@gruselich @Nina75 @QueenLouie Ihr unterschätzt die Mechanismen einer gewalttätigen Beziehung. Ich möchte das mal grundsätzlich beschreiben, nicht nur auf diesen speziellen Fall bezogen (und auch nicht auf Frauen als Opfer begrenzt):
Das fängt mit ganz normaler Verliebtheit an - es wird sogar Wert darauf gelegt, dass der Partner selbstbewusst ist und es wird vorgegeben, dass man das nur fördern wolle. (In diesem speziellen Fall wurde vermutlich darauf geachtet, dass die Frauen sozial isoliert waren.)
Dann beginnt die Kritik: Wenn Du selbstbewusst bist, musst Du dies oder jenes tun! Sei nicht so inkonsequent! Du hast da noch eine Schwäche, die
musst Du einsehen! Und, ganz wichtig: Nur ich sehe Deine Schwäche, weil ich Dich liebe!
Und Eifersucht: Wozu brauchst Du die Aufmerksamkeit von anderen? Wozu brauchst Du die Freunde? Es versteht Dich sowieso sonst niemand!
Mit ständigem Nörgeln, Kritisieren und Sticheln, aber auch offenen Streitereien und damit abwechselnd immer auch Phasen von Verständnis und scheinbarer Harmonie wird der Unterlegene zermürbt, bis er gar keine Entscheidung mehr alleine treffen kann. Und je mehr das Selbstbewusstsein bröckelt, desto mehr wird kritisiert.
Es gab eine Userin hier, die schilderte, dass ihr Freund nach außen der charmanteste, netteste Mensch war. Wenn er aber zu Hause beim Kartenspiel verlor, schlug er sie, weil sie sich über ihr Gewinnen gefreut hatte. Kein einziger der Freunde glaubte ihr... alle dachten der Typ habe recht, dass sie eine Psychose habe und Märchen erzähle. Er war ja so verständnisvoll.
Ab hier kann man nachlesen:
Häusliche Gewalt: Wenn Männer ihre Frauen schlagen ... (Seite 28) und hier:
Häusliche Gewalt (Seite 13)Früher oder später schlägt die verbale Aggression in körperliche Gewalt um. Oft schon in der Beziehung, manchmal erst durch die Trennung.
Ob man rechtzeitig davon kommt, hängt davon ab, wie stabil die sozialen Kontakte sind, ob das Selbstbewusstsein wirklich tief ist oder nur oberflächlich, ob es räumliche/finanzielle Abhängigkeiten gibt.
Man kann aber weder vorhersagen, noch jemandem zum Vorwurf machen, wie schnell die Gehirnwäsche wirkt.
Und nun zu diesem Fall:
Hat man zwei Personen gegen sich, die ein "good cop-bad cop"-Rollenspiel aufgebaut haben, die einen auch nicht so leicht gehen lassen und entsprechend bedrohen falls man weglaufen sollte und die den Drohungen schon mit entsprechender Brutalität Substanz verliehen haben, dann scheinen schon nach kurzer Zeit keine Auswege mehr zu existieren. Hat die Frau vorgegeben, nur auf seinen Wunsch zu handeln? Hat sie behauptet, dass er sonst sie quälen würde? Oder wurde sie als die Böse dargestellt und er als Opfer, das ihr ebenso wie die Frauen ausgeliefert war?
Scham ist ein mächtiges Gefühl. Zu versagen (ob als selbstbewusste Partnerin, als treue Ehefrau, als schicksalsergebene Mutter), scheint unerträglich. Wenn schon der Eine, der einen doch liebt, von einem angewidert ist... wie sehr müssen es dann die anderen sein?
Die Täter beschreiben sich später oft als Opfer (auch in den von mir verlinkten Threads nachzulesen), denn sie seien getäuscht worden, wurden verlassen, nicht ausreichend geliebt, und vor allem: Sie wurden zu der Gewalttätigkeit
provoziert. Hätte das Opfer sich nicht so verhalten, dann hätten sie nicht zuschlagen müssen! Sonst sind sie ja die friedlichsten Menschen - als gäbe es nicht auch für sie immer eine Entscheidungsmöglichkeit zwischen verschiedenen Reaktionen.
Das Höxter-Paar ist aber noch eine eigene Kategorie, da sie gemeinsam handelten und sich nun gegenseitig die Schuld zuschieben. Über die Gründe für deren Sadismus möchte ich mir hier keine Spekulation erlauben.
Die Überlegung, wie man selbst als Opfer reagieren würde, ist unsinnig. Es ist eine Ausnahmesituation, auf die einen nichts vorbereitet ... außer, dass wohl viele Opfer in der Jugend schon Gewalt erfahren haben.
Bei mir war es aber nicht so, vielleicht hat mich das vor dem Schlimmsten bewahrt und ich konnte den Mann gerade noch rechtzeitig verlassen. So blieb es beim nachträglichen Stalken, Ausrasten, einem Verprügeln. Zum Glück waren Freunde dabei - auch wenn die nicht sehr klug reagiert haben. Nicht alleine zu sein, war die wichtigste Erfahrung.
Daher glaube ich, dass man auch ohne frühere Gewalterfahrung in eine solche Beziehung stolpern kann, dass aber die frühere Erfahrung einen vielleicht hindert, zu gehen. Vielleicht liege ich da aber auch falsch? Fehlen anderen vielleicht erst recht die Antennen für drohende Gewalt? Oder meint man, diesen Täter vielleicht besänftigen zu können - anders als den damaligen?
Man kann das alles nicht so leicht beantworten. Schon gar nicht, was diesen Extremfall angeht ... und wie gesagt, geht es mir noch nichtmal um die Mechanismen innerhalb dieses Paares.