Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

grizzlyhai schrieb:Kann ein Anwalt für schlechte Beratung angeklagt werden ? Also Richtung Rückzahlung des Honorars oder im Wiederholungsfall der Verlust der Zulassung bzw. eines Teils der Zulassung (wenn das möglich ist).

Ja, im Prinzip schon. Wir reden dabei von "verklagen," da "anklagen" normalerweise im strafrechtlichen Zusammenhang benutzt wird, und dies dann ein zivil- und/oder ein standesrechtliches Verfahren ist.

In den USA ist es so, dass es recht scharfe Regeln für Rechtsanwälte gibt. Und natürlich ein sehr ausgeprägtes Schadenersatzrecht, das im allgemeinen "schärfer" als in Deutschland empfunden wird.

Rouven kann nun ein zivilrechtliches Verfahren gegen seine Anwälte anstrengen, darin müsste er beweisen, dass er einen Schaden erlitten hat, den diese durch eine rechtswidrige Tat verursacht haben. Gelingt ihm das, kann er sie verpflichten, den Schaden zu ersetzen.

Gleichzeitig kann er Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer einlegen. Diese prüft die Anschuldigungen, und, wenn sie meint, es liegt ein Verstoss gegen die Standesregeln vor, kann sie ein Verfahren gegen den Anwalt einleiten, an dessen Ende sogar der Verlust der Zulassung stehen kann (disbarment), aber auch etwas mildere "Strafen," wie eine zeitweise Suspendierung der Zulassung, eine öffentliche Rüge usw. stehen können. Auch in diesem Verfahren kann Schadenersatz eine Rolle spielen.

Solche standesrechtlichen Verfahren sind gar nicht so selten und können verheerende Folgen für den Anwalt haben. Ein Entzug der Zulassung bedeutet ja faktisch ein Berufsverbot.

Derzeit wird Rouven mit anderen Dingen beschäftigt sein, aber diese Dinge stehen zukünftig sicher im Raum.

Allerdings will ich noch einmal betonen: alles was gesagt wurde, stammt aus dem Antrag Rouvens, von seiner derzeitigen Anwältin formuliert. Das bedeutet noch nicht, dass das alles stimmt und bewiesen ist! Die andere Seite wird in den oben genannten Verfahren dann natürlich auch gehört werden.

Um was geht es jetzt eigentlich genau? Um die 200-300 Tausend Dollar die er von Anwälten zurückfordert weil er angeblich falsch beraten wurde oder die Höhe der Strafe ansich? Bitte? Rouven kann doch nicht im Ernst glauben das er nach 5 Jahren, für solche schweren Anschuldigungen, wieder auf freiem Fuß ist. Guter oder schlechter Anwalt hin oder her! Ist er schuldig oder nicht? Wenn sein Schuldeingeständnis stimmt ist doch völlig wurscht ob er ein paar hundert Tausend verloren hat. Er hat noch ganz andere Dinge verloren! Sein Leben zb! Ich persönlich finde es so irrelevant ob man ihm einwenig Geld von seinem Millionenvermögen abgezwackt hat. Entschuldigen Sie Herr Sippowitz. Aber das Anwälte zu solchen Methoden greifen ist nicht überraschend! Und ob er Alibis hatte oder nicht. Ich kann mir nicht vorstellen das Jan Rouven so naiv war zu glauben das er nach 5 Jahre raus ist aus der Nummer. ER hat ein Schuldeingeständnis unterschrieben. Das HAT Konsequenzen. Es gab schon Fälle da wurden auch Schuldeingeständnisse gemacht trotz Unschuld. Aber es geht hier um Kinderpornografie!! Ich kann mich noch erinnern da sagte die Staatsanwältin das er eine Gefahr für die Menschheit ist! Sollte er schuldig sein hoffe ich auf lebenslänglich! Sollte er unschuldig sein wird man diese Sache so schnell nicht vergessen!!

@Rick_Blaine
für wie wahrscheinlich hältst Du diesen Ablauf des von Connelly geschilderten Sachverhalts?

Ich bin entsetzt, wie sich Anwälte auf Kosten der Mandanten, die selbst keinerlei juristische Kenntnisse haben und daher den "Fachleuten" quasi ihr Leben anvertrauen, profilieren und bereichern. DAS kann nicht der Sinn eines "fairen" Prozesses sein. Sollte dies alles so stimmen, ist JR zu bedauern, denn dann steht nicht nur das berechtigte Strafverfahren sondern auch noch Verfahren gegen seine ehemaligen Verteidiger bevor. Sehr unschön, das Ganze.

Also erst einmal, um das Geld geht es jetzt nur ganz ganz am Rande. Im Moment geht es darum, dass in einem normalen Verfahren, die Anklagevertretung beweisen muss, dass der Angeklagte die Straftaten begangen hat.

Wenn der Angeklagte eine Schuldanerkenntnis unterschreibt, dann gilt das nur, wenn er das aus freien Stücken und wohlinformiert über die Konsequenzen getan hat.

Wenn das nicht so ist, dann muss man die Schuldanerkenntnis verwerfen. Das gebietet die Rechtsordnung, die ein faires Verfahren voraussetzt.

@Alex1976
Es ist schwierig zu beurteilen. Ich hoffe, dass es nicht so gewesen ist. Aber ich erinnere mich gut daran, dass mir so manche Entwicklung in dem Fall nicht schlüssig gewesen ist, und nun könnte das die Erklärung sein.

Die Beurteilung des Deals ist hier der wichtigere Punkt, nicht der Dauerstreit unter seinen Anwälten. Basierend auf den Infos, die wir alle hier hatten, halte ich eine Aussicht auf 5 Jahre genauso irreal, wie es die neue Anwältin formuliert hat.

Nun muss nachgewiesen werden, dass seine Anwälte ihm tatsächlich mehr oder weniger versprochen haben, er bekommt nur 5 Jahre. Und hier wird man sicherlich argumentieren können: haben sie das wirklich "versprochen?" Oder hat er sie hier missverstanden? Hat er sich auf die 5 Jahre fixiert, obwohl die Anwälte ihm erklärt haben, dass das nur die irreale Mindeststrafe ist? Hier wird man sehen müssen, wie beide Seiten ihre Aussagen beweisen können.

@Rick_Blaine

Vielen Dank ersteinmal für Deinen aufschlussreichen Bericht, was ich da zu lesen bekam sprengt mal wieder alle Dimensionen.
Ich finde sowieso, dass dieser Fall in seiner Dimension ( dieses viele Material ) einzigartig ist.

Rick_Blaine schrieb:Wichtig ist, bevor wir weitermachen, dass jeder begreift, dass dies nun die Darstellung seiner neuen Anwältin ist, also seine Sicht der Dinge. Ob das alles der Wahrheit entspricht, muss die Richterin herausfinden!

Wie findet man dies raus, ich meine wird der ganze Schriftwechsel zwischen JR und seinen damaligen Anwälten überprüft?

Rick_Blaine schrieb:Die Antwort ist, wie ich mir damals schon dachte: Rouven kannte keinen von ihnen. Er kannte und vertraute aber einem Anwalt, der in einem ganz anderen Fachgebiet praktiziert, und dieser empfahl ihm Marquese.

Mir kam, dass damals auch seltsam vor, die Wahl seiner Anwälte, JR bekam praktisch eine falsche Empfehlung.
Ein Problem ist hier sicherlich, dass JR überhaupt keine Angehörigen draußen hat ( vor Ort ), die sich um diese wichtigen Dinge kümmern könnten.

Lionel.twain schrieb:Ein Problem ist hier sicherlich, dass JR überhaupt keine Angehörigen draußen hat ( vor Ort ), die sich um diese wichtigen Dinge kümmern könnten.

.

Yup. Wobei sein Ehemann da eben in meinen Augen keine grossartige Rolle gespielt hat. Aber als Angeklagter in U-Haft hat man hier immer einen grossen Nachteil.

Lionel.twain schrieb:Wie findet man dies raus, ich meine wird der ganze Schriftwechsel zwischen JR und seinen damaligen Anwälten überprüft?

Kann schon sein. Natürlich ist das nicht ganz einfach, da der ja eigentlich vertraulich ist, und man vermeiden muss, dass die zukünftige Verteidigung dadurch benachteiligt wird. Das Problem liegt nun auf dem Schreibtisch der Richterin.

Rick_Blaine schrieb:Dann liegt es an Rouven und der Bundesanwaltschaft ob es zu einem neuen Deal kommt, was ich für wahrscheinlich halte, oder zu einem Prozess.

Bei einem neuen Deal, würde mich interessieren, auf welcher Basis käme der Deal zustande, wegen dem zurückgezogen Geständnis ?
Wäre der neue Deal dann nicht schlechter für JR, was die Dauer der Haftstrafe betrifft?

@Lionel.twain
Jein. Schlechter als was Rouven sich unter dem bisherigen vorgestellt hat, sicherlich. Schlechter als der bisherige in Wirklichkeit gewesen ist - nicht unbedingt. Ich tippe immer noch auf ein Ergebnis von 20 Jahren. Er müsste freilich wieder seine Schuld bekennen.

Rick_Blaine schrieb:Ich tippe immer noch auf ein Ergebnis von 20 Jahren.

Ich auch und zwar von Anfang an, wegen der Dimension des Falls.

Wenn er davon ausgeht wie lange lebenslang in Deutschland ist, kann ich mir schon sehr gut vorstellen,dass er gedacht hat für ein paar Videos bekommt er maximal 5 Jahre.
Ich folge das Thema. Mitleid mit ihm habe ich aber nicht. So viel er auf seine Rechte jetzt steht, war es ihm auch egal wie viel unrecht allen Kinder auf dem Videos getan war.

@Rick_Blaine
Danke für die ausführliche Darstellung - ich hatte schon vermutet, dass Rouven seinen Widerruf mit schlechter anwaltlicher Beratung begründen wird. Aber das, was angeblich ablief, scheint ja doch noch um einiges dramatischer gewesen zu sein, als ich dachte.

Rick_Blaine schrieb:Nun muss nachgewiesen werden, dass seine Anwälte ihm tatsächlich mehr oder weniger versprochen haben, er bekommt nur 5 Jahre.

Zumindest hat Marchese das mit den fünf Jahren auch Journalisten gegenüber gesagt. Sonst wüssten wir das ja nicht. Und wenn ich das richtig verstanden habe, gibt der Deal das nicht her, wenn schon zwei der drei Anklagepunkte allein eine Mindeststrafe von fünf Jahren vorsehen. Aber vielleicht hat Marchese Rouven auch was anderes erzählt.

Wenn das alles so stimmt, dann muss Rouven das Gefühl haben, nun auch der einzig verbliebenen Vertrauensperson - dem "Anwalt im Hintergrund" - nicht mehr vertrauen zu können. Das wäre bitter. Aber vielleicht auch eine Chance - irgendwann muss er sich dem, weswegen er angeklagt wird, auch stellen. Nicht alles lässt sich "delegieren" à la "Mein Manager erledigt das für mich".

Auf mich wirkt es so, dass seine jetzige Anwältin da einen guten Schuss Realität reinbringt. Bislang hatte ich das Gefühl, dass Rouven in der Vorstellung lebte, er würde mit einem blauen Auge davon kommen können, dass ihm der Ernst der Lage gar nicht so richtig bewusst war. Was verständlich wäre, wenn es stimmt, dass einer der Anwälte ihm einreden wollte, er könne freigesprochen werden.

Und für ein gerechtes Urteil oder für eine gerechte Strafe ist eine nüchterne, realistische Sichtweise bei allen Beteiligten vielleicht nicht das Schlechteste.

Ich war etwas enttäuscht, als es Ende letzten Jahres zu diesem deal kam - da es dadurch bei der Darstellung der Anklage blieb. Und ich fand es irritierend, dass es Rouven selber war, der beim plea deal darauf hinwies, dass Videos und Fotos möglicherweise auch mehrfach vorhanden waren * - das wäre doch Aufgabe der Verteidigung gewesen, der Darstellung der Anklage vor einem deal etwas entgegenzusetzen, aus möglichen Übertreibungen die Luft rauszulassen etc. Von seinen Anwälten kam monatelang lediglich die etwas quatschigen Behauptung, Rouven sei irgendwie gehackt worden.

Ich hoffe, dass sich das jetzt ändert, um den Fall Rouven etwas besser einschätzen zu können.

* As the judge read through the allegations that prosecutors laid out in the plea agreement, Rouven disputed the figures, saying that some of the images could have been duplicates
https://www.reviewjournal.com/crime/courts/former-las-vegas-strip-illusionist-pleads-guilty-in-child-porn-case/

Auch wenn ich bei anderen Fällen gerne meine Überlegungen einbringe, hier sitze ich sprachlos vor dem Bildschirm und kann nicht fassen, und schon gar nicht beurteilen, was da derzeit abgeht.

Sei bedankt, @Rick_Blaine, für deine überaus anschauliche Schildung der Falls und auch dein Kommentar, @yasumi, hat einiges verständlicher gemacht.

Ich ziehe mich auf die :popcorn: Ebene zurück, werde aber genauestens die weiteren Beiträge verfolgen.

@Rick_Blaine
Auch von mir natürlich vielen Dank dafür dass Du uns so toll auf dem Laufenden hälst inkl. Laienerklärungen!

Heute um 20.00 Uhr kommt ein kurzer Beitrag über Jan in der Sendung "Prominent" auf VOX

@Alex1976

Ja, den habe ich gesehen und einen seiner "schwarzen Schafe", wie JR sie darstellt, also einen seiner Anwälte. Es war aber nur ein geschätzt einminütiger Beitrag ohne weiteren/neuen Inhalt, außer dass JR wohl wieder auf "nicht schuldig" plädiert haben soll und das bisher kein neuer Gerichtstermin festgelegt wurde. Ich wäre bei den ganzen Chaos an Stelle der Staatsanwaltschaft verständlicherweise stinksauer, da die ja durch so etwas eine ganze Menge Mehrarbeit haben und JR sitzt ja fast schon 16 Monate ohne Urteil in US-U-Haft!

@ninano

Dem kann ich nur zustimmen. So wie ich das sah, gab es überwältigende Beweise gegen JR und er bemitleidet sich wie Jens Söring, welcher auch einen eigenen Thread hat hier im Forum, auch gerne selbst anstatt an die Opfer zu denken. @Rick_Blaine hatte das ja vor einiger Zeit hier im Thread gut ausgeführt, dass solche Mandanten (Kinderpornobesitzer/-Konsumenten) relativ wenig bis gar kein Mitleid empfinden, da sie ja selbst die Kinder nicht vergewaltigt/misshandelt hatten und sie quasi "nur" zuschauen. Sowas weiß man natürlich nur als Rechtsanwalt und nicht als Laien wie wir. Solche Menschen sind trotzdem abscheulich und sollten NIE OHNE erfolgreiche Therapie entlassen werden!

@Rick_Blaine

Habe ich das richtig verstanden, dass der sogenannte Report eine Punktzahl von 47 ergab, was für JR trotz Schuldeingeständnis eher 25 Jahre Haft bedeutet hätten anstatt der 15 bis 20 Jahre welche du erst vermutet hattest?

P.S. Vielen Dank für deinen extrem ausführlichen Beitrag. Ich kenne mich mit dem US-System auch etwas aus, aber von einem Experten immer wieder mal etwas zu lesen, dass hilft diesem Forum hier ungemein. Vielen Dank und weiter so. :-)

Mein Mitleid hält sich doch sehr stark in Grenzen, bzw. ist gar nicht vorhanden.
Wer auch noch tricksen mag, um ja eine geringe Strafe zu bekommen, der hat es nicht anders verdient.
Vertrauen zum Anwalt hin oder her, hätte er keine Kinderpornos geschaut, wäre er nicht in der dieser Lage.

Ihm geht es anscheinend nur darum nur schnell aus der Sache heraus zu kommen, alles verzögert sich, anstatt sich zu dem zu bekennen was er getan hat und seine rechtmässige Strafe abzusitzen.
Der wird auch nach 20 Knast nicht begreifen, was er Kindern angetan hat.

Bluelle schrieb:Wer auch noch tricksen mag, um ja eine geringe Strafe zu bekommen, der hat es nicht anders verdient.

In einer entsprechenden Situation dürfte das so gut wie jeder machen, ich bin da von mir auch recht sicher, es gehört zum Mensch-Sein einfach dazu. Ich denke, manch einer macht sich da nur etwas vor, dass er in einer entsprechenden Situation anders reagieren würde, es gibt nur selten Ausnahmen, wir sind keine Engel. Das Freiheitsbedürfnis eines Menschen ist sehr groß, ich persönlich glaube, dass die Todesstrafe gnädiger ist. Nicht umsonst lässt man Todeskandidaten selbst in den USA noch jahrelang vorher in Gefängnissen schmoren.

SCMP77 schrieb:In einer entsprechenden Situation dürfte das so gut wie jeder machen

Wahrscheinlich und ich bin eigentlich auch ein Gegner bez. Todesstrafe und lebenslange Gefängnisstrafen.
Wenn es um Kinder geht, habe ich allerdings ein etwas krasseres Rechtsempfinden und wenn jemand versucht, sich wiederholt mit 5 Jahren Freiheitsentzug aus seiner Verantwortung zu stehlen, hat er nicht begriffen was er getan hat.

Bluelle schrieb:ch wiederholt mit 5 Jahren Freiheitsentzug aus seiner Verantwortung zu stehlen, hat er nicht begriffen was er getan hat.

Das ist das Problem, für den einen sind 5 Jahre mehr als genug, der andere will jemanden am liebsten lebenslänglich sehen. Daher ist das allein kein Zeichen, dass er sich aus der "Verantwortung" stehlen will (was ist das wirklich, ein in meinen Augen überstrapaziertes Wort), den 5 Jahre sind schon auch eine lange Zeit (43800 Stunden), die man in nicht ganz einfachen Verhältnissen rumkriegen muss.