Lichtenberg schrieb:Tatsächlich halte ich die Aussage für (entschuldige bitte @Rick_Blaine) skuril: Ein Strafverteidiger(!) der die Verhängung von höheren Strafen eher besser als schlechter findet.
Kommt jetzt auch nicht so oft vor ...
Lach, das mag so sein. Aber auch als Strafverteidiger hänge ich ja nicht meine eigenen Werte und Überzeugungen an der Bürotür an einen Haken. Im konkreten Fall werde ich für meinen Mandanten das Beste für ihn versuchen zu erreichen.
Dennoch kann ich mir Gedanken machen, ob das System als Ganzes meiner Idee von Gerechtigkeit näher oder ferner ist. In Deutschland sehe ich schon immer zwei Probleme: eine Imbalanz zwischen Strafen, die sich auf Eigentumsdelikte beziehen mit Strafen, die sich auf Delikte beziehen, die gegen den Menschen (Leben oder Gesundheit) gerichtet waren.
Und ich empfinde die Strafen, die für die zweite Kategorie verhängt werden oft einfach unpassend.
Anders gesagt: wenn in einem System ein Bankräuber oder ein Steuerhinterzieher manchmal genauso lange einfahren wie ein Verbrecher, der ein Menschenleben ausgelöscht hat, dann zweifle ich daran, ob das System noch in der Balance ist.
Und das bringt mich zurück zum vorliegenden Fall. Rouven wird mehr Jahre in Haft sein, als der typische Mörder in Deutschland. Nun kann man die beiden Strafen nicht einfach vergleichen, da es eben zwei verschiedene Länder sind. Natürlich würde Rouven in Deutschland weitaus weniger Haftzeit haben, als ein in Deutschland verurteilter Mörder. Das ist auch hier so. Rouven kann in 20 Jahren aus dem Gefängnis spazieren, ein in Nevada verurteilter Mörder bleibt dort ewig.
Dennoch bin ich in der Sache hier eher bei
@Lichtenberg . Wenn ich nur auf das Delikt schaue und keine Vergleiche mit anderen Ländern oder Strafen mache, sind mir 20 Jahre (oder das mögliche Strafmass bis zu 30 Jahren) - also ein Viertel bis ein Drittel einer typischen Lebenszeit) für dieses Delikt doch etwas viel.
Andererseits:
Die Hersteller dieser Videos, z.B. der oft angesprochenen Gewaltvideos, in welchen sehr junge Kinder vor Schmerzen schrien, würde in den USA durchaus mit lebenslänglicher Haft rechnen dürfen. Insofern besteht wieder ein Abstand zwischen Konsument (Rouven) und Produzent im Strafmass. Und Rouven ist nicht nur als ganz simpler Konsument verurteilt worden, sondern eben auch als aktiver Anbieter dieser "Ware." Als Verbreiter, als jemand, der den Markt am Leben erhält.
Die Zahlen sind ebenfalls eindrucksvoll: 9000 solcher Videos und Bilder sind eine Hausnummer. Hätte man 3 oder 4 bei ihm gefunden, wäre das Strafmass nicht so hoch ausgefallen. Er hat diesen Markt offenbar sehr intensiv genutzt und damit auch unterstützt.
Seine Bereitschaft, das zu tun scheint auch sehr gross gewesen zu sein, wie die Protokolle der chats mit den verdeckten FBI Beamten wohl zeigen.
Und die Auswahl der Videos geht wohl stark in die extreme Richtung, hinsichtlich Alter der Opfer und Brutalität der Aktivitäten. All das hat Einfluss auf das Strafmass gehabt.
Schliesslich muss man verstehen, dass in den USA eine extrem hohe Sensibilität in der Bevölkerung existiert, was Kinder und Sexualität angeht. Da ticken Amerikaner einfach anders als Europäer, und das wird auch durch Medien etc. gepusht. Ich könnte vermutlich bei einer Umfrage unter meinen Nachbarn innerhalb einer halben Stunde 5 finden, die die Todesstrafe hier angemessen finden würden und weitere 10, welche für lebenslänglich plädieren würden. Mit anderen Worten: wenn es um ihre Kinder geht, kann man gar nicht hart genug gegen Verbrecher sein. Auch das gibt es ja in Deutschland manchmal, ich erinnere da nur an Bundeskanzler Schröder, aber Meinungen wie seine, sind hier unter Politikern sicherlich mainstream.
Am Ende bleibt eben zu sagen: es ist wie es ist und es war Rouvens persönliche Entscheidung, das Risiko einer solchen Strafe einzugehen.