Ich finde noch einen anderen Aspekt des Strafprozesses bemerkenswert. Der Angeklagte scheint sich in dem Sinne rege am Prozess zu beteiligen, dass er selbst Fragen an Zeugen und Prozessbeteiligte stellt:
Der Hauptangeklagte beteiligte erneut rege am Prozess, sprach mit dem Richter, befragte Zeug:innen und machte sich Notizen.
Quelle:
https://www.sol.de/blaulicht-saarland/richter-zitiert-zweifelhaften-spitznamen-von-s-derweil-ist-die-verteidigung-veraergert,335673.htmlZum Fragerecht des Angeklagten lese ich:
Das Fragerecht des Angeklagten ist in § 240 StPO geregelt. Er und sein Strafverteidiger können Fragen an Zeugen und Gutachter stellen. Auch hat er das Recht, Erklärungen (Prozesserklärungen) zu jedem erhobenen Beweis vor Gericht abzugeben ( § 257 Abs. 1 StPO). Damit soll dem Angeklagten eine effektive Strafverteidigung ermöglicht werden. Die Regelung dient gleichzeitig auch der Wahrheitsfindung (Sachaufklärung).
Quelle:
https://rechtsanwaelte-wirtschaftsstrafrecht-berlin.de/rechtsanwaelte-fuer-das-unternehmensstrafrecht/rechte-der-angeklagten/fragerecht-des-angeklagten/Nun ist es für gewöhnlich in Strafprozessen so, dass sich der Angeklagte entweder überhaupt nicht einlässt, was sein gutes Recht ist, oder aber den Anwalt verkünden lässt, welche Äußerungen sein Mandant in den Prozess einbringen möchte, oder dass der Angeklagte sich nur in Absprache mit seinem Verteidiger im Prozess selbst äußert.
Das hat in der Regel auch prozesstaktische Gründe, denn mit seinen Einlassungen kann sich ein Angeklagter natürlich leicht um Kopf und Kragen reden:
Zu beachten ist aber, das die Ausübung des Fragerechts ohne ausreichend Praxiserfahrung und Kenntnisse über seine gesetzlichen Grenzen für den juristischen Laien schwer umsetzbar ist. Fragen des Angeklagten im Strafprozess durch ihn selbst sind also schwer zu handhaben. Dies sollte der Angeklagte seinem Strafverteidiger überlassen. Auch ist nicht jede Frage unbedingt eine gute Frage: wir als erfahrene Rechtsanwälte halten uns an den Grundsatz: wenn du die Antwort nicht kennst, solltest du nicht fragen! Die Antwort kann „nach hinten“ los gehen.
Quelle: s.o.
Ich habe in diesem Fall die böse Ahnung, dass der Angeklagte so ungewöhnlich vorgeht, weil er damit vielleicht auf die Zeugen in manipulativer Absicht einwirken möchte. Wenn es nur ansatzweise stimmt, dass eine ganze Reihe von Menschen in seinem Umfeld auch Angst vor ihm hatte und auch deshalb nichts gegen seine illegalen Aktivitäten unternommen hat, ist das mMn nicht ganz von der Hand zu weisen.
Man stelle sich die ungewöhnliche Situation vor, dass man als Zeuge in einem Mordprozess aussagt und dabei auch vom Angeklagten selbst (!) befragt wird. Oder als Angehöriger oder Nebenkläger sich Fragen vom Angeklagten ausgesetzt sieht, was im Einzelfall sehr belastend sein kann. Auch, wenn es, rechtlich gesehen, nicht zu beanstanden ist, wie ich ja bereits ausgeführt und belegt habe.
Ich halte den Hauptangeklagten auch noch in dieser Rolle für hoch manipulativ. Vermutlich ist er nicht einmal zur Einsicht in prozesstaktische Überlegungen bereit, durch die er sich mit Hilfe seines Anwalts besser stellen könnte als durch sein eigenmächtiges Auftreten im Prozess.