Heute wird es um 10.00 Uhr Ortszeit (entspricht 16.00 Uhr unserer Zeit) eine weitere Anhörung in diesem Fall geben. Es sollen folgende Punkte erörtert werden:
- Die Staatsanwaltschaft hat unmittelbar nach der ersten Anhörung einen Antrag auf den Erlass einer sog. "gag-order" gestellt. Eine solche gerichtliche Anordnung verbietet es allen am Prozess direkt beteiligten Personen, sich zu dem Fall öffentlich zu äußern. Betroffen sind z.B. Ermittler, Staatsanwaltschaft, Angehörige, aber natürlich auch der Angeklagte und seiner Verteidiger. Die Richterin hat am 2. Dezember eine vorläufige gag-order erlassen, die bis morgen gültig ist. Über die endgültige gag-order soll dann morgen in der Anhörung verhandelt werden.
- RAs Anwälte haben beantragt, den Prozess in ein anderes County, mind. 150 Milen entfernt zu verlegen. Die Begründung dafür ist, dass die meisten der wenigen Einwohner des sehr ländlichen Carroll County den Fall in den letzen Jahren wohl intensiv in den Medien beobachtet haben dürften und viele z.B. an der Suche der Mädchen beteiligt waren oder zumindest jemanden kennen, der daran beteiligt war. Die Verteidiger argumentieren deshalb, dass es ihrer Meinung nach in Carroll County schwer bis unmöglich sein sollte, eine Jury mit unvoreingenommenen Personen zu besetzen. Deshalb soll der Prozess in einem anderen County stattfinden, aus dem dann auch die Jury rekrutiert werden würde.
- RAs Anwälte haben am 30. Dezember 22 einen Antrag auf Aushändigung von umfangreichen Informationen gestellt. Unter anderem möchten sie Einsicht in Vernehmungsprotokolle und Handy-Log-Daten erhalten und die Namen, Kontaktdaten und Aussagen von Zeugen bekommen; ebenso von Personen, die ggfls. etwas zu dem Fall wissen, durch die Ankläger aber nicht als Zeugen benannt werden. Hintergrund dazu ist, dass sie, um eine Verteidigungsstrategie ausarbeiten zu können, die belastenden Argumente der Ermittler und der Staatsanwaltschaft kennen müssen.
- Außerdem haben RAs Anwälte einen Antrag auf finanzielle Unterstützung durch den Staat gestellt, die sie benötigen, um eigene, RA ggfls. entlastende Untersuchungen anstellen zu können. Z.B. um Sachverständige mit Gutachten zu beauftragen und/oder private Ermittler zu engagieren. Zu diesem Punkt haben sie außerdem beantragt, dass die Verhandlung zu diesem Punkt unter Ausschluss der Öffentlichkeit sowie der Staatsanwaltschaft und Ermittler stattfindet, damit diese nicht schon vor Beginn des Prozesse Informationen über die Verteidigungsstrategie von RAs Anwälten haben
Es ist geplant, dass diese Punkte heute ab 10.00 Uhr verhandelt werden. Die Sitzung ist öffentlich, d.h. auch Journalisten sind zugelassen, sie wird aber nicht live übertragen, da dies in Indiana nicht erlaubt ist. Für 11.00 Uhr ist eine zweite Sitzung angesetzt, in der der letzte Punkt dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt werden soll.
Für uns mögen einige der Details etwas befremdlich klingen. Allerdings geht es darum, dass RA einen fairen Prozess bekommt. Das Grundrecht auf Verteidigung vor Gericht hat im US-amerikanischen Rechtssystem und auch im Selbstverständnis der Bürger einen sehr hohen Stellenwert. Es geht aber nicht zuletzt auch darum, sicherzustellen, dass ein Urteil nachher nicht anfechtbar ist. Und außerdem hätte niemand etwas davon, wenn am Ende eine unschuldige Person verurteilt würde und der tatsächliche Täter weiter draußen frei herumlaufen würde.
Außerdem haben RAs Anwälte schon kurz nach der ersten Anhörung einen Antrag auf Freilassung gegen Kaution gestellt. Dieser Punkt soll in einer weiteren, für den 17. Februar 23 terminierten Anhörung erörtert werden.
Ansonsten hat bereits am 22.12.2022 eine weitere Anhörung im Prozess gegen Kegan Kline stattgefunden. KK und sein Verteidiger wurden per Zoom zugeschaltet, er war also nicht persönlich im Gerichtsssaal anwesend. Es ging bei der Verhandlung v.a. darum, dass KK und sein Verteidiger die Zustimmung zum Fallenlassen von 5 der 30 Anklagepunkte geben sollten. Auch das klingt in unseren Ohren erst mal befremdlich, dass die Seite des Angeklagten da zustimmen muss, immerhin ist es eine Entscheidung zu seinen Gunsten. Aber es könnte zum Beispiel ja sein, dass die Vereidigung schon relativ viel Aufwand in die Verteidigung dieser Punkte investiert hat und sich hier entlastende Indizien ergeben hätten, die sich auch auf die anderen Anklagepunkte auswirken würden.
KK und sein Verteidiger haben ihre Zustimmung erteilt.
Es wurde eine weitere "pretrial"-Anhörung für den 26. Januar 2023, 10.00 a.m. Ortszeit terminiert.
Der Beginn des Prozesses, der ursprünglich für den 18. Januar 2023 festgelegt wurde, ist auf den 10. Mai 2023 verschoben.