Mafiatom schrieb:Das ist leider ein Problem der Sprache. Unsere Sprache ist gekoppelt an ein davor oder danach, damit wir etwas Kategorisieren können oder Abfolgen verstehen können.
und
hawak schrieb:Meines Erachtens ist allerdings eher unser Verstand bzw. unsere Sprache unzulänglich
Ja, nicht wahr? Schöne Erklärung. Sowas gibts ja schließlich wirklich. Etwa wenn wir "das Nichts" sagen und denken, dann sehen wir einen Raum voller Nichts, also existiert das ja schon mal, besitzrt Eigenschaften, und kann Sachen umhüllen (die dann umgeben vom Nichts sind). Hier erzeugen wir mit unserer Sprache ein Ding und produzieren mit ihm falsche Vorstellungen und EIgenschaften, weil sich vorzustellen, daß das Universum ein Ende hat, einen Rand, und dahinter kommt das Nichts, wenigstens noch vorstellbar ist - im Gegensatz zu einem begrenzten Universum, das keinen Rand und kein Dahinter hat. (Sofern das Universum nicht unendlich ist, diese Debatte wollte ich hier nicht lostreten.)
Aber ist das hier auch der Fall? Ist hier nur die menschliche Beschreibbarkeit eines an sich realen Phänomens unzureichend, verwirrend, fehlerhaft, falsche Vorstellungen erweckend? Oder ist nicht doch das behauptete Phänomenfalsch?
Bei "vor dem Urknall (als Anfang von Raum, Zeit und 42) gab es nix / nen Quantenzustand / ..." ist es noch klar erkennbar, daß das eher ein Problem der Formulierung ist. Ein "Alles, was ist und sich verändert, ist und verändert sich mit und ab dem Urknall" wäre schon sauberer.
Aber das hier?
hawak schrieb:Zusammen mit ausschließlich masselosen Teilchen kann man daher durchaus argumentieren, dass es für einen kurzen Augenblick unmittelbar nach (vielleicht auch davor) dem Urknall keine Zeitdimension gab.
Du, hawak, bist nicht der erste, der sagt, daß bis zur Zehnhochminusschlagmichtod-sten Sekunde keine Möglichkeit der Zeitmessung und damit auch keine Zeit existierte, nur Raum und Inhalt und Veränderung. Aber ohne Zeit keine Veränderung. Deswegen fängt der Urknall eben nicht bei t=0 an, sondern bei der ersten Plancksekunde. Über ein t=0 läßt sich wissenschaftlich gar nichts aussagen, es dient hier nur als gedanklicher Grenzpunkt. Veränderung, Bewegung ist ohne Zeit nicht möglich. Also ist nichts ohne Zeit möglich. Wir können uns vorstellen, daß sämtliche Bewegungen des Universums einmal kurz einfrieren, für sagenwirmal eine halbe Stunde, und dann alle gleichzeitigwieder weitergehen, so als wäre nichts gewesen. So als würde ich mir die DVD "Das Universum" ansehen, dann mal für ne halbe Stunde auf Pause drücke, um aufs Klo zu gehen und mir was zum Knabbern zu holen. Sowas ist aber real nicht möglich. Bzw. wäre es eben nur dann, wenn das Universum in etwas eingebettet ist, in dem - eben! - die Zeit existiert und die Uhr weitertickt. In meinem Wohnzimmer, wo der pausierte Film als Standbild auf der Mattscheibe steht. Zeit ist unabdingbar für Existentes. Keine Veränderung ohne Zeit, aber auch keine Materie, keine Energie, kein Raum ohne Zeit.
Mafiatom schrieb:Einfach (Geschwindigkeit = Weg / Zeit) Setzen wir T=0 was kommt raus?
E=mc^2 (C=300.000km/s -> (da t=0 ist auch eine Sekunde 0)) Was ist also das Ergebnis bei geteilt durch 0? (Frag mal Siri).
Au weia! Kleiner Tip, bevor es den anderen auffällt, wenn t=0, dann mußt Du in der Formel nicht durch 0 dividieren, sondern mit 0 multiplizieren. Denn das c ist keine Variable. 299792,458km/1s ist stets gleich. Auf Null Sekunden umgesetzt bekommst Du durch Multiplikation mit 0 und s nämlich 0km heraus.
Womit Deine gesamte Erklärung gerade im Klo runtergespült is.
Mafiatom schrieb:Energie ist ohne Form und ohne Zeit, aber in Ihr ist alles was sein wird. (Das ist eine Tatsache).
Nope, keine Tatsache, sondern Deine Annahme.
hawak schrieb:Nehmen wir einmal ein einzelnes Photon. Es ist masselos und bleibt damit von der Dimension der Zeit unberührt - wenn es eine Uhr hätte, würde diese ewig die gleiche Uhrzeit anzeigen.
Trotzdem gibt es auch für das Photon Kausalität, es wurde irgendwo erzeugt und fällt vielleicht irgendwann in eine Gartensolarlampe und beendet dort seine Existenz. Wie kann das sein? Es vergeht für das Photon keine Zeit und trotzdem hat es eine Geschichte.
Weil es dem Photon nur so vorkommt, daß keine Zeit vergeht. Ich dagegen schalte meine Taschenlampe an und empfange am Ende das von der Wand reflektierte Photon wieder auf meiner Netzhaut, kann also die Geschichte und die Kausalität des Photons erleben und verfolgen. Das Photon kann das nicht, nicht einmal die Kausalität seiner Existenzam Anfang, in der Mitte und am Ende. DIe Eigenzeit des Photons ist Null. Aber die Zeit des Systems, in dem sich Photonen befinden, kollidieren, sich gegenseitig anziehen, überlagern oder wasweißich tun, dieses System hat Bewegung, Veränderung, Zeit. Auch ohne Uhr.
Zeit ist nie feststellbar, sie ist stets nur rekonsttruierbar. Wenn ich auf die Uhr sehe, weiß ich, wie viel Minuten vergangen sind, seit ich zuletzt auf die Uhr geschaut habe. Dazwischen aber konnte ich die Zeit nicht feststellen.Auch die Uhr ist also im wahrstenSinne des Wortes nichts, mit dem ich Zeit feststelle, sondern nur, mit dem ich Zeit rekonstruieren kann, wenn sie schon vergangen ist.
Milliarden Jahrelang gab es in unserem Universum keine Uhr.Entstand Zeit also erst mit der Erfindung des Zeitmessers? Nein, auch ohne den Menschen und auch ohne jegliches Lebewesen gab es Zeit. Milliarden Jahre lang. Diese Zeit können wir auch nur - rekonstruieren. Durch Beobachten von Zuständen und gedankliche Interpolation. Etwa mithilfe der "Atomuhr", also der Isotopenverteilung in Stoffen. Oder mithilfe der beobachteten Bewegung, der Expansion des Universums etwa. Mit der wir die Zeit bis zur Urknallsingularität zurückrechnen.
Manchmal können wir die Zeit genau berechnen, manchmal nur sehr ungenau. Es gibt sogar Möglichkeiten, wo wir überhaupt keinen Zeitraum bestimmen können, dennoch müssen wir annehmen, daß auch da eine gewisse Zeit verstrichen ist. Etwa wenn wir ein Photon einfangen, von dem wir nicht wissen, wo es seinen Ausgang genommen hat. Würden wir das Photon fragen, erführen wir nur, daß Null Zeit vergangen ist. Doch wissen wir, daß das nicht stimmt. Wir werden es wohl nie erfahren, wie viel Zeit vergangen ist, doch daß Zeit vergangen ist, das wissen wir. Eine fehlende Uhr negiert nicht die Zeit, nr die Rekonstruierbarkeit der Zeit. Zeit hängt mit Veränderung und Bewegung zusammen, nicht mit deren Meßbarkeit. Wo also Veränderung und Bewegung ist, selbst wenn wir diese nicht beobachten oder rekonstruieren können, dort ist Zeit.
Na und daß beim Urknall t=1 nicht nur Raum, sondern auch Zeit ist, das wissen wir auch so. Denn wir haben es ja rekonstruiert, indem wir die Expansion des Universums rückwärts extrapoliert haben. Wir können für jeden Zeitpunkt ab t= eine Plancksekunde sagen, wie hoch die Energiedichte pro Planckkubiklänge ist. Und obwohl es innerhalb dieser ersten Zeit ab Urknall auch solche Bedingungen gab, die herkömmlich dafür angeführt werden, um zu erklären, wieso es da keine Zeit gegeben haben kann, können wir dennoch sagen, von welchem Zeitpunkt bis welchem Zeitpunkt für wie lange "keine Zeit" stattgefunden haben soll. Dies ist ganz gewiß kein Artefakt menschlicher Sprache, sondern ein Problem menschlichen Verstehens des Wesens von Zeit.
hawak schrieb:Nur weil die Dimension der Zeit von den ausschließlich masselosen Teilchen sozusagen nicht 'bemerkt' wurde, heißt das nicht, dass Ursache und Wirkung (und damit eine Abfolge) nicht existierten.
Hättst statt Ursache und Wirkung auch Zeit sagen können. Zwischen Ursache und Wirkung liegt immer eine Plancksekunde. Sonst könnte alles, was, Plancklänge an Plancklänge einander berührt und miteinander wechselwirkt, seine Wirkung mit Überlichtgeschwindigkeit weiterreichen.
hawak schrieb:Das stimmt.
Das reicht mir schon. Wie gesagt, die eigentliche Höhe der Entropie ist doch recht nachrangig.