Ich weiss ja nicht, ob hier überhaupt viele den Beschluss des OLG Celle gelesen und dann auch verstanden haben, aber ich denke ich kann bei dieser Frage hier
@Andante zustimmen: das OLG hat sich mit der Problematik der nun allein im Raum stehenden Frage der Verfassungsmässigkeit der Neuregelung durchaus befasst. Dass es ausschliesslich der Argumentation der Bundesregierung und ihrer Unterstützer folgt ist eine andere Sache. Immerhin gesteht der Senat zu, dass die gegenteilige Meinung von sehr vielen Juristen in der Literatur vertreten wird. Insofern kann man fragen, ob das OLG in seinen Formulierungen nicht hätte vorsichtiger sein sollen, aber seine Aufgabe war nun einmal, eine Entscheidung zu treffen. Und das hat es getan.
Es hat zumindest auch die vorzubringenden Argumente für und gegen die Neuregelung angesprochen, auch wenn es meiner Meinung nach eben fälschlich abgewogen hat. Die Grundsatzfrage lässt sich eben konkretisieren und beschränken auf die Frage, ob sich die Neuregelung nur mit einem "Randbereich" des Art 103 GG befasst, oder dessen Kerngehalt angreift. Das OLG folgt der Argumentation, dass es sich nur um einen Randbereich handelt, der, so sieht das OLG das offensichtlich, eben nicht so schutzwürdig ist. Ich hoffe, dass das BVerfG hier deutlich machen wird, dass diese Auffassung falsch ist. Aber das wird man sehen.
Man wird auch sehen, dass die immer wieder mantraartige Argumentation, es handele sich ja nur um "aussergewöhnliche Einzelfälle" usw. durchsetzten wird, was freilich meiner Meinung nach tatsächlich eine traurige Aushöhlung eines Grundrechts wäre. Wenn nicht gerade in aussergewöhnlichen Fällen, wo soll sonst der Schutz eines Grundrechts besondere Geltung haben?
Um den Beschluss des OLG hier zu verlassen, fällt mir auf, dass man vor einigen Jahren einmal eine ähnliche Argumentation benutzte, nämlich dass in aussergewöhnlichen Einzelfällen schwerster Straftaten wie der Entführung und möglichen Ermordung eines Kindes, auch mal foltermässige "Befragung von Verdächtigen" zulässig sein sollte. Auch dafür gab es durchaus Befürworter, in der Öffentlichkeit sowieso, aber auch unter Juristen. Allerdings wurde diese Diskussion dann irgendwann deutlich abgestellt, ebenfalls mit der klaren Aussage, dass gerade in "aussergewöhnlichen Einzelfällen" die Wirkung eines Grundrechtschutzes seine Bedeutung erhält.
Und darum allein geht es beim anhängenden Verfahren vor dem BVerfG.
Um abschliessend aber noch einmal zum Fall Möhlmann und dem OLG zurückzukommen: in den anderen Punkten in der Entscheidung des OLG, in der es um den konkreten Fall an sich geht, stimme ich der Argumentation des OLG voll und ganz zu und halte die Argumentation der Verteidigung für abstrus.
Und das ist leider eben auch das gewisse Dilemma in diesem Fall: die allermeisten werden wohl zustimmen, dass in diesem konkreten Fall der Tatverdächtige I.H. nicht nur aus guten Gründen tatverdächtig ist, sondern, bei erwiesener Schuld, auch auf jeden Fall die härteste Strafe des deutschen Strafrechts verdienen würde.
Nur dass man dafür ein Grundrecht aushöhlt, das geht eben aus meiner Sicht nicht.
Ein hochinteressanter Fall, der nicht nur die Fachwelt interessieren sollte. Das BVerfG hat die Gelegenheit, hier wirklich ein Stück Rechtsgeschichte zu schreiben.