Was die wahnwitzige Zahl seiner Geständnisse angeht, argumentierten seine Anwälte in ihrem Antrag, diese aus dem Prozess auszuschließen, dass er in seinem ersten Haftjahr, weil unschuldig, in eine tiefe Verzweiflung verfiel, zu der aber vor allem auch die verschärften Haftbedingungen durch eine ungerechtfertigte Isolationshaft in einem Hochsicherheitsgefängnis beitrugen. Und er einen Nervenzusammenbruch
mit psychotischen Zuständen
erlitt, die auch ärztlich diagnostoziert wurden.
Dafür spreche auch, dass er das Papier seiner Unterlagen und auch seine Exkremente gegessen und dazu Toilettenwasser getrunken haben soll. Und sich auch nackt ausgezogen und sich mit ihnen eingerieben haben soll.
Der Kontext dieser Phase im ersten Haftjahr war also die Isolationshaft. Hinzu kam ein Suicide Watch, in dem er rund um die Uhr videoüberwacht wurde. Und weil ohne Ton, wurden an seiner Tür Mithäftlinge postiert, die ihn ebenfalls beobachten und seine Aussagen und sein Verhalten schriftlich notieren sollten.
Die Beobachtung fand auch auf der Toilette statt, da diese nicht blickgeschützt, sondern in der kleinen Zelle direkt neben dem Bett war.
(Darin waren auch kein Tisch und Stuhl und er nahm seine Mahlzeiten auf der Pritsche oder dem Boden ein.)
Auch bei den Treffen mit seinen Anwälten und seiner Frau sei die ganze Zeit eine Videokamera auf ihn gerichtet gewesen.
Dazu erschien mal ein Artikel im "Carrol County Comet", der sich auf den Inhalt des Antrags seiner Verteidigung bezieht. Allerdings waren damals "nur" 30 Geständnisse bekannt.
https://fox59.com/news/indycrime/richard-allen-reported-made-confessions-to-inmates-guards-attorneys-say-he-was-in-state-of-psychosis/Die Anwälte führen aus, dass er in dem sehr harten Verhör, das zu seiner Verhaftung führte, noch vehement abgestritten und widersprochen hatte, die Tat begangen zu haben und sich auch in keine Widersprüche verwickelte.
Und sie unterstellen, dass er in der Isolationshaft systematisch gebrochen worden sei, denn zu Beginn sei er noch gar nicht suizidgefährdet gewesen. Die Situation sei durchaus mit einem fünfmonatigen Verhör der Reid Methode
vergleichbar, in dem er seelischer Folter ausgesetzt wurde.
Und das eigentlich Entscheidende ist ja, was er denn gesagt hat und ob seine Aussagen mit der Tat übereinstimmen. Und ob er Täterwissen gezeigt hat, das noch nicht bekannt war.
Seine Verteidiger sagen, er habe Aussagen gemacht hat, die überhaupt nicht mit der Tat übereinstimmen. U.a gab er an, den Mädchen in den Rücken geschossen und sie sexuell mißbraucht zu haben. So wie auch schon andere Opfer zuvor. Bzw. soll er überwiegend nur die Sorge ausgedrückt haben, dass er sie mißbraucht haben könnte und mit den Wärtern und Mithäftlingen als Ansprechpartnern verzweifelt kommuniziert und gebetet haben.
Der StA hält aber natürlich dagegen und behauptet, er habe Täterwissen offenbart.
Das wird eine der großen Fragen im Prozess.
Richterin Gull lehnte den Antrag der Verteidigung ab und folgte in ihrer Begründung der Begründung des StAs, dass Allen die Geständnisse aus freien Stücken (voluntary), frei von äußerem Druck und nicht in einer Verhörsituation gemacht habe (sie seien also nicht erzwungen worden).