boostinvariant schrieb:
Die imho immer noch beste subjektive Definition:
„In der Entwicklung des Kosmos kommt später der Zufall ins Spiel. Aber auch der Zufall fügt sich den zu Anfang gesetzten Formen, er genügt den Häufigkeitsgesetzen der Quantentheorie“.
Ja - keine Frage! Heisenberg ist lange schon gegangen, aber seine Definition bleibt. Es lässt sich kaum besser ausdrücken.
Es berührt aber nicht den Kern der Fragestellung.
Ich stimme dir voll und ganz zu, wenn du bei ALLEN Beziehungsgefügen (auch in "Welten" mit vielleicht 11 Dimensionen) die mathematische Beschreibbarkeit forderst:
boostinvariant schrieb:
Solange Spekulation mathematisch nachvollziehbar beschrieben werden kann, why not.
Ich konkretisiere etwas (korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege):
Die Superstringtheorie hat eine ihrer Wurzeln in den Fallstricken der Planck-Länge, denen man entgeht, indem man Masse nicht mehr punktförmig postuliert, sondern als "schwingenden Faden" von mindestens einer Planck-Länge, wobei die Masse dann im Schwingungszustand repräsentiert sein soll usw.
Des Pudels Kern:
Wäre es nicht möglich, dass in den geforderten Schwingungszuständen noch erheblich mehr repräsentiert / codiert sein könnte?
Und wäre es demnach nicht möglich, dass eben im jeweiligen Schwingungszustand auch die Ursachen liegen könnten für ein Verhalten, das in der Quantentheorie nur als Zufall fassbar ist? In einer uns immer verborgen bleibenden Wirklichkeit wäre dieser "Zufall" jedoch über die besagten Schwingungszustände determiniert? Somit gäbe es von dieser spekulativen Warte aus betrachtet (die wir selbst
nicht einnehmen können) keinen Zufall mehr?
Einig sind und bleiben wir uns darin, dass entsprechende Modelle spekulativ sind und es auch bleiben werden, weil wir in Bereichen angekommen sind, die sich einer experimentellen Nachweisbarkeit grundsätzlich entziehen.
Das Ende der experimentellen Physik ist aber (wie wir wissen) längst schon nicht mehr das Ende der theoretischen Physik, die sich mutig in mathematische Spekulationen stürzt, was von vielen Physikern vor noch nicht gar zu langer Zeit als vollkommen sinnlos abgetan wurde. Man könne sich alles Mögliche zusammen-spinnen - wenn man es nicht nachweisen könne, wären es Hirngespinste und würden es bleiben.
Die Frage, die diesen gesamten Thread durchzieht, ist also nicht primär die nach "Objektivität".
boostinvariant schrieb:
Wenn es dabei um die Existenz von objektivem Zufall gehen sollte, kann kein Wissenschaftler diese Frage objektiv (übertragen auf eine Realität) befriedigend beantworten, niemand.
Das ist selbstredend. Da wären wir ja wieder beim (anthropozentrisch gedachten) Laplaceschen Dämon. Eine solche "objektive" Warte gibt es für einen Menschen eben nicht. Niemals. Das besagt, dass man bei der Begriffsbildung das Wort "objektiv" hätte vermeiden sollen. Man hätte nicht vom "objektiven Zufall" sprechen sollen. Man hätte ihn vielleicht "Theorie-impliziten Zufall" nennen können oder sowas in die Richtung. (?)
Die Frage ist daher: Kann oder darf man ein kausales, determinierendes Geschehen ausschließen, das über die Quantentheorie nicht fassbar ist ?
Sofern ein Physiker auf diese Frage klar mit
NEIN antworten würde, hätte sich das Problem dieses Threads erledigt. Denn solche Themen kommen nur deshalb immer wieder auf, weil der Ausdruck "objektiv" suggeriert, es handle sich hier um ein NICHT-determiniertes Geschehen - und zwar ganz gleich,
von welchem Standpunkt auch immer betrachtet.Mit deiner Aussage
"Solange Spekulation mathematisch nachvollziehbar beschrieben werden kann, why not" spielst du mir übrigens in die Hände im Hinblick auf ein Phänomen, was ich in meiner voraus-laufenden Antwort auch angerissen (und mir nicht aus den Fingern gesogen) habe:
"Experten-Blindheit" nämlich - so möchte ich es diesmal nennen.
Wir wissen inzwischen längst, dass unser "Sehen" (nicht nur optisch sondern auch im übertragenen Sinn) Aufmerksamkeits-gesteuert ist. Inzwischen hat fast jeder von uns schon einmal dieses Experiment gesehen, in welchem einer Testgruppe die Aufgabe gestellt wird, bei zwei mit einem Ball spielenden Manschaften (die eine weiß, die andere schwarz gekleidet) zu zählen, wie oft sich die weiße Mannschaft im Ballbesitz befindet.
Man konzentriert sich also auf die weiße Mannschaft. Wir setzen einen Fokus. Wir lenken unsere Aufmerksamkeit (Konzentration) auf die weiße Mannschaft.
Währenddessen läuft jemand in einem schwarzen Gorilla-Kostüm quer durchs Spielfeld und wird von den meisten Testpersonen
nicht gesehen. Ok. - das ist also der Hintergrund.
Die "Experten-Blindheit" aller mathematisch Hochgeschulten stellt sich dann so dar:
Sie haben es fortwährend mit Beziehungsgefügen zu tun. Denn mathematisch beschreiben können wir nur Beziehungen resp. Beziehungsgefüge.
So weit ist dies allen Experten auch klar. Jeder von ihnen weiß im Grunde genommen, dass er Gegenstände nicht qualitativ beschreibt, sondern über das Beziehungs-Muster, in welchem die Gegenstände sich ZU-EINANDER befinden. Jeder kennt Kant's Ausdruck vom viel-zitierten "Ding-an-sich" - und Kant selbst war schließlich selbst Mathematiker.
Es hakt bei den mathematisch Hochgeschulten daran,
dass gerade ihnen ganz besonders häufig völlig aus dem Sinn gerät, dass wir doch (wenn auch nur rein subjektiv) solche "Dinge-an-sich" kennen! Und SIE entziehen sich in ihrem (qualitativen) SO-SEIN jeder mathematischen Beschreibbarkeit!
Worum handelt es sich ?
Ganz gezielt an dich, boostinvariant: Wenn du jetzt auch nur den Bruchteil einer Sekunde nachdenken musstest - dann hat sie dich auch bereits erfasst, diese "Experten-Blindheit"....:
Es handelt sich um die Qualia, die Entitäten unseres Bewusstseins. Blau z.B. ist an-sich blau! Die Bläue des Blaus ist nur über die Bläue des Blaus beschreibbar. Auf die Frage, weshalb Schmerzen weh tun, gibt es keine Antwort, weil das EINZIG fassbare des Schmerzes der Schmerz ist.
Daher auch das mögliche Gedanken-Experiment:
Eine Person sieht rot und blau (samt aller Übergänge) vertauscht. Die Person sieht Rot als Blau und Blau als Rot. Sie lernt von der Mutter jedoch (selbstverständlich) Blau als Rot zu benennen und Rot als Blau. Sie sieht die rote Ampel blau, benennt das gesehene Blau aber als Rot und weiß demnach ganau so wie jeder andere, was gemeint ist, wenn jemand sagt, man solle nicht über eine rote Ampel fahren.
Quintessenz dieses Gedankenexperiments:
Wir wissen nicht einmal, wie unsere Nächsten die Welt sehen! Wir verständigen uns lediglich über intersubjektive Konventionen, die auf der nicht-beweisbaren Annahme beruhen, jeder andere Mensch würde die Welt genau so sehen wie man selbst.
Und jetzt zeige mir, boostinvariant, was du daran mit mathematischen Beschreibungen ändern könntest!
Deshalb ein Schlusswort an dich :
Solange wir die Brücke nicht schlagen können von den neurophysiologischen und neuroanatomischen Korrelaten unserer Bewusstseinszustände
ZU DIESEN SELBST, ist in dieser Welt keine einzige Frage wirklich gelöst! Wir haben ungeheuer viel Wissen angesammelt - und wissen trotzdem immer noch so gut wie nichts...
Schließlich und endlich zu Null und Unendlich
:D: Auch das gerät abstrakten Denkern gelegentlich aus dem Sinn, wenn sie sich gar zu geschmeidig im Formalismus der Mathematik bewegen:
Sie gehen mit "der Null" und mit "der Unendlich" am Ende so locker um, als seien es Zahlen. Aber das sind keine Zahlen! Das sind und bleiben für uns Menschen eben auch Phänomene, mit denen wir in Wahrheit nichts anzufangen wissen! Andererseits können wir nie ausschließen, dass diese Phänomene fester Bestandteil des Seins sein könnten. Es ist durchaus möglich, dass dieses Sein Null und Unendlich umfasst. Und wir als Menschen sind und bleiben nur ein winziger Teil dieses unermesslichen Seins.