@Seefahrer schrieb:
Wir sprechen hier von einem Vorfall im Jahr 1996. Und 1996 ist nicht ausgehendes Mittelalter und das Internet steckte nicht mehr in den Kinderschuhen. Wie schon mal erwähnt, habe ich von 1996 bis 2000 in den USA gelebt. Sämtliche größeren Exkursionen und Urlaubsreisen in den USA konnte ich schon damals per Internet planen, mich über Nationalparks, National Monuments und andere Sehenswürdigkeiten eingehend und detailliert informieren, (einschließlich Karten- und Bildmaterial!) und ebenso Hotels und Mietwagen buchen. Man hatte 1996 im Wesentlichen nicht weniger Informationsmöglichkeiten als heute.
Man musste es nur wollen!
Das Internet war 1996 in Europa so gut wie irrelevant.. In Deutschland haben es 1996 gerade mal 3,1% der Bevölkerung genutzt. In den USA immerhin 16,4%. Die durchschnittliche Nutzung in den USA lag damals bei 30 Minuten im Monat(!).
http://www.internetlivestats.com/internet-users/ Das war noch die Zeit von AOL, Compuserve et al. Aber klar es gab es schon Yahoo, und soagar MapQuest. Keine Smartphones, und im Death Valley gab es auch noch keinen Mobilfunksendemast (und selbst wenn Egbert ein Handy gehabt hätte, gab es in den USA noch kein GSM). Zu der Zeit hatte man Berührung mit dem Internet wenn man vor allem aus dem Universitäten Umfeld kam. Ich hatte 1995 meine erste Email-Adresse, sonst kannte ich niemanden. Du warst damals offensichtlich schon wesentlich affiner als es Egbert und Cornelia gewesen sind. Mir ging es aber auch mehr darum, das sich hier im Forum jeder mit ein paar Klicks eine Unmenge an Informationen einholen kann, für die es damals zumindest einen Besuch von Visitor Centers oder das Kaufen und studieren von Kartenmaterials gebraucht hätte.
Die National Park Service Seite für Death Valley sah im August 1996 so aus:
https://web.archive.org/web/19970419023635/https://www.nps.gov/devaDas ist schon etwas dürftig, auch wenn man grundsätzliche Strassen Informationen auch schon damals online finden konnte.
Aber das ist auch nicht der eigentliche Punkt. Wenn sie es gewollt hätten, und ihre Vorbereitungen ernster genommen hätten, wären alle Informationen durchaus erhältlich gewesen, nur halt in gedruckter Form, z.B. durch mitgebrachte ADAC/AAA Karten wie
@Kaietan beschreibt, oder eben durch die Materialien und Nachfragen im Furnace Creek Visitor Center.
Die Beiden kannten sich offensichtlich überhaupt nicht aus. Ich denke auch, das sie die Idee mit der Fahrt durch den Mengel Pass, erst nach ihrem Besuch in Furnace Creek hatten. Dort kauften sie am 22. Juli die Deutsche Version der Parkbroschüre und erkundigten sich eventuell nach Camping Möglichkeiten, fuhren dann vermutlich in den Hanaupah Canyon um dort zu übernachten. Erst nach Studieren der Broschüre machten sie, meiner Meinung nach, ihren Reiseplan. Man kann nur vermuten was sie auf der westlichen Seite sehen wollten. Die Hauptattraktionen sind auf der Ostseite. Da gab es aber z.B. die Barker Ranch (die damals noch nicht abgebrannt war), in der Charles Manson festgenommen wurde, und mit Ballarat eine waschechte Goldgräber Geisterstadt. Das kann sich für die Beiden schon attraktiv angehört haben. Die 1996er Karte in der Parkbroschüre unterscheidet sich nicht wesentlich von der aktuell erhältlichen. Die Warm Springs Road und Mengel Pass sind beide 'gestrichelt' eingezeichnet und nur Mengel Pass ist gesondert mit 'experienced 4-WD driver required' gekennzeichnet.
@Seefahrer schrieb:
Das ist ja richtig, aber entschuldigt das das Verhalten von Egbert und Cornelia? Ich meine 'nein'. Und erst recht nicht angesichts der Tatsache, dass sie mit zwei Kindern unterwegs waren.
Hier geht es ja nicht darum jemanden zu entschuldigen. Ich wäre da der Letzte, und mit Kindern im Gepäck hätte ich nicht mal den Interstate verlassen. Ich versuche nur die Dinge durch ihre Augen zu sehen. Mit Informationen und Vorstellungen die sie zu dem Zeitpunkt gehabt haben und eventuell durch Berichte von Zeitzeugen die Situation vor Ort nach nach zu vollziehen. Und, so weit es geht, mich nicht durch die Möglichkeiten und Wissen das ich heute habe, zu vorschnellen Urteilen hinreißen zu lassen.
@busenwunder schrieb:
der grund nach süden zu gehen, das ist doch hier der knackpunkt... du glaubst er hat "mitternachts" die lichter der zivilisation gesehen? kann man die überhaupt von dort aus sehen? reine spekulation oder warst du mal dort? (ansonsten quelle bitte! PS: mitternacht? was haben sie die ganze zeit über bis dahin gemacht?).
Ist schwer zu sagen, was man Nachts dort sehen konnte. Es gibt aber mehrere Berichte und Fotos von Gruppen die Tagsüber im Anvil Canyon waren. Nehmen wir den 'Bottle Bush' an dem Egbert sein Bier trank. Laut Tom Mahood's Bericht:
http://www.otherhand.org/home-page/search-and-rescue/the-hunt-for-the-death-valley-germans/a-pretty-stupid-day-hike/ kann man von der Stelle im Norden nur das Gebirge sehen (wo auf der anderen Seite das Warm Spring Camp liegt), im Osten kann man, wenn man noch eine Meile weitergeht nach einer Biegung die Mündung dies Canyons sehen, ziemlich gerade 15 Meilen wo er auf die Strasse trifft. Im Süden erst die etwas weniger imposanten Hügel, dann allerdings wie sich das Gelände in einen weiteren Wash öffnet und abschüssig 4-5 Meilen nach Süden läuft. Aus dem Westen kamen sie und wussten was dort lag. Eine Vermutung war das sie evtl. den Radioturm sehen konnten (oder zumindest Lichter davon), aber der Turm ist auch wesentlich weiter südlich als ihr Fundort nicht zu sehen. In der Nacht vom 23. auf den 24. Juli war zunehmender Mond und es muss bei dieser klaren Luft und 60 Meilen abseits der nächsten Siedlung ein unglaublicher Sternenhimmel sichtbar gewesen sein. Barstow, die nächste Stadt im Süden, ist mit 22.000 Einwohnern jetzt bestimmt auch nicht so eine starke Lichtquelle als das sich im Süden der Himmel erhellen würde. Aber sicher könnte das nur sagen wer da schon mal war.
Eventuell konnten sie tagsüber Flugzeuge aus Lake China sehen, aber soweit ich das nachlesen konnte fliegen diese nicht tief über den Park und es gibt wohl auch nur wenig Aktivität. Aber möglich wär es schon, was die Militärbasis vielleicht näher, aktiver oder als besseres Ziel erscheinen ließ in Egbert's Augen.
Ich denke aber ähnlich wie @busenwunder. Entweder ist man total unbedarft, fühlt sich nicht in Gefahr und denkt das die 8-9 Meilen bis zur vermeintlichen Basis leicht zu bewältigen wären (mit Kindern, zu Fuss, ohne große Wasservorräte), aber das finde ich schon extrem leichtfertig. Irgendwann fängt man doch an sich Sorgen zu machen (sie hatten jetzt ja schon mehrere Stunden erlebt wie verlassen die Gegend war). Oder es gab irgend ein Ereignis das ihnen mehr Dringlichkeit aufdrängte. Ich denke bis zum Pass war noch alles in Ordnung, auch an der Hütte hat man, denke ich, anderes zu tun als eine Flagge zu stehlen wenn man es eilig hat. Hat sich jemand im Pass verletzt? Gab es vielleicht einen Schlangenbiss? Vielleicht gab es Streit als klar wurde, das die Planung schlecht war und Egbert fuhr aus Trotz den vermeintlich schnelleren Weg. Oder war es wirklich nur die 1-2 Stunden Weg die sie durch die 'Abkürzung' sparen wollten? Viel Zeit haben sie am Auto auch nicht verbracht. Der Bottle Bush lieferte in der Sonne des späten Nachmittags Schatten. Sie werden Abends, oder Frühmorgens am 24. aufgebrochen sein. Es gab Gerüchte das sie eine Nachricht im Auto hinterlassen haben, da dies aber nirgendwo bestätigt wurde und ja nicht unerheblich ist, denke ich mal da war nichts dran. Abgesehen davon finde ich es noch bemerkenswert wie viel Alkohol sie dabei hatten, ein 12er Pack Bier, eine Wein- und zwei Flaschen Whiskey. In der Hitze.
Viel mehr gibt es, glaube ich, nicht auszugraben. Es gab mindestens ein Forum das Informationen zu dem Fall in der Zeit gesammelt hat, aber es ist nicht mehr aktiv und nur schlecht aktiviert. Die Hasselmann Berichte findet man auch nirgends. Auch zum angeblichen Fundort der Kinder findet sich nichts. Ich kann mir nur schwer vorstellen, das beide es so weit geschafft haben sollten. Es gab mehrere Stimmen, die sich negativ über den Inyo County Sheriff äußerten, weil Fälle wohl schnell ad acta gelegt wurden, selbst bei den Vieren wurde nach der Suche im Oktober, offiziell gesagt sie wären nicht mehr in der Gegend. Verschwundene oder getötete Touristen sind wahrscheinlich schlecht für's Image.