Nev82 schrieb:Stimmt, aber wir haben keinerlei Informationen welcher Art dieser Infarkt war. Auch ohne größeren medizinischen Exkurs kann gesagt werden, dass Menschen vollständig davon genesen können. Das Angehörige trotzdem in größter Sorge sein können, dass dies wieder passiert in einer abgelegenen Gegend, ist nachvollziehbar, aber eine andere Geschichte. Hier hat man versucht, dieser Unsicherheit mit einer Tracking App zu begegnen
Ja genau, wir haben keinerlei Informationen über die Stärke des Infarktes. Und Du schreibst zu recht, dass MAN sich davon wieder vollständig erholen KANN.
Das gleiche gilt auch für einen Bandscheibenvorfall, der kann unterschiedlich starke Beschwerden und Einschränkungen verursachen und MAN KANN sich auch davon vollständig erholen.
Walter Sch. scheint sich von den beiden Erkrankungen gut erholt zu haben, jedenfalls wird er im Film als recht schlank, sich dynamisch bewegend und voller Energie dargestellt (er checkt den Ölstand für die bevorstehende Reise und daddelt auch mit viel emotionalem Engagement am Tablet rum).
Aber ob das wirklich so war, wissen wir nicht. Und immerhin musste er seinen Handwerksbetrieb deswegen nach 20 Jahren aufgeben.
Und selbst wenn er sich körperlich gut erholt hat, KÖNNEN solche Erkrankungen auch seelische Probleme hinterlassen. Z.B. wird ein Herzinfarkt oft als "Warnschuss" empfunden, vorher hat man nie über die eigene Sterblichkeit und körperliche Verletzlichkeit nachgedacht. Man hat vielleicht gar nicht gemerkt, was man sich an Stress und körperlicher Belastung abverlangt hat, gerade ein Herzinfarkt und eine Bandscheibenvorfall sind da oft ein eindeutiges Stoppsignal, die einen da (gerade noch rechtzeitig) ausbremsen. Aber genauso ausgebremst fühlt man sich da - nicht nur im Job, vor allem wenn man vorher selbstständiger Handwerker war und den vom Vater übernommenen Betrieb schließen muss.
Finanziell wird er nicht gut dagestanden haben. Erzwungene und damit eben nicht von langer Hand geplante und vorbereitete Geschäftsaufgaben gehen selten finanziell vorteilhaft über die Bühne (was nicht heißen soll, dass es bei ihm so war, er KANN seinen Betrieb auch vorteilhaft verkauft worden, allerdings wird das im Film eher anderes dargestellt). Und immerhin musste er bei einer Zeitarbeitsfirma als Chauffeur arbeiten, selbst wenn ihm das Spaß gemacht zu haben scheint, es ist mit Sicherheit doch finanziell und auch vom sozialen Status her ein klarer Abstieg.
Unterm Strich KANN dann eben, auch bei körperlich vollständiger Genesung von Herzinfarkt und Bandscheibenvorfall, die traurige Lebensbilanz zurückbleiben, dass man mit Ende fünfzig feststellen muss, dass mann sich für das Geschäft, das es jetzt nicht mehr gibt und von dem finanziell nicht viel übrig geblieben ist, körperlich ruiniert hat.
Hier beschreibt niemand, wie Herr Sch. charakterlich war, wie er sich gefühlt hat und hier behauptet auch niemand, dass die einzige Erklärung für den Falle in Suizid ist. Aber ich finde schon, dass hier einige gute Gründe angeführt wurden, warum MAN einen Suizid für wahrscheinlich hält, ihn zumindest nicht ausschließen kann.
Für ein Verbrechen gibt es meiner Meinung nach noch viel weniger Hinweise. Der Nachbar hat einen Streit gehört, von dem wir nicht wissen, ob Walter Sch. beteiligt war. Die Pistole fehlt, von der wir nicht wissen, seit wann sie schon nicht mehr im Haus ist. Man hat keine Leichen (weder von Herrn Sch. noch von seinem Hund) gefunden, was man bei einem Unfall oder einem Suizid eigentlich erwarten würde. Aber auch das sind nur Hinweise und wenn man für alle drei Punkte von den "pessimistischsten" Optionen ausgeht, liegt ein Verbrechen nahe. Es könnten aber auch die "optimistischsten" Annahmen zutreffen: Herr Sch. hatte mit dem Streit nichts zu tun, er hat ihn nicht mal mitbekommen, weil er beim Tablet-Spielen auf der Couch eingeschlafen war. Die Waffe hat er schon vor Jahren verkauft/verloren, ohne seiner Familie davon zu erzählen und der Unfall /der Suizid ereignete sich einfach an einer Stelle, die sehr schwer zugänglich und sehr versteckt liegt.