Hallo zusammen,
ich habe einen Hinweis auf dieses Forum und die Diskussion über den Fall Ursula Herrmann erhalten. Deshalb habe ich mich hier angemeldet, um euch mit einigen Informationen zu versorgen und außerdem Rede und Antwort zu stehen.
Ich bin der Verfasser der Gegendarstellung zum Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamts über das Grundig Tonbandgerät TK 248. In den letzten Stunden habe ich eure Argumente so sorgfältig es ging durchgelesen. Mutet mir aber bitte nicht zu, der Reihe nach zu Allem Stellung zu nehmen.
Nachdem mir bei der ersten Zeugenvernehmung in Zivilprozess Herrmann (ich war bei beiden bisherigen Verhandlungen anwesend) gegen Mazurek klar wurde, dass das Gericht auf Zeit spielt, habe ich mich entschlossen, möglichst viele Details an die Öffentlichkeit zu geben. Eine Ambition dabei ist es, möglichst objektive Informationen an die Medien zu geben. Diese Infos habe ich auf meiner Internetseite www.werner-mazurek.de untergebracht. Diesen Namen habe ich gewählt, weil er leicht zu merken ist. Ich bin keineswegs ein "Kämpfer für Mazureks Freilassung". Ich stehe schlicht auf dem Standpunkt "Recht muss Recht bleiben", auch für verurteilte Straftäter.
Begonnen hat mein Interesse bereits während des Strafprozesses. Bereits damals hatte ich mir überlegt, der Verteidigung meine Hilfe anzubieten. Damals habe ich es sein lassen. Jetzt habe ich mich dennoch dafür entschieden, weil die bekannt gewordenen Informationen über das TK 248 mir doch zu abenteuerlich vorkamen.
Ich bin kein irgendwie akkreditierter Gutachter. Ich bin reiner Privatmann, der sich in seiner Freizeit damit beschäftigt hat (das sollte weitgehend abgeschlossen sein). Insofern kann ich auch kein Gutachten schreiben. Deshalb bezeichne ich meine Ausführungen als Gegendarstellung zum LKA-Gutachten. Auch Mazureks Verteidiger kann deshalb meinen Text nicht bei Gericht einreichen.
Natürlich habe ich Erfahrungen mit Elektronik und speziell der Tonbandtechnik. So habe ich bereits in den 1960ern meine eigene Elektronik für ein Tonbandgerät entwickelt und gebaut. Danach habe ich mich noch lange mit dieser Technik intensiv beschäftigt, bis ich um 1985 endlich auf digitale Aufzeichnungen umsteigen konnte.
Zunächst möchte ich auf einige Fragen eingehen, die mir nach dem Mitlesen im Forum im Kopf geblieben sind:
Verschiedene Einträge von meiner Internetseite waren plötzlich verschwunden, warum?Sie sind nicht verschwunden. Ich habe die Seite jedoch erweitert. Deshalb sind sie von der Hauptseite auf eine untergeordnete Seiten verschoben. Die alten Links weisen deshalb ins Leere. Allerdings habe ich kurzzeitig vorhandene Wahrscheinlichkeitsabschätzungen wieder entfernt, weil sie Verwirrung gestiftet haben.
Warum wurde das Gutachten von einer Phonetikerin angefertigt, obwohl weder Elektronik noch Elektroakustik zum Studiengang gehören? https://www.studycheck.de/studium/phonetikAngeblich gibt es in Deutschland keinen fachlich besser geeigneten Gutachter für die konkrete Problemstellung. Deshalb gab es auch kein zweites Gutachten. Aus Meiner Sicht war der Bruder Michael Herrmann der einzige im Gerichtssaal, der von der Materie Ahnung hatte. Aber für seine Zweifel saß er auf der falschen Seite (er war Kläger).
Gibt es außer dem Gutachten noch weitere Dokumente?Es dürften insgesamt knapp 100 zusätzliche Stellungnahmen des LKA geben. Z.B. auf jeden Beweisantrag der Verteidigung eine neue.
War von vornherein klar, dass ein TK 248 zur Tatvorbereitung verwendet wurde?Nein. Erst nachdem das TK 248 bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt wurde, hat das LKA dieses als Tatwerkzeug identifiziert. Aus meiner Sicht wurde so lange herumexperimentiert, bis sich eine Besonderheit finden ließ, mit der sich (angeblich) eine passende "Sendevorlage" für den Telefonanruf herstellen ließ.
Welche Rolle soll das TK 248 gespielt haben?Natürlich hat niemand behauptet, dass das TK 248 in eine Telefonzelle geschleppt wurde. Mit dem TK soll ein Radiomitschnitt eines Bayern-3 Jingles (Verkehrsfunkkennung) aufgenommen worden sein. Diese sei anschließend zweimal hintereinander auf einen Kassettenrecorder oder ein Diktiergerät überspielt worden sein. Erst damit sei der Täter in die Telefonzelle gegangen, um die Kassette dort abzuspielen.
Auf welche Weise wurde die Überspielung ausgeführt?Wie der Täter das gemacht hat ist unbekannt. Das LKA hat eine Digitalkopie einer vom Bayerischen Rundfunk gelieferten Tonträgervorlage analog auf das TK 248 auf beide Kanäle parallel (Stellung Stereo) überspielt. Anschließend wurde die Aufzeichnung durch die vier Lautsprecher des TK abgespielt. 10 cm vor dem TK stand ein Kassettenrecorder mit Mikrofon, der das aufgenommen hat.
Was ist die Besonderheit des beschlagnahmten TK 248 und wie wirkt sich die aus?Das TK hat getrennte Aufnahme- und Wiedergabeköpfe. Der Aufnahmekopf steht etwas schräg (sog. Fehlstellung). Die Stellung des Wiedergabekopfes soll einwandfrei sein. Die Stellung des Wiedergabekopfs wurde in der Vergangenheit verändert. Vermutlich standen ursprünglich beide Köpfe gleich schräg. Die Justierschrauben des Wiedergabekopfs weisen zwei Schichten Sicherungslack auf. Die des Aufnahmekopfs nur eine. Die Kopfspalte stehen nicht mehr parallel. Dadurch gibt es einen Zeitversatz von (angeblich) 0,36 ms zwischen beiden Stereospuren (Viertelspurtechnik). Weil die B3-Töne maximal 1100 Hz haben, ist die Schrägstellung im Frequenzgang nicht erkennbar. Die Lautsprecher des TK liefern ein unübersichtliches Gemisch von Interferenzen (Schallwellenüberlagerungen). Gemeinsam mit dem Zeitversatz liefern die 10 cm vor dem TK eine Abschwächung des 6. Tons und eine Verstärkung der Nachbartöne.
Wirkt sich die Fehlstellung des Aufnahmekopfs auf alle Arten von B3-Jingles gleich aus? Nein. Der durch die Interferenzen erzeugte spezielle Frequenzgang wirkt in der beschriebenen Form nur auf die Tonhöhen der Tonträgervorlage des BR. Auf die Frequenzen der Tätertonfolge (Telefonmitschnitt im Hause Herrmann) hat er gerade die gegenteilige Wirkung: der 6. Ton wird lauter und die Nachbarn leiser.
Wie habe ich den Frequenzgang des TK 248 festgestellt?Ich habe ein Vergleichsgerät TK 248. Dessen Aufnahmekopf habe ich so justiert, dass der Zeitversatz den Angaben des LKA entspricht. Damit konnte ich entsprechende akustische Frequenzgangmessungen machen.
Was sind die Frequenzen der Tätertonfolge und der Tonträgervorlage?Die insgesamt sieben Töne haben vier unterschiedliche Frequenzen:
Tonträgervorlage: 536, 713, 886, 1064 Hz
Tätertonfolge: 436, 615, 762, 917 Hz
Die Angaben stammen vom LKA und stimmen mit meinen Untersuchungen praktisch überein.
Es finden sich noch ähnliche Jingles, die sich von der Tonträgervorlage mehr oder weniger unterscheiden. Ich habe bislang keinen Jingle gefunden, der die Frequenzen der Tätertonfolge aufweist.
Sind die originalen Tonaufzeichnungen verfügbar?Ja, auf
https://www.radonmaster.de/werner-mazurek/tondokumente/ sind eine Telefonaufzeichnung und die vom Bayerischen Rundfunk angelieferte Tonträgervorlage verfügbar.
Warum halte ich die Tonträgervorlage für falsch?Die Tonträgervorlage unterscheidet sich nicht nur in der Tonhöhe von der Tätertonfolge. Außerdem gibt es noch Unterschiede im Einschwingverhalten der einzelnen Töne und in der Obertonzusammensetzung.
Auffallend in der Tonträgervorlage ist, dass der 6. Ton schneller einschwingt (seine endgültige Lautstärke erreicht) als die anderen Töne. Alle (zumindest mehrere) Töne der Tätertonfolge schwinge ebenso schnell ein wie der 6. Ton der Tonträgervorlage.
Die Tätertonfolge enthält alle Obertöne, also die geradzahligen und die ungeradzahligen Harmonischen. Die Tonträgervorlage enthält in einigen Tönen überhaupt keine geradzahligen Harmonischen. Es sind zwar technische Möglichkeiten denkbar, in der Übertragungsstrecke Obertöne hinzuzufügen. Dafür sind speziell designte quadratische Übertragungskennlinien erforderlich. Mit jeder Kennlinie lässt sich aber immer nur einer der vier unterschiedlichen Töne auf passende Weise verändern, niemals alle vier gemeinsam.
Deshalb ist die Tonträgervorlage des BR definitiv nicht die Vorlage der Tätertonfolge.
Warum suche ich eine B3-Vorlage mit den Tonhöhen der Tätertonfolge?Das LKA bietet eine abenteuerliche Konstruktion an, die Tonhöhe und Laufzeit der Tonträgervorlage in die Tätertonfolge zu transformieren. Dafür soll die aufgenommene Kassette aus einem Gerät herausgenommen und in ein anderes mit anderer Geschwindigkeit eingesetzt werden. Das LKA hat diesen Vorgang nicht realisiert, obwohl es angeblich über eine Vielzahl von Diktier- und Kassettengeräten verfügt.
Es gibt Geräte mit verstellbarer Geschwindigkeit. Ich habe bislang lediglich Daten von dafür eingerichteten Geräten gefunden, die nach 1982 auf den Markt gekommen sind. Wenn man es darauf anlegt, lassen sich mit einem Schraubenzieher alle Geräte mit Gleichstrommotor verstellen. Warum aber soll der Täter das gemacht haben?
Wenn schon die Tonträgervorlage nicht infrage kommt, gibt es auch keinen Grund an deren Tonhöhe festzuhalten. Wenn sich also ein B3-Jingle findet, der in Tonhöhe, Einschwingverhalten und Obertonzusammensetzung zur Tätertonfolge passt, sollte dieser auch die vom Täter verwendete Vorlage sein. Damit funktioniert die Auswirkung der Fehlstellung des Aufnahmekopfs jedoch nicht wie vom LKA beschrieben.
Unter welchen Betriebsbedingungen funktioniert die LKA-Theorie?Das Alleinstellungsmerkmal Fehlstellung des Aufnahmekopfs wirkt sich unter bestimmten Bedingungen aus wie vom LKA beschrieben:
- Bandgeschwindigkeit 9,5 cm/s
- Aufnahme eines Monosignals in Stellung Stereo und Abspielen in Stereo
- Mikrofon 10 cm vor dem Gerät
Darüber hinaus bietet das TK noch andere Möglichkeiten:
- Bandgeschwindigkeit 19 cm/s
- Abspielen in Mono
- Abspielen beider Kanäle zusammen geschaltet
- Mikrofon an anderer Stelle
Speziell die Mikrofonposition 10 cm vor dem Gerät ist exotisch, aber wahrscheinlich vom LKA mühsam ausprobiert. Das TK enthält vier Lautsprecher. Rechts und Links gibt es je einen Breitbandlautsprecher. Die vorderen Lautsprecher sind Hochtonlautsprecher, die erst weit oberhalb von 1000 Hz ihre volle Lautstärke liefern. Zum akustischen Überspielen ist die seitliche Positionierung wesentlich sinnvoller.
Was hat es mit den Schaltgeräuschen auf sich?Beim (angeblichen) Überspielen vom TK zum Mobilgerät wurden Schaltgeräusche mit aufgezeichnet. Wenn das TK der Zuspieler ist, müssen die Schaltgeräusche ebenfalls in 10 cm Abstand aufgenommen sein. An der Stelle sind die Geräusche des TK aber brutal laut. Bei Zimmerlautstärke wären die Schaltgeräusche um den Faktor 10 (20 dB) lauter als die Geräusche der Telefonmitschnitte. In einem anderen Forum hat ein netter Mensch das mit seinem TK 600 ausprobiert. Er musste mit das Mikrofon 2 m vom TK entfernen, damit das Lautstärkenverhältnis passt.
Die Gutachterin meint das Geräusch der TK 248 Play-Taste zu erkennen. Sie räumt aber ein, dass das nur auditiv ist (also durch Zuhören). Konkreter wird sie beim Drücken der Pause-Taste. Dumm nur, dass das TK damit nicht läuft. Das Zurücknehmen (Lösen) der Pausetaste liefert ein anderes Geräusch. Außerdem müsste es auch noch Geräusche der Stop- und Rücklauftaste geben. - Nix!
Insgesamt bleiben dem Benutzer nur 2 sec, um das laufende Spulenband anzuhalten, auf Anfang zurück zu fahren und neu zu starten. Versucht einmal, das mit Tonbandspulen zu schaffen! Der Aufnahmerecorder ist dabei durchgelaufen. Eine Unterbrechung (Aufnahme-Pause) ließe sich erkennen.
Welche Geräte und Tonbänder gab es bei Mazurek noch?Natürlich hat die Polizei bei Mazurek fieberhaft nach weiteren Beweisstücken gesucht. Bei der Hausdurchsuchung Anfang der 1980er wurden sieben Kassettenrecorder sichergestellt, die er später wieder zurückerhalten hat, weil sie nicht für den erwarteten Zweck geeignet waren.
Gemeinsam mit dem TK 248 wurde auch ein Kassettendeck beschlagnahmt, von dem das LKA ebenfalls die Verwendung ausgeschlossen hat.
Zusammen mit dem TK 248 wurden 22 Spulentonbänder beschlagnahmt. Die wurden mit gigantischem Aufwand analysiert. Ergebnis: Keines wurde mit dem TK 248 aufgenommen.
Und die Hitachi-Kassette mit dem B3-Jingle?Natürlich hat sich das LKA auch darauf gestürzt. Ergebnis: Die Laufzeit war zu kurz. Nach Anpassung der Laufzeit war die Tonhöhe zu niedrig. Höchster Ton 880 Hz statt 917 Hz.
Damit möchte ich es für heute gut sein lassen. Sicher habt ihr noch weitere Fragen, die ich gerne beantworten werde, wenn ich kann.
Natürlich habe ich auch einige zusätzliche Infos aus dem Fall. Schaut doch mal auf meine Infoseite www.werner-mazurek.de, dort findet ihr z.B. einen Auszug der Urteilsbegründung aus dem Fall Böhringer, der sich ausführlich mit der DNA-Spur beschäftigt. Kurz: Die Schraube aus der Ursula-Kiste wurde zwischenzeitlich gereinigt, so dass da keine Spur aus 1981 dran sein kann.
Ach ja, Werner Mazurek hatte sich vor ein paar Jahren erfolgreich einem Lügendetektortest unterzogen. Einen Bericht darüber werdet ihr in ein paar Wochen auch auf meiner Internetseite finden.
Gruß RoBernd