Supraleiter Teststrecke in Japan
23.09.2005 um 05:33Forscher sieht Technologie der Hochtemperatur-Supraleitung vor Durchbruch
Vielfache Einsatzgebiete, zum Beispiel bei elektrischen Antrieben
Wien - Noch wird das Phänomen der so genannten Supraleitung im industriellen Maßstab in erster Linie für Magnetresonanz-Tomografen (MRT) und ansonsten bestenfalls noch für Teilchenbeschleuniger eingesetzt. Durch wissenschaftliche Fortschritte beim Einsatz von so genannten Hochtemperatur-Supraleitern aus Keramik steht nun der Durchbruch der Technologie auch in anderen Bereichen bevor. So wurde etwa in Japan eine 500 Meter lange Teststrecke zur - widerstandslosen - Übertragung von Strom errichtet, berichtete Harald Weber vom Atominstitut der Österreichischen Universitäten im Gespräch.
Supraleitung wurde bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckt. Dabei zeigte sich, dass viele Metalle beim Unterschreiten einer sehr niedrigen Temperatur - nahe dem absoluten Nullpunkt von Minus 273 Grad Celsius oder Null Kelvin - plötzlich ihren elektrischen Widerstand verlieren. Leitet man Strom durch das Metall in diesem Zustand, so fließt dieser ohne jegliche Verluste.
Theorie
Theoretisch ist das Phänomen der Tieftemperatur-Supraleitung laut Weber heute sehr gut verstanden. Es ist eng verknüpft mit dem Bose-Einstein-Kondensat (BEC), ein eigener Zustand der Materie, der ebenfalls nur bei sehr tiefen Temperaturen auftritt. Dabei geraten Teilchen unter der kritischen Temperatur alle in den Zustand niedrigster Energie. Sie verlieren gleichsam ihre Individualität und funktionieren plötzlich wie Lichtteilchen in einen Laser völlig im Gleichschritt.
Laut Quantengesetzen sollte das für Elektronen nicht möglich sein. Einzelne Elektronen besitzen halbzahligen Spin, sind also Fermionen und können demnach nicht in den Zusand des BEC verfallen. Dass es aber nachweislich doch geht, erklären Physiker mit der Bildung von so genannten Cooper-Paaren. Dabei überwinden je zwei Elektronen bei extrem niedrigen Temperaturen die gegenseitige elektromagnetische Abstoßung - sie sind ja beide negativ geladen. Als Paare besitzen sie insgesamt ganzzahligen Drehimpuls, sind also Bosonen und können in den Zustand des BEC übergehen.
Quantenmechanischer Zustand
Bei der Supraleitung geraten Leitungselektronen für den elektrischen Strom - bzw. Elektronen-Paare - in diesen quantenmechanischen Zustand. Normale Leitungselektronen werden beim Strom-Fluss etwa durch ein Metall stets am Atomgitter des Metalls gestreut, dadurch baut sich elektrischer Widerstand auf. Im quantenmechanischen Zustand unter der kritischen Temperatur, lassen die physikalischen Gesetze eine derartige Streuung nicht zu, die Elektronen wandern völlig ungebremst durch die Leitungen.
Auf Grund des hohen Aufwands, der nötig ist, um die Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt zu erreichen, wurde die Tieftemperatur-Supraleitung bisher nur in sehr wenigen Bereichen eingesetzt. Paradebeispiel sind Magnetresonanz-Tomografen, die extrem starke Magnetfelder erfordern sowie besonders leistungsfähige Teilchenbeschleuniger.
Die Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung in Oxiden im Jahre 1986 erregte deshalb großes Aufsehen. Hochtemperatur ist dabei relativ zu verstehen. Der Rekord wurde bis in die neunziger Jahre in keramischen Materialien immer weiter nach oben getrieben und liegt heute bei immer noch frostigen minus 139 Grad Celsius. Immerhin erreicht man solche Temperaturen spielend durch Kühlung mit vergleichsweise billigem flüssigen Stickstoff. Bei der Tieftemperatur-Supraleitung ist man dagegen auf teures, flüssiges Helium angewiesen.
Mit der Entwicklung "mehr als zufrieden" gab sich einer der Entdecker der Hochtemperatur-Supraleitung, Karl Alexander Müller (Universität Zürich, Nobelpreis für Physik 1987). Er habe das nicht erwartet. "Damals war der Weg das Ziel und nicht irgendwelche Temperaturrekorde", so Müller. Mit den Oxiden erreichte der Wissenschafter 1986 auf Anhieb höhere Temperaturen als damals mit Metallen möglich war. Ein Umstand, der anfangs in der Kollegenschaft auf große Skepsis stieß. Man wollte es gar nicht so recht glauben.
Erklärungen
Tatsächlich können die Theoretiker bis heute nicht schlüssig erklären, wie es zur Hochtemperatur-Supraleitung kommt. "Wir wissen nur, dass - wie auch bei der Tieftemperatur-Supraleitung - Cooper-Paare im Spiel sind, wie sie entstehen, ist allerdings unklar", so Harald Weber. Für den Experimentalphysiker ist dieser Umstand allerdings nicht so tragisch: "Hauptsache es funktioniert".
Die Herausforderungen, um die Hochtemperatur-Supraleitung quasi Serien-reif zu machen und für breite Anwendungsbereiche zu öffnen, sind vielfältig. Alleine die Verarbeitung der meist spröden Keramik-Materialien zu Draht-ähnlichen Gebilden, durch die dann der Strom - ohne Widerstand - ist eine schwierige Aufgabe. Auch müssen die einzelnen Keramik-Teilchen in der exakten dreidimensionalen Anordnung orientiert sein. In der Regel helfen sich die Technologen mit mehrschichtigen Gebilden, bestehend aus Trägermaterialien und den eigentlichen Supraleitern.
Probleme
Es gibt aber auch noch prinzipielle Probleme zu lösen. So werden in einem Strom durchflossenen Leiter stets auch Magnetfelder aufgebaut. Dabei können die magnetischen Flusslinien vom Strom effektiv durch das Material geschoben werden, was wiederum Widerstand erzeugt. Durch den gezielten Einbau von Defekt-Strukturen, gleichsam Nestern mit normaler Leitung, können die Flusslinien festgehalten werden.
Einsatzgebiete
Alles in allem ist die Technologie laut Weber mittlerweile auf dem Sprung zum weltweiten Durchbruch. Die Hochtemperatur-Supraleitung könnte aber auch elektrische Antriebe revolutionieren. Motoren - etwa für Schiffe oder Eisenbahnen - hätten bei gleicher Leistungen ein um den Faktor zwei geringeres Gewicht. Ein weiteres Einsatzgebiet sind Basisstationen für Handys. Durch die Leistung der Supraleiter und entsprechend exakte Filterleistung bezüglich der Frequenzen könnten wesentlich mehr Gespräche mit einer Station durchgeführt werden.
Nicht ganz zufrieden ist der Wissenschafter mit den europäischen Forschungsanstrengungen in Sachen Hochtemperatur-Supraleitung. "Seit die Amerikaner wissen, dass es sich um eine Durchbruchstechnologie handelt, haben sie enorm in die Sache investiert", so Weber. So seien die Investitionen von 2001 mit praktisch Null bis 2003 auf 25 Millionen Euro gestiegen. Japan steckt knapp 20 Millionen in die Forschung und Europa grundelt seit Jahren konstant bei rund fünf Millionen dahin. (APA)
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Eine Lösung für Energieprobleme? Postet mal eure Meinung :)
日本で行きたい
智子、愛しています。
Vielfache Einsatzgebiete, zum Beispiel bei elektrischen Antrieben
Wien - Noch wird das Phänomen der so genannten Supraleitung im industriellen Maßstab in erster Linie für Magnetresonanz-Tomografen (MRT) und ansonsten bestenfalls noch für Teilchenbeschleuniger eingesetzt. Durch wissenschaftliche Fortschritte beim Einsatz von so genannten Hochtemperatur-Supraleitern aus Keramik steht nun der Durchbruch der Technologie auch in anderen Bereichen bevor. So wurde etwa in Japan eine 500 Meter lange Teststrecke zur - widerstandslosen - Übertragung von Strom errichtet, berichtete Harald Weber vom Atominstitut der Österreichischen Universitäten im Gespräch.
Supraleitung wurde bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckt. Dabei zeigte sich, dass viele Metalle beim Unterschreiten einer sehr niedrigen Temperatur - nahe dem absoluten Nullpunkt von Minus 273 Grad Celsius oder Null Kelvin - plötzlich ihren elektrischen Widerstand verlieren. Leitet man Strom durch das Metall in diesem Zustand, so fließt dieser ohne jegliche Verluste.
Theorie
Theoretisch ist das Phänomen der Tieftemperatur-Supraleitung laut Weber heute sehr gut verstanden. Es ist eng verknüpft mit dem Bose-Einstein-Kondensat (BEC), ein eigener Zustand der Materie, der ebenfalls nur bei sehr tiefen Temperaturen auftritt. Dabei geraten Teilchen unter der kritischen Temperatur alle in den Zustand niedrigster Energie. Sie verlieren gleichsam ihre Individualität und funktionieren plötzlich wie Lichtteilchen in einen Laser völlig im Gleichschritt.
Laut Quantengesetzen sollte das für Elektronen nicht möglich sein. Einzelne Elektronen besitzen halbzahligen Spin, sind also Fermionen und können demnach nicht in den Zusand des BEC verfallen. Dass es aber nachweislich doch geht, erklären Physiker mit der Bildung von so genannten Cooper-Paaren. Dabei überwinden je zwei Elektronen bei extrem niedrigen Temperaturen die gegenseitige elektromagnetische Abstoßung - sie sind ja beide negativ geladen. Als Paare besitzen sie insgesamt ganzzahligen Drehimpuls, sind also Bosonen und können in den Zustand des BEC übergehen.
Quantenmechanischer Zustand
Bei der Supraleitung geraten Leitungselektronen für den elektrischen Strom - bzw. Elektronen-Paare - in diesen quantenmechanischen Zustand. Normale Leitungselektronen werden beim Strom-Fluss etwa durch ein Metall stets am Atomgitter des Metalls gestreut, dadurch baut sich elektrischer Widerstand auf. Im quantenmechanischen Zustand unter der kritischen Temperatur, lassen die physikalischen Gesetze eine derartige Streuung nicht zu, die Elektronen wandern völlig ungebremst durch die Leitungen.
Auf Grund des hohen Aufwands, der nötig ist, um die Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt zu erreichen, wurde die Tieftemperatur-Supraleitung bisher nur in sehr wenigen Bereichen eingesetzt. Paradebeispiel sind Magnetresonanz-Tomografen, die extrem starke Magnetfelder erfordern sowie besonders leistungsfähige Teilchenbeschleuniger.
Die Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung in Oxiden im Jahre 1986 erregte deshalb großes Aufsehen. Hochtemperatur ist dabei relativ zu verstehen. Der Rekord wurde bis in die neunziger Jahre in keramischen Materialien immer weiter nach oben getrieben und liegt heute bei immer noch frostigen minus 139 Grad Celsius. Immerhin erreicht man solche Temperaturen spielend durch Kühlung mit vergleichsweise billigem flüssigen Stickstoff. Bei der Tieftemperatur-Supraleitung ist man dagegen auf teures, flüssiges Helium angewiesen.
Mit der Entwicklung "mehr als zufrieden" gab sich einer der Entdecker der Hochtemperatur-Supraleitung, Karl Alexander Müller (Universität Zürich, Nobelpreis für Physik 1987). Er habe das nicht erwartet. "Damals war der Weg das Ziel und nicht irgendwelche Temperaturrekorde", so Müller. Mit den Oxiden erreichte der Wissenschafter 1986 auf Anhieb höhere Temperaturen als damals mit Metallen möglich war. Ein Umstand, der anfangs in der Kollegenschaft auf große Skepsis stieß. Man wollte es gar nicht so recht glauben.
Erklärungen
Tatsächlich können die Theoretiker bis heute nicht schlüssig erklären, wie es zur Hochtemperatur-Supraleitung kommt. "Wir wissen nur, dass - wie auch bei der Tieftemperatur-Supraleitung - Cooper-Paare im Spiel sind, wie sie entstehen, ist allerdings unklar", so Harald Weber. Für den Experimentalphysiker ist dieser Umstand allerdings nicht so tragisch: "Hauptsache es funktioniert".
Die Herausforderungen, um die Hochtemperatur-Supraleitung quasi Serien-reif zu machen und für breite Anwendungsbereiche zu öffnen, sind vielfältig. Alleine die Verarbeitung der meist spröden Keramik-Materialien zu Draht-ähnlichen Gebilden, durch die dann der Strom - ohne Widerstand - ist eine schwierige Aufgabe. Auch müssen die einzelnen Keramik-Teilchen in der exakten dreidimensionalen Anordnung orientiert sein. In der Regel helfen sich die Technologen mit mehrschichtigen Gebilden, bestehend aus Trägermaterialien und den eigentlichen Supraleitern.
Probleme
Es gibt aber auch noch prinzipielle Probleme zu lösen. So werden in einem Strom durchflossenen Leiter stets auch Magnetfelder aufgebaut. Dabei können die magnetischen Flusslinien vom Strom effektiv durch das Material geschoben werden, was wiederum Widerstand erzeugt. Durch den gezielten Einbau von Defekt-Strukturen, gleichsam Nestern mit normaler Leitung, können die Flusslinien festgehalten werden.
Einsatzgebiete
Alles in allem ist die Technologie laut Weber mittlerweile auf dem Sprung zum weltweiten Durchbruch. Die Hochtemperatur-Supraleitung könnte aber auch elektrische Antriebe revolutionieren. Motoren - etwa für Schiffe oder Eisenbahnen - hätten bei gleicher Leistungen ein um den Faktor zwei geringeres Gewicht. Ein weiteres Einsatzgebiet sind Basisstationen für Handys. Durch die Leistung der Supraleiter und entsprechend exakte Filterleistung bezüglich der Frequenzen könnten wesentlich mehr Gespräche mit einer Station durchgeführt werden.
Nicht ganz zufrieden ist der Wissenschafter mit den europäischen Forschungsanstrengungen in Sachen Hochtemperatur-Supraleitung. "Seit die Amerikaner wissen, dass es sich um eine Durchbruchstechnologie handelt, haben sie enorm in die Sache investiert", so Weber. So seien die Investitionen von 2001 mit praktisch Null bis 2003 auf 25 Millionen Euro gestiegen. Japan steckt knapp 20 Millionen in die Forschung und Europa grundelt seit Jahren konstant bei rund fünf Millionen dahin. (APA)
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智子、愛しています。