Wo ist Rebecca Reusch?
05.05.2019 um 07:43pensionär schrieb:"Repetitio est mater studiorum" (oder so)Oh, falls das in der Form schonmal so verlinkt oder zitiert wurde habe ich das übersenen. Danke jedenfalls für die Mühe.
pensionär schrieb:Karlsruher Kommentar zur Strafprozeßordnung 2. AuflageOk, da dämmert jetzt was bei mir, aber ganz klar ist es noch nicht (vielleicht brauche ich noch ein paar Repetitionen).
[Einer der dicken Kommentare (2100 Seiten) - ja es gibt neuere Auflagen aber die habe ich hier nicht zur Hand und so schnell ändern sich die Grundpfeiler der StPO nicht]
§ 112
II. Dringender Tatverdacht
1. Begriff
Dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis in seiner Gesamtheit eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine Straftat begangen hat. (allg. Meinung, vgl. etwa BGH....) [es folgen weitere Literaturnachweise, die ich hier wg. Schreibarbeit nicht aufführe.]
Sachlich übereinstimmend verlangen .... "einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit" und ... "eine hohe Wahrscheinlichkeit". Bei der Prüfung des Tatverdachts hat der Richter aufgrund des ihm "vorliegenden Tatsachenmaterials ein auf die Verurteilungschancen bezogenes Wahrscheinlichkeitsurteil abzugeben".
....
6. Verdachtsgrad
.....
Die Prüfung des hinreichenden Tatverdachts geht vom Endergebnis aus und kann sich daher auf eine breite Beurteilungbasis stützen. Demgegenüber entscheidet sich die Frage des dringenden Tatverdachts nach dem jeweiligen Stand der - häufig noch unvollständigen - Ermittlungen im Zeitpunkt des Haftbefehlsantrags, der Vorführung oder einer Haftbeschwerde. Ein zu Beginn des Verfahrens vorliegender dringender Verdacht kann sich im Laufe der weiteren Ermittlungen abschwächen oder ganz entfallen."
Was ist denn z.B. der Unterschied zwischen einem "hohen Grad von Wahrscheinlichkeit" und einer "hohen Wahrscheinlichkeit"?
Zudem steht da bzgl. "Verurteilungschancen" (=Verturteilungs-Wsk.?): "Bei der Prüfung des Tatverdachts" - also allgemein, nicht speziell des dringenden. Verstehe ich das richtig, dass die Verurteilungs-Wsk. bei der Beurteilung jedes Verdachtsgrads berücksichtigt werden muss? Dann sehe ich (ein), dass der Wikipedia-Artikel, da offenbar zumindest nicht ganz vollständig und zumindest für mich auch irgendwie irreführend ist (für @Kirsten dann wohl auch).
Zusammen mit folgendem Beitrag meine ich nun eine Idee zu haben, wo mein Verständnisfehler liegen könnte:
Sector7 schrieb:Die gerichtliche Prüfung des dringenden Tatverdachts erfolgt aufgrund einer gegenwärtigen dynamischen Beweislage, während die Prüfung des hinreichenden Tatverdachts auf Grundlage eines abgeschlossenen Ermittlungsergebnisses stattfindet. Bei Letzterem wird eine Verurteilungswahrscheinlichkeit valide prognostiziert und es reichen theoretisch 51% (hinreichend).Kann man sagen, dass die Täter-Wsk. das aktuelle Bild beschreibt (also das was an Indizien und ggf. Beweisen bereits vorhanden gesichert und ausgewertet ist), während die Verurteilungs-Wsk. eine Prognose ist, die beschreibt wie zuversichtlich man ist, die aktuell noch fehlenden Puzzleteile (in einem bestimmten Zeithorizont) noch zu finden, so dass sich die Täter-Wsk. dann vorraussichtlich auf praktisch 100% erhöht?
Ich würde mir vorstellen, dass eine solche Prognose möglich ist z.B. aufgrund
- bereits gefundener aber noch nicht zu Ende ausgwerteter Spuren,
- der "Verteilung der Puzzleteile" (wenn bereits ein recht vollständiges Bild entstanden ist, wo aber noch etliche einzelne Teile fehlen ist das sicher anders zu Bewerten, als wenn rechts oben noch alles fehlt - bildlich gesprochen)
- Erfahrung mit ähnlichen Fällen und deren Aufklärung oder Nicht-Aufklärung(?)
- ...?
Das würde für mich einigermaßen Sinn ergeben (abgesehen davon, dass mir die Verurteilungs-Wsk. damit immer noch bzw. sogar noch umso mehr ein rel. labiles Konzept zu sein scheint).
pensionär schrieb:Was im vorliegenden Fall zu so einem -in meinen Worten- "Strömungsabbruch" geführt haben mag, kann niemand von uns beurteilen. Ich glaube nicht, daß das nur durch das Eingreifen der Verteidigerin und deren Haftbeschwerde bewirkt wurde. Ich könnte mir aber rein spekulativ vorstellen, dass der Haftrichter schon beim Haftbefehlsantrag dem Sachbearbeiter etwa verdeutlicht haben könnte : ja ich bin nach allem was Sie mir da vorlegen auch überzeugt, dass sie am Richtigen sind und dringender Tatverdacht jetzt angenommen werden kann - aber da muß sehr schnell noch mehr an belastenden Material dazukommen, sonst... (Wie gesagt nur eine hochspekulative Ahnung von mir - gerade weil die StA die Aufhebung mit so gefassten Worten hingenommen hat).Die Hervorhebung (fett) ist von mir hört sich für mich ziemlich plausibel an und würde nun zusammen mit den obigen "Erkenntnissen" für mich auch Sinn machen.
Hieße dann aber auch, dass zur Aufhebung der U-Haft überhaupt keine Neu-/Andersbewertung der bereits ursprünglich bestehenden Indizien passiert sein muss (was ich vorher vemutet hatte), sondern lediglich die Erwartungshaltung bzgl. neuer/weiterer Indizien ("Puzzleteile") nicht ausreichend erfüllt werden konnte.
Weiß nicht ob es Haarspalterei ist , aber mir hilft es die Vorgänge besser zu verstehen (hoffe nicht nur mir). Vielen Dank insbes. an @pensionär sowie auch @Sector7 für die Ausführungen.