Palio schrieb:In diesem Fall standen noch mögliche Funde mit Tatbezug im Raum, bei denen ein Abgleich wieder notwendig sein würde. Die Annahme, dass die Polizei diese DNA-Untersuchung, in die die betreffenden Personen zu Vergleichszwecken einmal eingewilligt haben, jedesmal wieder neu macht, ist ziemlich praxisfern.
Es ist aber zu dem Zeitpunkt, zu dem die erste Abgleichung gemacht wird, egal. Die Polizei ist nicht berechtigt, die Ergebnisse oder die Proben zu speicher bzw. zu lagern, nur weil sie hofft, in Zukunft evtl. weitere DNA-Spuren an bisher unbekannten Orten oder Gegenständen zu finden.
Zumal die Proben ja zum überwiegenden Teil nicht von Verdächtigen stammen, sondern von Personen, die mit dem Fall prinzipiell nichts zu tun haben.
Ein fiktives Beispiel aus dem aktuellen Fall:
* am Lenkrad von BAs Auto hat man DNA gefunden, die nicht von ihr stammt
* BAs Ehemann berichtet der Polizei, dass ein Nachbar aus Lohmar drei Tage vor dem Verschwinden von BA das Auto für Einkäufe ausgeliehen hatte, weil sein eigenes Auto eine Panne hatte. Die Ostertage hat er mit Freunden in Lohmar verbracht und hatte keinen Gelegenheit, mal eben nach Lautzenhausen und zurück zu fahren, um jemanden umzubringen und die Leiche verschwinden zu lassen. Er hat also ein Alibi und kommt sicher nicht als Täter in Frage.
*die Polizei bittet daraufhin den Nachbarn, eine Speichelprobe abzugeben, das es für die Ermittlungen wichtig zu wissen ist, ob die DNA am Lenkrad vom Täter stammt
* man nimmt also vom Nachbarn eine Probe und das Ergebnis zeigt, dass die Probe am Lenkrad von dem Nachbarn stammt. Damit kann diese DNA-Probe nicht weiter für die Suche nach dem Täter genutzt werden, denn der Nachbar war ja nicht der Täter, sondern hat einfach nur das Auto benutzt.
* 5 1/2 Jahre später wird die Leiche von BA gefunden, daneben liegt ein Messer, an dem (trotz der langen Lagerzeit) BAs Blut und männliche DNA nachgewiesen wird (rein fiktiv!!!), es besteht also eine hoche Wahrscheinlichkeit, dass es sich um die Tatwaffe mit der DNA des Täters handelt
* es gibt in dieser Konstellation keinen Anlass, die DNA mit den Daten dieses Nachbarn abzugleichen, er hat ein Alibi und kommt als Täter nicht in Frage. Die Polizei ist nicht berechtigt, einfach mal beliebige DNA-Vergleiche zu machen, also ins Blaue zu schießen.
* wäre die Leiche allerdings nach 5 1/2 Jahren in Lohmar und nicht am Hahn gefunden worden, wäre das Alibi vielleicht bröckeliger, der Nachbar käme also rein theoretisch schon als Täter in Frage (weil er dann kein Alibi hat, für einen Tat in Lohmar hätte die Zeit, die er zwischendurch mal ohne Freunde verbracht hat, gereicht); es besteht aber keine Berechtigung der Polizei, die DNA-Ergebnisse des Nachbarn jetzt mit der DNA an der Tatwaffe abzugleichen, weil dafür kein ausreichender begründeter Anfangsverdacht besteht (er ist ja einfach nur der Nachbar, hatte keinen Konflikt und keine Affäre mit BA)
* Theoretisch könnte der Nachbar ja sogar der Täter sein, selbst wenn die Leiche in Hahn aufgefunden wird (z.B. wenn die Freunde ihm ein falsches Alibi gegeben haben); zum Zeitpunkt der Probenabgabe wusste er dann, dass seine DNA wahrscheinlich im Auto und auf der Tatwaffe vorhanden ist. Die DNA im Auto konnte er plausibel erklären (durch das Ausleihen des Autos), die an der Tatwaffe nicht. Er wusste aber auch, dass die Tatwaffe noch nicht gefunden ist, und von daher erst mal keine konkrete Gefahr der Entdeckung droht
* Der Nachbar hatte damals freiwillig in die DNA-Untersuchung, die der Analyse diente, ob die gefundene DNA vom Täter stammen könnte, eingewilligt. seine Probe wurde nicht untersucht, um festzustellen, ob er der Täter ist, sondern lediglich um festzustellen, ob eine gefundene DNA vom Täter stammen könnte. In diese Untersuchung hat er eingewilligt.
* Die Polizei kann jetzt nicht einfach diese Einwilligung auf eine Überprüfung, ob er als Täter in Frage kommt, erweitern. Dazu hat sie keine Berechtigung. Sie muss erneut um Einwilligung bitten, wenn er die nicht gibt, kann die Probe nicht untersucht werden
Zum zum Zeitpunkt der ersten Probenanalyse kann die Polizei nicht wissen kann, welche Fragestellungen in Bezug auf die genommenen DNA-Proben in diesem Ermittlungsverfahren noch auftauchen. Sie kann dann nicht einfach für den Fall, dass sich neue Ermittlungsansätze ergeben, das Probenmaterial und die Ergebnisse archivieren, sondern ist verpflichtet, beides unverzüglich zu vernichten, wenn ein negatives Ergebnis vorlag.
Lediglich in den Akten verbleibt ein Vermerk, wer für welchen Abgleich Proben abgegeben hat und dass dieser ein negatives Ergebnis ergeben hat. Auch dieser wird aber gelöscht, sobald der tatsächliche Täter ermittelt und rechtskräftig verurteilt wurde.