misteraha schrieb:Artikel 3 GG. Jeder Mensch ist vor dem Gesetz gleich
Das schon, aber nicht jeder ist für das öffentliche Interesse gleichbedeutend.
Es gilt nach Art. 5 GG die Pressefreiheit. Und die schränkt (unter Umständen) wieder die Persönlichkeitsrechte nach Art. 2 GG ein. Bei Personen des öffentlichen Lebens wiegt das Interesse an der Information schwerer als bei Privatpersonen. Das führt zu unterschiedlichem Umgang der Presse in der Berichterstattung, die rechtlich (mit Einschränkungen) erlaubt ist.
monstra schrieb:Bei der Abwägung dieser kollidierenden Interessen dürfte das allgemeine "Engagement in der Jugendarbeit" im Konkreten kaum eine Rolle spielen.
falstaff schrieb:Und wir reden hier um einen Verdacht der inhaltlich direkt mit dem Engagement zu tun hat.
Ganz so klar und eindeutig ist das rechtlich nicht. @Falstaffs Hinweis ist schon berechtigt. Das Engagement spielt dabei natürlich eine Rolle.
In einem Urteil vom 07.02.12 hat der EGMR dem Axel Springer Verlag (gegen die BRD) Recht gegeben und diesem eine Zahlung von 17.734,28 € Schadensersatz und 32.522,80 € für Kosten und Auslagen zugesprochen.
(EGMR, 07.02.2012 - GK - 39954/08)
Der Axel Springer Verlag rügte das Verbot, über die Festnahme und Verurteilung eines bekannten Schauspielers zu berichten, der gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen hatte. Er sah hierin eine Verletzung des Artikels 10 der Konvention.
https://www.rechtslupe.de/wirtschaftsrecht/berichterstattung-ueber-das-privatleben-prominenter-338200Der EGMR entschied mit zwölf zu fünf Stimmen zugunsten des Verlags, dass Artikel 10 der Konvention verletzt worden ist (Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, in diesem Fall Weitergabe von Informationen).
Dabei war u. a. zu beachten, dass zwischen Privatpersonen und Personen, die in einem öffentlichen Kontext als Politiker oder Personen des öffentlichen Interesses handeln, zu unterscheiden ist. Während eine der Öffentlichkeit unbekannte Privatperson einen besonderen Schutz ihres Rechts auf Privatleben verlangen kann, gilt dies nicht für Personen des öffentlichen Lebens.
Personen, die im öffentlichen Interesse stehen, müssen sich darüber bewusst sein, dass ihr Privatleben aufgrund ihrer besonderen Stellung, die sie oft infolge ihrer eigenen Entscheidung einnehmen, automatisch stärkeren Belastungen ausgesetzt ist.
In dem entschiedenen Fall sei das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Festnahme des X und dem ihn betreffenden Strafverfahren verstärkt gewesen.
Analog sind hier gerade das spezielle Engagement Metzelders, das neben seinem Promistatus als Fußballer zusätzlich öffentliches Interesse hervorruft und hervorrufen soll, das von ihm ein entsprechendes vorbildliches Verhalten erwarten lässt und das im eindeutigen Widerspruch dazu stehende (mutmaßliche) strafbare Handeln ein Aspekt, der den Schwerpunkt bei der Abwägung von Persönlichkeitsrecht und öffentlichem Interesse zugunsten Letzterem verlagert. Die Information über ein Handeln gegen Kinderinteressen verlässt den privaten Bereich dadurch, dass er sich öffentlich speziell für Kinder einsetzt.
Dennoch sind bestimmte Voraussetzungen einzuhalten:
-Die Unschuldsvermutung muss bei einem Bericht über einen Verdacht beachtet werden
-Die Wahrhaftigkeit der Information muss geprüft sein
-Das Recht auf Schutz des Privatlebens gemäß Artikel 8 der Konvention ist zu beachten, also eine Abwägung hat zu erfolgen (bei Informationen über eigenes Handeln mit vorhersehbaren Folgen wie hier ggf. herabgesetzt.)
Ich halte die Namensnennung beim Anfangsverdacht auch für verfrüht, aber es liegt hier vor dem Hintergrund des o.g. Urteils auch kein definitiver Verstoß seitens der Bild vor, gerade weil das im Raum stehende Delikt Metzelders selbst auferlegter Funktion als öffentliche Person völlig widerspricht.
Also an alle, die die Sachlage (in welche Richtung auch immer) ganz sonnenklar und empörenswert finden - das ist sie nicht. Innerstaatliche Gerichte sehen eine solche Berichterstattung durchaus kritisch, der EGMR hat sich wiederum auf die Seite der Pressefreiheit gestellt. Warum sollte die Bild davon ausgehen, über die Festnahme des (mutmaßlich) koksenden TV- Kommissars berichten zu dürfen, aber nicht über die Festnahme eines (mutmaßlich) kinderpornografieverschickenden prominenten Inhabers einer Stiftung für Kinder und Jugendliche, wenn in beiden Fällen die Festnahme Fakt und die Einleitung von Ermittlungen von der StA bestätigt ist?