Nach meiner urlaubsbedingten Abwesenheit möchte ich versuchen, einige der hier diskutierten Fragen aus meiner persönlichen Sicht zusammenzufassen.
War es Mord oder Suizid ?Auch wenn die Kripos mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Suizid ausgeht, sind einige Sachverhalte derartig mysteriös, dass ein Mord nicht ausgeschlossen werden kann. Auch wenn der Beweis nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht erbracht werden kann, wurden hier einige hypothetische Konstellationen beschrieben, die eine mögliche Tötung oder assistierten Suizid durchaus plausibel erklären können.
Gegen einen Suizid spricht, dass Frauen nur sehr selten eine Schusswaffe zur Selbsttötung benutzen. Allerdings bestehen Zusammenhänge mit der Verfügbarkeit von Waffen. Es ist erwiesen, dass Länder mit einem hohen Anteil an bewaffneten Haushalten auch einen hohen Anteil an Schusswaffensuiziden aufweisen. Die Suizidrate mit Waffen ist bspw. in der Schweiz überdurchschnittlich hoch.
https://www.swissinfo.ch/ger/trauriger-rekord--suizid-mit-schusswaffen/8246446Insbesondere die geringen Blutspuren an der Hand hinterlassen Zweifel an einer Selbsttötung. Eine mögliche Erklärung für diese Spurenlage könnte sein, dass die Kripos vor Beginn der Untersuchung des Tatortes eine Gefährdung vermeiden wollte und in diesem Zusammenhang die Waffe aus der Hand von JF entfernt hat. Dabei könnten die Blutspuren verwischt worden sein.
Der Zeitpunkt des Todes wurde umfassend diskutiert, denn nur wenn ein Täter ausreichend Zeit hatte, seine Spuren zu beseitigen und den Tatort unerkannt zu verlassen, konnte er einen nahezu perfekten Mord als Suizid inszenieren.
Bemerkenswert ist, dass keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden oder Spuren eines Abwehrkampfes gefunden wurden. Es ist auch schwer zu erklären, wie ein Mörder das Türschloss nach dem Verlassen des Raumes von außen zweifach verriegeln konnte. Ob die tödliche Schussabgabe erfolgte, als der Mitarbeiter der Sicherheitsfirma an der Hoteltür klopfte, ist nicht gesichert. Angaben zum wahrscheinlichen Todeszeitpunkt sind im VG Bericht nicht aufgeführt. Rechtsmedizinisch lässt sich der Todeszeitpunkt jedoch anhand verschiedener Merkmale (Blutgerinnung, Körpertemperatur usw.) innerhalb eines bestimmten Zeitfensters relativ genau abgrenzen.
Vorausgesetzt, die Schussabgabe erfolgte unmittelbar nachdem der Sicherheitsdienst an der Tür geklopft hatte, dürfte ein Mord eher unwahrscheinlich sein, denn ein Mörder würde seine Tat kaum durchführen, wenn eine unerkannte Flucht nicht mehr möglich ist. Insgesamt scheint ein Hotel für Mörder ein ungeeigneter Ort zu sein. Ich habe keine deutsche Statistik über Tötungsdelikte im Hotel gefunden. Gemäß einer amerikanischen Statistik ist ein Mord in einem Hotel jedoch äußerst selten.
https://www.bjs.gov/index.cfm?ty=tp&tid=44Statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit eines Suizides gegenüber einem Mord um ein mehrfaches höher. Deutschland hat eine Tötungsrate von 0,8 / 100.000 Einwohner und Norwegen 2,2 / 100. 000 Einwohner. Dagegen liegt die Suizidrate in Deutschland bei 13 / 100.000 Einwohner und Norwegen 10,2 / 100.000 Einwohner.
Wikipedia: Tötungsrate nach LändernWikipedia: Suizidrate nach LändernJF hat vorsätzlich falsche Daten im Hotelformular eingetragen, die Etiketten aus der Kleidung entfernt sowie Ausweise und Kreditkarten nicht mitgeführt, um Ihre Identität zu verschleiern. Dieses Verhalten ist bereits mehrfach bei Suizidenten beobachtet worden. Die Auslöschung der Identität ist vermutlich ein Teil des Abschiedes vom Leben. Die im Hotelzimmer gefundene Flasche mit dem Männerparfüm steht vermutlich symbolisch für eine Person, zu der eine tiefe emotionale Beziehung bestand.
JF hat sich neun Tage vorab beim Hotel angemeldet. Sie ist planmäßig vorgegangen. Nach meiner Auffassung befand sich JF zu diesem Zeitpunkt bereits in der Entschlussphase eines Suizides.
http://medizin-wissen-online.de/index.php/psychiatrie-menue/61-suizidalitaet/294-stadieneinteilung-der-suizidalen-bzw-der-parasuizidalen-entwicklung (Archiv-Version vom 07.06.2018)Die Ursache des Suizides können traumatisch erlebte Ereignisse, der Verlust wichtiger Bezugspersonen oder schwerere psychische Erkrankungen gewesen sein.
Warum hat JF Etiketten aus ihrer Kleidung entfernt ?Zunächst hatte ich angenommen, dass das Entfernen der Etiketten eine geeignete Methode ist, Zollgebühren bei einem Warenimport zu vermeiden. Die getragene und offensichtlich gebrauchte, persönliche Kleidung wird normalerweise nicht verzollt. Dagegen können neuwertige Kleidungsstücke ab einer bestimmten Wertgrenze bei der Einfuhr verzollt werden. Aufgrund der Nachweispflicht ist die Entfernung der Etiketten aus zollrechtlicher Sicht aber weder sinnvoll noch zweckmäßig. Etiketten werden auch entfernt, weil sie störend sind. Im Falle von JF gehe ich davon aus, dass dieses Vorgehen lediglich der Verschleierung ihrer Herkunft diente.
Wie ist JF nach Oslo gekommen ?Da sich der Hafen in unmittelbarer Nähe des Plaza Hotels befindet, lag es nahe, dass JF mit einer Fähre (Color Line, Stena Line) oder einem Kreuzfahrtschiff nach Oslo gekommen ist. Mehrere Fähren fahren regelmäßig von Friederikshavn, Kopenhagen und Kiel nach Oslo. Die Saison für Kreuzfahrtschiffe mit dem Zielhafen Oslo beginnt überwiegend im Juni/Juli. Daher erscheint die Benutzung dieser Schiffe wenig wahrscheinlich. In der Nähe des Hotels befinden sich ebenfalls der Hauptbahnhof und eine Haltestelle für Fernreisebusse. Oslo ist mit Fernbussen von den meisten Großstädten in Deutschland zu erreichen. Diese Verbindungen werden hauptsächlich in der Nacht durchgeführt. Wenn JF unmittelbar nach Ihrer Ankunft in Oslo zum Hotel gegangen ist, kann sie eigentlich keine Fähre benutzt haben, denn diese treffen überwiegend früher in Oslo ein. JF traf jedoch vermutlich zeitgleich mit einer größeren Reisegruppe am 31. Mai 1995 um 22:10 Uhr beim Plaza Hotel ein. Das spricht eher für eine Flugverbindung bspw. ab München, Düsseldorf (SAS, Lufthansa, Norwegian). Falls JF die Waffe bereits mit sich geführt hat, wäre die Benutzung eines Flugzeuges aufgrund der Sicherheitskontrollen jedoch sehr riskant gewesen. Denkbar ist auch, dass JF zunächst mit einer Fähre (TT-Line, Scandlines) von Travemünde, Rügen oder Fehrmann nach Kopenhagen oder Trelleborg gefahren ist und von dort mit der Bahn oder Bus ihre Reise nach Oslo fortgesetzt hat. Für eine Anreise aus einem anderen Land (Belgien, England usw.) könnte sie auch eine Verbindung der DFDS-Seaways genutzt haben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass JF sich schon vor dem 31. Mai 1995 in Norwegen befand.
Warum reiste JF nach Norwegen ?Es gibt zwar keine konkreten Anhaltspunkte für eine persönliche Beziehung zu norwegischen Bürgern oder Personen, die sich in Norwegen aufgehalten haben, es ist aber auch nicht auszuschließen. Sie wurde in Norwegen allerdings nicht wiedererkannt. Daher kann nur spekuliert werden, warum sie als vermutlich deutsche Staatsbürgerin nach Oslo gereist ist. Vor dem Hintergrund eines Suizides muss ihr diese Stadt und dieses Land etwas bedeutet haben. Vermutlich war es eine ausreichende Distanz und die Gewissheit, in diesem wohlständigen Land würdig behandelt zu werden. Möglicherweise war sie auch schon einmal in Norwegen und hat dieses mit positiven Erinnerungen verknüpft. Es könnte auch sein, dass sie sich in Oslo ein neues Leben aufbauen wollte und dort um einen Arbeitsplatz bemüht hat. Die Reise könnte auch eine Flucht gewesen sein. Norwegen ist kein EU-Mitglied und war zeitweise auch ein beliebtes Land für Menschen, die in finanziellen Schwierigkeiten geraten sind.
Was verbindet JF mit Belgien ?Da JF ihre Identität bewusst verschleiert hat, dürfte Verlaine nicht der Ort einer erfolgreichen Suche sein. Allerdings zeugen die Angaben auf dem Meldeformular und die gewählten Rufnummern von einer Detailkenntnis, die einen persönlichen Bezug vermuten lassen. Die Telefonnummern verweisen auf ein Gebiet um Sint Niklaas / Tileur in Lüttich und dort gibt es auch eine Rue de la Station.
War JF eine deutsche Staatsbürgerin ?JF konnte ihre Identität verschleiern, aber nicht ihre im Körper enthaltenen Isotopen fälschen. Zwar ist der Ausschluss von Mehrdeutigkeiten nicht nachvollziehbar begründet worden und auch die verwendete Datenbasis ist nichts bekannt, jedoch ergab die Isotopenanalyse, dass sie sich im Jugendalter in Deutschland aufgehalten hat. Die Hotspots befinden sich hauptsächlich in den östlichen Landesteilen und bezogen auf ihr Alter ist sie vermutlich in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Der stärkste Hotspot befindet sich um Wittenberge an der Elbe. Die gefundenen Kleidungsstücke und Gegenstände sind vorwiegend in Deutschland erhältlich.
Welche Hinweise können aus den gefundenen Gegenstände gewonnen werden ?Die im Hotelzimmer gefundene Kleidung und Gegenstände sind überwiegend im höheren Preissegment angesiedelt. Die Kleidung war in einem gut gepflegten Zustand und wirkte elegant, sportlich und modern. JF legte offensichtlich viel Wert auf ein gutes Erscheinungsbild. Die Web-Seite Labelfinder wurde benutzt, um eine mögliche Kaufregion zu ermitteln. Festgestellt wurde, dass die Artikel grundsätzlich in ganz Deutschland und der Schweiz erhältlich sind. In Westdeutschland bzw. im Grenzbereich Luxemburg und Belgien gibt es eine Häufung von Geschäften, die diese Produkte anbieten. Wie ich nachträglich festgestellt habe, könnten diese Produkte auch über den Versandhaushandel (Otto-Versand, Schwab etc.) bestellt worden sein. Angaben zum Hersteller des Lackmantels - vermutlich aus Kunstleder (Wet-Look) habe ich bisher noch nicht gefunden. Die Anordnung der breiten Reißverschlüsse könnte auf einen Biker-Styl hinweisen. Auffällig ist eine ausgeprägte Falte am unteren linken Saum. Diese könnte möglicherweise bei einer Sitzhaltung mit angewinkelten Beinen auf einem Motorrad entstanden sein. Aber das ist rein spekulativ.
Besonders intensiv und sehr fachkundig wurde in diesem Forum über die gefundene Waffe diskutiert. Die Herkunft konnte auch von der Kripos nicht bestimmt werden. Die Waffennummer ist offensichtlich manipuliert worden. Möglicherweise kann diese Nummer mit anderen forensischen Methoden ermittelt werden kann. Eventuell könnte eine chemische Signatur bzw. die Rezeptur der Treibladung den Kreis der Hersteller der Munition eingrenzen. Nach meiner persönlichen Meinung hatte JF keine Kontakte zu illegalen Waffenhändlern, sondern hat sich die Waffe angeeignet.
Die von JF getragene Taucheruhr ist nach meiner Meinung der einzige Gegenstand, der eine persönliche Zuordnung und damit eine Identifikation von JF möglich machen könnte. Die Uhr hat eine einmalige Seriennummer und könnte bei einem Uhrmacher im Kundenverzeichnis registriert worden sein. Bedauerlicherweise konnte der Hersteller Citizen den Weg der Uhr nicht mehr nachvollziehen. Die Batterien sind den Zeichen “395W“ gekennzeichnet worden. Es macht keinen Sinn, den Batterietyp auf der Unterseite zu vermerken, wenn diese bereits auf der oberen Seite eingeprägt ist. Daher wird angenommen, dass die Ziffern für das Wechseldatum März 1995 stehen und das „W“ für den Uhrmacher – bspw. “Wempe / Hamburg“. Auf den Verkaufsportalen wurden wenige Uhr gefunden, die sich zeitlich sehr nahe zum Herstellungsdatum Januar 1992 befinden. Einige dieser Uhren wurden in Spanien und Skandinavien angeboten. Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Herkunft dieser Uhr nach über zwanzig Jahren noch feststellbar ist. Die Taucheruhr war in einem guten Zustand. Einen typischen Verschleiß durch häufige Taucheinsätze kann ich nicht erkennen. Von einem Sporttaucher wurde mir erklärt, dass schon seit längerer Zeit Tauchcomputer im Tauchsport verwendet werden, welche die Dekompressionszeit automatisch berechnen können. Mit der von JF getragenen Uhr ist das nur über eine Tabelle und bestimmte Tauchprofile möglich. Die Uhr wird aufgrund der robusten Bauform aber auch gerne von anderen Wassersportlern verwendet.
War sie eine Prostituierte ?Wie
@JagBlack hier nach meiner Auffassung überzeugend dargelegt hat, war JF sehr wahrscheinlich keine Prostituierte.
War sie eine Agentin ?Die Qualifikation und Ausbildung einer Agentin im Auslandseinsatz ist sehr zeitaufwendig. JF war dafür m.E. viel zu jung. Sie könnte auf anderer Ebene eine Wissensträgerin gewesen sein. Die Abläufe im Hotel passen m.E. aber nicht zu einer Agentin, die möglichst unauffällig agiert. Nach meiner Auffassung war sie keine Agentin.
War Ihre Reise geschäftlich oder privat ?Wie
@musikengel sehr überzeugend dargelegt hat, bestehen auch erhebliche Zweifel, ob die Reise geschäftlichen Charakter hatte. Die Abrechnung der Hotelkosten erfolgt im geschäftlichen Bereich idR. über Kreditkarten bzw. das Zimmer wird über die Firma gebucht. Es dürfte auch selten sein, dass der Ehemann die Geschäftsreise begleitet. Wäre die Reise geschäftlich gewesen, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Geschäftsführung oder Mitarbeiter nach einiger Zeit beim Hotel über den Verbleib ihrer Kollegin informiert hätten.
Wo war JF in den 20 – 24 Stunden ihrer Abwesenheit ?Wiederum eine Frage, über die nur spekuliert werden kann. Das JF ein komfortables Hotelzimmer gegen ein Parkbank oder vergleichbares getauscht hat, ist zwar schwer vorstellbar, in einer psychisch belastenden Situation aber durchaus möglich. Es ist auch denkbar, dass JF eine persönliche Beziehung zu einer Person in Oslo oder Umfeld der Stadt hatte. Vielleicht hat sie sich kurzfristig entschieden, dort zu übernachten. Eventuell hatte sie auch einen Termin bzw. eine Verabredung außerhalb von Oslo und verpasste die letzte Rückfahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittels, so dass sie sich vor Ort eine Übernachtungsmöglichkeit suchen musste bzw. es wurde ihr diese angeboten. JF wurde trotz einer öffentlichen Suche in Norwegen nicht wiedererkannt. Es könnte deshalb sein, dass sie in Oslo oder Umgebung Zugang zu einer Privatwohnung, einem Zimmer im Uni-Campus o.ä. hatte.
Welche Hinweise können aus dem Hotelformular gewonnen werden ?Der im Hotelformular angegebene Firmenname CERBIS verweist auf ein Unternehmen aus Australien, welches sich mit der Herstellung von keramischen Baustoffen für Wohngebäude, Grabsteine und Metallbau befasst. Einen europäischen Firmensitz konnte ich nicht finden. Ähnlich ist der Firmenname “Acerbis“ – ein Hersteller von Motorrad Zubehör. Diese Produkte werden von bspw. von der Firma “Louis“ mit Sitz in Hamburg und u.a. auch in Belgien verkauft. Nach meiner Überzeugung war JF Reise nach Oslo nicht geschäftlich, so dass der Name der Firma wohl frei erfunden und möglicherweise auch falsch notiert wurde. Sie könnte z.B. am Telefon das Wort “Service“ benutzt haben.
Auf die weiteren nachweislich falschen Angaben wurde im VG Artikel bereits detailliert eingegangen. Auffällig ist, dass die Form der Adresse (Hausnummer vor Straßennamen) und die Anzahl der Ziffer der Telefonnummer von einer Sachkenntnis mit Bezug auf Belgien hindeuten. Als Geburtsdatum hat JF im Formular den 29.08.1973 angegeben. Sie wäre demnach zum Zeitpunkt ihres Todes 21 Jahre und 9 Monate alt gewesen. Gemäß medizinischer Altersbestimmung war sie jedoch 24 Jahre +/- 1,2 Jahre – also tatsächlich ca. 2 – 3 Jahre älter.
Auffällig ist, dass die Rezeption den Namen „Fairgate“ notiert hatte, sie aber mit “Fergate“ unterschrieben hat – und diese Widersprüchlichkeit nicht aufgefallen ist. Offensichtlich sind bei der telefonischen Anmeldung einige Übermittlungsfehler eingetreten.
Auffällig ist das routiniert und geschwungen geschriebene „F“ der Unterschrift, gefolgt von einen „er“ und deutlicher Lücke zum nachfolgenden „gate“. Es könnte sein, dass der tatsächliche Vorname, Nachname oder Wohnort mit einen „F“ beginnt.
Warum hat JF ihre Identität gefälscht ?
JF hat nicht nur ihre Identität gefälscht, sondern auch Ausweispapiere oder sonstige Objekte nicht mitgeführt, die eine Identifikation ermöglicht hätten. Sie wollte eine völlige Anonymität und sie hat geschickt falsche Fährten gelegt. Dieser Plan funktioniert bis heute. Vor dem Hintergrund eines Suizides kann die Auslöschung der Identität als ein Schritt des Abschiedes vom Leben interpretiert werden, denn dieses Verhalten ist bei Suizidenten nicht einmalig. Es kann auch sein, dass JF sich bedroht fühlte und auf der Flucht war.
Wer ist Lois ?Wenn praktisch alle Angaben auf dem Formular gefälscht waren, wäre es erstaunlich, wenn ausgerechnet dieser Name korrekt wäre. Der Name Lois als angeblicher Ehemann diente wahrscheinlich als Vorwand, dass der Ausweis von dieser Person noch nachgereicht wird. Konkrete Hinweise auf einen Lois liegen nicht vor.
Hatte JF Kontakt zu anderen Gästen des Hotels ?Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie Kontakte zu anderen Gästen des Hotels hatte. Es liegen diesbezüglich aber keine Anhaltspunkte oder Beobachtungen vor. Die gefundene Zeitung, welche einer anderen Zimmernummern zugeordnet war, ist als Beweis nicht ausreichend.
War JF zahlungsunfähig ?Im Hotelzimmer wurden keine Kreditkarten oder Geld gefunden. Die letzte Zahlung erfolgte mit der Lieferung einer Mahlzeit auf das Zimmer. Gemäß diesem Sachstand war sie nicht in der Lage, die vom Hotel geforderte Summe zeitnah zu zahlen.
In welchem Umfang arbeiten die Kripos und die deutsche Polizei zusammen ?Die Kripos geht von einem Suizid aus. Der Fall demzufolge aufgrund ungeklärter Identität als Cold-Case ohne erkennbare Straftat eingestuft und deshalb nach meiner Einschätzung mit einer anderen Priorität behandelt. Es geht nach dieser Sichtweise nicht um die Aufklärung eines Verbrechens, sondern um die Identifikation einer Person. Dennoch dürfte hier auch ein großes Interesse bestehen, diesen Fall zu lösen. Die Kripos hat vor wenigen Jahren eine Abteilung für Cold Cases gegründet.
https://www.politiet.no/en/om/organisasjonen/sarorganene/kripos/key-roles-of-ncis/cold-cases/Hinweise können an folgende Adresse gesendet werden: tips.coldcase@politiet.no
Eine Zusammenarbeit mit der deutschen Kriminalpolizei wurde bereits durchgeführt und es waren auch deutsche Gerichtsmediziner an diesen Fall beteiligt. Da die Nationalität nicht erwiesen ist und weder eine übereinstimmende Fahndung noch eine Vermisstenmeldung vorliegt, fehlt vermutlich die juristische Grundlage für ein deutsches Ermittlungsverfahren. Inwieweit die deutschen Behörden die Isotopenanalyse als ausreichend belastbaren Beweis anerkennen, ist nicht bekannt. Selbst eine öffentliche Suche durch die Bild-Zeitung erbrachte bisher keinen Erfolg.
Woher hat JF die Waffe ?Es gibt Berichte im Netz, wonach der Kauf einer illegalen, manipulierten Handfeuerwaffe einschließlich Munition auf bestimmten Märkten problemlos und für Jedermann möglich ist. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass das in der Realität so funktioniert. Der Handel und Import dieser Waffen ist eine Straftat. Wer Schusswaffen ohne entsprechende Erlaubnis erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, muss gemäß § 51 Abs. 1 bzw. § 52 Abs. 1 WaffG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen. Es ist davon auszugehen, dass die Polizei viele Märkte kennt und beobachtet. Das wissen auch die illegalen Waffenhändler. Daher werden sie äußerst vorsichtig gegenüber einer jungen Frau sein, die möglicherweise als Lockvogel der Polizei eingesetzt wird.
Es ist sicherlich nicht ausgeschlossen, dass JF sich diese Waffe auf diesem Weg beschafft hat. Nach meiner Meinung hat sie sich diese Waffe jedoch angeeignet. Es könnte bspw. eine Waffe aus Opas Schublade sein. Für einige Berufsgruppen und Privatpersonen ist es unter bestimmten Voraussetzungen legal, eine registrierte Waffe dieser Bauart zu besitzen. Da die Waffe manipuliert war, ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen nicht vorlagen. Das könnte darauf hinweisen, dass der Besitzer dieser Waffe eine gewisse Nähe zum kriminellen Milieu hatte.
Hatte JF Erfahrungen im Umgang mit Waffen ?Eine Sachkenntnis zur Funktion der gefundenen Waffe lag vermutlich vor. Es ist schwer vorstellbar, dass JF erstmalig Kontakt mit dieser Waffe hatte. Es muss eine Person gegeben haben, die sie in die Bedienung von Handfeuerwaffen eingewiesen hat. Eine Mitgliedschaft im Schützenverein erscheint möglich.
Warum wird JF scheinbar nicht vermisst ?Es ist nicht selten, dass Familienmitglieder sich so weit voneinander entfremden, dass ein Kontaktabbruch akzeptiert wird. Soweit ihre Eltern, Großeltern oder Geschwister noch leben, wird sie möglicherweise vermisst, aber auch nicht aktiv nach ihr gesucht. Die andere Frage ist, warum wird sie nicht wiedererkannt wird, denn jeder Mensch hat ein mehr oder weniger intensives soziales Umfeld. Es muss einen Ort gegeben haben, wo sie wohnte und nach dem Mai 1995 nicht mehr aufgetaucht ist. Oder sie hat vor diesem Zeitpunkt einen Haushalt aufgelöst, Wertgegenstände verkauft, ein Mietverhältnis gekündigt, ein Haus verkauft oder ist aus einer Wohngemeinschaft bzw. der elterlichen Wohnung ausgezogen. Möglicherweise hat JF ihre Frisur verändert und die Fotos aus der Rechtmedizin weichen zu weit von ihrer gewohnten Erscheinung ab. Denkbar ist auch, dass die Angehörigen bereits von ihrem Schicksal erfahren haben, aber aus eigner Schuldzuweisung oder sonstigen Gründen kein Bedürfnis besteht, sich mit den Behörden in Verbindung zu setzen.
Welche Ausbildung hatte JF ? JF kannte die Abläufe im Hotel sehr gut. Sie hatte ein selbstbewusstes und überzeugendes Auftreten und es gelang ihr, die Rezeption zu täuschen. Ich könnte mir deshalb vorstellen, dass JF selbst im Hotel- und Gaststättengewerbe bspw. als Hotelfachfrau tätig war.
Welche Bedeutung haben die gewählten Rufnummern ?Wenn JF nähere Kenntnisse von dem Betrieb und Einrichtung eines Hotels dieser Kategorie hatte, war ihr bekannt, dass die Verbindungsdaten zur Gebührenabrechnung aufgezeichnet werden. Die Wahl einer realen Rufnummer eines Verwandten / Bekannten hätte ihren Plan zur Verschleierung ihrer Identität zunichte gemacht. Daher kann angenommen werden, dass die Rufnummern mit dem Ziel einer weiteren Täuschung gewählt wurden. Erstaunlicherweise verweisen die Rufnummern aber auf Stadtteile (Sint Niklaas, Tileur) in Lüttich, in denen eine Rue de la Station tatsächlich existiert. Die Rufnummern existierten nach Auskunft der belgischen Telekom aber nicht. Aber woher konnte sie das wissen ? War es Zufall oder wusste JF, dass diese Anschluss vor einiger Zeit stillgelegt wurde ?
Wie kann das im Hotel beobachtete Verhalten von JF gedeutet werden ?JF hat sich ein Hotbite bestellt. Wie die medizinische Untersuchung ergab, hat sie diese Mahlzeit aber sehr viel später und nur zum Teil eingenommen. Sie ließ die Mahlzeit auf die Rechnung setzen und zahlte dem Kellner ein großzügiges Trinkgeld. Es war ihr letztes verfügbares Geld. Bei der Übergabe der Mahlzeit wirkte sie ernst und introvertiert. Sie forderte ein Bügelbrett an, aber es konnte nicht festgestellt werden, ob sie ihre Kleidung tatsächlich gebügelt hat. Ich gehe davon aus, dass beide Ereignisse den Eindruck einer gewissen Geschäftigkeit vortäuschen sollten. Am 3. Juni 1995 um 11:03 Uhr hängte sie das „Bitte nicht stören“ Schild aus und verließ das Zimmer bis zu ihren vermutlichen Tod am 4. Juni 1995 um ca. 20:00 Uhr nicht mehr. Vermutlich hatte sie kein großes Schlafbedürfnis, denn das Bett war unbenutzt. Das kann ein Hinweis auf eine extreme psychische Belastung sein.
Wo sind die Ausweise, Kreditkarten und andere Gegenstände geblieben ?Eine vollständige Verschleierung ihrer Identität konnte nur erfolgreich sein, wenn insbesondere die Ausweispapiere, Kreditkarten und sonstige persönlichen Dokumente beseitigt werden. Es wird vermutet, dass JF neben diesen Dokumenten auch Kleidungstücke und weiteres auf einer Reise mitgeführtes Zubehör beseitigt hat. Ob JF diese Gegenstände tatsächlich entsorgt hat, ist nicht bewiesen. Ebenso ist es möglich, dass JF diese Gegenstände ungewollt zurücklassen musste.
Welche Erkenntnisse können aus der Isotopenkarte gewonnen werden ?Die Isotopenanalyse wurde in privater Initiative der „VG“ Zeitung durchdurchgeführt. Ob die angewendete wissenschaftliche Methode behördlich anerkannt wird, ist nicht bekannt. Das mit der Untersuchung beauftragte Labor ist sich aber sicher, dass die Spur nach Deutschland führt. Mehrdeutigkeiten in anderen europäischen Ländern konnten nach Auskunft der Wissenschaftler ausgefiltert werden. Rein wissenschaftlich betrachtet ergab die Analyse, dass JF sich in ihrer Jugendzeit von Nahrungsmittel ernährte, die in einer bestimmten Region angebaut wurden oder verfügbar waren. Sehr deutlich zeichnen sich einige Hotspots ab, die vorwiegend in Ostdeutschland liegen. Ein besonders intensiver Hotspot liegt um Wittenberge. Übrigens befindet sich etwa 18 km nordwestlich von Wittenberge das kleine Dorf Ferbitz. Es könnte darüber spekuliert werden, ob JF den Namen des Dorfes bei der Anmeldung verwendet hat und dieser von einer norwegischen Rezeptionistin als “Cerbis“ verstanden wurde. Die Isotopenanalyse ist in der Kriminalistik eine relativ neue Methode zur Feststellung der Herkunft. Sie konnte in einigen Fällen aber bereits erfolgreich eingesetzt werden.
Wie könnte der Fall JF gelöst werden ?Nach meiner Meinung kann die wahre Identität nur durch eine weitere öffentliche Suche gelöst werden. Grundsätzlich kann nicht jeder Zweifel an einem Tötungsdelikt ausgeschlossen werden, so dass hier die Rechtfertigung eines Ermittlungsverfahrens und Hilfeersuchen herstellbar wäre. Die rechtlichen Voraussetzungen sind im folgenden Dokument gut erklärt:
http://www.weihmann.info/images/Kriminalistik/Kapitel%2022,%20Leichensachen-Todesermittlungen.pdfEs wäre sinnvoll, wenn die Kripos den Fall noch einmal genau dokumentiert und auf das Ergebnis der Isotopenanalyse und Zahnbefundes sowie Herkunft der Kleidung hinweist. Die Aufnahme der Ermittlungen von deutschen Behörden wäre eine gute Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit den Medien. Ich könnte mir vorstellen, dass allein schon die Suche in behördlichen Registern dabei erfolgreich sein kann.
Gruß
Lighthouse60