@Phantomeloi Ich schalte mich mal ein, um ein erweitertes Bild um
@Heide_witzka 's Darstellung zu zeichnen. Deine, vielleicht etwas unglücklich formulierte Forderung,
@geeky solle dir den Ursprung der Bilder und Vorstellungen des Geistes offen legen, verweist nämlich auf das bislang ungelöste Qualiaproblem. Andererseits wissen wir schon eine ganze Menge.
emanon hat dir erklärt, dass du eigentlich nicht mit deinen Augen, sondern mit deinem Gehirn siehst. Ein relativ einfaches Beispiel ist, dass du Schwarz sehen (und dir vorstellen) kannst, obwohl von schwarzen Flächen keine Photonen remittiert werden. In Wirklichlichkeit kommt da gar kein Sinnesreiz in deinen Augen an.
Wenn du etwas farbig siehst, werden die aus Rhodopsin bestehenden Photorezeptoren von Photonen gereizt. Die drei verschiedenen Rhodopsinmoleküle der Zapfen reagieren bevorzugt auf Frequenzen des Lichts, die wir im reinen, monochromatischen Zustand als Blau, Grün und Rot wahrnehmen würden. Weitere Farben werden gemischt wenn die Zapfenrezeptoren unterschiedlich aktiv sind, bei Weiß sind alle Rezeptoren gleichsam aktiv, bei Schwarz überhaupt nicht.
Eigentlicht ist es hier schon unfassbar heikel. Die energetischen Wechselwirkungen, die auf deine Sinnesrezeptoren einprasseln, sind nicht nur der Quantenelektrodynamik wegen alles andere als stabile Muster. Dass du überhaupt so eine Art Farbkonstanz wahrnimmst, bezeugt vorallem eines: Du nimmst nicht die Verarbeitung, sondern immer nur ihr Ergebnis wahr.
Es findet ein radikaler Umbruch von der physikalischen (und schon die ist heftig, siehe Feymann) in die chemische Umwelt statt. Auf deiner Netzhaut kommen keine Farben, Formen, kein Raum und keine Bewegung an, all das wird von deinem Gehirn konstruiert. Es ist wichtig, das hervorzuheben: Es wird nicht abgebildet, sondern re- und konstruiert!
Da kommen diverse Gesetzmäßigkeiten ins Spiel. Das Gesetz der spezifischen Sinnesenergien lenkt die Aufmerksamkeit zum Beispiel vom Sinnesreiz des Photons weg auf die Reizung der Rezeptoren. Also, du siehst auch Sterne bei geschlossenen Augen, wenn ich dir ins Gesicht schlage. Werden diese Reize von deinen Sinnesrezeptoren zu den Nerven weiter geleitet, kommt das Prinzip der Neutralität des neuronalen Codes ins Spiel: Alle physikalischen und chemischen Reize, die deine Sinnesrezeptoren (egal wo) erreichen, werden in neuroelektrische und neurochemische Signale umgewandelt. Dabei ist egal, von welchem Organ die kommen, in den Nerven sind sie alle gleich. Du kannst nicht auf ihre Herkunft schließen.
Bis hier wird also die elektromagnetische Außenwelt vollständig decodiert. Da sind keine Abbilder und Geschmäcker mehr, nur noch Informationsbausteine. Jene, die in die visuellen Cortexareale münden, werden optische Erfahrungen. Jene, die in den auditorischen Cortexarealen ankommen, werden Geräusche. (Hier kann man "normale" Vergänge auch anders verschalten und anschließend Farben schmecken und Töne sehen.)
Es entsteht ein gewaltiges, hochkomplexes Puzzle aus Nervenverbänden. Die einzelnen Nervenzellen kodieren dabei nur Intensitäten (Prinzip der undifferenzierten Kodierung) und keine Qualitäten. Das mag erstmal seltsam wirken, aber da "draußen" existiert ja weder Licht noch Farbe, sondern Elektromagnetismus, weder Klänge noch Musik, sondern nur Druckwellen, weder Wärme noch Kälte, sondern nur vibrierende Moleküle. Es stellt sich also die Frage, wie und warum um Himmelswillen diese wahnsinnige Realität von uns konstruiert wird. Das Problem der Kognition ist bis heute ungelöst.
Die Daten werden von Neuronenkoalitionen zusammen getragen und zwar von mehreren Neuronenkoalitionen unterschiedlich. Wie oben genannt, unterliegen die eintreffenden, physikalischen Informationen diversen Schwankungen, die Datengrundlage deines Konstrukts ist also enorm lückenhaft. Hier kommt der Begriff des intelligenten Auges ins Spiel. Unser Gehirn fängt nämlich an zu raten, ähnlich, wie wir mit wissenschaftlichen Hypothesen raten. Die cortikalen Netzwerke füllen alle Lücken aus und stellen die bestmögliche Vermutung auf (jumping to conclusions).
Von verschiedenen Neuronenkoalitionen werden verschiedene Hypothesen vertreten und diese beginnen sich gegenseitig zu unterdrücken. Jene, die sich behauptet, worauf auch immer sie gestützt wird, dringt in unser Bewusstsein. Wir kennen das von dem Phänomen, wenn wir uns angestrengt an etwas erinnern wollen, es uns dadurch aber nur noch schlechter einfällt.
Externe Sinnesreize haben sicherlich eine gesteigerte Bedeutung in diesem Konstruktionsprozess, deshalb sieht man Fantasien normalerweise auch nicht gestochen scharf im Raum, sondern als Vorstellung im Hinterkopf. Das muss aber nicht so sein, wie ich
@geeky im Auratread schon nahebringen wollte, aber dann aufgegeben hatte.