Verbrechen in Höxter
22.02.2017 um 00:14Ein Straftäter hat das Recht, irgendwo neu anzufangen, ohne dass dort jemand weiß, dass er ein Verbrechen begangen hat.Das ist so nicht gänzlich richtig... Es gibt einen eingeschränkten Personenkreis, welcher über ihn und seine Taten Bescheid weiß, auch am neuen Wohnort.
@Jairo
Die Idee, Straftäter zu kennzeichnen ist weder neu, noch sinnlos. So hat man in manchen Teilen unseres Landes vor einigen Jahrzehnten einem "Sackschneider" (Dieb, welcher den Geldbeutel des Opfers aufgeschnitten hat, so dass das Geld unten herausfällt, gibt es heute noch!!!), die Hand abgehackt, während man einem Geldschneider (jener, welcher von geprägten / geschlagenen Edelmetallmünzen die Ränder "erleichtert" hat und somit den Staat und den Empfänger der Münze um den Nominalwert der Münze "beschissen" hat, welcher ja nun nicht mehr dem Materialwert entsprach = Betrug) "gegart" hat, bis er tot war. Okay, der Geldschneider konnte so in der Öffentlichkeit nicht mehr auffallen, der Sackschneider mit 1-2 Händen weniger...
Ich denke, beide Delinquenten hätten ihrer Bestrafung eine Haftstrafe eher vorgezogen!
Wenn allerdings heute einem Häftling die Wahl gelassen WÜRDE, lebenslange Freiheitsstrafe gegen das Abhacken einer Hand einzutauschen, man wäre glaube ich überrascht, wie viele Häftlinge sich für die Verstümmelung entscheiden würden.
Das nur am Rande...
Den "anderen" Teil der durch Dich teilweise angestoßenen Diskussion finde ich einfach nur kurios. Ich weiß nicht, ob es an der Fähigkeit oder der Bereitschaft mangelt, einen oder mehrere Sachverhalte im Kontext nicht nur einer ziemlich absonderlichen Beziehung, sondern der gesamten Entwicklung zweier Menschen, versuchen zu erfassen. Ohne die Fähigkeit kann die Bereitschaft noch so groß sein, man wird sich im Kreis drehen. Ohne die Bereitschaft kann man seine Fähigkeiten für andere Dinge (durchaus sinnvoller?!?) nutzen.
Die Psychologie bedient sich zahlreicher Modelle, wie auch insbesondere die Chemie und die Physik, wie auch viele andere Wissenschaften. Hier scheitert es scheinbar sehr oft an der Bereitschaft, sich auf die "Denkweise" von "Tätern" einzulassen. Mit Denkweise meine ich auch "Fühlweise". Das ist nicht selten der Tatsache geschuldet, dass manche Menschen notorisch von sich auf andere schließen.
Was für "den einen" abgrundtief grausam ist, ist für den anderen "voll normal". Wenn mein Besen den Geist aufgibt, schmeiße ich ihn weg und kaufe mir einen neuen.
Wenn ich Menschen "instrumentalisiere" und von jeglichen Formen der Empathie befreit bin (warum auch immer) mache ich das mit Menschen schlicht und ergreifend genau so! Bringt er mir nichts mehr, kommt er weg. Kann er mir gefährlich werden, kommt er ganz weg, so dass ihn keiner findet - Besen oder Mensch - egal! Schrott = Schrott...
Nun muss man vor dem Hintergrund der o.a. Schilderungen hinsichtlich "Bereitschaft" und "Fähigkeit" schon aufpassen, dass man nicht in die "schwere-Kindheit-Ecke" gedrängt wird, wenngleich ich der Auffassung bin, dass, egal mit welchem Potenzial man zur Welt kommt, die Kindheit bei der weiteren Entwicklung der Persönlichkeit nicht nur eine tragende, sondern DIE ENTSCHEIDENDE Rolle spielt.
Du hast sicher auch sämtliche "Medien" im Fall TG akribisch verfolgt und wirst festgestellt haben, dass man dort Ordnerrücken (Spurenakten) abgebildet hat, woraus hervorgeht, dass man verschiedene Tätertypen "turnusmäßig" überprüft hat, z.B. Sexual- und Gewalttäter, wie auch Taxi- und Busfahrer.
Wenn man im HX-Fall genau hinschaut, stellt man fest, dass die Konstellation gewissermaßen einer ähnlichen aus den '90ern gleicht. 2 Frauen, ein Mann, 2 Täter, ein Opfer (=> 2 Verurteilungen).
Es wäre blauäugig zu glauben, dass durch die Verurteilung der Täter das Potenzial für gleich- oder ähnlich gelagerte Taten minimiert oder aufgehoben wurde - heißt: Jemand der so etwas in dieser Form tut, könnte "rückfällig" werden.
Sieh Dir mal die Gesetzeslage zur Sicherungsverwahrung an, leider dürfte es schwer bis unmöglich sein, SV gegen einen Ersttäter zu verhängen.
Man muss gewisse Dinge in dieser Gesellschaft einfach akzeptieren, eines davon ist, dass wir weltweit eines der besten Straf- und Strafprozessrechte haben!
Meines Erachtens ist man im HX-Fall gerade dabei, die Spitze des Eisberges aufzuarbeiten. Wer an nahezu 20 Jahre der harmonischen 2er-Beziehung zwischen AW und WW glaubt, kann das gerne tun, wer hingegen meint, dass es weitere Prüffälle und bis dato unbekannte, weitere Opfer geben könnte, ist auch in seinem Glauben völlig frei. Vergessen sollte man dabei nicht, dass handfeste Beweise für eine Anklage, welche letztlich zur Verurteilung führen sollte, unentbehrlich sind!!! Ansonsten kann jede weitere (wackelige oder schlecht vorbereitete) Anklage einen gewaltigen Schuss in den Ofen darstellen.
Die Frage, warum Menschen so sind oder werden, wie es aktuell von dem HX-Paar berichtet wird, tritt hier m.E. viel zu sehr in den Hintergrund.
Durch die recht junge Initiative für Gewalt- und Opferschutzgesetzgebung wird auch deutlich, dass man sich, warum auch immer, noch gar nicht so lange mit den Symptomen im Gegensatz zu den Wirkungen beschäftigt. Die Stern-Crime III (jene, in welcher auch der Fall FL behandelt wird) greift das Thema in einem Artikel "Du Opfer" m.E. recht treffend auf - vorab: Man befindet sich in den Kinderschuhen.
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Einerseits steht die Forderung nach einer möglichst gewaltfreien Gesellschaft. Der gegenüber steht eine (angeblich ansteigende) Gewaltbereitschaft. Nun, sind wir in den goldenen '60'rn bis '80ern hängengeblieben? Man nehme die Kriminalstatistiken jener Jahrzehnte (inklusive der Anzahl an Häftlingen), und vergleiche sie mit den heutigen. Damals hatten wir 3 Fernsehprogramme, eine recht überschaubare Anzahl von Bundesländern / Fläche / Einwohnern, sowie rundherum wie auch mittendrin Institutionen, welche darauf aufgepasst haben wollen, dass wir keine Scheiße bauen, sozusagen eine kleine, gut bewachte Insel namens BRD, mit Verdrängungsmechanismen, wovon manch Borderline-Persönlichkeit heute träumt.
Ich vermag zu behaupten, dass sich in den letzten 30 Jahren viel des Äußeren verändert hat, während der BRD-Bürger an sich in den goldenen Jahren "weitergelebt" hat.
Hier habe ich mir kurz erlaubt, die Antwort auf die Frage: "Warum haben die Nachbarn nichts gemacht???" vorwegzunehmen, gleichzeitig erinnere ich daran, dass es "damals" noch "Dorfsheriffs" gab, welche heute "Bezirksbeamte" genannt werden.
Und somit sind wir wieder bei meinem Eingangszitat:
Ein Straftäter hat das Recht, irgendwo neu anzufangen, ohne dass dort jemand weiß, dass er ein Verbrechen begangen hat.Hätte, hätte, Fahrradkette, vor 30 Jahren hätte ein Dorfsherrif sehr wohl gewusst, wer in seinem Dorf lebt, wie derjenige heißt, woher er kommt, was er bis dato gemacht hat, was er hier will, was er den ganzen Tag macht etc.!
Fakt scheint heute zu sein, dass Polizeikontrollen stattfanden, man gar Polizeiwachen aufgesucht hat, kurz bevor Opfer verstarben. Hat es etwas mit Bereitschaft oder Fähigkeit zu tun??? Hat es etwas mit dem Glauben an die goldenen Jahrzehnte zuvor zu tun?
Ich sehe eine Diskrepanz.
Jenen, welche den Fall "Bosseborn" als Senstion betrachten, sich hier darüber austauschen oder gar ergötzen, sei gesagt: Es (Täter) hätte auch Dein Nachbar / Deine Nachbarin (im Kiosk?) sein können, mit der Du damals im Sandkasten gespielt hast, von dem Du Dich hast anpöbeln lassen, dessen Opfer Du beim Sterben zugeschaut und rein gar nichts unternommen hast, jedem Polizisten, dem etwas eigenartig vorkommt sei gesagt: schreib einen Bericht!, lass Dich nicht täuschen, jedem "Opfer" sei gesagt, so scheiße Du Dich fühlst, so scheiße Du zu sein meinst, bleib mit Deinen alten Freunden aus dem Sandkasten in Kontakt, sag ihnen wohin Du gehst und was Du dort machst, jedem Nachbarn sei gesagt, Bullen beißen nicht, wenn Dir etwas eigenartig vorkommt, ruf an!, jedem potenziellen Täter sei gesagt, hol Hilfe, wenn Du (noch) kannst und überhaupt merkst, dass Du etwas abnormales tust!
Lasst Euch nicht von den Antworten überrollen, es sind verdammt viele. Es ist interessanter, sich auf die Fragen zu konzentrieren, welche bleiben, und im HX-Fall scheint die einfachste derer jene nach dem
warum???
zu sein...
Natürlich ist auch die Frage "Wer hätte das wann und wie verhindern können?" aus kriminalwissenschaftlicher Sicht hoch interessant, und ich gehe davon aus, dass diese Frage, sofern noch nicht vollumfänglich geschehen, legitim gestellt wird.
Auch auf diese Frage gibt es haufenweise Antworten, doch so lange sie nicht in einem der größten Foren Deutschlands für Kriminalfälle nur den Hauch der Beachtung findet, ist die Antwort inherent...