@HerbstkindDu sprichst von moralischen Fragen, bringst jedoch rechtliche rein. Man kann unterschiedlicher Ansicht sein, welche Verjährungszeiten bei verschiedenen Delikten gelten (das ist das Rechtliche). Fakt ist aktuell, dass Mord nicht verjährt. Das ist in vielen anderen Ländern anders.
Mit Schulden die man entweder immer brav bezahlt oder zu denen man rechtskräftig verdonnert wurde, ist etwas ganz anderes. Die meisten machen es doch nur brav, weil sie mit der Justiz nichts zu tun bekommen wollen oder es andere Nachteile hat (Schufa). Wenn es solche Folgen nicht gäbe, würden es die wenigsten machen (soweit die Moral). Außerdem glaube ich nicht, dass regelmäßiges Abstottern von Schulden überhaupt vergleichbar mit dem hier von staatlicher Seite schwersten Eingriff in das Leben eines Menschen (JVA) vergleichbar ist.
Herbstkind schrieb:Zum einen wird nicht jeder Täter gefunden und zum anderen gibt es auch Leute, die der Meinung sind, dass man alte Fälle ruhen lassen und den Täter nicht mehr verurteilen sollte da dieser sich ja nun ein neues Leben aufgebaut hat...
Ich glaube nicht, dass die andere Sichtweise so begründet wird, zumindest denen von Leuten mit rechtlich ausreichendem Hintergrund. Ich kenne es so und finde diese Begründung durchaus vernünftig:
Sie wird normalerweise damit begründet, dass derjenige über lange Zeit gezeigt hat, dass er nicht mehr rückfällig wurde. Du darfst nicht vergessen, Strafe hat mehrere Gründe, einmal die Sühne, dann wird über eine gewisse Zeit verhindert, dass derjenige ähnliche Taten ausführt und er soll während der Strafe (durch Therapien etc.) möglichst wieder in die richtige Richtung geführt werden.
Das BVerfG begründet die unter Auflagen erfolgte Freilassung aus der U-Haft auch mit der Tatsache, dass er seitdem nicht mehr straffällig wurde.
Bei einer späten Verurteilung kann das Gericht das bei Mord nicht mehr strafmildernd berücksichtigen, weil die Strafe für Mord immer lebenslänglich ist. Das ist schon immer ein rechtlich kritischer Punkt, und das BVerfG hält diesen auch nur unter von den Gerichten einzuhaltenden Bedingungen für verfassungsgemäß.
Außerdem gibt es noch ganz andere Gründe, die ebenfalls schwer wiegen.
Sollte es sich in Wirklichkeit bei einem Angeklagten um einen Unschuldigen handeln, so wird es für ihn weitaus schwieriger noch z.B. ein Alibi nachzuweisen. Die Gefahr von Fehlurteilen wächst daher (sowohl in die eine als auch andere Richtung, nur die Frage eines Schuldigen sprichst Du in Deinem obigen Satz an).
Im Falle des Schlossgartenmord von Aschaffenburg wäre fast ein vermutlich Unschuldiger verurteilt worden. Die StA hatte behauptet, dass er kein Alibi mehr hatte und es gab ein Gutachten, nachdem derjenige mit hoher Sicherheit der Täter gewesen sein soll. Nach der Vernehmung des damaligen Alibi-Gebers, der glücklicherweise noch lebte in Zusammenhang mit der Erkennung vieler schwerer Fehler im Gutachten wurde er freigesprochen. Es hätte auch durchaus anders kommen können, was wäre gewesen, wenn sich das Gericht nicht so genau das Gutachten angesehen hätte, es sprach selber, dass diese „Gutachtertätigkeit“ normalerweise nicht zu den Aufgaben des Gerichts zählt, was wäre gewesen, wenn der Alibigeber verstorben wäre?
Wenn man diese Gefahr sieht, kann man auch bei Mord die Verjährungsfrist durchaus begründet sehen.
Die wirklich richtige Sichtweise gibt es nicht.