rhapsody3004 schrieb:Das sollen hier die Juristen des Forums nochmal genau, anständig erklären, aber der dringende Tatverdacht hätte sich nach 3 Wochen U-Haft glaube ich erhärten müssen. Neues hätte zum Indizientopf, der ursprünglich den dringenden Tatverdacht gerechtfertigt hatte, hinzukommen müssen, was aber nicht geschah. Somit ließ sich ein dringender Tatverdacht nicht länger aufrechterhalten. Außerdem dürfte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (auf die Dauer einer U-Haft bezogen) eine entscheidende Rolle gespielt haben.
Du hast die entscheidenden Gesichtspunkte m. E. selbst gut zusammengefasst und wiedergegeben. Aber weil Du gefragt hast:
Wenn Du zurückgehst im Forum wirst Du sehen, dass allerdings auch über mögliche Probleme bei den Haftgründen Flucht/und Verdunkelungsgefahr kontrovers diskutiert wurde. M.E. haben die aber wegen der geringeren Begründungsanforderungen in Kapitaldelikten, die ebenfalls ausführlich auch von verschiedenen Mitforenten dargestellt und diskutiert wurden, bei der Aufhebung des Haftbefehls keine maßgebliche Rolle gespielt. Anders wurde dies .m.E. auch nicht von der Staatsanwaltschaft in den Presseverlautbarungen kommuniziert. Es ging bei der Haftbefehlsaufhebung um den Wegfall des
dringenden Tatverdachts.
Entscheidend war aus meiner Sicht, so wie Du es geschrieben hast, also das Problem des "dringenden Tatverdachts". Der, wenn man ihn sich auf einer Zeitachse vorstellt, mit der Dauer der Ermittlungen hier in diesem frühen Stadium, sich eigentlich hätte verstärken sollen. Das hatten die EB nach meiner Einschätzung sich nicht nur erhofft, sondern sogar erwartet. Aber weder kam bis zur Haftbeschwerde des F., (eingelegt durch seine Verteidigerin), etwa ein Geständnis, noch wurde trotz intensiver Suchaktionen die Leiche gefunden, noch kam offensichtlich aus naturwissenschaftlicher Seite von der KTU bis dahin ein entscheidender Durchbruch.
Dann ist eine Entscheidung des Haftrichters auf Aufhebung des Haftbefehls wegen nicht mehr gegebenen dringenden Tatverdachts nicht überraschend. Der Haftbefehl konnte hinsichtlich des dringenden Tatverdachts inhaltlich und zeitlich nicht weiter begründet werden. Das ist nichts Sensationelles sondern ein weiteres Zeichen für eine gut funktionierende Unabhängigkeit der Richter. Obwohl er 3 Wochen vorher noch vom Vorliegen eines dringenden Tatverdachts überzeugt war, hat er jetzt aus seiner richterlichen Unabhängigkeit nunmehr nach erneuter Prüfung am Ende eines Anhörungstermins diesen nicht mehr gesehen, der Beschwerde des F. stattgegeben und den Haftbefehl wieder aufgehoben. Somit kam es gar nicht mehr zur Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Berlin, weil sie nicht mehr erforderlich war. F. war ja frei.
Die Staatsanwaltschaft ihrerseits hat diese Entscheidung nach außen souverän als vertretbar kommuniziert, keine Beschwerde dagegen eingelegt und damit die Aufhebung des Haftbefehls und die Haftentlassung akzeptiert. Sie führt allerdings das Verfahren gegen F. weiter - weil sie ihn auch weiterhin -nunmehr allerdings nur noch als - einfach tatverdächtig - einstuft. Darüber hatte der Haftrichter nicht zu befinden sondern ausschließlich die Herrin des Ermittlungsverfahrens - die Staatsanwaltschaft.
Der Zeitdruck der besonderen Fristen bei in Haft befindlichen Untersuchungsgefangenen vgl. etwa die sog. 6-Monatrist als Regel (mit engen Ausnahmen) ist damit aus den Fall genommen. Der Staatsanwalt unterliegt allerdings immer noch dem Gebot, das Verfahren gegen F. zügig zu führen. Das ist Ausdruck des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgebots, denn ein offenes Ermittlungsverfahren ist zwar mit Haft nicht zu vergleichen - dennoch immer noch eine große Belastung für einen auch (nur) einfach Verdächtigten. Aber es besteht eben kein starres Fristengebot mehr wie in Haftsachen.
Zum übrigen kann man sich auch Herrn Oberstaatsanwalt Steltner in seiner Presseverlautbarung zur Haftbefehlsaufhebung immer noch ausführlich im O-Ton anhören. (vgl. Themen Wiki)
Aber ich bin mir sicher - die Arbeit auf der Spur ging auch nach der Haftentlassung weiter - so schnell werfen Staatsanwälte bei weiterhin bestehendem Tatverdacht die Flinte nicht ins Korn. Ich bin mir ebenso sicher, dass dies auch für entlastende Gesichtspunkte hinsichtlich des F. gilt, ebenso wie es sich auf ihre Ermittlungen in alle Richtungen erstrecken dürfte.
I.Ü. verweise ich auf die seitherigen Presseverlautbarungen der Staatsanwaltschaft.
Meine persönliche (kursorische) Meinung.
(Mehr und teils (noch) detaillierter vgl. die Links im Themen-Wiki zur Aufhebung des Haftbefehls.)