Lichtgestählt schrieb:Man sollte auch bedenken, dass die hier diskutierte Neuregelung letzten Endes auch den Angeklagten in zukünftigen Strafprozessen zugute kommt.
Richter können Angeklagte leichter in Zweifelsfällen freisprechen, wenn sie wissen, dass im Falle nachträglich gewonnener eindeutiger wissenschaftlicher Beweise eine “Korrektur“ eines falschen Freispruchs nicht für alle Zeiten ausgeschlossen bleibt.
Von der Theorie gibt es das nicht, denn Richter MÜSSEN im Zweifelsfall freisprechen. Aber vom Prinzip her hast Du Recht, weil Richter auch nur Menschen sind und solche Gedanken nicht ganz fernliegend sind, welche Du da ansprichst. Aber auf der anderen Seite wird es auch StA geben, welche leichtfertiger eine Anklage erheben, der dann auch vom Gericht stattgegeben wird, weil sie sich sagen, naja, wenn er freigesprochen wird, dann finden wir vielleicht noch irgendwann neue Beweismittel. Evtl. wird dieser Vorteil überkompensiert.
Noch zu einem älteren Beitrag von Dir:
Lichtgestählt schrieb am 28.02.2022:Ich frage mich jedoch, warum die bereits vor der Gesetzesänderung vorgesehenen Gründe für eine Wiederaufnahme zuungunsten des Beschuldigten nicht beanstandet werden, der neu hinzukommende Punkt aber derart vehement abgelehnt wird, obwohl er sich auf schwerste Verbrechen beschränkt.
Kritisch sind die auch schon, besondere was das Geständnis betrifft. Folgender fiktiver Fall macht es deutlich:
Jemand wird für eine Tat angeklagt, welche er wirklich begangen hat. Er wird freigesprochen.
Anschließend wird ein Strafverfahren gegen einen Dritten eröffnet, der nun verdächtigt wird diese Tat begangen zu haben.
Die vorhandene Regelung bewirkt hier einen schweren Gewissenskonflikt beim Freigesprochenen, wenn er schweigt, wird ein anderer vielleicht verurteilt. Wenn er die Tat zugibt, liefert er einen Wiederaufnahmegrund.
Es gibt solche Verfahren schon, sie führten jedoch -nach meiner Information - NOCH nie zu einer Wiederaufnahme, weil die Ermittler denjenigen vor seinem Geständnis nicht aufgeklärt hatten (bei einer Zeugenbefragung). Was wäre aber gewesen, wenn die Ermittler den Freigesprochenen aufgeklärt hätten und er trotzdem ein Geständnis abgelegt hätte?
Schon dieser Teil ist daher offensichtlich nicht vernünftig, der Gesetzgeber hat sich schon in diesem Teil keine ausreichenden Gedanken gemacht. Er KANN nicht nur dazu führen, dass ein Verbrechen nicht gesühnt wird, sondern dass der Falsche verurteilt wird, was weitaus bedenklicher ist.
Du siehst wie kritisch es ist an der Rechtssicherheit zu drehen.