Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau
28.02.2017 um 23:26Wasist mit der Mülltonne. Passt da überhaupt ein zierliches Mädchen rein? Wurde da bereits was unternommen?
Die leibliche Mutter des Tatverdächtigen, die Polizistin Ramona S, hat in dieser Familie offenbar das Sagen. Der ranghohe Beamte Jörg S. akzeptiert das, zumindest in Erziehungsfragen. Und Sebastian F. vertraut ihr nach Aussage seines Stiefvaters absolut. Gegen den Willen der Mutter geschieht nichts.Offenbar ist das Verhältnis zwischen Sohn und Mutter inzwischen aber anders:
Nur seine Mutter kommt nicht mehr. Richterin Uda Schmidt: „Sie hat bislang keine Besuchserlaubnis beantragt.“Und auch hier interessant die Darstellung des Verhältnisses zwischen den Angeklagten, welche in großem Widerspruch zu den Angaben der Angeklagten steht, jedoch auf mich glaubwürdig wirkt:
Xenia I. schaut unbeteiligt unter die Tischplatte, wenn der Zeuge auf Nachfrage bestätigt: „Richtig streiten habe ich die beiden nie gesehen.“ Das ist das Gegenteil dessen, was sie behauptet. Ihr zufolge soll Sebastian F. sie vergewaltigt und geschlagen haben.
otternase schrieb:Der Stiefvater hat sich nun doch einer Befragung gestellt.
Drei Punkte konnte die Befragung auf alle Fälle erhellen. Erstens: Sebastian F. ist möglicherweise wegen einer akuten ADHS-Störung etwa zwei Jahre in seiner Entwicklung zurück. Zweitens wohl die Gewissheit: Sebastian F. nahm zumindest zeitweise starke Medikamente, um die Krankheit in den Griff zu bekommen. Drittens: Seine leibliche Mutter, gleichfalls eine Polizeibeamtin, war für ihn die wichtigste Person. Ihr ordnete er sich offenbar bedingungslos unter. Täglich fanden teils sehr lange Telefonate statt.
Frage mich öfter, was z.B. ein zweijähriger Entwicklungsrückstand mit z. B. einer Tat wie dieser, zu tun hat, dass man das erwähnen muss. Für mich nichts.
Wenn er auf dem Stand zwei Jahre Jüngerer ist, heißt das, dass es normal wäre, in dem Alter solche Taten zu begehen? Ich denke nicht. Ich kann diese Entschuldigung nicht mehr lesen. Ich hoffe doch nicht, dass das strafmildernd berücksichtigt wird.
Seit einigen Tagen rätselt das Publikum im Gerichtssaal über die wundersame Wandlung der Xenia I. Wagt die Frau zu Prozessbeginn im November kaum den Blick zu heben, sucht sie jetzt sogar das Gespräch mit Justizbeamten, die sie bewachen. Auch die Scheu im Umgang mit den beiden Anwälten, die als Pflichtverteidiger ihre Interessen vertreten, ist offenbar geschwunden. Da wird augenscheinlich doch mal gescherzt und verschmitzt gelächelt. Mitunter beantwortet Xenia I. in der Verhandlung sogar Fragen der erfahrenen Richterin Uda Schmidt, die für ihr psychologisches Einfühlungsvermögen bekannt ist. Mit einer ehemalige Zellengenossin, die als Zeugin geladen ist, riskiert die Angeklagte im Gerichtssaal einen kurzen Plausch.
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Da ist beispielsweise vom alltäglichen Zwitschern im Knast die Rede. So heißt es im Jargon, wenn Häftlinge an geöffneten Zellenfenstern sitzen und durch die Gitterstäbe hindurch mit anderen Gefangenen reden. Auf diese Weise soll Xenia I., berichtet die Zeugin, auch ihren neuen Freund kennen und lieben gelernt haben.
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Ihren Wandel belegen nicht zuletzt Briefe von Xenia I., die in der Postkontrolle der Justizvollzugsanstalt abgefangen worden sind. Demnach will sie mit ihrem Lebensgefährten Sebastian F., dem mit ihr der Prozess gemacht wird, nichts mehr zu tun haben. „Ich habe jemanden gefunden, der tausendmal besser zu mir passt.“ Das besagen Zeilen, die sie vor Weihnachten geschrieben haben soll.
Allerdings gibt es mindestens noch einen anderen Brief, der dann die Zwiespältigkeit der Angeklagten deutlich macht. Da lobt Xenia I., Mutter von drei Kindern, Sebastian F. über den grünen Klee. Er sei ein sehr guter Vater, ein toller Feuerwehrmann und auch ein prima Liebhaber, so ihre Botschaft damals.
Letzteres steht im krassen Gegensatz zu fast allem, was sie in etlichen Vernehmungen und bislang vor Gericht selbst gesagt hat. Danach muss ihr früherer Lebensgefährte eher ein Mensch sein, der gern Macht ausübt und dabei vor allem auf sexuelle Gewalt fixiert ist. Wie es dem Paar gelungen sein soll, das über Jahre im Wortsinn unter der Decke zu halten, ist unklar.
Bei der Zeugin, eine Studentin, handelt es sich um eine frühere Freundin, die Sebastian F. häufig Pia genannt haben soll. Befragt durch Richterin Uda Schmidt und andere Prozessbeteiligte, kamen viele Einzelheiten zum Umgang des Angeklagten mit Frauen zur Sprache. Sie beschrieb ihn als sprunghaft und launisch und dennoch stark einflussnehmend.
So habe es sie sehr verletzt, dass Sebastian F. während eines sexuellen Kontakts mit ihr gleichzeitig per Mobiltelefon mit Xenia I. in Kontakt stand. Gewalt habe er gegen sie aber zu keinem Zeitpunkt ausgeübt.Erstmal rutscht da wieder die Xenia I in die Geschichte hinein.
Eine blutige Stelle an einer Mülltonnen aus dem Tathaus in der Dessauer Johannisstraße 7 kann als Beleg gewertet werden, dass Yangjie Li mit einer Mülltonne aus dem Haus gebracht worden ist. [...] Der Tatort-Gruppe des Landeskriminalamtes ist es gelungen, eine fünf Zentimeter lange und 1,5 Zentimeter breite Ablagerung auf der Plastik sichtbar zu machen.Sofern die Pressemeldung dazu vollständig ist, ist das meiner Meinung nach allerdings kein wirklich guter Beweis: eine Blutspur in einer Mülltonne kann nur sehr viele Ursachen haben (zB. auch durch tierisches Blut aus Essensabfällen entstanden sein). Ohne nähere Informationen zu der Blutspur (zumindest eindeutige Identifikation als Menschenblut), würde ich diese Spur nicht als Beleg für die von der Angeklagten in ihrem "Geständnis" präsentierten Version nehmen.
otternase schrieb:Sofern die Pressemeldung dazu vollständig ist, ist das meiner Meinung nach allerdings kein wirklich guter Beweis: eine Blutspur in einer Mülltonne kann nur sehr viele Ursachen haben (zB. auch durch tierisches Blut aus Essensabfällen entstanden sein). Ohne nähere Informationen zu der Blutspur (zumindest eindeutige Identifikation als Menschenblut), würde ich diese Spur nicht als Beleg für die von der Angeklagten in ihrem "Geständnis" präsentierten Version nehmen.Selbst nachgewiesenes Blut vom Opfer kann auch auf andere Weise in die Mülltonne gekommen sein, indem man z.B. mit ihrem Blut besudelte Kleidung oder andere Gegenstände darin entsorgt haben könnte.
Damit steht hinter einer grundlegenden Aussage der mitangeklagten Xenia I., die sie im Januar gemacht hatte, ein Fragezeichen. Damals hatte die 21-Jährige, die gemeinsam mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten Sebastian F. die Chinesin umgebracht und vergewaltigt haben soll, ihre Beteiligung teilweise anders dargestellt.Das überrascht nicht, da doch schon in ihrer Aussage dazu selbst ein Widerspruch sich befand: sie hatte behauptet, die Tatwohnung verlassen zu haben, weil sie ihre Kinder in der eigenen, darüberliegenden Wohnung weinen gehört hatte. Gleichzeitig hatte sie aber behauptet, dass sie dann aus ihrer Wohnung die Schreie des Opfers in der Tatwohnung nicht gehört habe.
Demnach habe sie sich während der Tat zeitweise in der Wohnung des Paares eine Etage über der Tatwohnung aufgehalten und sei nur teilweise beteiligt gewesen. Sie sagte aus, sie habe von der brutalen Auseinandersetzung nichts oder nur wenig mitbekommen.
Wie Täterschaft und Teilnahme voneinander abzugrenzen sind, ist umstritten:Quelle: http://www.jura.fu-berlin.de/fachbereich/einrichtungen/strafrecht/lehrende/hoffmannholland/lehrveranstaltungen/11SS/Anwendungskurs_Strafrecht_AT_II_und_Verm__gensdelikte/Mitt__terschaft_-___berblick.pdf
Tatherrschaftslehre (H.L.): Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist die Tatherrschaft. Täter ist, wer allein oder arbeitsteilig mit anderen das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung bestimmt und somit als Zentralgestalt des Geschehens die planvoll lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt, die Tatbestandsverwirklichung somit nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen kann. Teilnehmer ist, wer die Tat ohne eigene Tatherrschaft als „Randfigur“ veranlasst oder fördert, das Ob und Wie der Tat aber vom Willen eines anderen abhängig macht. Umstritten innerhalb der Tatherrschaftslehre ist, ob eine Täterschaft auch dann angenommen werden kann, wenn eine Person zwar nicht selber an der Ausführung des Tatplans teilgenommen, diesen jedoch maßgeblich entwickelt und vorbereitet hat.
Grad des eigenen Interesses am Erfolg, Umfang der Tatbeteiligung, Umfang der Tatherrschaft, Wille zur Tatherrschaftherangezogen und gerade das "Interesse am Erfolg" sowie der "Wille zur Tatherrschaft" treffen bezüglich dem Tatbestand der Vergewaltigung auch für Xenia zu.
MaryPoppins schrieb:Schwierig wird es, ihr die Mittäterschaft am Mord nachzuweisen, esseidenn es wurden klar Blutspritzer auf ihrer Kleidung gefunden.das ist ein schwieriger Punkt, der schon Gegenstand der Verhandlung war und weiter vertieft werden müsste:
Die Angeklagte behauptet nun jedoch, diese Hose nur einmal, vor mehreren Jahren getragen zu haben. Es ist auch durch die Sexphotos, die der männliche Angeklagte von ihr damals gemacht hat, auch bewiesen, dass sie damals diese Kleidung getragen hat. Sie hat aber bestritten, dass sie die Kleidung seither wieder getragen hat!Dazu müssten wir jetzt die Sexfotos kennen, um das beurteilen zu können. Wenn sie damals zB mit nackten Füssen in den Stiefeln stand, ist für mich nachvollziehbar, dass nach wie vor mehr Hautschuppen von ihr als von ihm (der die Stiefel vielleicht nur mit Hose und Socken trug) darin zu finden sind. Bei der Hose kann ich mir das allerdings nicht ganz erklären.
So ist es Kriminalisten bereits im August 2016 gelungen, einige wichtige Gemeinsamkeiten zwischen Schuhen des mutmaßlichen Mörders und einer Spur am Tatort nachzuweisen. Demnach passen das typische Wellenprofil der Schuhe von Sebastian F. und ein entsprechender Abdruck auf dem Bodenbelag in der Tatwohnung in der Dessauer Johannisstraße 7 offenbar zueinander. „Mit einem Schuh wurde nachweislich in nasses Blut getreten“, hieß es zudem. Auch die Größe 44/45 stimme überein.Jetzt wäre die Frage, wie man das einordnen soll, dass sowohl die Feuerwehrstiefel des Angeklagten als auch die Gartenschuhe des Angeklagten solche Spuren aufweisen. Er kann kaum beide gleichzeitig getragen haben. Hat er zwischendurch die Schuhe gewechselt und wurde ein Paar davon nicht von ihm, sondern von ihr getragen?
Offen ist, wie das Landgericht die Aussage eines Freundes von Sebastian F. wertet. Befragt von Richterin Uda Schmidt, berichtete der 21-Jährige aus Coswig, wie sich der Tatverdächtige mehrmals eine Waffe von ihm ausborgte. Dabei handelte es sich um eine Softair-Pistole, für die zwar kein Waffenschein erforderlich ist, deren Missbrauch dennoch erhebliche Verletzungen hervorrufen kann. Dem Zeugen zufolge hatte Sebastian F. sein Interesse daran so begründet, dass er sich bewaffnet gegen Gartennachbarn besser durchsetzen könne.
Zumin-
dest eine Zeugin aus einem Wohn-
block in der Nachbarschaft hatte
ausgesagt, am Tatabend einen ex-
trem lauten Streit gehört zu haben.
Erste Tests sollen mittlerweile er-
geben haben, dass eine männliche
und eine weibliche Stimme zu hö-
ren gewesen sein könnten. Die
Lautstärke der Auseinanderset-
zung könnte bei 100 Dezibel und
mehr gelegen haben.