Helen559 schrieb:Ich wusste nicht, dass die Richterin bei einer Anklage zustimmen muss.
Doch, das ist ja sogar in Deutschland so. Eine Anklage muss vom Gericht zugelassen werden, was nur dann geschieht, wenn sie hinreichend begründet ist, also ein hinreichender Verdacht besteht, dass der Angeklagte die Tat auch wirklich begangen hat. Diese Hürde ist aber sehr niedrig, so dass in den allermeisten Fällen eine Anklage zugelassen wird.
Will man nun die originale Anklage ändern, muss man dazu wieder die Erlaubnis des Gerichts einholen.
Das Ganze ist evtl, daher verwirrend, weil das System der Anklageerhebung und auch der Verurteilung und ggf. Strafbemessung in den USA ein wenig anders ist als in Deutschland: in Deutschland wird in der Regel mehr subsumiert, das heisst oft wird ein Tatbestand in einen anderen, gewichtigeren Tatbestand einbezogen, so dass er nicht mehr separat aufgeführt wird. In den USA wird fast alles separat aufgeführt, so dass manchmal der Eindruck entsteht, man wird zwei oder mehrmals für das Gleiche angeklagt und verurteilt.
Hier war die Sache also so: Die Theorie der Staatsanwaltschaft ist, dass RA die beiden Mädels zuerst gegen deren Willen gezwungen hat, mit ihm von der Brücke zum Tatort zu gehen, evtl. mit Waffengewalt, jedenfalls aber mit Gewalt bzw. der Drohung mit Gewalt. Das ist der Tatbestand "kidnapping."
Der aber ist in Indiana nach 5 Jahren verjährt und kann daher nicht mehr angeklagt werden.
Es bleiben zwei andere Anklagen, die ganz interessant sind:
1. Mord Das ist in den USA die absichtliche, widerrechtliche Tötung eines anderen Menschen. Hier muss ein Tatvorsatz nachgewiesen werden und natürlich, dass der Täter die Tat selbst begangen hat.
2. Felony murder while committing a kidnapping. In Deutschland gibt es keine genaue Übereinstimmung, aber die "Freiheitsberaubung mit Todesfolge" nach § 239 (4) StGB ist ungefähr der gleiche Tatbestand.
Das Interessante hier ist, dass dem Angeklagten weder der Vorsatz der Tötung nachgewiesen werden muss, noch, dass der Angeklagte selbst die Tötung begangen hat, solange er die Freiheitsberaubung (kidnapping) vorsätzlich begangen hat und deswegen die Mädels am Ende zu Tode kamen.
Im Strafmass wäre beides gleich. Insofern hat sich für RA durch diese Entscheidung nicht viel verändert. Nur wenn eine Jury der Meinung wäre, er habe zwar eine Freiheitsberaubung begangen, aber der Tod der Mädels habe nichts damit zu tun, könnte er nun nicht mehr bestraft werden.