Scarlett (26) beim Wandern im Schwarzwald verschollen

Fridolin31 schrieb:Ohne Reisepass freiwillig zu verschwinden ist allerdings keine gute Idee.

Wie ist das eigentlich, wenn man einen Reisepass als verloren meldet und sich dann einen neuen ausstellen lässt? Der als verloren gemeldete Pass ist zuhause gebunkert, sie aber mit dem neuen unterwegs. Das geht doch, oder?

CorvusCorax schrieb:Wie ist das eigentlich, wenn man einen Reisepass als verloren meldet und sich dann einen neuen ausstellen lässt? Der als verloren gemeldete Pass ist zuhause gebunkert, sie aber mit dem neuen unterwegs. Das geht doch, oder?

Danke für diese Frage, die habe ich mir selber bei Vermisstenfällen auch schon öfter gestellt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Polizei in solchen Fällen überprüft, ob ein neuer Pass ausgestellt wurde.

nephilimfield schrieb:Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Polizei in solchen Fällen überprüft, ob ein neuer Pass ausgestellt wurde.

Das wäre natürlich möglich, WENN es für die Polizei einen Grund dafür gibt. Bei S. ist man aber immer von einem Unfall ausgegangen. Außerdem gilt das Recht auf freie Aufenthaltswahl, sie kann also reisen, wohin sie will. Und wenn es keinen Verdacht auf eine Straftat gibt, hat sich eine Überprüfung für die Polizei dann doch erledigt. Und sie steht ja nicht auf einer internationalen Vermisstenliste.
Folglich würde es bei einer Kontrolle, Grenzübertritt, Flughafen o.ä. doch nirgends auf dem Bildschirm "Pling" machen und dort eine Vermißtmeldung auftauchen.

CorvusCorax schrieb:Wie ist das eigentlich, wenn man einen Reisepass als verloren meldet und sich dann einen neuen ausstellen lässt? Der als verloren gemeldete Pass ist zuhause gebunkert, sie aber mit dem neuen unterwegs. Das geht doch, oder?

Grundsätzlich ist das möglich, dass man so vorgeht. Aber man müsste zunächst, sofern man sich noch in Deutschland aufhält, unter Vorlage eines anderen gültigen Ausweises bei der Heimatgemeinde ein neues Dokument beantragen.

Damit wäre Scarlett mit Sicherheit aufgeflogen.

CorvusCorax schrieb:Folglich würde es bei einer Kontrolle, Grenzübertritt, Flughafen o.ä. doch nirgends auf dem Bildschirm "Pling" machen und dort eine Vermißtmeldung auftauchen.

Allerdings wird der als verloren gemeldete Reisepass in das sogenannte Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen und ich bin mir nicht sicher, ob es nicht doch "Pling" macht, wenn eine Person mit dem neuen Pass anrückt. Der "verlorene Pass" ist nämlich ein probates Mittel für Kriminelle, sich einen echten Pass zu besorgen. Deshalb wird hier wahrscheinlich schon genauer hingeschaut.

Ein Artikel von Ende 2017. Damals hatten in Griechenland Passfälscher Hochkonjunktur. Ob das 2020 auch so war, weiss ich jedoch nicht.

https://m.bild.de/politik/ausland/illegale-migration/wie-aus-bild-reporter-christoph-der-bulgare-petar-ivanov-wurde-54319152.bildMobile.html?t_ref=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

strombopoly schrieb:Allerdings wird der als verloren gemeldete Reisepass in das sogenannte Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen und ich bin mir nicht sicher, ob es nicht doch "Pling" macht, wenn eine Person mit dem neuen Pass anrückt

Wie @Fridolin31 schon geschrieben hat, muß man sich einen neuen Pass ausstellen lassen und natürlich dafür seine Identität nachweisen können. Das würde im Fall Scarlett also keine Vorteile bringen.
Bei einer Bekannten hat es in einem solchen Fall im Ausland tatsächlich „Pling“ gemacht, weil die Behörden vergessen hatten, im System zu hinterlegen, daß der verlorene oder gestohlene Pass durch einen neuen ersetzt wurde.

strombopoly schrieb:Allerdings wird der als verloren gemeldete Reisepass in das sogenannte Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen und ich bin mir nicht sicher, ob es nicht doch "Pling" macht, wenn eine Person mit dem neuen Pass anrückt.

Aha, danke! Das wollte ich wissen. Dann würde es im Schengener Raum bei einer Kontrolle oder am Flughafen doch "Pling" machen.

Geht das tatsächlich nicht mehr? Als ich in -80 ern per LKW (Berufskraftfahrerin) in Jordanien war, hatte ich einen von meinen 5 Jahrespässen bei mir gehabt, weil einige Durchfahrtsländer ziemlich pingelig waren, wenn man z.B. über Tehran gefahren ist, also brauchte man Pass Nr. 3 wo dieser Stempel nicht drin war. Ich hatte damals keine Probleme gehabt neben meinem Hauptpass noch 5 andere Kurzzeitpässe zu haben. Auch später nicht als ich von Spanien aus das Ganze gefahren bin, da gab es eh den Reisepass, also der erste nur für 3 Jahre, die anderen wurden wie Deutschland nur als Kurzzeitpässe ausgegeben, beantragt wurde der beim deutschen Konsulat.

Wenn man das begründet, kann man einen zweiten Pass beantragen.
https://www.urlaubsguru.de/reisemagazin/zweitpass/

Es kann aber auch klappen, einen neuen Pass zu beantragen und bei der Abholung den Personalausweis vorzuzeigen, je nach Sachbearbeiter wird dann schonmal vergessen, nach dem älteren Pass zu fragen.

Oder man bestellt sich gleich einen Ausweis mit anderer Identität im Internet, falls man wirklich untertauchen möchte.

Ansonsten kommt man auch ganz ohne Ausweis ziemlich weit im Schengenraum.

Warum sollte sie wenigstens nicht mehr Geld mitnehmen, wenn sie abtauchen wollte?
Es sieht so aus, wie wenn sie finanziell von den Eltern gut unterstützt wurde, und dennoch viel Freiheit hatte, wo sie sich aufhielt und was sie machte.
Sie hatte ohnehin Pläne in Asien zu leben. Waren denn die Eltern ihrer Begeisterung von Asien gegenüber so abgeneigt?
Die Mutter war in dem Jahr so lange mit ihr zusammen unterwegs auf dem Camino. Da würde man doch irgendetwas mitbekommen...
Da müsste sie schon von einer neuen etwas bemittelteren Männerbekanntschaft aufgegabelt worden sein, von der sie annehmen würde, dass ihre Eltern sie nicht mögen, oder dessen Einfluss nicht.
Warum hätte sie sich mit der Freundin in Mainz überhaupt noch etwas ausgemacht; bzw das nicht noch verschoben, wenn es zu kurfristig geänderten Plänen kam? Wenn sie das unterlassen hätte, hätte das mehr Vorsprung für sie bedeutet, weil sie vermutlich nicht so schnell als vermisst gemeldet worden wäre. Überhaupt ist die Frage ob es so sinnvoll ist von so einer Wanderung abzutauchen. Denn da sind Eltern eher besorgt nachzufragen, ob sie jeweils heil abends ankommt.

cjelli schrieb:Ansonsten kommt man auch ganz ohne Ausweis ziemlich weit im Schengenraum.

Zumal sie auch einen ordentlichen "Vorsprung" hatte, bevor sie offiziell als vermisst galt.

Silberstreif schrieb:Warum hätte sie sich mit der Freundin in Mainz überhaupt noch etwas ausgemacht; bzw das nicht noch verschoben, wenn es zu kurfristig geänderten Plänen kam?

Ich kenne dazu zwar keine weiteren Details, aber in den Beiträgen die uns bekannt sind ging nicht hervor, dass sie bereits "fest" verabredet waren. Eine genaue Uhrzeit fehlte z.B. Vanessa hatte sie ja noch angeschrieben und gefragt ob sie inzwischen wisse wann genau sie ankommt, aber hat darauf meines Wissens nach keine Antwort erhalten.

Niilanaya schrieb:ging nicht hervor, dass sie bereits "fest" verabredet waren

Es hieß, sie wollte von Freitag auf Samstag bei Vanessa in Mainz übernachten. Fest verabredet ist bisschen relativ. Wissen wir das vielleicht nicht so genau? Jedenfalls gab Vanessa anscheinend den Anlass, dass sie dann ernsthafter gesucht wurde von den Eltern.

Silberstreif schrieb:Es hieß, sie wollte von Freitag auf Samstag bei Vanessa in Mainz übernachten. Fest verabredet ist bisschen relativ.

Fehlende (zumindest uns nicht bekannte) feste Uhrzeit für den Besuch und damit eine gewisse Verbindlichkeit einzugehen - gepaart mit der WhatsApp an die Mutter, in der sie überlegte eine weitere Wanderung dranzuhängen klingen für mich (zumindest aus Scarlett's Sicht) nicht "fest verabredet". Höchstens geplant, aber eben nicht niet- und nagelfest.

@Conocida
und

cjelli schrieb:Wenn man das begründet, kann man einen zweiten Pass beantragen.
https://www.urlaubsguru.de/reisemagazin/zweitpass/

Es kann aber auch klappen, einen neuen Pass zu beantragen und bei der Abholung den Personalausweis vorzuzeigen, je nach Sachbearbeiter wird dann schonmal vergessen, nach dem älteren Pass zu fragen.

Interessante Infos das mit den Pässen.
Wenn man den Reisepass verloren hat oder vorgibt, diesen verloren zu haben, dann kann man sich doch eh nur mit dem Personalausweis beim Passamt ausweisen. Dass es schon einen Reisepass gibt, sehen die doch auf dem Passamt.

Silberstreif schrieb:Warum sollte sie wenigstens nicht mehr Geld mitnehmen, wenn sie abtauchen wollte?

Das sind die Fragen die man sich als normaler Bürger stellt und dennoch gibt es belegte Fälle in denen Menschen all ihr Hab und Gut abgeben haben und untertauchten.
Christopher McCandless Geschichte ist gut dokumentiert und wurde sogar im sehr sehenswerten Film "Into the Wild" verfilmt.
Abgeschlosses Studium mit Bestnoten, großes Geldpolster, und dennoch hat er all das verschenkt und es vorgezogen als Mittelloser durch die USA zu bummeln. Hat seinen Tod vorgetäuscht und sich mit Jobs in Imbissbuden über Wasser gehalten.
Man kann sich einfach schwer in solche Menschen hineinversetzen.

CorvusCorax schrieb:Interessante Infos das mit den Pässen.
Wenn man den Reisepass verloren hat oder vorgibt, diesen verloren zu haben, dann kann man sich doch eh nur mit dem Personalausweis beim Passamt ausweisen. Dass es schon einen Reisepass gibt, sehen die doch auf dem Passamt.

In Deutschland scheint alles möglich. Franco A. hat es geschafft, sich ohne jegliche Arabischkenntnisse eine zweite Identität als syrischer Flüchtling zu beschaffen.
Ich halte es durchaus für vorstellbar, dass Scarlett sich eine neue Identität in einem anderen Land beschafft haben könnte.

cjelli schrieb:Ansonsten kommt man auch ganz ohne Ausweis ziemlich weit im Schengenraum.

Richtig. Und wenn Scarlett einen Verbündeten hatte, mit dem sie ihr Untertauchen geplant hatte, kann sie noch viel weiter gekommen sein.
Dass bei der Ausreise aus der EU heraus am Grenzübertritt in den Kofferraum geschaut wird, passiert doch äußerst selten. Mir ist es noch nie passiert, ganz im Gegensatz zur Einreise in die EU.
Scarlett könnte also im Kofferraum über diverse Grenzen geschmuggelt worden sein.
Ein Verbündeter ist nicht einmal zwingend notwendig. Wenn man bspw. 500€ bietet, finden sich bestimmt schnell Leute die es riskieren, einen über die Grenze zu schaffen.
In der Regel gucken die Grenzbeamten meist bei Verdacht auf unverzollte Fracht nach und ich habe schon oft gehört wie sowas in der Regel abläuft. Die Leute werden rausgewunken und aufgefordert, die Papiere auszuhändigen. Im Reisepass liegen dann zufällig 50€ (für die Kaffeekasse) drin und die Sache ist erledigt.

Silberstreif schrieb:Warum hätte sie sich mit der Freundin in Mainz überhaupt noch etwas ausgemacht; bzw das nicht noch verschoben, wenn es zu kurfristig geänderten Plänen kam? Wenn sie das unterlassen hätte, hätte das mehr Vorsprung für sie bedeutet, weil sie vermutlich nicht so schnell als vermisst gemeldet worden wäre. Überhaupt ist die Frage ob es so sinnvoll ist von so einer Wanderung abzutauchen. Denn da sind Eltern eher besorgt nachzufragen, ob sie jeweils heil abends ankommt.

Sie hat sich ja aber im Vorfeld insgesamt sehr unverbindlich gegeben was ihr Kommen und ihre Pläne anbelangt hat. Da fielen in der Sprachnachricht an die Mainzerin Worte wie:
"...keine Ahnung, je nachdem am..."
"...vielleicht dann schon am..."
"...ich kanns dir nicht ganz versprechen..."
"...weil wenn ich Bock hab, wander ich vielleicht auch noch 2 Wochen..."

Quelle:
https://www.rtl.de/cms/seit-2020-vermisst-scarlett-im-schwarzwald-spurlos-verschwunden-was-ist-mit-ihr-passiert-4947568.html?fbclid=IwAR3uORdNLUDByF6e7TkweCopnHUubTGRv74kXML-q0TJeKM8mRllnZZ3ck8

Vorsprung hat sie doch genug gehabt. Ab dem Verschwinden 3 Tage, bis überhaupt gesucht wurde. Und 3 Tage sind lang, in der Zeit kann man 10mal verunglückt, 10 mal gestorben, 10 mal entführt, 10 mal untergetaucht sein.

Und zu "in der langen Zeit kann man bei einem Unfall 10 mal gestorben sein bis überhaupt jemand nach einem sucht" - es ist eigentlich schon ein Unding, wenn man bedenkt, dass die Vermißtmeldung am Samstag, 12.09.20 rausging, es dann aber nochmal 1 Tag gebraucht hat, bis am Sonntagmittag, 13.09.20, die Suchmannschaften vor Ort ausgerückt sind. Warum da nicht stante pede schon am Samstag die Suche begann, ist mir schleierhaft. Wenn man doch von Verunglücken auf der Wanderstrecke ausgehen muß, wird doch unverzüglich gesucht, da man doch damit rechnen muß, dass eine Person schwer verletzt im Gelände liegt. Wovon die vielen Einsätze der Bergwacht im Schwarzwald zeugen.

Wenn hier ein Einheimischer oder Urlauber, der abends von einem Geländegang nicht heimkommt/nicht in sein Hotel zurückkehrt, dann würde man auch einen Unfall vermuten, oder dass sich die Person heillos verlaufen hat, was hier in der Region auch immer wieder vorkommt, dann würde am selben Abend noch die Bergwacht alarmiert werden und ausrücken.

Die Corona Zeit mit allen möglichen Einschränkungen scheint mir nicht gerade die beste Zeit um sich abzusetzen. Man würde dann halt annehmen, dass sie nach Asien wollte. Aber schon mal die Reisebeschränkungen... Auch habe ich den Eindruck bekommen, dass man in der Regel schon auch Geld braucht oder einen Job/ ein Business nachweisen muss, um in Asiatischen Ländern eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen.