Palio schrieb:Was mich da mehr überzeugt, sind die "Argumente der Symbolik". An den Grundsätzen Rechtssicherheit und ne bis in idem zu schrauben, verursacht ein mulmiges Gefühl. Ich halte die Auswirkung der Schrauberei in der Praxis aber für marginal, daher kann ich damit leben.
Genau um das mulmige Gefühl geht es. Der Gesetzgeber sagt, dass er nur eine Randkorrektur vornehmen will, damit will er die mulmigen Gefühle begrenzen. Er will bewirken, dass nur im Straftatbestand u.a. Mord wiederaufgenommen werden soll und im Fall der Schuld natürlich auch verurteilt wird, wenn es neue Beweismittel gibt. Die Wiederaufnahme ist doch in einem solchen Fall nicht der Selbstzweck, es darf nicht darum gehen, dass es Mord sein KÖNNTE, sondern dass es Mord auch ist. Nur dann wäre das Gesetz nur eine Randkorrektur. Die Hürde bzgl. der Wiederaufnahme selber hat er mit einem dringenden Verdacht wegen dieser Tatbestände begründet. Das Problem ist, dass es doch vollkommen im Raum steht, ob überhaupt dieser „dringende“ Verdacht für diesen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtssicherheit geeignet ist, dass wirklich nur die Fälle von Mord neu verhandelt werden. Er hat sich eines unbestimmten Rechtsbegriffs dabei bedient, der subjektiv ist, es wird von Gericht zu Gericht möglicherweise unterschiedliche Ergebnisse geben, das Sagen hätte dann in einem Wiederaufnahmeverfahren das OLG.
Dich interessiert es jedoch nicht, ob in Wirklichkeit Mord vorgelegen hat, Hauptsache die vom Gesetzgeber festgelegte Hürde wäre übersprungen, also Wiederaufnahme zum Selbstzweck, was sie aus meiner Sicht nicht sein darf. Du fragst nicht, ob die der Sache in Wirklichkeit gerecht wird.
Du sagst selber, das müsse Gericht richtig prüfen. Hier gibt es aber schon die Schwierigkeit der begrenzten Prüfbarkeit im Wiederaufnahmeverfahren. Wenn er dann zu schlecht prüft, dann lässt der Gesetzgeber das gewähren, selbst wenn es sich dann im Hauptverfahren gar nicht als Mord herausstellt. Und genau das ist das Problem, der Gesetzgeber behauptet nur Randkorrekturen vornehmen zu wollen. Es wird jedoch im Hauptverfahren erst endgültig geklärt, ob es wirklich nur in den Bereich dieser Randkorrektur fällt. Er tut jedoch nichts dagegen, wenn es in Wirklichkeit nicht von dieser Randkorrektur erfasst war, obgleich es möglich wäre. Es ist klar, es träfe dann sicher keinen Unschuldigen, aber trotzdem es ist dann insgesamt mehr als nur eine Randkorrektur.