Inga Gehricke - Fünfjährige in Stendal vermisst
03.07.2020 um 19:51Andante schrieb:Nachtrag: Das sog. Klageerzwingungsverfahren, in der StPO geregelt, ermöglicht es unter bestimmten Voraussetzungen Opfern oder Angehörigen, per Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft oder durch gerichtliche Entscheidung die StA zur Anklageerhebung zu zwingen, wenn die StA das Ermittlungsverfahren eingestellt hat.Genau das Gegenteil ist aber doch der Fall. Aus den genannten Gründen, insbesondere der letzte Grund, wäre doch ein Antrag auf Ermittlungserzwingung angeraten und erfolgsversprechend.
Da man aber nur konkrete Personen anklagen kann, ist so ein Klageerzwingungsverfahren natürlich immer auf einen bestimmten Beschuldigten bezogen. Der Beschwerdeführer muss konkret angeben, weshalb dieser bestimmte Beschuldigte durch die StA anzuklagen ist, und dafür Beweismittel benennen
Im Prinzip gilt nichts anderes für das ausdrücklich in der StPO nicht geregelte, aber inzwischen mehr oder weniger anerkannte Ermittlungserzwingungsverfahren. Generelle Ermittlungen gegen Unbekannt erzwingen zu wollen geht grundsätzlich nicht. Das Oberlandesgericht Rostock (Beschluss vom 12.03.2004, Az. I WS 120/03) hat dazu ausgeführt:
Aber auch soweit - im Wege eines "Ermittlungserzwingungsverfahrens" - ausnahmsweise eine Anordnung an die Staatsanwaltschaft für möglich erachtet wird, die Ermittlungen wieder aufzunehmen, ist der vorliegende Antrag unzulässig, weil die für die Erteilung einer solchen Anordnung erforderlichen Voraussetzungen
- rechtsirrige Verneinung des Anfangsverdachtes einer strafbaren Handlung einer lebenden Person,
- Vorliegen völlig unzulänglicher Ermittlungen,
- grobe, den Kernbereich der zu ermittelnden Tatbestände betreffende Ermittlungsfehler oder
- abwegige Schlussfolgerungen aus den ermittelten Tatsachen nicht vorliegen.
Ich vermute, dass die Anwälte von Ingas Eltern aus diesen Gründen bisher von Anträgen auf Ermittlungserzwingung abgesehen haben.
à la: Funkzellenabfrage negativ -> Schlussfolgerung: C. B. war nicht in Tatortnähe.
Weiterhin ergeben sich offenbar auch Ermittlungsansätze, die bislang offenbar unzulänglich berücksichtigt wurden. Sollten die nachstehenden Spuren tatsächlich so existieren, dann wäre die Verneinung eines Anfangsverdachtes meines Erachtens grotesk.
Die Beamten verfolgen Spuren, nach denen Christian B. in Kontakt mit einem Mitarbeiter der Suchteinrichtung gestanden haben könnte, von deren Gelände die kleine Inga verschwand. Der Mitarbeiter und mögliche Komplize hatte sich den Ermittlungen zufolge nach der Tat merkwürdig verhalten [...].https://www.spiegel.de/panorama/fall-maddie-ermittler-pruefen-zusammenhang-zu-weiterem-vermisstenfall-a-5f4eb56e-9981-41fc-b06a-5bc3951a34e9
Außerdem prüft das Bundeskriminalamt (BKA) nach SPIEGEL-Informationen eine weitere Spur: Während eines Gefängnisaufenthalts Anfang 2019, also Jahre nach Ingas Verschwinden, schrieb Christian B. einen Brief ausgerechnet an einen Verein, für den der auffällige Mitarbeiter zwischenzeitlich arbeitete. Der Inhalt des Schreibens ist nicht bekannt.