Bisher sehe ich seit der Wiedereröffnung des Threads nichts, was wir nicht schon vor langer Zeit hier ausführlich diskutiert haben. Alles ist schon besprochen worden. Wer ein wenig zurückblättert, wird viele Antworten auf seine Fragen finden.
@Violetta21 und vor allem
@Nightrider64 erinnern auch gut daran, worum es in einem Wiederaufnahmeverfahren geht. Nightrider hat hier ganz Recht: es geht nicht darum, dass man zum x.ten Mal darlegt, warum das Tatsachengericht Beweise falsch interpretiert haben mag. Das ist nicht ausreichend für ein WAV. Kurz gesagt, man muss neue Beweise vorlegen. Daran scheitern eben 97% der Anträge auf ein WAV.
Als Strafverteidiger hat mich dieser Fall von Anfang an interessiert, zumal ich selbst schon ähnliche Fälle gesehen habe, also ähnliche Grundvoraussetzungen (Lärmt treibt Leute zu unerwarteten Handlungen).
Bei aller Sympathie mit der Familie Darsow ist mir, der nur die allen zugänglichen Information hat, leider nichts eingefallen, was mich von der Erfolgsmöglichkeit eines WAV überzeugt hätte.
Kollege Strate mag freilich weit mehr Erkenntnisse haben, die wir noch nicht kennen. Aber die wird er auch brauchen! Das bedeutet aber für uns hier, dass wir uns im Kreis drehen bis auch wir diese einmal erfahren werden.
Ich selbst habe schon WAV erreicht und weiss, welch unglaublicher Berg an Arbeit dahintersteckt. Dazu kommt, man hat in der Realität nur eine Chance: entweder man überzeugt das Gericht oder nicht. Man kann kein zweites Mal mit den selben Argumenten kommen. Also nimmt man sich die Zeit, die man braucht. Es ist dem Mandanten mehr damit gedient, nach 5 Jahren einen überzeugenden Antrag vorzulegen, als nach 3 Jahren mit einem halbfertigen alle Chancen zu verpassen.
Ob Kollege Strate nun pro bono arbeitet oder nicht ist völlig egal. Ein Anwalt seines Formats wird auf jeden Fall 100% seiner Kraft in den Fall stecken. Das ist er schon seiner Reputation schuldig, und so wird jeder angesehene Anwalt handeln.
Es kann freilich sein, dass andere Kosten so eine Sache verzögern. Wenn ein Anwalt pro bono arbeitet heisst das nicht unbedingt, dass er die Kosten, z.B. für Gutachten, aus eigener Tasche bezahlt. Das ist üblicherweise Sache des Mandanten bzw. seiner Familie.
Wissenschaftliche Gutachten kosten tausende Euro. Die müssen aufgebracht werden. Das kann einen solchen Fall auch verzögern.
Ich habe allen Respekt vor meinem Kollegen. Ich bin sicher, wenn er diesen Fall übernommen hat, dass er einen Erfolg zumindest für möglich hält. Er bekommt vermutlich hunderte Anfragen pro Jahr, aufgrund seiner Reputation, und wird vermutlich nur einen oder zwei dieser Fälle übernehmen.
Ich mache es in solchen Fälle so: ich lege den Mandanten durchaus dar, wie ich die Chancen sehe. Und niemals verspreche ich, dass es 100% klar ist, dass wir gewinnen. Das gibt es nicht, da man in der Justiz am Ende immer mit Menschen zu tun hat, welche die Entscheidung fällen. Und Menschen, also auch Richter, können irren.
Ich lege dann dar, warum ich denke, wir haben eine Wahrscheinlichkeit von 60, 50, 40, oder 30% etc. und lasse dann den Mandanten entscheiden. Manchmal sage ich auch: "Es tut mir leid, aber ich denke, die Wahrscheinlichkeit, dass wir gewinnen ist so gering, dass ich den Fall nicht übernehmen kann. Ich halte es nicht für fair, Ihnen Geld abzunehmen, wenn ich nicht überzeugt bin, dass wir Erfolg haben werden."
Insofern denke ich, Kollege Strate glaubt schon, dass er erfolgreich sein kann. Aber das heisst noch lange nicht, dass es auch so sein wird.
Wie gesagt, ich persönlich kann mir, auf der Basis unserer Infos hier, keinen Erfolg vorstellen. Aber ich wünsche den Darsows alles Gute.