1. Es gibt grob zwei Möglichkeiten: a) Rebecca wurde vom Tatverdächtigen außer Haus geschafft und getötet. b) Rebecca ist aus freien Stücken außer Haus und nicht zu Schule. Der Tatverdächtige hat mit ihrem Verschwinden nichts zu schaffen.
2. Hier kann nur mit dem spekuliert werden, was öffentlich bekannt ist. Dabei sind für mich öffentliche Äußerungen von Behördenvertretern gewichtiger als die von Privaten oder von Journalisten.
3. Als Indizien gegen den Tatverdächtigen können - nach dem, was bekannt ist - gelten: a) falsche, d.h. objektiv widerlegbare, Angaben zum eigenen Verhalten ("geschlafen"), b) falsche Angaben über die Anwesenheit Rebeccas ("ist schon weg"), c) evtl. falsche oder inkonsistente Angaben über die Fahrten auf der A 10/A 12, d) evtl. forensische Spuren im Fahrzeug und/oder in der Wohnung.
Dabei scheinen der Handynutzung von Rebecca wie auch des Tatverdächtigen große Bedeutung zuzukommen (wann wurde welches Handy benutzt bzw. ausgeloggt und inwieweit stimmen diese Erkenntnisse es mit den Angaben des Tatverdächtigen überein?).
Große Bedeutung hat auch die 1. Fahrt auf der A 10/12, die angesichts des Zeitpunkts und des vorhergehenden Tagesablaufs des Tatverdächtigen (erst am frühen Morgen Rückkehr von Feier, kaum Schlaf, Alkoholgrad?) schwer erklärungsbedürftig ist.
4. Das alles reicht für einen Anfangs
verdacht, ist aber kein Schuld
beweis. Den kann nur ein Gericht treffen. Ob der Tatverdächtige zudem hinreichend oder dringend tatverdächtig ist, ist eine andere Frage. Derzeit reichen die Erkenntnisse für eine Anklageerhebung oder für eine Untersuchungshaft nicht aus. Ohne Leiche und Erkenntnisse über die Todesursache können zwar in Ausnahmefällen Anklagen und Verurteilungen erfolgen, dann muss aber zusätzlich eine erhebliche Indizienlast vorhanden sein. Ich verweise hier auf den durchaus ähnlich gelagerten Fall der
Maria Baumer. Hier ist der Verlobte ebenfalls tatverdächtig gewesen.
5. Die Familie des Opfers ist die Familie. Niemand kann verlangen, dass sie objektiv ermitteln und beurteilen. Wenn der Tatverdächtige "wie ein Sohn" betrachtet wird, ist das so. Die Ermittlungsbehörden haben eine solche Kategorie bei ihrer Arbeit nicht. Sie ermitteln ohne Ansehen der Person. Wenn es deshalb zu Konflikten zwischen Ermittlern und Familie kommt, werden die Ermittler daraus Folgen ableiten. Eine dieser Folge dürfte sein, dass neue Ermittlungsergebnisse weder der Familie noch in der Folge in den Medien öffentlich bekannt werden.
Dazu zählen auch (angebliche) Sichtungen Rebeccas, die selbstverständlich von der Polizei spurenmäßig abgearbeitet werden. Die kriminalistische Erfahrung lehrt dabei, dass es bei prominent in der Öffentlichkeit platzierten Suchen häufig Sichtungen gibt, die sich schnell widerlegen lassen. Die Zeugen kennen die gesuchte Person nur vom Fahndungsaufruf oder aus Medien, die Irrtumswahrscheinlichkeit ist deshalb objektiv sehr hoch. Anders wäre es z.B. mit guten Bekannten, die das Opfer persönlich kannten.
6. Im Ergebnis also: Nichts Neues. Entweder macht der Tatverdächtige noch einen Fehler (Geständnis) oder es gibt zufällig Funde (Leiche, Spuren) oder Rebecca taucht noch lebendig auf. Das letztere halte ich nicht für völlig ausgeschlossen, aber für so unwahrscheinlich, dass ich als Ermittler keinen größeren Gedanken daran verschwenden würde. Entsprechende Hinweise müssen aber dennoch abgearbeitet werden.