Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere
17.11.2016 um 08:25
Ein kurzer Bericht vom heutigen Prozesstag:
Die Verhandlung begann heute ja erst um 12:12 Uhr, was nicht ungewöhnlich ist, da die Richter meist ein oder zwei Vormittage in der Woche reservieren um sich um andere Fälle zu kümmern.
Es ging da weiter, wo gestern aufgehört wurde, bei der Eintragung der Beweismittel. Heute wurden auch die aufgezeichneten und vom Deutsch-Experten übersetzten Gesprächsprotokolle der Telefonate aus dem Gefängnis als Beweismittel zugelassen.
Gegen halb zwei war es schon wieder vorbei, man machte Mittagspause und kam erst um kurz vor drei wieder zusammen. Die Anklage erbat etwas mehr Zeit um Dokumente für die Verteidigung vorzubereiten. Die Richterin stimmte zu und es wurde wieder eine Pause eingelegt.
Gegen dreiviertel fünf kamen die Parteien wieder ins Gericht und erklärten, sie brauchten noch den Rest des Tages. Die Richterin vertagte daraufhin die Verhandlung auf morgen, die aber morgen auch erst wieder um 12 beginnen soll.
Der ursprüngliche Plan ist damit schon nicht mehr einzuhalten. Ich vermute, dass die Bundesanwaltschaft morgen noch den ganzen (halben) Tag brauchen wird, und bin mir auch nicht sicher, ob sie nicht auch am Freitag noch bei der Beweisaufnahme bleibt.
Das bedeutet, dass die Verteidigung dann frühestens Montag dran wäre, was mir gelegen kommen würde, da ich dann mal schnell (na ja, ist ein 45 Minuten Flug) nach Vegas reisen würde.
Nächste Woche ist einer der höchsten Feiertage der USA, das Danksagungsfest am Donnerstag. Am darauf folgenden Freitag arbeitet nur der Einzelhandel mit dem Beginn des Weihnachtskaufrausches, und am Mittwoch vor Thanksgiving nehmen sich sehr viele Leute frei. Daher vermute ich, dass wir wenn überhaupt nächste Woche nur zwei Verhandlungstage sehen werden, eventuell sogar gar keinen. Ein Urteil vor Thanksgiving kann ich mir nicht vorstellen.
Bisher ist aus unserer Sicht hier nichts spektakuläres passiert: die Anklage bringt ein Beweismittel nach dem anderen vor, die Verteidigung stellt dazu immer wieder die gleichen Fragen an die Ermittler... Es geht um die Frage wo gefunden, wie gefunden, wann gefunden und was ist es. Die groben Umstände sind uns ja schon lange bekannt gewesen. Chaträume, File-sharing networks wie gigatribe, usw.
Die Anklage bleibt bei ihrer Theorie, dass Rouven Zugang zu den Konten hatte, er hat u.a. ja sogar einen Profi-account mit seiner Kreditkarte zahlen wollen, er nannte sich lars45 und larsschmidt, er gab freiwillig das Passwort zu den computern heraus, diese waren also gesichert ... nichts Neues hier.
Die Aussage Alfters, die hier oben gerade noch mal diskutiert wurde, ist bisher noch nicht offiziell im Prozess zugelassen: dass Rouven der einzige war, der die PW kannte usw.
Noch mal zur Rolle Alfters. Mir macht das, was wir bisher so erfahren haben keineswegs den Eindruck, dass die beiden da einen gut durchdachten Notfallplan ausgeheckt haben, was zu tun sei, wenn das FBI eines Tages vor der Tür steht. Im Gegenteil.
Mir scheint, die beiden wurden doch arg überrascht. Ich vermute, dass es kein Zufall ist, dass das FBI ausgerechnet dann auftauchte, als Alfter auf Kreuzfahrt war. Ich denke, das FBI ist schon damals davon ausgegangen, dass Rouven der entscheidende Täter gewesen ist, und ich denke, das ist durch die chats mit den undercover Beamten begründet.
Man hat Rouven hier ganz kalt erwischt, er war im Haus, ein KP frisch auf dem Laptop... Alfter war nicht an seiner Seite um zu beruhigen, um einen Anwalt zu rufen usw.
Und als Alfter dann nichtsahnend vom Schiff stieg, wusste er nicht einmal von der Durchsuchung, da angeblich Rouven ihm nichts gesagt hatte. Daraus kann man jetzt Schlüsse ziehen, aber ich denke vor allem, Alfters erste Reaktion gegenüber dem FBI war keineswegs Verägerung über das Rechtssystem der USA sondern es hatte ihn jetzt auch kalt erwischt und er wusste sofort, dass dies das Ende des amerikanischen Traums der beiden war.
Dementsprechend sauer und unüberlegt hat er reagiert: Rouven hat alles kaputt gemacht. Gleichzeitig sprang der Überlebensinstinkt an: Ich habe damit nichts zu tun, ich kenne mich mit Computern gar nicht aus, ich weiss nicht mal die Passwörter.
Wie gesagt, das ist meine Interpretation. Das FBI scheint ihm das aber durchaus abgenommen zu haben, zumindest bis zu dem Telefonat aus dem Gefängnis.
Noch wissen wir nicht, wie und womit die Verteidigung auftreten will. Aber um ehrlich zu sein: im Moment wette ich nicht auf einen Freispruch.
Ach ja, da war noch eine Frage: wird das Strafmass mit dem Urteil verkündet? Nein, in den USA liegen meist Wochen dazwischen, da erst noch Gutachten der Bewährungshilfe usw. eingeholt werden.