@Bluelle Eine gute Frage, obwohl sie uns vom Thema des Threads weit wegführt, daher bitte ich um Nachsicht.
Es ist richtig, wenn man eine Tat vom Ergebnis her sieht, dann macht es keinen Sinn, solche Unterschiede zu machen: ein Mensch wurde getötet. Ich persönlich habe daher auch Probleme damit, Tötungsdelikte immer mehr zu spezialisieren, denn am Ende droht unweigerlich die Frage: ist das Leben eines Menschen weniger wert, wenn er "nur" von einem Gelegenheitsraubmörder ermordet wird, anstatt von einem rassistischen politisch-fanatischen Terroristen, der auch noch was gegen Schwule hat, um das mal überspitzt zu fragen? Warum soll der eine Täter nur 15 Jahre bekommen, der andere aber am Galgen baumeln? Leiden die Hinterbliebenen nicht genauso, egal welche Gesinnung oder Motivation der Täter hatte?
Das steckt übrigens in der alten deutschen Form des Mordparagraphen: Mord ist Mord, egal warum und wieso, es gibt pauschal lebenslänglich. Auch in früheren Zeiten war das so: Auf Mord stand die Todesstrafe und man machte da wenig Federlesen um Motive etc. Geschichtlich kann man das bis zum antiken Talionsrecht zurückführen, wie es - als modernes Recht der damaligen Zeit - in der Bibel zu finden ist: ... wer eines Menschen Blut vergiesst, dessen Blut soll vergossen werden. (Genesis 9:6)
Aber schon dort findet man den Beginn der Abkehr dieser Art von Rechtsphilosophie und die Zuwendung zur Frage nach der Schuld. Der Täter rückt in den Fokus, nicht mehr nur das Opfer. Erste, recht moderne Vorstellungen von "fahrlässiger Tötung" erscheinen, tragische Tötungen, die nicht mehr die Todesstrafe rechtfertigen: so z.B. die Regelungen in Deuteronomium 19. Auch im antiken Recht Griechenlands und Roms finden sich ähnliche Entwicklungen.
Diese Regeln sind inzwischen 3000 Jahre alt. Man hat also offensichtlich früh begonnen, eine einheitliche Strafe für alle Taten, selbst mit dem gleichen Erfolg, einem toten Opfer, als unfair zu erachten. Und daraus entwickelte sich dann, immer wieder auch mit Rückschritten, wie z.B. im Mittelalter, eine moderne Vorstellung davon, dass eine moralische Schuld bei Verbrechen auch immer ein Masstab für die Strafe sein sollte, und da es verschiedene Masse an Schuld gibt, auch verschiedene Strafen angemessen sein sollten.
Generell stimme ich dem zu, wobei ich denke, es muss auch eine Grenze geben, nämlich da, wo man vor lauter Konzentration auf den Täter das Opfer ganz aus den Augen verliert. Das erscheint mir manchmal im heutigen Recht zu passieren.