Lento schrieb:Das mag passiert sein, das ändert jedioch grundsätzlich nichts an der Aufgabe des Rechtsmediziners. Er hat nicht die Spuren zu sichern an einem vermeintlichen Tatort, er hat auch diese nicht zu bewerten, dass ist wie gesagt ureigenste Aufgabe der Ermittler. Er mag sich anhand der bekannten Fotos einen eigene Meinung zu bilden, aber es ist eben nichts anderes als nur seine Meinung, mehr nicht, eine Meinung, die eben nicht durch seinen Expertise als Mediziner Rechtmediziner gedeckt ist. Er kennt ja auch überhaupt nicht die Berichte der Ermittler.
Der Rechtsmediziner als Sachverständiger kann seine Expertise aber nur einbringen und seinen Bericht schreiben, die Erkenntnisse der inneren und äußeren Leichenschau der Toxikologie, der Traumatologie, der Molekularbiologie und weiterer Analysen in Kontext bringen und richtig einordnen, wenn er konkrete Informationen zum Sachverhalt und zur Situation und eben auch notwendige Materialien/Spuren hat. Und er kann dies nur, wenn die Spuren, Materialien und Informationen auch vollständig und fachlich angemessen gesichert wurden. Er soll weder die Spuren am Tatort sammeln noch diese bewerten. Er soll aber seine Erkenntnisse der Leichenschau und Spurenanalyse in Zusammenhang setzen und eine Sachverständigenberatung durchführen. Das kann er nicht, wenn die (ihm bekannten) Ermittlungen die Grundlage dafür nicht hergeben.
Lento schrieb:Außerdem bedeutet das auch überhaupt nicht, dass die Ansicht der Ermittler falsch ist. Ich finde hier - wie ich schon sehr häufig schrieb - keinen plausiblen Ablauf, der das bekannte unter einen Hut bringt, wenn man von einem Tötungsdelikt ausgeht. Dahingehend fügt sich alles, wenn man von einem Suizid ausgeht, wie z.B. auch die zwei Flecken am Kinn ...
Nein, das bedeutet es nicht, aber eben auch nicht, dass sie richtig ist. Die Spuren wurden nicht hinreichend erhoben und ausgewertet. Es wurde nicht fachlich angemessen ermittelt. Es wurden nicht hinreichende Erkenntnisse an die Rechtsmedizin weitergegeben und beauftragt. usw usf. Genau dadurch entstehen doch nun Fragen. Diese hätten evtl problemlos geklärt werden können, wenn es diese umfassenden Ermittlungen sowie den daraus folgenden umfassenden Sachverständigenbericht der Rechtsmedizin gegeben hätte.
Lento schrieb:Ich denke, dieser Ansicht der Ermittler widerspricht in Wirklichkeit nichts. Es gab die Äste, die der Steighilfe dienen konnte. Es gab ein Kakteenfeld, wo ein Transport durch Dritte kaum denkbar waren usw. usw.
Das alleine erklärt doch nichts. Da ER unverletzt durch das Kakteenfeld laufen konnte (denn das war sie nachweislich, als eine der wenigen Erkenntnisse der Leichenschau), hätten andere sie auch erst recht unverletzt hindurchtragen können, ob diese dann verletzt wären, wissen wir ja nicht. Ob es Spuren anderer Beteiligter gab, wissen wir nicht, weil der Tatort des Geschehens nicht gesichert und wurde. Es wurden keine Spuren gesucht oder gar erhoben. uvm.
Die Steighilfe war recht hoch und auf den Aststümpfen konnte man sicherlich nicht richtig fest ohne Wackeln stehen.
Lento schrieb:Wie gesagt Lacaci spricht davon, dass das Opfer sich hätte mit beiden Armen festhalten müssen. Das stimmt so nicht, wenn man die Fotos sieht. Damit ist seinen Ansicht in Wirklichkeit nicht von den vorhandenen Tatsachen vereinbar und damit kann er eben nicht (alle) überzeuigen.
Selbst wenn ER sich nur mit einem Arm festhalten oder anlehnen musste, es wären sowohl beim Laufen ohne Schuhe, Klettern wie beim Anlehnen oä Spuren an ihr und der Kleidung entstanden. Diese gab es aber ja offenbar lt Leichenschau nicht, weder an den Füßen, den Armen, Händen oder sonstwo.
Lento schrieb:Die Ermittler sollen sich auch genau den hängenden Leichnahm und die Flecken auf der Kleidung angesehen haben. Da hätten sie wahrscheinlich ungewöhnliche Spuren, die gegen einen Suizid sprechen auch gefunden.
Nachdem der Tatort ungesichert war, ER ein fremdes Tuch übergeworfen wurde, viele Fremde dort umher liefen, uvm. Spurenanalyse ist Aufgabe der Rechtsmedizin. Wurden Fasern und andere Spuren gesichert? Wurde die Kleidung forensisch untersucht?
Können die Ermittler ohne umfassenden forensischen Sachverständigenbericht eine angemessene Entscheidung treffen? Ist der Sachverständigenbericht umfassend, wenn diesem die grundlegenden Informationen fehlen? Kann der Sachverständige angemessen begutachten und beraten, wenn er den Auftrag dazu nicht hat, die notwendigen Informationen und den Zusammenhang dazu nicht hat, die Zeichen an der Leiche und die Spuren an der Leiche nicht in den Kontext setzen kann und daher mglw falsch bewertet? Kann er Zeichen und Spuren an der Leiche finden, wenn er aufgrund der Informationen und des Auftrags gar keine forensische sondern eine einfache (äußerliche und oberflächliche) Leichenschau vornimmt?
Hier im Thread wurden diverse solcher ungeklärten Fragen wiederholt gestellt und diskutiert. Es gibt diverse davon Und daher bin ich ambivalent, was diesen Fall angeht. Ich bleibe bei meiner Ansicht, dass hier nicht vorschnell und aufgrund der bekannten Hinweise auf Suizid geschlossen werden sollte und darf. Was man heute dazu nachholen kann, weiß ich nicht.
Lento schrieb:Warum ist es nicht nachvollziehbar? Könntest Du da mal Punkte nennen? Was widerspricht der Suizidthorie? Warum soll ein Tötungsdelikt annähernd an die Wahrscheinlichkeit eines Suizides erreichen?
s. o. und en ganzen Threadverlauf.
Wenn die Ermittler die wesentlichen Erkenntnisse gar nicht haben, diverse Fragen also nicht beantworten und ausschließen können, wenn potentielle Spuren gar nicht gesucht, ggf gefunden und analysiert sowie ausgeschlossen werden konnten, nicht unvoreingenommen in alle Richtungen ermittelt wurde, grundlegende Sicherungsmaßnahmen und Vorgehensweisen (auch in den 80ern und 90ern) nicht eingehalten wurden, und so vieles mehr, wie sollen sie dann zu einer reflektierten, belegbaren und angemessenen also auch nachvollziehbaren Entscheidung kommen? Das können sie nicht.
Es geht auch nicht unbedingt um die ungeregelte Wahrscheinlichkeit von irgendwas, sondern darum, dass berechtigte Fragen und Zweifel nicht geklärt sind. Solange diese berechtigten Fragen und Zweifel bestehen und ungeklärt sind, kann man nicht sicher von Suizid ausgehen.
Diese Fragen und Zweifel hätten vermutlich längst geklärt und beantwortet werden können, somit auch die Umstände des Geschehens, wenn damals, selbst nach den damaligen Möglichkeiten und üblichen Vorgehensweisen, sauberer und umfassender ermittelt worden wäre.