@Kohlhaas Ein letztes Mal und das weißt Du ganz genau, es geht hier nicht ausschließlich um den Fall Möhlmann. Ich habe auf Deine Vermutung reagiert:
Kohlhaas schrieb:Persönlich gehe ich davon aus, dass die Anzahl von Freisprüchen, die der materiellen Wahrheit widersprechen, größer ist als die Anzahl der entsprechenden Verurteilungen.
Wie gesagt, sie ist vollkommen ohne Beleg, eine reine Spekulation. Ich hatte daraus entnommen, dass diese Gegenüberstellung gerechtfertigt, dass man die Gefahr erhöht, dass mehr materiell fehlerhafte Verurteilung in Kauf nehmen kann. Und dazu habe ich gemeint, dass man das nicht gegenseitig aufrechnen darf.
Vielleicht lässt Du einfach solche Behauptungen wie der Vergleich mit Impfungen, Spekulationen über die Fehlerrate der Justiz einfach unterlassen. Du weißt selber genau, dass niemand das wissen kann. Trotzdem scheint es Dir aber wichtig zu sein, dass ständig zu behaupten. Ja, ich kann diese Hoffnung auch vollkommen verstehen, genau diesen Schutzmechanismus habe ich oben beschrieben und der wird wahrscheinlich auch bei Dir greifen. Nein das ist kein Vorwurf, ich "hoffe" es ist ähnlich wie Du annimmst, aber mehr als Hoffnung ist es in Wirklichkeit nicht.
Aktuell schaut man sich auch Wiederaufnahmen der letzten Jahre an und man versucht dadurch wieder ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, welche Qualität die Justiz besitzt. Eine ähnliche Untersuchung ist 1974 gewesen, also fast vor 50 Jahren und seitdem gab es schon ein Haufen Gesetztes-Änderungen, eher zum Nachteil der Verteidigungsmöglichkeit. Dass man so selten solche Erhebungen macht, empfinde ich schon als bedenklich. Und solche Untersuchungen wären absolut wichtig, nur dann kann man ermitteln, ob nicht von vornherein ein Freispruch notwendig gewesen wäre und man kann der Ursache dann versuchen auf den Grund zu gehen. Das ist ein gewisser Versuch die Qualität etwas greifbarer zu machen und sie möglciherweise auch wieder erhöhen zu können, aber hat man es so lange nicht mehr versucht? Und auch nur so kann mkan die Folgen von gesetzesänderungen halbwegs abschätzen. Solche Untersuichungen müssten ständig erfolgen.
https://www.wiederaufnahme.com/das-projektPalio schrieb:Wenn man dieses Bestrafungssystem unerträglich findet, hat man die Wahl, das Land zu verlassen und dort zu leben, wo einem das Rechtssystem mehr behagt. Wenn man die Schulmedizin gefährlich findet, hat man die Wahl, sich alternativ oder gar nicht behandeln zu lassen. Wenn man einem Piloten nicht zutraut, ein Flugzeug zu steuern, hat man die Wahl, nicht zu fliegen.
Moment, ich halte das "System" nicht unerträglcih, aber jede einzelne materiell fehlerhafte Verurteilung ist unerträglich. Das hast Du missverstanden. Ich verstehe auch nicht ganz, wie Du das konntest, ich hatte geschrieben:
Lento schrieb:Das Problem, man ist in einer Zwickmühle, Strafe, U-Haft etc. muss sein, aber für unschuldige Menschen, die in diese Mühle reinkommen, ist es einfach unerträglich. Dieses Problem ist auch nicht lösbar, man darf es aber nicht vergessen., dass es dieses Problem gibt.
Dieser Gedanke ist unerträglch aber man muss es zu einem gewissen Anteil in Kauf nehmen, daran führt leider kein Weg vorbei.
Und ich glaube, dass Du das genauso siehst. Versuche mal rückwärts zu denken und Du wärst die letzten 14 Jahre unschuldig verurteilt im Gefängnis gewesen. Du es definitiv als unerträglcih zu empfinden. Stelle Dir doch einmal vor, was man innerhalb von 14 Jahren alles versäumt. Und auch der Rest des folgenden Lebens ist komplett auf den Kopf gestellt.
Und wie willst Du das aufrechneen, wenn Du den Fall wie Möhlmann da ansiehst. das einen "unerträglcih" ist mit dem ander "unertäglcih" aus meiner Sicht nicht mal im Ansatz zu vergleichen. Oder vielleicht hilfst Du mir dabei auf die Sprünge. Das Problem ist hier, es gibt zwei Gesetze die mit "Unerträglcih" verknüpft sind, und man hat im Buindesttag genau das mit zur Begründung des Gesetzesentwurf hergenommen. Das kann ich nicht im Ansatz verstehen, da wurden Äpfel mit Birnen verglichen.
Aber sobald sich das aktuelle Gleichgewicht (genaugenommen kann es gar nicht so etwas geben, aber nehmen wir mal an der aktuelle Zustand sei ein Gleichgewicht), dann muss man jede Änderung daran ganz kritisch betrachten und die möglichen Folgen versuchen abzuschätzen. Und es geht nicht in erster Linie darum, ob ein solches Gesetz verfassungsmäßig ist, es geht in aller erster Linie darum, ob dieses Gleichgewicht nicht zu sehr Schaden nimmt. Aber wenn man Vogel-Strauß-Politik betreibt und man nicht aktiv versucht die Qualität der Justiz etwas greifbarer zu machen (Revision prüft meist nur auf rein rechtliche Fehler), dann kann man Folgen in Wirklichkeit gar nicht einschätzen.