Wo ist Rebecca Reusch?
04.05.2019 um 21:18Kirsten schrieb:Ich kann im Moment nicht ganz nachvollziehen, worauf du dich beziehst.Eine hohe Täter-Wahrscheinlichkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt der U-Haft bedeutet lt. OStA und lt. Beitrag von pensionär (Seite 3.670) sowie Beitrag von pensionär (Seite 4.039) ;) auch eine [mMn. theoretische / abgeleitete] hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit.
Mir ist durchaus bekannt, dass OStA Steltner Zweifel am dringenden Tatverdacht geäußert hat, ich kenne das Statement.
Meine Einlassungen hingegen bezogen sich lediglich auf die hier im Forum nicht korrekt dargestellten Definitionen von "dringendem Tatverdacht" bzw. Unterschiede zwischen "hinreichendem" und "dringendem" Tatverdacht.
Sector7 schrieb:
Er hat Zweifel am dringenden Tatverdacht. Das ist eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung
... um einen dringenden Tatverdacht anzunehmen. Das ist ja eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung zum gegenwärtigen Zeitpunkt.
Lt. Wikipedia (u.a.) ist das eben nicht so: Wikipedia: Tatverdacht#Dringender_Tatverdacht
Von dort: "Dem Grade nach ist der dringende Tatverdacht stärker als der hinreichende, jedoch kann er ausnahmsweise bestehen, ohne dass der hinreichende Tatverdacht vorliegt. Denn eine Prognose, dass eine Verurteilung wahrscheinlich ist, verlangt der dringende Tatverdacht nicht; es genügt die Möglichkeit der Verurteilung."
Die gerichtliche Prüfung des dringenden Tatverdachts erfolgt aufgrund einer gegenwärtigen dynamischen Beweislage, während die Prüfung des hinreichenden Tatverdachts auf Grundlage eines abgeschlossenen Ermittlungsergebnisses stattfindet. Bei Letzterem wird eine Verurteilungswahrscheinlichkeit valide prognostiziert und es reichen theoretisch 51% (hinreichend).
U-Haft ist ein Kompromiss zwischen Unschuldsvermutung und erforderlicher Strafverfolgung. Kompromiss bedeutet, dass beide Seiten Federn lassen. Bei der Strafverfolgung sind das sehr hohe Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, bei der Unschuldsvermutung logischerweise der Freiheitsentzug und der öffentliche Status einer gewissen Schuldvermutung (begründete Zweifel an der Unschuld) zum Zeitpunkt der Entscheidung.
Der größte Faktor in diesem Kompromiss ist die lfd. Bewertung der Verhältnismäßigkeit zwischen Haftdauer und Ermittlungsfortschritt, was lt. OStA wieder zur Entlassung aus der U-Haft führte, da es während der Haftdauer keinen wesentlich veränderten Ermittlungsstand oder Ergebnisse bei den Sucheinsätzen gab.
Im Klartext bedeutet U-Haft lt. Bundesverfassungsgericht 19, 342, dass
- aufgrund der konkreten (dynamischen) Beweislage begründete Zweifel an der Unschuld des Beschuldigten bestehen
- die Aufklärung der Tat und eine schnelle Bestrafung nicht anders gesichert werden kann
- Anordnung und Dauer vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht werden müssen
Für die ebenso rechtsstaatliche Öffentlichkeitsfahndung gilt Ähnliches.