Puuh... schon wieder vier neue Seiten... naja, erstmal Anwort
@Scox :)Beitrag von Scox (Seite 82)Der US-amerikanische Psychologie-Prof Kenneth Ring tätigte eine Studie mit Blinden, die NTE hatten. Auf dieser Grundlage erschien sein Buch "Mindsight" (2011). Da wurde die These, dass NTE pure Hallus seien, so ziemlich widerlegt.
Wie du siehst, ist diese lückenhafte Rattenstudie nicht das erste Werk in diese Richtung. ;)
Hm... werd' mir das Buch mal notieren.
:)Wenn man wissen möchte, wie Menschen NTE erleben und was bei denen im Hirn passiert, dann soll man auch Studien an Menschen machen, wo ist das Problem?
Wie ich bereits sagte, gibt es bei dem gegenwärtigen Stand von Medizin und Technik diverse praktische und ethische Schwierigkeiten. Zum einen verbietet es sich aus ethischen Gründen, Nahtod-Zustände bei Menschen künstlich zu induzieren, denn dazu müsste man sie experimentell in den Zustand des Sterbens versetzen (etwa durch einen künstlich ausgelösten Herzstillstand) - mit sämtlichen möglichen Komplikationen und mit der Gefahr, dass eine anschließende Reanimation misslingt. Und zum anderen dürfen Menschen, die bereits auf 'natürliche Weise' einen Herzstillstand (bspw. in einer Klinik) erleiden und sich im Todeskampf befinden, aus ethischen Gründen ebenfalls keinen Sonderexperimenten ausgesetzt werden, so die sofortige Reanimation eben oberste Priorität hat und bspw. für Hirnscans o.ä. keine Zeit bleibt. So zumindest der gegenwärtige Stand.
Hierzu verweise ich übrigens mal ebenfalls auf den schon von Marouge verlinkten Artikel:
http://derstandard.at/1304553494392/Zurueck-ins-Leben-Das-Gehirn-arbeitet-weiter:DUnd diese wurden und werden ja auch getätigt und eine klare Antwort konnte bisher nirgendwo geliefert werden.
Einige Studien haben hier ja trotz der o.g. Schwierigkeiten schon ganz gut Pionierarbeit geleistet, aber das reicht halt bei weitem nicht. Es müssen noch etliche weitere Studien durchgeführt werden, die sich dann alle mit den o.g. Problemen konfrontiert sehen. Ich bin hier nicht so der Experte, aber ich glaube, bspw. Sam Parnia führt in diversen Interviews etc. immer wieder mal etwas zu dieser ganzen Problematik aus.
Neben den oben angesprochenen Schwierigkeiten gibt es aber auch noch eine Reihe ganz andere Probleme. Nehmen wir bspw. das neulich verlinkte Abstract der AWARE-Studie:
Ein Herzstillstand wurde bei 2060 Patienten festgestellt. 32% diese Patienten haben überlebt, also 657. Davon wurde wiederum nur ca. 1/4 interviewt, macht dann nur noch 152 Patienten. Bei 89% dieser interviewten Patienten standen Informationen über visuelle oder auditive Eindrücke zur Verfügung, wobei 37% von ihnen über irgendwelche visuellen und auditiven Eindrücke während der Zeit ihres Herzstillstandes berichteten. Von diesen mittlerweile nur noch ungefähr 50 Patienten hatten 70% einen Greyson score > 0 und 30% einen Greyson score >= 7 (Greyson selbst gibt an, dass ein Minimum von 7 nötig ist, um überhaupt von einer NTE sprechen zu können). Von diesen gerade mal nur noch 15 Patienten berichteten dann lediglich 2 Patienten von einer AKE, wobei diese beiden Patienten sich aber gerade und ausgerechnet in Kliniken befanden, wo keine dieser lustigen Bildchen aufgehängt waren.
Alles in Allem ein doch eher nüchternes Resultat für eine derart umfangreiche und langjährige Studie. Und die letzte, etwas größer angelegte und Aufsehen erregende Studie rund um NTEs war meines Wissens die von Pim van Lommel, das war 2001, also vor 13 Jahren. Die nächste größere Studie wird wohl ebenfalls erst wieder in 5-15 Jahre zu erwarten sein. Bis man das Phänomen NTE verstanden haben wird, können also noch locker 50 Jahre vergehen.
:(Oh, und Mäuse haben sicher ein Bewusstsein, nur können sie uns leider nicht bei Bedarf mitteilen, WIE sie ihre NTE (falls geschehen) erlebt haben, wodurch die Grundlage für weitere Nachforschungen schon mal fehlt. Deshalb sehe ich in dieser Hinsicht keinen Sinn in Studien bei Mäusen oder Ratten.
Noch einmal: Weder geht es darum, OB Mäuse/Ratten NTEs erleben, noch darum, WIE sie sie erleben, sondern um die Funktionsweise eines Organs bzw. des Gehirns während des Sterbeprozesses. Und hier war die bisherige Annahme, dass so ein Gehirn mit dem Erliegen der Blut- und Sauerstoffzufuhr so ziemlich augenblicklich sämtliche Aktivitäten einstellt und auch jegliche neuronalen Prozesse zum Erliegen kommen, was dann schließlich zu der Frage führte, wie es überhaupt zu NTEs kommen kann, so gemäß dem gegenwärtigen Paradigma der Hirnforschung eben sämtliche mentalen Prozesse ein Mindestmaß an neuronaler Aktivität voraussetzen. So hatte man sich ja auch schon im verlinkten SPIEGEL-Artikel geäußert:
"Nach einem Herzstillstand steigt die Hirnaktivität kurzzeitig deutlich an. Dieses Ergebnis einer Tierstudie widerspricht Annahmen, dass die Tätigkeit des Denkorgans beim Prozess des Sterbens langsam versiegt."Wo ich gerade ein wenig am Recherchieren bin... Man kann natürlich den Schluss von Ratte auf Mensch bestreiten, aber es scheint tatsächlich auch schon Studien bei Menschen gegeben zu haben, wo sich exakt das gleiche Phänomen wie schon bei den Ratten zeigte:
Studie: Gehirnaktivität steigt kurz vor dem Tod stark an
Washington/ USA - Wissenschaftler der George Washington Universität haben entdeckt, dass kurz vor dem Tod die Hirnaktivität noch einmal stark ansteigt. Die Forscher glauben darin eine mögliche Erklärung für die immer wieder beschriebenen spezifischen Symptome von Nahtod-Erfahrungen gefunden zu haben.
Das Team um Lakhmir Chawla untersuchte die Hirnaktivitäten von sieben sterbenden Patienten und entdeckte, dass die Aktivität der Hirnwellen kurz vor deren Tod deutlich ansteigt.
Im Fachmagazin "Journal of Palliative Medicine" haben die Wissenschaftler ihre Ergebnisse nun veröffentlicht. Sie vermuten, dass die erhöhte Aktivität des Gehirns von den Sterbenden möglicherweise von den Nervenzellen verursacht wird, wenn diese durch den Rückgang des Blutdrucks von der Sauerstoffzufuhr abgeschnitten werden. "Alle Neuronen im Gehirn sind miteinander verbunden. Erhalten sie keinen Sauerstoff mehr, so verlieren sie ihre Fähigkeit, Ströme zu erzeugen", erläutert Chawla. "Stoppt die Durchblutung, dann geben alle Neuronen nahezu zur gleichen Zeit nochmals verstärkt Signale ab und es entsteht eine Art Domino-Effekt. Dieser könnte die vermehrte Hirnaktivität erklären".
Der Umstand, dass nicht alle ins Leben zurückgekehrten Patienten von Nahtod-Erfahrungen, wie etwa dem hellen Licht am Ende eines Tunnels berichten, glauben die Forscher damit erklären zu können, dass sich der Wegfall der Sauerstoffzufuhr stark auf das Erinnerungsvermögen auswirken kann.
Allerdings betonen die Forscher mehrere Einschränkungen dieser Studie. „Erstens, wir hatten kein vollständiges EEG bei den Patienten, um den ganzem Umfang dieser Beobachtungen zu verstehen. Zweitens, können wir nicht Möglichkeiten von anderen Typen von Artefakten oder Signalen ausschließen, die für diese BIS/PSI-Spitzen verantwortlich sein könnten.“ Die erhöhte EEG-Aktivität trat auch nur sehr kurzzeitig und zu Beginn der Anfangsphase der EEG-Degression auf. Entgegen voreiligen Schlussfolgerungen in einigen Medien können die Ergebnisse der Studie auch nicht Nahtoderfahrungen „erklären“. Wie in vielen vergleichbaren Studien ist über die Inhalte der Nahtoderfahrungen damit noch nichts ausgesagt. Bestenfalls erlauben sie Vermutungen über einen Auslösefaktor. Und so betonen die Forscher selbst: „Unsere Schlussfolgerung, dass dieser „Spike“ ‚Nahtoderfahrungen’ erklären könnte, ist völlig spekulativ.“ Zukünftig wollen die Forscher ihre Untersuchungen auf noch größere Patientengruppen ausdehnen.http://www.iands-germany.de/html/aktuell.htmlDamit dürfte sich dann die Frage, ob das Gehirn einer Ratte signifikant anders stirbt als das Gehirn eines Menschen, offenbar erledigt haben. Alles deutet nun einmal daraufhin, dass auch bei Menschen das Gehirn während des Sterbeprozesses noch einmal zu Hochform aufläuft, bevor es dann endgültig und für immer seine Arbeit einstellt, und wie dieser Effekt dann schließlich für NTEs verantwortlich gemacht werden kann.
Die entscheidende Frage ist, ob es beim Menschenhirn nach einem Herzstillstand in gleicher Weise - wie schon bei den Ratten - plötzlich zu einer erhöhten neuronalen Aktivität im Gehirn kommt. In diesem Fall könne sie ursächlich für NTEs (bei Menschen) verantwortlich gemacht werden - unabhängig davon, ob Ratten denn nun ebenfalls NTEs erleben oder nicht.
Eben nicht! Wenn bei beiden nach einem Herzstillstand erhöhte Neuroaktivität feststellbar ist, steht das erst mal für sich im Raum. Haben Ratten jetzt keine NTE, Menschen aber schon, dann muss man sich fragen, warum es bei Ratten NICHT zu NTE kommt, womit man nicht mehr konkludieren kann, dass die erhöhte Neuroaktivität sicher Auslöser für die Erlebnisse ist.
Aha, man könne deiner Meinung nach also nicht mit Sicherheit sagen, dass bei Menschen die erhöhte Neuroaktivität Auslöser für NTEs sind, weil man ja schließlich nicht mit Sicherheit sagen könne, dass bei Ratten die erhöhte Neuroaktivität Auslöser für NTEs sind. Ist das so richtig...?
Dass Ratten ebenfalls eine NTE erleben, dafür sprechen bereits einige Indizien (noch einmal der SPIEGEL-Artikel):
Die Hirnforscher um Jimo Borjigin verglichen die Hirnaktivitäten von neun Ratten im Wachzustand, unter Narkose und nach einem Herzstillstand. "Falls die Nahtoderfahrung von einer Hirnaktivität stammt, sollte man neuronale Bewusstseinskorrelate bei Menschen oder Tieren nach dem Ende der Blutversorgung des Gehirns identifizieren können", sagt Borjigin. Bei neuronalen Korrelaten handelt es sich um Bewusstseinszustände, die sich aus Hirnströmen ablesen lassen.
Und tatsächlich zeigten alle Tiere in den ersten 30 Sekunden nach dem Herzstillstand auffällig synchrone Muster von Gamma-Hirnwellen, als ob das Gehirn wach und extrem stimuliert wäre. "Das hohe Maß der Aktivität überraschte uns", sagt der Neurochirurg George Mashour. "Viele elektrische Merkmale des Bewusstseins überstiegen sogar die Werte des Wachzustands. Das deutet darauf hin, dass das Gehirn im frühen Stadium des klinischen Todes zu gut organisierter elektrischer Aktivität fähig ist."Sämtliche Schlussfolgerungen stehen natürlich stets unter Fallibilitätsvorbehalt. Doch die Indizien sind nun einmal ziemlich erdrückend.
Außerdem konnte man in Untersuchungen bei Menschen, die solche Erfahrungen hatten, sogar tlw. gar keine Aktivität mehr nachweisen. Prominentes Beispiel wäre Pam Reynolds.
Dass ihr Gehirn die ganze Zeit über 'flatlined' war, lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit sagen. Ganz im Gegenteil sind immer wieder erhebliche und begründete Zweifel daran laut geworden.
Scox schrieb:Hättest du richtig gelesen, wäre dir auch nich der Spruch mit dem Bewusstsein von der Leber gerutscht. ;) Das Herz und der Intestinalbereich haben autonome Nervensysteme, warum sollen also bei einer Transplantation keine Persönlichkeitsmerkmale übertragen werden? Die Theorie mit dem Zellgedächtnis ist das, was sie ist - eine Theorie.
Naja, ich halte die Annahme, dass mit einer Organtransplantation gewisse Persönlichkeitsmerkmale übertragen werden würden, ebenfalls eher für Unsinn. Ein bisschen zum Thema passend gab's aber mal eine recht empfehlenswerte ARTE-Doku: "Der kluge Bauch - unser zweites Gehirn". Auf YouTube und andernorts leider überall gelöscht, aber vllt. findet man die Doku noch irgendwo oder irgendwann im Netz.
Scox schrieb:Das ist auch der Grund, warum man über das sog. "Bauchhirn" diskutiert.
Ja, genau, das "Bauchhirn".
:)Wirklich blöd, dass die Arte-Doku bei YT gelöscht ist.
:(