nach zwei weiteren Verhandlungstagen mal eine kleine Übersicht über die dort behandelten Themen:
der Prozesstag Montag war sehr kurz, ganze 40min, auch inhaltlich meiner Ansicht nach nicht wertvoll:
zunächst wurde vom Gericht Einsicht genommen in zwei Videos, die auf einem Mobiltelefon gefunden wurden, die die beiden Angeklagten bei brutalem Sex zeigen:
Mordprozess Yangjie Li Geht es um Sex? Gericht sichtet Handy-Videos – Quelle:
http://www.mz-web.de/26185526 ©2017
Prozess Yangjie Li Würgen und Erbrechen: Videos zeigen Xenia I. bei erzwungenem Sex – Quelle:
http://www.mz-web.de/26186818 ©2017
den Nutzwert dessen kann ich nicht erkennen: dass der Angeklagte ein brutales A.loch ist, dürfte schon längst hinreichend geklärt sein, hinsichtlich der Frage, welchen Tatbeitrag er geliefert hat, hingegen gibt das für mich keinen Aufschluss, schliesslich handelt es sich doch in den Videos um ganz andere Randbedingungen.
Dann wurden drei Briefe an den Angeklagten untersucht, einer von der Angeklagten geschrieben und zwei von der Zellengenossin an den Angeklagten
Mordprozess Yangjie Li Xenia I. rechnet in einem Brief mit Sebastian F. ab – Quelle:
http://www.mz-web.de/26188928 ©2017
Während Xenia I. noch im September in einem Brief ihren Freund hoch gelobt hatte und als guten Vater, guten Feuerwehrmann und, zur Krönung des ganzen, als guten Liebhaber bezeichnete, schrieb sie am 15. Dezember folgendes:
„Ich werde dich nicht mehr schützen“, schreibt sie. „Ich habe dich immer geliebt. Jetzt ist Schluss.“ Dass er gegenüber ihrer Cousine eindeutige sexuelle Aufforderungen geäußert hatte, wie diese während des Prozesses als Zeugin vor Gericht erklärt hatte, war offenbar Teil eines Ablösungsprozesses von ihrem Freund.
„Behalte deine Lügen für dich. Es reicht schon, wenn ich dich im Gericht sehe“, formuliert Xenia I. in ihrem letzten Brief an Sebastian F. Sie schreibt auch von Schlägen und Vergewaltigungen in der Vergangenheit und dass er aufhören solle, ihr zu drohen. „Du bist krank.“ Sie habe lange genug gemacht, was er gewollt habe. Sie fordert ihn auch auf, seine Ringe abzunehmen.
Interessanter ist in dem Kontext allerdings, dass die Zellengenossin von Xenia I. sowohl im September als auch im Dezember ebenfalls Briefe an den Angeklagten schrieb:
Zwei Briefe wurden am 21. Prozesstag auch von Xenia I.s Zellengenossin verlesen. Sie hatte die Zeilen an Sebastian F. verfasst. Im ersten Schreiben vom September 2016 ist der Ton noch freundlich, sie bietet eine Brieffreundschaft an und bezeichnet Xenia I. als ihr „zweites Ich“, eine „Zwillingsschwester“.
Im zweiten Brief von Mitte Dezember, die beiden Frauen waren inzwischen enger befreundet, formulierte die Mitinsassin Vorwürfe an Sebastian F. Er habe Xenia I. „seelisch zerstört“. Ob er ihr gegenüber keine Schuldgefühle habe. Er solle alles zugeben und reinen Tisch machen.
„Du bist das Allerletzte (...) Du hast keine Ahnung, was du angerichtet hast.“ Sie richtet auch aus, dass Xenia I. keine Briefe mehr wünsche und alle von Sebastian F. zurück schicken werde. „Ich bin froh, dass ich ihr zur Trennung verholfen habe.“
Für mich drängt sich da ein starker Zusammenhang auf: ich weiss nicht, ob Xenia I nun besonders manipulierend oder besonders manipulierbar ist, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Zellengenossin für Xenia I quasi die Rolle eingenommen hat, die Sebastian F. zuvor hatte, nämlich Komplize im Verbrechen. Ob nun Xenia I ihre Zellengenossin eingespannt hat in ihre Verteidigungsstrategie, sich als Opfer darzustellen, oder ob die hafterfahrene Zellengenossin Xenia I dazu angestiftet hat, die Schuld allein auf den Freund abzuschieben, in jedem Fall denke ich, dass die Briefe wenig mit Wahrheit, aber viel mit Verteidigungsstategie zu tun haben...
Auch der MDR beschäftigte sich mit diesem Prozesstag:
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/sexvideos-prozess-dessau-100.html (Archiv-Version vom 16.03.2017)Wobei dort keine weiteren Infos zu finden sind.
Ergänzend dazu gab es dann aber noch einen Artikel zur Prozesslänge:
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/einschaetzung-zum-mordprozess-100.html (Archiv-Version vom 16.03.2017)Der Verhandlungstag Dienstag (22. Verhandlungstag) war dann wieder interessanter:
einmal ging es um die Auswertung von Blutspuren am Tatort:
„Es wurde versucht, sauber zu machen" Blutspuren im Mordprozess Yangjie Li ausgewertet – Quelle:
http://www.mz-web.de/26191406 ©2017
Im Mordprozess Yangjie Li stellt ein Gerichtsmediziner am Dienstag Gutachten zum Blutverteilungsmuster vor. In einem Raum der Tatwohnung finden sich 13 sogenannte Spurenkomplexe an Tür, Wänden und Boden. Es handelt sich um jeweils kleinflächige Muster.
Vor einer Couch in dem Zimmer fanden die Ermittler einen Teil-Abdruck eines Schuhs. Außerdem wurden Spuren an einer Feuerwehrhose sowie Feuerwehrstiefeln und Arbeitsschuhen vom Angeklagten Sebastian F. gefunden. Spuren, die auf ein mögliches Tatwerkzeug hindeuten, gibt es allerdings nicht.
In dem Raum waren Blutspuren mit bloßem Auge zu erkennen, andere wurden weggewischt und durch Luminol sichtbar gemacht. "Es wurde großflächig versucht, sauber zu machen", erklärte Dr. Dankwart Stiller vom Institut für Rechtsmedizin vor dem Landgericht.
In der Printausgabe wurde diese Erläuterungen dann noch ergänzt:
In ei-
nem der Räume, in dem auch eine
Couch stand, wurden über 300
Spuren gesichert, erklärte Dr.
Dankwart Stiller vom Institut für
Rechtsmedizin in Halle. Laut Gut-
achten war Blut an Tür, Boden,
Wänden und bis zur Decke zu fin-
den. Dies lasse laut Stiller auch da-
rauf schließen, dass Verletzungen
in der Bewegung und mit hoher Ge-
waltanwendung entstanden sind.
Hinweise auf genutzte Werkzeuge
gab es nicht. Ob eine oder mehrere
Personen an der Tat beteiligt gewe-
sen waren, lasse sich aus der Spu-
renlage aber nicht ableiten.
Zudem haben die Ermittler Blut
an der Feuerwehrhose, an Feuer-
wehrstiefeln sowie Arbeitsschuhen
von Sebastian F. entdeckt. Die Feu-
erwehrkleidung soll der Angeklag-
te nicht bei der Tat getragen, aller-
dings könnte er sie zum Transport
der Leiche angezogen haben. „Das
passt anstandslos zueinander“, so
Stiller. Auch an einem Wischmopp
fand sich Blut. „Die Spuren in der
Wohnung waren mit bloßem Auge
zu erkennen“, so der Rechtsmedizi-
ner. Andere zeigten sich durch Lu-
minol, einer Chemikalie, die Blut
sichtbar macht. „Es wurde großflä-
chig versucht, sauber zu machen“,
erklärte Stiller. Vor allem unter der
Eingangstür. „Es leuchtete großflä-
chig. Das habe ich selten gesehen.“
Und es ging um die Obduktionsergebnisse vom Opfer:
Obduktion im Mordprozess Yangjie Li Ermordete Chinesin erlitt unvorstellbare Qualen – Quelle:
http://www.mz-web.de/26192740 ©2017
Das Opfer wies demnach „massivste Verletzungen“ auf, darunter gebrochene Rippen, Hämatome und Wunden am Kopf und am gesamten Körper. Sie sei vergewaltigt und gewürgt worden. „Es war ein sehr qualvoller Tod“, sagte die Rechtsmedizinerin Carolin Richter.
[...]
„Die Qualen müssen über Stunden gegangen sein“, sagte sie.
Angeklagt sind ein 21-Jähriger - Sohn einer Polizistin - und seine gleichaltrige Ex-Partnerin wegen Mordes und Vergewaltigung. Sie verfolgten die detaillierten Ausführungen der Gutachter teilnahmslos. „Es muss viele Schläge und Tritte gegen das Opfer gegeben haben mit enormer Gewalt“, sagte der Rechtsmediziner Dankwart Stiller von der Universität Halle zu den Ergebnissen der Obduktion.
Auch hier gibt es zusätzliche Infos in der Printausgabe:
Die Gerichtsme-
dizinerin konnte den Todeszeit-
punkt am Dienstag nicht genau
eingrenzen: Er könnte am frühen
Morgen des 12. Mai beziehungs-
weise in den Stunden danach ein-
getreten sein. Gestorben war die
junge Chinesin an Herzversagen
infolge einer so genannten Lungen-
fettembolie, erklärte die Fachärz-
tin. Durch die Gewalt wurde unter
anderem das Fettgewebe zertrüm-
mert, Tröpfchen gelangten in die
Blutbahn und in die Lunge. Es
kommt in der Folge zu einem Ver-
schluss und das Herz versagt
schließlich. Ob es einen Erträn-
kungsversuch gegeben hatte,
konnte die Medizinerin nicht mit
Bestimmtheit sagen. In ihrem Teil-
geständnis im Januar hatte die An-
geklagte Xenia I. ausgesagt, dass
ihr damaliger Freund Sebastian F.
den Kopf von Yangjie Li in einen
Wassereimer gehalten habe.
Auch der MDR berichtet dazu:
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/reportage-prozess-dessau-zweiundzwanzigster-verhandlungstag100.html (Archiv-Version vom 18.03.2017)Persönlich für ausgesprochen bemerkenswert halte ich die Reaktion der Angeklagten, insbesondere den Vergleich zwischen Montag und Dienstag (jeweils dem MDR-Artikel entnommen):
als das Video vom erzwungenen Sex zwischen den Angeklagten dem Gericht vorgelegt wurde:
Beide Angeklagte reagieren auch unterschiedlich auf die gezeigten Sexszenen: Xenia I. legt den Kopf auf den Tisch und hält sich die Ohren zu. Der angeklagte 21-Jährige dagegen zeigt überhaupt keine Regung.
als der Obduktionsbericht zu den tödlichen Verletzungen des Opfers verlesen wird:
Derweil verfolgen die beiden Angeklagten die Ausführungen der Rechtsmedizinerin gewohnt desinteressiert. Er hält wie immer die Arme verschränkt, sie blickt die meiste Zeit regungslos nach unten.