Der Experimentator-Effekt
28.12.2005 um 15:27Ein sehr interessantes Thema hab ich auf www.sheldrake.org aufgeschnappt. Es geht darum, daß selbst in der etablierten Wissenschaft mit ihren unter Kontrolle durchgeführten Experimenten alleine durch die Erwartungen des Experimentators selber die Ergebnisse schon verfälscht werden.
Man hat ja schon oft von anderen Experimenten gehört, bei denen die Versuchspersonen einen Zufallsgenerator nur mit Gedanken beeinflußen sollten und dieses auch tatsächlich geschafft haben. Allerdings waren es da immer die Versuchspersonen, die etwas beeinflußt haben, und nicht der Versuchsleiter selber. Wenn sich der Experimentator-Effekt wirklich bestätigen sollte, müssen wir womöglich die moderne Wissenschaft neu bewerten...
Hier ein Auszug aus dem Text unter http://www.sheldrake.org/deutsche/siebenex/erwartng.html (Archiv-Version vom 12.01.2006):
Zitat:
Die Wirkung der Erwartungen des Experimentators
Falls sich die Dinge manchmal so fügen, wie wir sie erwartet oder vorhergesagt haben, so muß das nicht unbedingt an einem geheimnisvollen Wissen um die Zukunft liegen; oft sorgen die Menschen einfach mit ihrem Verhalten dafür, daß eine Prophezeiung wahr wird. Wenn ein Lehrer beispielsweise in einem seiner Schüler einen Versager sieht, wird er sich ihm gegenüber vielleicht so verhalten, daß sein Versagen wahrscheinlich wird - und schon ist die Voraussage eingetroffen. Daß Prophezeiungen dazu tendieren, sich selbst zu erfüllen, ist in Wirtschaft, Politik und Religion bestens bekannt. Auch die praktische Psychologie bedient sich dieses Prinzips. In unzähligen Selbsthilfebüchern geht es um die Nutzung dieser Kräfte; sie stellen dar, wie man eine negative Grundhaltung in eine positive umwandelt, um dann in der Politik, im Geschäftlichen und in der Liebe erfolgreich zu sein. Zuversicht und Optimismus spielen auch in der Medizin eine große Rolle, ebenso beim Sport und bei vielen anderen Aktivitäten.
Wie man es auch deuten mag, positive und negative Erwartungen bestimmen mit, was tatsächlich geschehen wird. Prophezeiungen, die sich selbst erfüllen, gibt es in jedem Bereich. Wie also sieht es damit in der Wissenschaft aus? Viele Wissenschaftler machen sich mit starken Erwartungen und mit ebenso genauen wie tiefsitzenden Vorstellungen von möglich und unmöglich ans Experimentieren. Können ihre Erwartungen die Resultate beeinflussen? Sie können.
Erstens hängt von den Erwartungen bereits ab, was für Fragen man in oder mit einem Experiment stellt. Die Fragen wiederum bestimmen mit, was für Antworten man finden wird. Das ist in der Quantenphysik ganz explizit zum Prinzip erhoben worden: Der Versuchsaufbau entscheidet bereits darüber, welche Arten von Antworten überhaupt möglich sind, zum Beispiel ob die Antwort Wellen- oder Teilchenform haben wird. Doch das Prinzip ist ganz allgemein anwendbar: «Die Anlage der Untersuchung ist wie eine Schablone. Sie bestimmt, wieviel von der ganzen Wahrheit sichtbar wird und auf welches Muster sie hindeutet. »
Von der Erwartung des Experimentators hängt auch ab, was er sieht; sie läßt ihn sehen, was er sehen will, und im allgemeinen übersehen, was er nicht sehen will. Diese Voreingenommenheit betrifft aber nicht nur die Beobachtungen selbst, sondern auch die Aufzeichnung und Analyse der Daten - bis hin zur Aussonderung unliebsamer Daten als Irrtum und der höchst selektiven Veröffentlichung von Ergebnissen, die ich in der Einleitung zum dritten Teil erörtert habe.
Und drittens könnte die Erwartungshaltung des Experimentators auf ungeklärte Weise auch ganz direkt das Geschehen mitbestim men. Was dieser mysteriöse Prozeß sein mag und wie mysteriös er wirklich ist - das ist die Frage, der ich in diesem Kapitel nachgehen möchte.
Der Experimentator-Effekt
Hawthorne heißt der Ort, wo eine amerikanische Elektrizitätsgesellschaft von 1927 bis 1929 in einem ihrer Elektrizitätswerke eine Untersuchung durchführte, die Generationen von Studenten der Sozialpsychologie bestens vertraut ist. Sie machte etwas deutlich, was seitdem als «Hawthorne-Effekt» bekannt ist. Man wollte herausfinden, welchen Einfluß verschiedene Pausenzeiten und Erfrischungen auf die Produktivität haben. Groß war das Erstaunen, als die Produktivität im Laufe der Versuche um ungefähr dreißig Prozent anstieg, und dies ganz unabhängig von den jeweiligen experimentellen Veränderungen. Die Aufmerksamkeit, die man den Arbeitern schenkte, erwies sich als wirksamer als die wechselnden äußeren Bedingungen, unter denen sie arbeiteten.
Der Hawthorne-Effekt könnte in vielen Forschungsgebieten eine Rolle spielen, zumindest in Psychologie, Medizin und Verhaltensforschung. Die Wissenschaftler beeinflussen Mensch oder Tier schon dadurch, daß sie ihnen Aufmerksamkeit schenken. Doch der Einfluß ist vielleicht nicht nur von dieser allgemeinen Art, sondern auch ganz spezifisch verhaltenssteuernd. Menschen und Tiere verhalten sich im allgemeinen eher so, wie es der Erwartung des Experimentators entspricht.
Diesen Zug in Richtung der erwarteten Resultate bezeichnet man als «Experimentator-Effekt» oder genauer als «Experimentator-Erwartungs-Effekt». In Verhaltensforschung und Medizin sind sich die meisten Wissenschaftler dieses Effekts wohlbewußt und versuchen sich mit der «Blind»-Methodik dagegen abzusichern. Bei Einfachblindversuchen kennt der Proband die Versuchsanordnung und den Gegenstand des Versuchs nicht. Beim Doppelblindversuch kennt der Versuchsleiter sie auch nicht. Eine dritte Partei legt Art und Abfolge der Versuche fest, und auch der Experimentator erhält erst Einblick, wenn die Datensammlung abgeschlossen ist.
So wichtig der Experimentator-Effekt auch bei Forschungen mit Menschen und Tieren genommen wird, niemand weiß, welche Rolle er in anderen Bereichen der Wissenschaft spielt. Verbreitet ist die Ansicht, der Experimentator-Effekt sei gut genug bekannt und nur in Verhaltensforschung, Psychologie und Medizin von Belang. Anderswo nimmt man kaum Notiz von diesem Effekt, wie jeder sehr leicht feststellen kann, indem er einfach mal einige Fachzeitschriften verschiedener anderer Bereiche durchsieht. Bei biologischen, chemischen, physikalischen oder technischen Forschungen werden Doppelblindverfahren selten angewandt, falls überhaupt. Die Wissenschaftler scheinen hier nichts zu ahnen von der Möglichkeit, daß der Experimentator unbewußt die Systeme beeinflussen könnte, die er studiert.
Im Hintergrund dräut der Gedanke, daß so manches in der Schulwissenschaft auf den Einfluß der Experimentator-Erwartung zu rückzuführen sein könnte, vielleicht sogar durch psychokinetische oder andere paranormale Effekte. Und Erwartungen sind nicht nur die Erwartungen einzelner, sondern auch der Konsens, der unter ihresgleichen besteht. Wissenschaftliche Paradigmen - grundlegende Wirklichkeitsmodelle der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft - sind von großem Einfluß auf die generelle Erwartungshaltung und könnten sich auf die Ergebnisse unzähliger Experimente auswirken.
Manchmal hört man im Scherz sagen, daß die Kernphysiker neue subatomare Teilchen weniger entdecken als vielmehr erfinden. Wenn genügend einflußreiche Wissenschaftler von einem theoretisch postulierten neuen Teilchen glauben, daß man es finden könnte, werden teure Beschleunigungs- und Kollisionsapparaturen gebaut, um nach ihnen zu fahnden. Und richtig, das neue Teilchen wird aufgespürt - als Spur in einer Blasenkammer oder auf der fotografischen Platte. Je häufiger man es entdeckt, desto leichter wird es, es immer wieder zu finden. Man kommt zu einem neuen Konsens: Es existiert. Der Erfolg rechtfertigt nachträglich die Investition der gewaltigen Summen, um die es hier geht, und die Finanzierung noch größerer Atomknacker, mit denen man weitere vorausgesagte Teilchen aufspüren kann, und so weiter. Die Natur selbst ist offenbar bereit, uns dieses Spielchen endlos weitertreiben zu lassen, und wenn es eine Grenze gibt, besteht sie allenfalls darin, daß die Forschungsetats die Abermilliarden, die für solche Forschungen nötig sind, einfach nicht mehr hergeben.
In der Physik sind zwar kaum empirische Untersuchungen zur Frage des Experimentator-Effekts durchgeführt worden, aber es gab hochintellektuelle Diskussionen über die Rolle des Beobachters in der Quantenphysik. Wo philosophisch über den Beobachter gesprochen wird, bekommt man das Gefühl, es sei vom völlig unvoreingenommenen Geist des idealen objektiven Wissenschaftlers die Rede. Wo man aber mögliche aktive Einflüsse dieses Geistes ernsthaft erwägt, eröffnen sich viele Möglichkeiten - sogar die, daß er vielleicht psychokinetische Kräfte besitzt. Vielleicht gibt es im Bereich des Allerkleinsten, in der Quantenphysik, nachweisbare Einflüsse des Geistes auf die Materie. In diesem Bereich geschieht nichts nach starr deterministischen Schemata, sondern die Dinge zeigen Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten, und es könnte sein, daß der Geist in diesen subtilen Wahrscheinlichkeiten einen Ausschlag gibt. Von diesem Gedanken gehen viele Spekulationen der Parapsychologen aus; er beinhaltet außerdem eine Erklärungsmöglichkeit für das Ineinandergreifen geistiger und körperlicher Prozesse im Gehirn.
Im Bereich der experimentellen Verhaltensforschung an Tieren, auf die ich weiter unten zurückkommen werde, gibt es experimentelle Anhaltspunkte für den Einfluß von Experimentator-Erwartungen auf das Verhalten der Tiere. Aber auf den meisten anderen Gebieten der Biologie denkt man im allgemeinen gar nicht an die Möglichkeit solcher Effekte. Ein Embryologe beispielsweise weiß sehr wohl, daß man sich vor einseitiger, durch Vorweg-Annahmen geprägter Beobachtung hüten und geeignete statistische Verfahren anwenden muß, aber er wird kaum ernsthaft an die Möglichkeit denken, daß seine Erwartungen nicht nur seine Beobachtungen färben, sondern auf geheimnisvolle Weise auch die Entwicklung des embryonalen Gewebes selbst beeinflussen können.
Wenn in Psychologie und Medizin vom Experimentator-Effekt die Rede ist, meint man in der Regel Einflüsse, die durch «subtile Hinweise» übermittelt werden. Aber wie subtil solch ein «Wink» tatsächlich sein kann, das ist eine andere Frage. Im allgemeinen wird angenommen, daß hier nur Kommunikationen über die bekannten fünf Sinne im Spiel sind, die wiederum auf bekannten physikalischen Prinzipien beruhen. Die bloße Möglichkeit «paranormaler» Einflüsse wie Telepathie und Psychokinese wird unter anständigen Wissenschaftlern nicht einmal erwogen. Ich glaube, wir sollten diese Möglichkeit lieber ins Auge fassen, anstatt sie einfach außer acht zu lassen; wir sollten den Experimentator-Effekt unter dem Gesichtspunkt erforschen, daß es den Einfluß des Geistes auf die Materie vielleicht doch gibt. Betrachten wir aber zuerst das, was bereits bekannt ist.
Wallace, der ein prominentes Mitglied der Society for Psychical Research SPR war, schrieb einmal:. „Es scheint kein unwahrscheinlicher Schluss zu sein, dass alle Kraft reine Geisteskraft ist
Man hat ja schon oft von anderen Experimenten gehört, bei denen die Versuchspersonen einen Zufallsgenerator nur mit Gedanken beeinflußen sollten und dieses auch tatsächlich geschafft haben. Allerdings waren es da immer die Versuchspersonen, die etwas beeinflußt haben, und nicht der Versuchsleiter selber. Wenn sich der Experimentator-Effekt wirklich bestätigen sollte, müssen wir womöglich die moderne Wissenschaft neu bewerten...
Hier ein Auszug aus dem Text unter http://www.sheldrake.org/deutsche/siebenex/erwartng.html (Archiv-Version vom 12.01.2006):
Zitat:
Die Wirkung der Erwartungen des Experimentators
Falls sich die Dinge manchmal so fügen, wie wir sie erwartet oder vorhergesagt haben, so muß das nicht unbedingt an einem geheimnisvollen Wissen um die Zukunft liegen; oft sorgen die Menschen einfach mit ihrem Verhalten dafür, daß eine Prophezeiung wahr wird. Wenn ein Lehrer beispielsweise in einem seiner Schüler einen Versager sieht, wird er sich ihm gegenüber vielleicht so verhalten, daß sein Versagen wahrscheinlich wird - und schon ist die Voraussage eingetroffen. Daß Prophezeiungen dazu tendieren, sich selbst zu erfüllen, ist in Wirtschaft, Politik und Religion bestens bekannt. Auch die praktische Psychologie bedient sich dieses Prinzips. In unzähligen Selbsthilfebüchern geht es um die Nutzung dieser Kräfte; sie stellen dar, wie man eine negative Grundhaltung in eine positive umwandelt, um dann in der Politik, im Geschäftlichen und in der Liebe erfolgreich zu sein. Zuversicht und Optimismus spielen auch in der Medizin eine große Rolle, ebenso beim Sport und bei vielen anderen Aktivitäten.
Wie man es auch deuten mag, positive und negative Erwartungen bestimmen mit, was tatsächlich geschehen wird. Prophezeiungen, die sich selbst erfüllen, gibt es in jedem Bereich. Wie also sieht es damit in der Wissenschaft aus? Viele Wissenschaftler machen sich mit starken Erwartungen und mit ebenso genauen wie tiefsitzenden Vorstellungen von möglich und unmöglich ans Experimentieren. Können ihre Erwartungen die Resultate beeinflussen? Sie können.
Erstens hängt von den Erwartungen bereits ab, was für Fragen man in oder mit einem Experiment stellt. Die Fragen wiederum bestimmen mit, was für Antworten man finden wird. Das ist in der Quantenphysik ganz explizit zum Prinzip erhoben worden: Der Versuchsaufbau entscheidet bereits darüber, welche Arten von Antworten überhaupt möglich sind, zum Beispiel ob die Antwort Wellen- oder Teilchenform haben wird. Doch das Prinzip ist ganz allgemein anwendbar: «Die Anlage der Untersuchung ist wie eine Schablone. Sie bestimmt, wieviel von der ganzen Wahrheit sichtbar wird und auf welches Muster sie hindeutet. »
Von der Erwartung des Experimentators hängt auch ab, was er sieht; sie läßt ihn sehen, was er sehen will, und im allgemeinen übersehen, was er nicht sehen will. Diese Voreingenommenheit betrifft aber nicht nur die Beobachtungen selbst, sondern auch die Aufzeichnung und Analyse der Daten - bis hin zur Aussonderung unliebsamer Daten als Irrtum und der höchst selektiven Veröffentlichung von Ergebnissen, die ich in der Einleitung zum dritten Teil erörtert habe.
Und drittens könnte die Erwartungshaltung des Experimentators auf ungeklärte Weise auch ganz direkt das Geschehen mitbestim men. Was dieser mysteriöse Prozeß sein mag und wie mysteriös er wirklich ist - das ist die Frage, der ich in diesem Kapitel nachgehen möchte.
Der Experimentator-Effekt
Hawthorne heißt der Ort, wo eine amerikanische Elektrizitätsgesellschaft von 1927 bis 1929 in einem ihrer Elektrizitätswerke eine Untersuchung durchführte, die Generationen von Studenten der Sozialpsychologie bestens vertraut ist. Sie machte etwas deutlich, was seitdem als «Hawthorne-Effekt» bekannt ist. Man wollte herausfinden, welchen Einfluß verschiedene Pausenzeiten und Erfrischungen auf die Produktivität haben. Groß war das Erstaunen, als die Produktivität im Laufe der Versuche um ungefähr dreißig Prozent anstieg, und dies ganz unabhängig von den jeweiligen experimentellen Veränderungen. Die Aufmerksamkeit, die man den Arbeitern schenkte, erwies sich als wirksamer als die wechselnden äußeren Bedingungen, unter denen sie arbeiteten.
Der Hawthorne-Effekt könnte in vielen Forschungsgebieten eine Rolle spielen, zumindest in Psychologie, Medizin und Verhaltensforschung. Die Wissenschaftler beeinflussen Mensch oder Tier schon dadurch, daß sie ihnen Aufmerksamkeit schenken. Doch der Einfluß ist vielleicht nicht nur von dieser allgemeinen Art, sondern auch ganz spezifisch verhaltenssteuernd. Menschen und Tiere verhalten sich im allgemeinen eher so, wie es der Erwartung des Experimentators entspricht.
Diesen Zug in Richtung der erwarteten Resultate bezeichnet man als «Experimentator-Effekt» oder genauer als «Experimentator-Erwartungs-Effekt». In Verhaltensforschung und Medizin sind sich die meisten Wissenschaftler dieses Effekts wohlbewußt und versuchen sich mit der «Blind»-Methodik dagegen abzusichern. Bei Einfachblindversuchen kennt der Proband die Versuchsanordnung und den Gegenstand des Versuchs nicht. Beim Doppelblindversuch kennt der Versuchsleiter sie auch nicht. Eine dritte Partei legt Art und Abfolge der Versuche fest, und auch der Experimentator erhält erst Einblick, wenn die Datensammlung abgeschlossen ist.
So wichtig der Experimentator-Effekt auch bei Forschungen mit Menschen und Tieren genommen wird, niemand weiß, welche Rolle er in anderen Bereichen der Wissenschaft spielt. Verbreitet ist die Ansicht, der Experimentator-Effekt sei gut genug bekannt und nur in Verhaltensforschung, Psychologie und Medizin von Belang. Anderswo nimmt man kaum Notiz von diesem Effekt, wie jeder sehr leicht feststellen kann, indem er einfach mal einige Fachzeitschriften verschiedener anderer Bereiche durchsieht. Bei biologischen, chemischen, physikalischen oder technischen Forschungen werden Doppelblindverfahren selten angewandt, falls überhaupt. Die Wissenschaftler scheinen hier nichts zu ahnen von der Möglichkeit, daß der Experimentator unbewußt die Systeme beeinflussen könnte, die er studiert.
Im Hintergrund dräut der Gedanke, daß so manches in der Schulwissenschaft auf den Einfluß der Experimentator-Erwartung zu rückzuführen sein könnte, vielleicht sogar durch psychokinetische oder andere paranormale Effekte. Und Erwartungen sind nicht nur die Erwartungen einzelner, sondern auch der Konsens, der unter ihresgleichen besteht. Wissenschaftliche Paradigmen - grundlegende Wirklichkeitsmodelle der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft - sind von großem Einfluß auf die generelle Erwartungshaltung und könnten sich auf die Ergebnisse unzähliger Experimente auswirken.
Manchmal hört man im Scherz sagen, daß die Kernphysiker neue subatomare Teilchen weniger entdecken als vielmehr erfinden. Wenn genügend einflußreiche Wissenschaftler von einem theoretisch postulierten neuen Teilchen glauben, daß man es finden könnte, werden teure Beschleunigungs- und Kollisionsapparaturen gebaut, um nach ihnen zu fahnden. Und richtig, das neue Teilchen wird aufgespürt - als Spur in einer Blasenkammer oder auf der fotografischen Platte. Je häufiger man es entdeckt, desto leichter wird es, es immer wieder zu finden. Man kommt zu einem neuen Konsens: Es existiert. Der Erfolg rechtfertigt nachträglich die Investition der gewaltigen Summen, um die es hier geht, und die Finanzierung noch größerer Atomknacker, mit denen man weitere vorausgesagte Teilchen aufspüren kann, und so weiter. Die Natur selbst ist offenbar bereit, uns dieses Spielchen endlos weitertreiben zu lassen, und wenn es eine Grenze gibt, besteht sie allenfalls darin, daß die Forschungsetats die Abermilliarden, die für solche Forschungen nötig sind, einfach nicht mehr hergeben.
In der Physik sind zwar kaum empirische Untersuchungen zur Frage des Experimentator-Effekts durchgeführt worden, aber es gab hochintellektuelle Diskussionen über die Rolle des Beobachters in der Quantenphysik. Wo philosophisch über den Beobachter gesprochen wird, bekommt man das Gefühl, es sei vom völlig unvoreingenommenen Geist des idealen objektiven Wissenschaftlers die Rede. Wo man aber mögliche aktive Einflüsse dieses Geistes ernsthaft erwägt, eröffnen sich viele Möglichkeiten - sogar die, daß er vielleicht psychokinetische Kräfte besitzt. Vielleicht gibt es im Bereich des Allerkleinsten, in der Quantenphysik, nachweisbare Einflüsse des Geistes auf die Materie. In diesem Bereich geschieht nichts nach starr deterministischen Schemata, sondern die Dinge zeigen Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten, und es könnte sein, daß der Geist in diesen subtilen Wahrscheinlichkeiten einen Ausschlag gibt. Von diesem Gedanken gehen viele Spekulationen der Parapsychologen aus; er beinhaltet außerdem eine Erklärungsmöglichkeit für das Ineinandergreifen geistiger und körperlicher Prozesse im Gehirn.
Im Bereich der experimentellen Verhaltensforschung an Tieren, auf die ich weiter unten zurückkommen werde, gibt es experimentelle Anhaltspunkte für den Einfluß von Experimentator-Erwartungen auf das Verhalten der Tiere. Aber auf den meisten anderen Gebieten der Biologie denkt man im allgemeinen gar nicht an die Möglichkeit solcher Effekte. Ein Embryologe beispielsweise weiß sehr wohl, daß man sich vor einseitiger, durch Vorweg-Annahmen geprägter Beobachtung hüten und geeignete statistische Verfahren anwenden muß, aber er wird kaum ernsthaft an die Möglichkeit denken, daß seine Erwartungen nicht nur seine Beobachtungen färben, sondern auf geheimnisvolle Weise auch die Entwicklung des embryonalen Gewebes selbst beeinflussen können.
Wenn in Psychologie und Medizin vom Experimentator-Effekt die Rede ist, meint man in der Regel Einflüsse, die durch «subtile Hinweise» übermittelt werden. Aber wie subtil solch ein «Wink» tatsächlich sein kann, das ist eine andere Frage. Im allgemeinen wird angenommen, daß hier nur Kommunikationen über die bekannten fünf Sinne im Spiel sind, die wiederum auf bekannten physikalischen Prinzipien beruhen. Die bloße Möglichkeit «paranormaler» Einflüsse wie Telepathie und Psychokinese wird unter anständigen Wissenschaftlern nicht einmal erwogen. Ich glaube, wir sollten diese Möglichkeit lieber ins Auge fassen, anstatt sie einfach außer acht zu lassen; wir sollten den Experimentator-Effekt unter dem Gesichtspunkt erforschen, daß es den Einfluß des Geistes auf die Materie vielleicht doch gibt. Betrachten wir aber zuerst das, was bereits bekannt ist.
Wallace, der ein prominentes Mitglied der Society for Psychical Research SPR war, schrieb einmal:. „Es scheint kein unwahrscheinlicher Schluss zu sein, dass alle Kraft reine Geisteskraft ist