Kohlhaas schrieb:Was der Rechtsstaat tut, muss aber auch für die Opferangehörigen und für die Allgemeinheit/die Gesellschaft, die bei Straftaten gegen das Leben zu Recht ein grundsätzliches Interesse an materieller Gerechtigkeit hat, nachvollziehbar bleiben. Diese Nachvollziehbarkeit fehlt, wenn am Ende jemand davonkommt, der zunächst wegen fehlender Beweise freigesprochen wurde, bei dem wegen neu aufgetauchter Beweise nun aber eine hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit wegen Mordes besteht.
Es ist nachvollziehbar, wenn Politik und Justiz endlich mal etwas ehrlicher wäre.
Man muss einfach klar stellen, dass die Justiz einfach Fehler macht. Wie viele sind in der Realität nicht feststellbar. Man hofft nur, dass die vorhandenen Regeln diese Fehleranzahl gering ist.
Das Problem, man ist in einer Zwickmühle, Strafe, U-Haft etc. muss sein, aber für unschuldige Menschen, die in diese Mühle reinkommen, ist es einfach unerträglich. Dieses Problem ist auch nicht lösbar, man darf es aber nicht vergessen., dass es dieses Problem gibt.
Aber was macht man? Stattdessen wird über diese Fehler nie ehrlich öffentlich gesprochen. Ja, es gibt da einige wenige Richter duie aucgh von 25% Fehlerrate gesprochen haben, aber in einem etwas spezielleren Fall. Wie hoch sie bei Mord ist, das weiß niemand. Und natürlich macht sich der Bürger selber auch gerne etwas vor, dass die Justiz unfehlbar ist. Das sieht man hier auch auf dem Forum, da wird sehr häufig gesagt, die Justiz ist nicht unfehlbar, aber im nächsten Satz wird das fast wieder negiert, dass das nur ganz ganz wenig Fälle wären in dem Fall, den man gerade diskutiert ganz sicher nicht dazu gehört. Schau mal den Badewannenthread an, der ist ein Schulbeispiel für diesen Schutzwall, den sich die Menschen aufbauen. Entsprechndes findet man hier auch in diesem Thread. Ja, das ist nachvollziehbar, man macht sich das Leben so auch leichter. Und dann gibt es dort auch Leute, die sagen, dass der Angeklagte schuldig sein, egal wie das Urteil ausfällt. Und auch Richter müssen sich etwas vor machen, denn sonst könnten sie niemanden verurteilen.
Aber in Wirklichkeit wird da doch etwas sichtbar, jeder Mensch sieht in Wirklichkeit JEDEN der zu Unrecht im Gefängnis sitzt als unerträglich. Und weil er von dieser Unerträglichkeit nichts wissen will, gilt ein Freigesprochenen sehr rasch als schuldig, man sagt dann meist im einem Atemzug: Ja, er ist freigesprochen worden, aber „nur“ aus Mangel an Beweisen.
So tickt in Wirklichkeit jeder, auch Du, auch ich. Aber man betrügt sich selber. Dieser Selbstbetrug macht es eben auch leichter, selbst schon U-Haft nicht als unerträglich anzusehen. Diese Ansicht macht es auch erträglich, überhaupt die Rechtssicherheit anzuerkennen. Denn objektiv ist die Vorstellung, dass ein Mensch zu Unrecht in Haft sitzt wirklich unerträglich und weil das so ist, macht sich jeder schon etwas vor.