte Zugverbindung ohne Umsteigen gegeben haben.

Jemand, der nicht wollte, dass Till zurück kehrt und von der Fahrt gewusst hätte, hätte den Jungen beispielsweise an einem Umsteigebahnhof abfangen können. Nur weiß ich nicht, wer daran Interesse gehabt haben sollte und wie er an die entsprechende Info gekommen sein könnte. Bummelzüge mit dem Auto einzuholen oder ihnen entgegen zu fahren ist ja keine James-Bond-Aktion, sondern sollte bei Kenntnis der Zugverbindung jedem möglich sein, der von der Fahrt weiß.


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08.07.2022 um 13:23
Mit der Konsole kann alles Mögliche passiert sein. Er könnte sie verkauft haben. Er könnte sie verloren haben. Sie könnte ihm gestohlen worden sein. Sie könnte ihm heruntergefallen und dabei kaputtgegangen sein. Er könnte sie selbst weggeworfen haben oder als Gegenleistung für eine Unterkunft angeboten haben.

Jedenfalls: Wenn er nicht tatsächlich einen anderen Unterschlupf als bei dem Mann in Lingen gefunden haben sollte (zum Beispiel einen anderen Spielpartner aus dem Internet), er also zumindest zunächst ohne Obdach war, dann wird ihm die Konsole doch eher lästig gewesen sein. Sie ist sperrig, man muss immer Angst haben, dass sie kaputtgeht oder gestohlen wird, und ohne Steckdose, also ohne Räumlichkeiten, kann er auch nichts damit anfangen.

Als er von zu Hause losfuhr, hatte er ja noch gedacht, er könnte bei dem Mann in Lingen bleiben. Für den Fall hätte die Mitnahme der Konsole im Gepäck Sinn gemacht, aber nicht, wenn er auf einmal nicht (mehr) wusste, wohin.

Ich glaube darum nicht, dass er (falls er überhaupt noch lebt) die Konsole noch hat, und wundere mich, dass die hier immer wieder zur Sprachek kommt.


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08.07.2022 um 13:54
Vielleicht ging die Konsole ja auch wieder online - und vielleicht wurde das auch erkannt, aber dies führte vielleicht zu einem neuen Besitzer. Das muss ja nicht unbedingt der Öffentlichkeit mitgeteilt werden.


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08.07.2022 um 14:47
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Wie ich schon einmal schrieb, wird es zwischen den beiden relativ unbedeutenden Orten keine direkte Zugverbindung ohne Umsteigen gegeben haben.
Ich habe mir die Bahnverbindungen mal angesehen. Wenn man mit möglichst wenig Umsteigen eine Verbindung zwischen Lingen und Markt Bibart herstellen will, kommt man mit zweimal Umsteigen, in Düsseldorf und Würzburg, hin. Immer vorausgesetzt, der Fahrplan war damals ähnlich. Die Stationen bis dahin sind: Rheine - Münster(Westf)Hbf - Recklinghausen Hbf - Wanne-Eickel Hbf - Gelsenkirchen Hbf -
Oberhausen Hbf- Düsseldorf Hbf 35 Min. Umsteigezeit - Köln Messe/Deutz -Frankfurt(M) Flughafen Fernbf -Frankfurt(Main)Hbf -
Aschaffenburg Hbf - Würzburg Hbf 18 Min. Umsteigezeit - Rottendorf - Dettelbach Bahnhof - Buchbrunn-Mainstockheim - Kitzingen - Iphofen - Markt Bibart.

Die Umsteigezeit in Düsseldorf ist mit 35 Minuten vergleichsweise lang und Düsseldorf ist eine größere Stadt, die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens. Vielleicht hat er sich da entschieden, den vorgesehenen Anschlusszug nicht zu nehmen, nachdem er vorher im Zug über seine Situation nachgedacht hat.


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08.07.2022 um 15:06
Zitat von CandykillsCandykills schrieb:Vielleicht ging die Konsole ja auch wieder online - und vielleicht wurde das auch erkannt, aber dies führte vielleicht zu einem neuen Besitzer. Das muss ja nicht unbedingt der Öffentlichkeit mitgeteilt werden.
Es muss natürlich nicht - aber es wäre eine sehr wichtige Information für die Fahndung. Wenn ein neuer Besitzer das Ding irgendwo gekauft oder gefunden hätte, dann wäre das ja schon ein sehr wichtiger Hinweis, wo sich Till evtl. aufgehalten hat. Und man könnte versuchen, an den Verkäufer heranzukommen und herauszufinden, wo er das Ding wiederum her hat.

Daher vermute ich, dass man diese Information schon alleine aus Fahndungsgründen mitgeteilt hätte.


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08.07.2022 um 17:43
Interessant ist auch das am selben Abend wo die Sendung ausgestrahlt wurde ca 50 Anrufe eingingen mit Hinweisen. Ob die Hinweise stimmen muss erst die Kripo überprüfen.

Neben der Playstation sind doch sicherlich etliche Accounts interessant, die er am Handy genutzt hat für die verschiedenen Apps, Internet Dienste und seinem Playstore/App Store Account je nachdem ob er Android oder Apple nutzte.

Auch wenn er die SIM Karte vielleicht weggeworfen hat und sich eine andere Sim besorgt hat, wo er ja auch um ein Ausweis nicht drumherum kommt zur Aktivierung.

Da könnte man doch auch bestimmt einiges herausfinden.


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08.07.2022 um 18:40
@bergsportler
Ist mMn aber auch die Frage ob ein 15jähriger so versiert in PC Fragen ist, dass er weiß, dass jedes Gerät nun für immer off bleiben muss um keine Spur zu legen. Ich persönlich glaube ja, dass selbst Jugendliche die abhauen wollen, nicht so kaltblütig sind jede Spur, die zu ihnen führen könnte zu vernichten.


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08.07.2022 um 18:48
Mit 15 Jahren kann man schon einiges an Wissen haben, besonders wenn er sich mit Playstation beschäftigt tut er es mit PC bestimmt auch. Gerade heute im Internet Zeitalter kann man sich leicht alles mögliche an Wissen schnell zusammensuchen.


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08.07.2022 um 19:34
Zitat von sören42sören42 schrieb:Die Umsteigezeit in Düsseldorf ist mit 35 Minuten vergleichsweise lang und Düsseldorf ist eine größere Stadt, die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens. Vielleicht hat er sich da entschieden, den vorgesehenen Anschlusszug nicht zu nehmen, nachdem er vorher im Zug über seine Situation nachgedacht hat.
@sören42 Vielen Dank für die Recherche! Auch Würzburg ist kein Dorf. Ich frage mich eben, ob jemand, in Kenntnis der gewählten Zugverbindung, ihn unterwegs an einem Umsteigeort abgefangen haben könnte - und zu welchem Zweck? Was passierte dann möglicherweise? Kam es zu einem Streit?

Ehe man von dem großen Unbekannten ausgeht, mit dem Till mitgereist sein könnte, müsste man doch zunächst alle bekannten Akteure ins Kalkül ziehen, ob da irgend etwas unterwegs vorgefallen sein könnte.

Einfach in einen anderen Zug steigen fällt ja spätestens bei der Fahrkartenkontrolle auf.
Zitat von bergsportlerbergsportler schrieb:Neben der Playstation sind doch sicherlich etliche Accounts interessant, die er am Handy genutzt hat für die verschiedenen Apps, Internet Dienste und seinem Playstore/App Store Account je nachdem ob er Android oder Apple nutzte.
Diese ganzen digitalen Identitäten, die ein junger Mensch heute hat, sind ein sehr interessanter Gesichtspunkt. Das wird man alles überprüft haben - eigentlich kaum vorstellbar, dass ein junger Mensch da alle Brücken abreißt. Allerdings weiß man natürlich nicht, inwieweit TR da überhaupt aktiv war - wenn jemand z.B. keinen sehr großen Freundeskreis hat, sind die sozialen Medien jetzt auch nicht so wichtig. Schließlich muss man sich an Diensten wie FB und Co nicht beteiligen, wenn man das nicht möchte.


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08.07.2022 um 20:06
Über die familiären Verhältnisse kann keiner urteilen, da sie unbekannt sind. In einem Filmbeitrag wie von XY fließt das logischerweise nicht ein. Im Familienleben gibt es immer Höhen und Tiefen. Stressiger Alltag, wenig Herzlichkeit, so konnte man es dem Film entnehmen. Die Mutter gab ja selbst zu, dass sie es bedauere, ihn an dem Morgen nicht länger umarmt zu haben.
Für meinen Teil gehe ich schon von einem sehr triftigen Grund aus, der Till dazu bewog, nicht mehr zurück zu seinen Eltern zu wollen. Wenn es kein triftiger Grund gewesen wäre, hätte der Lingener Bekannte sicherlich nicht den Vorschlag gemacht zum Jugendamt zu gehen. Till muss sich also seinem Bekannten voll offenbart haben. Wäre der Grund ein ganz Allgemeiner gewesen, wie schlechte Noten, Unzufriedenheit eines Teenagers, hätte der Bekannte Till bestimmt davon überzeugt, einfach wieder zurückzufahren. Till hätte ihn ja später wieder einmal besuchen können, um zu zocken und zu quatschen. M.M.n. steckte da schon etwas Elementäres, Wichtiges dahinter, um die Situtation "Gang zum Jugendamt" zu rechtfertigen. Natürlich war der Mann aus Lingen so weitsichtig und hat es u.a. auch gemacht, um nicht selbst ins schlechte Licht zu geraten.
Im Grunde genommen wissen wir doch alle nicht, was Tills Beweggründe waren. Ob der Lingener das alles der Polizei offenbart hat, weiß man auch nicht. Nur der Polizei ist bekannt, was das überhaupt für ein Mensch war etc.. Ob man routinemäßig solche Kontrollbesuche macht, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht war alles für die Polizei nicht so 100% glaubwürdig oder man hatte es mit jemandem zu tun, der u.U. selbst schon auffällig war. Es wurde im Anschluss alles mehrmals geprüft und der Mann ist für unbescholten in dieser Sache erklärt worden.
Es war keine Rede davon, dass Till z.B. gemobbt worden wäre. Ganz im Gegenteil, sein Zeugnis war für seine Verhältnisse sogar besser ausgefallen, als man angenommen hatte und er hatte sich sehr darüber gefreut. Seine Eltern auch. Es muss also andere Gründe für sein Verschwinden geben. Er fürchtete einfach die ganzen Konflikte, die sich aus seinem Abnabeln vom Elternhaus entstehen könnten. Jedenfalls muss diese Angst so groß gewesen sein, dass er den Zug verlassen hat, obwohl seine vorläufige Betreuung perfekt organisiert war.
Da die Meldebehörden keinen Treffer hatten, gehe ich davon aus, dass er irgendwie anderweitig zu Papieren gelangt ist. Gänzlich ohne Papiere kann man schwer was anfangen. Vielleicht lebt er unter anderer Identität, wer weiß? Das Darknet lässt es zu und seine Zockerfreunde hatten vielleicht davon Ahnung.
Die drei Jahre bis zur Volljährigkeit hätte man durchaus überbrücken können, so man gute Kumpels findet.


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08.07.2022 um 20:14
Zitat von xoxalbxoxalb schrieb:M.M.n. steckte da schon etwas Elementäres, Wichtiges dahinter, um die Situtation "Gang zum Jugendamt" zu rechtfertigen.
Das muss nicht unbedingt sein. Der Mann in Lingen wollte vielleicht Unterstützung dabei haben, Till zum Nach-Hause-fahren zu überreden. Till dagegen dachte sicher, das Jugendamt würde offiziell erlauben, dass er bei dem Mann wohnen dürfe. Sonst wäre er vermutlich gar nicht mit dorthin gegangen.


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08.07.2022 um 20:37
Es kann auch sein, dass sich Till so vehement weigerte heim zu fahren, dass ihm letztendlich die Option eröffnet wurde, erstmal in einer Pflegefamilie unterzukommen.
Und Till war das vielleicht nicht genug.

Und: es könnte ja auch sein, dass es gar nix mit den Eltern zu tun hat, sondern mit den Brüdern…
Ich will jetzt keine Gerüchte in die Welt setzen, es ist nur ein Gedanke: ein Junge, der einfach so konsequent von den Eltern weg will, dass er sogar untertaucht über Jahre, der umarmt nicht nochmal seine Mutter zum Abschied. Das ist absurd.
Meine Meinung.
Deswegen bin ich skeptisch, ob man das wirklich nur den Eltern anlasten kann.

Und: nicht mal die Eltern scheinen eine Idee zu haben, was ihn dazu bewegt hat unterzutauchen.
Klar kann man da argumentieren, dass sie nicht reflektiert genug sind.
Aber wir wissen nicht, inwieweit die nicht auch psychologische Betreuung und so zur Seite bekamen.

Und ich glaube auch, wenn da ein bekannter massiver Missbrauch in der Familie vorgefallen wäre seitens der Eltern, diese nicht in dieser Form in XY erschienen wären.


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08.07.2022 um 20:42
Zitat von KarajanaKarajana schrieb:Sonst wären die Wohngruppen und Pfegefamilien ja völlig überfüllt mit Jugendlichen, die gerade keinen Bock mehr auf die nervigen Eltern haben.
Jugendliche, die partout nicht mehr bei den Eltern leben eollen u d brim Jugendamt vorsprechen, werden in drr Regel in Obhut genommen und fremd untergebracht.
Das sind keine Unmengen von "Jugendlichen, die gerade keinen Bock auf ihre nervigen Eltern haben". In aller Regel gibt es triftige Gründe.
Wohngruppe oder Pflegefamilie sind nun auch nicht so toll, als dass da alle gerne hinwollen.

Aber natürlich gibt es vorher Gespräche und es muss ein passender Platz gefunden werden.


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08.07.2022 um 21:01
Zitat von AlteTanteAlteTante schrieb:Das muss nicht unbedingt sein. Der Mann in Lingen wollte vielleicht Unterstützung dabei haben, Till zum Nach-Hause-fahren zu überreden. Till dagegen dachte sicher, das Jugendamt würde offiziell erlauben, dass er bei dem Mann wohnen dürfe. Sonst wäre er vermutlich gar nicht mit dorthin gegangen.
Ich denke auch, dass der Mann aus Lingen etwas überfordert mit der Situation war, dass da plötzlich Till vor ihm stand und gesagt hat: "Ich gehe nicht mehr heim! Darf ich bei Dir bleiben?".

Ob Till ernsthaft geglaubt hat, dass der Typ dann sagt: "Ja, klar, lein Problem, kannst bleiben solange Du willst und Deine Eltern erfahren nichts davon!" weiß ich nicht, da müsste man wissen, wie der Kontakt der beiden vorher war und ob vielleicht schon mal über das Thema gesprochen wurde und dabei Äußerungen gefallen sind, die Till Hoffnung gemacht haben, aber vielleicht gar nicht so gemeint waren wie er sie dann verstanden hat bzw. verstehen wollte (z. B. "Ja, also, wenn Du hier bei mir wohnen würdest, ich würde Dir das Zocken bestimmt nicht verbieten!" oder so).

Jedenfalls war der Gang zum Jugendamt vermutlich der einzige Ausweg, der diesem Mann eingefallen ist: Vermutlich hat er Till noch zu überreden versucht ("Mensch, ich verstehe ja, dass Du keinen Bock auf Deine Eltern hast, aber so schlimm sind die nun auch wieder nicht, und wenn Du Dich mal mit ihnen zusammensetzt und ihr über alles redet....") doch wieder nach Hause zu fahren und ihm auch klar gemacht, dass er nicht so einfach bleiben darf ("Also, hör mal, schau Dich doch hier um, hier ist doch echt kein Platz für zwei, und ich kann Dich nicht einfach hierbehalten ohne Deinen Eltern etwas zu sagen, da mache ich mich strafbar. Und wie stellst Du Dir das überhaupt vor, so mit Schule und allem? Du kannst nicht einfach hier den ganzen Tag in der Wohnung hocken, während ich arbeite..." usw.).

Und als Till dann aber nicht bereit war, wieder heim zu fahren, dann hat der Gastgeber vermutlich auch Angst gekriegt, denn wenn er ihn einfach weggeschickt hätte und Till wäre dann etwas passiert....

Alles in allem finde ich es aber auch sehr seltsam, dass es für Till offenbar keine näheren (räumlich wie emotional) Bezugspersonen gab, denen er genauso vertraut hat. Also z. B. Onkel, Tante, Leute aus der Feuerwehr etc. Nein, er fährt ewig weit zu einem Menschen, den er vermutlich nur vage kannte. Dachte er vielleicht, dass alle anderen in Frage kommenden Helfer mit seinen Eltern "unter einer Decke stecken" und ihn wieder dort abliefern bzw. die Eltern herbeiholen?


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08.07.2022 um 21:09
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Alles in allem finde ich es aber auch sehr seltsam, dass es für Till offenbar keine näheren (räumlich wie emotional) Bezugspersonen gab, denen er genauso vertraut hat.
Möglicherweise wäre noch der Betreuer bei der Feuerwehr in Frage gekommen. Der hatte ja nur Gutes über ihn zu sagen, und ihm war auch aufgefallen, dass Till, anders als die anderen aus der Truppe, persönlich vorbeikam, um abzusagen und nicht einfach nur eine WhatsApp schickte, so wie die anderen. Vielleicht hoffte er (Till) insgeheim, dass dem Betreuer etwas auffallen würde und er mit ihm reden könne, aber der Betreuer war zu sehr in seine eigentliche Arbeit vertieft.

Im Nachhinein könnte man das Persönlich-zum-Absagen-für-den-gleichen-Tag-Vorbeikommen schon als Hilferuf interpretieren. Aber es ist natürlich auch möglich, dass die Eltern ihm den Gebrauch von Handy oder Telefon gestrichen hatten, so dass ihm nur die persönliche Absage blieb. Und der Feuerwehr-Betreuer konnte nicht unbedingt auf die Idee kommen, dass da mehr dahinterstecken könnte, als dass Till tatsächlich an dem Tag keine Zeit (oder keine Lust) hatte.


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08.07.2022 um 21:17
Zitat von AlteTanteAlteTante schrieb:Vielleicht hoffte er (Till) insgeheim, dass dem Betreuer etwas auffallen würde und er mit ihm reden könne, aber der Betreuer war zu sehr in seine eigentliche Arbeit vertieft.
Sagen wir mal so, es wäre gut möglich. Aber was dagegen spricht ist, dass Till in diesem Szenario gehofft hat, dem Betreuer würde etwas von sich aus auffallen, er (=Till) aber nicht bereit war, offen zu sagen: "Du, kann ich später mal in Ruhe und unter vier Augen mit Dir reden, ich habe Probleme mit meinen Eltern und in der Schule....".

Und dann aber fährt Till mit dem Zug zu einem mehr oder weniger Fremden, den er kaum kennt und will dort bleiben - das passt irgendwie nicht recht zusammen: Einerseits kann er in dem Szenario bei dem ihm bekannten Mann von der Feuerwehr nicht offen drüber reden was ihn bedrückt, andererseits haut er ab und fährt zu einem weitgehend fremden Mann weit entfernt und will dort bleiben.

Das ist so "von null auf hundert" dass es mir irgendwie nicht zu passen scheint. Zumindest nicht, wenn nicht in der Zwischenzeit noch etwas Gravierendes vorgefallen ist. Aber ich habe keine Ahnung, was das sein könnte.


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08.07.2022 um 21:51
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Und dann aber fährt Till mit dem Zug zu einem mehr oder weniger Fremden, den er kaum kennt und will dort bleiben - das passt irgendwie nicht recht zusammen: Einerseits kann er in dem Szenario bei dem ihm bekannten Mann von der Feuerwehr nicht offen drüber reden was ihn bedrückt, andererseits haut er ab und fährt zu einem weitgehend fremden Mann weit entfernt und will dort bleiben.
Vielleicht war die kleine Welt, in der TR vor seinem Verschwinden lebte, untereinander sehr eng vernetzt. Also in dem Sinne, dass TR den Eindruck gewonnen hatte, dass man eher über ihn sprach als mit ihm und er am Ende jedem misstrauen musste.

Sehr autoritäre Väter handeln z.B. oft einfach über die Köpfe der Kinder hinweg, reden eher mit Außenstehenden als mit dem eigenen Kind, stellen Weichen und treffen Entscheidungen über die Köpfe hinweg - und stellen ihr Kind vor vollendete Tatsachen.

In so einer Konstellation ist die Bedrängnis für einen Jugendlichen, falls es aus irgendeinem Grund zu einer Problemsituation kommt, extrem groß. Verständlich, wenn unter diesen Voraussetzungen ein Jugendlicher sich eher einem Außenstehenden anvertraut, von dem er aber zumindest sicher sein kann, nicht mit seiner Familie vernetzt zu sein.

Ich weiß nicht, ob das im Fall TR zutrifft. Aber die Verhältnisse, kleiner Ort, auf mich eher etwas altmodisch wirkende Familie, da könnte ich mir das schon vorstellen.


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08.07.2022 um 22:57
Pubertierende Jugendliche haben viele "Probleme", die gewälzt werden. Normalerweise werden die mit Eltern, Geschwistern und am allermeisten mit besten Freunden bequatscht. In Tills Fall fiel die Familie weg. Der Bekannte aus Lingen stellte für ihn anscheinend so etwas wie der beste Freund dar. Ich könnte mir vorstellen, dass er nach dem ersten Wochenende, das er mit dem Freund verbracht hat, zum ersten Mal das Gefühl hatte, komplett für ernst genommen zu werden und verstanden zu werden.
Das war für ihn so bedeutungsvoll, dass er dachte, der Freund würde ihn mit Freude und offenen Armen bei sich aufnehmen. Die Realität hat er dabei komplett ausgeblendet. Es hat mich direkt gewundert, dass er trotzdem mit dem Gang zum Jugendamt einverstanden war. Sicher haben die Mitarbeiter die Beweggründe Tills erfahren. Das könnte mit Tills Berufswunsch zu tun haben. Möglicherweise fühlte er sich nicht dabei unterstützt von den Eltern. Man kennt das ja, so nach dem Motto "Lern du erstmal was Gescheites und verdiene dein eigenes Geld. Solange du deine Füße unter unseren Tisch stellst, dann...usw.".
Denkbar wäre auch, dass Till in seiner sexuellen Selbstfindungsphase war und nicht wusste, wohin seine Reise dabei gehen soll. Sowas kann man oftmals besser mit dem besten Freund besprechen. Kann sein, dass er einen Mädchenschwarm hatte und nicht wusste, wie er damit umgehen soll. Mit 15/16 J. hat man da so mit sich selbst zu kämpfen, kennt man selbst.
Die Playstation hat er bestimmt dabei gehabt, weil seine Eltern das alles als schlecht ansahen. "Das schlechteste Geschenk, was sie ihm gemacht hatten." O-Ton Mutter. Vielleicht hatten sie ihm gedroht, dass sie ihm die Ps weg nehmen. Wäre keine Seltenheit.


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08.07.2022 um 23:11
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Vielleicht war die kleine Welt, in der TR vor seinem Verschwinden lebte, untereinander sehr eng vernetzt. Also in dem Sinne, dass TR den Eindruck gewonnen hatte, dass man eher über ihn sprach als mit ihm und er am Ende jedem misstrauen musste.
Ja, so ungefähr dachte ich mir das auch. Wobei ich es aber trotzdem erstaunlich fände, dass die alle "an einem Strang ziehen" und es nicht etwa (nur als fiktives Beispiel!) einen Onkel gibt, der mal ein gutes Wort für Till einlegt und seine Eltern auffordert, doch mal etwas großzügiger zu sein.
Zitat von xoxalbxoxalb schrieb:Das könnte mit Tills Berufswunsch zu tun haben. Möglicherweise fühlte er sich nicht dabei unterstützt von den Eltern. Man kennt das ja, so nach dem Motto "Lern du erstmal was Gescheites und verdiene dein eigenes Geld. Solange du deine Füße unter unseren Tisch stellst, dann...usw.".
Ich glaube gar nicht mal, dass die Eltern mit dem Berufswunsch nicht einverstanden waren - Feuerwehr ist doch "was Gescheites", vor allem wenn es, wie oben mehrere User schrieben, für die Laufbahn bei der Feuerwehr Voraussetzung ist, eine Handwerksausbildung zu machen. Eigentlich genau das, was ein eher konservatives Umfeld unter solide und ordentlich versteht. Wenn Till jetzt verkündet hätte, irgendetwas künstlerisches (Musik, Theater, Tanz, Bildende Kunst...) machen zu wollen, wäre das für ein konservatives Umfeld wohl eher ("brotlose Kunst!") ein Problem gewesen.

Ich vermute eher, dass Till noch nicht so ganz eingesehen hatte, dass einigermaßen passable Schulnoten Voraussetzung für eine Lehrstelle sind und die Lehre wiederum Voraussetzung für die Feuerwehrlaufbahn. Er wäre vermutlich am liebsten morgen von der Schule weggeblieben und hätte bei der Feuerwehr angefangen, was aber, egal wie, nicht möglich war. Möglicherweise hat ihm das aber niemand auf eine entsprechend "einfühlsame" Art und Weise nahegebracht bzw. nur mit dem "Holzhammer" so dass er auf stur geschaltet hat.


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