T.Rick schrieb:Durch einen Gott (Poseidon/Natur)? Wieviele Städte der Antike wurden durch "Götter" mit Schutzwällen ausgestattet?
Wassndas jetzt für ne Frage? Auch Du hast also gar nicht erst in den Platotext reingeschaut, um mal nachzusehen, ob was über den Zweck dieser Anlage mitgeteilt wird. Aber es steht nun mal da (Krit113d.e):
Er trennte (deshalb) auch den Hügel, auf welchem sie wohnte, rings herum durch eine starke Umhegung ab, indem er mehrere kleinere und größere Ringe abwechselnd von Wasser und von Erde um einander fügte, und zwar ihrer zwei von Erde und drei von Wasser, und mitten aus der Insel gleichsam herauszirkelte, so daß ein jeder in allen seinen Teilen gleichmäßig von den anderen entfernt war; wodurch denn der Hügel für Menschen unzugänglich ward
Das "wodurch" ist übrigens nicht gut übersetzt. Im Griechischen steht hôste, eine Konjunktion, die entweder konsekutive (sodaß) oder finale (damit) Bedeutung vermittelt. Das "wodurch" klingt mehr nach modal, was hier den erzielten Effekt als "zufälliges Nebenergebnis" implizierten könnte. Tatsächlich aber wird dieses Ergebnis dennoch ausdrücklich mitgeteilt (und kein anderer Sinn oder Nutzen), es geht also genau um diesen Effekt.
Und dann ist Deine Frage danach, was ein Gott tun oder für nötig halten würde, ohnehin unsinnig und letztlich nur ein Ausweichen. Deine Behauptung war
T.Rick schrieb:Das einzige, was einen Menschen der Antike überhaupt auf die Idee mit riesigen ringförmigen "Kanälen" hätte bringen können, wäre eine entsprechende natürliche Formation, wie besagter Ring-Rest von einer Insel.
Und ein menschengemachtes System von Wällen und Gräben ist nun mal durchaus etwas, "was einen Menschen der Antike überhaupt auf die Idee mit riesigen ringförmigen "Kanälen" hätte bringen können"!
T.Rick schrieb:Allenfalls der dritte, innerste Kanal um das Allerheiligste, nicht schiffbar, war ein künstliches Produkt
Wo holste denn das her?
T.Rick schrieb:Heute nicht. Wie die Insel mit Caldera vor der Eruption genau aussah, weiß heute keiner.
Dann erspar Dir auch die Spekulation dazu. Wie soll das denn die vermeintliche Ähnlichkeit "stützen"?
T.Rick schrieb:Aber kaum so "zahnlückig" unregelmäßig wie heute.
Wieso das? Es handelte sich auch zuvor um eine Caldera, und damit kann diese jede natürliche Gestalt - und damit Abweichung von ner hübschen Ringstruktur - gehabt haben wie die heutige Caldera.
Zumal es ziemlich unnütz ist, sich auf die Strukturen von vor der minoischen Eruption zu beziehen. Die kannte Plato nicht, die kannte keiner seiner Zeitgenossen. Wenn, dann kannten sie das Aussehen zu ihrer Zeit. Klar, Platon kannte ja auch kein Aussehen Atlantis' von über 9000 Jahren vor seiner Zeit. Aber hier behauptet er ja wenigstens, es seien detaillierte Überlieferungen bis zu ihm gelangt, weil die öllen Ägypter das so minutiös aufgeschrieben hatten. Welche Aufzeichnungen aus der Zeit vor der minoischen Eruption über das Aussehen der Insel sollen denn durch die Dunkeln Jahrhunderte bis in das Klassische Griechenland gelangt sein? Ägypter schrieben sowas ja nicht auf.
T.Rick schrieb:Was eine jüngere Erkenntnis zu sein scheint, die Darstellungen die eine wassergefüllte Caldera auf der Insel schon vor dem großen Ausbruch zeigen sind nicht alt. Früher scheint man generell von einer hoch aufragenden Vulkaninsel ausgegangen zu sein, also nichts mit einem kreisförmigen Inlandssee.
Und auch das ist keine alte Vorstellung, sondern eine neue. Was die Damaligen annahmen, kannst Du daraus nicht erschließen.
T.Rick schrieb:Die hängenden Gärten waren nur begrünte Palastterrassen mit speziellem Unterbau für eine unterirdische Bewässerung.
Dennoch wurde hier Natur durch eine künstliche Anlage ersetzt bzw. in unnatürlicher Umgebung ermöglicht. Es war eine kulturelle Leistung, und genau dies wurde auch wahrgenommen (deswegen Weltwunder).
T.Rick schrieb:die kannst Du gleich aus Deinen Beispielen streichen
China oder Mesoamerika streiche ich nicht, denn in meiner Darlegung ging es nicht ansatzweise um Platons Kenntnisstand. Sondern ich bezog mich auf Dein
T.Rick schrieb:ganz so landschaftsverändernd war man damals noch nicht drauf
Und dafür habe ich dann einige
für Dich bekannte Beispiele gebracht, daß "Naturveränderung" auch und gerade in Sachen Wasserhaushalt wesentlich zu den Alten Kulturen gehörte. Um zu zeigen, wie bekannt das für Menschen solcher Kulturen allgemein gewesen sein muß.
Und erst von diesem "Gräben sind bekanntes Allgemeingut" her schlußfolgere ich, daß auch Platon & co. sattsam mit Gräben etc. vertraut sind und sie nicht allenfalls nebensächlich als Spielereien um Lustschlößchen kennen odgl.
So kannten die Griechen nicht nur das Wort
ochetos für "Kanal" und dessen Varianten
ocheteuma und
ocheteia, sondern hatten auch das Denominativ (Wortbildung aus einem Nomen)
ocheteuein, also eine Ableitung wie bei uns "kanalisieren" von "Kanal" abgeleitet ist, wobei, das griechische Verb ebenfalls "kanalisieren" bedeutet. Darüber hinaus können auch andere Vokabeln einen Kanal bezeichnen, so
aulôn für schmale oder tiefe Kanäle,
oryx für einen unterirdischen oder überdachten Kanal o.ä.,
sôlên für einen Kanal mit befestigtem Bett.
T.Rick schrieb:Platons Großvater Solon, von dem die Atlantis-Geschichte angeblich ausging, wurde laut dieser Geschichte von seinem ägyptischen Führer gescholten, daß die Griechen (von Solons Zeit), wie Kinder wären, die ahnungslos ob ihrer eigenen Vergangenheit aufwüchsen, nach dem "dunklen Zeitalter Griechenlands" Wikipedia: Dunkle Jahrhunderte (Antike) , und wenn man selbst über die eigene Vergangenheit kaum was weiß, hat es wohl mit dem Wissen über den Rest der Welt nicht viel besser ausgesehen.
Erstens: Solon (640 - 560 v.Chr.) war nicht der Großvater Platons (428/7 - 348/7 v.Chr.). Vielmehr war Solon vorgeblich ein Zeitgenosse und Bekannter von Dropides und dessen Sohn Kritias, welch letzterer wiederum der Großvater jenes Kritias war, der an den Dialogen mit Sokrates teilnahm, von denen Platon schreibt.
Zweitens: Die Dunklen Jahrhunderte waren zwar historisch gesehen durchaus eine gewisse kulturelle Zäsur (wiewohl nicht arg so schlimm wie man lange annahm), doch berichtet Solon durchaus von Geschehnissen, die über jene Dunklen Jahrhunderte hinausreichen. Hier würd ich die nicht anführen.
Drittens: Du "belegst" zwar mit dem Saiten, daß die historische Kenntnis der Griechen nicht sonderlich weit zurückreichst, tust dies aber ausgerechnet mit dem, von dem Solon ja ausgerechnet diese historische Kenntnis von Atlantis erhalten haben soll. Damit hat sich Deine "Argumentation" doch völlig erledigt.
Hingegen ist dies genau die Argumentation des Platon - und hier paßt sie wie Faust auf Auge! Die Griechen wissen nichts so Altes wie Atlantis. Die Ägypter schon. Ein Ägypter erzählts einem Griechen. Der wills in Versform veröffentlichen, kommt aber nicht mehr dazu. Er erzählts aber einem anderen Griechen, und der gibts in der Family weiter, bis ein Nachkomme es in der Dialogrunde erzählt. Und Platon schreibts nieder und macht es so allen (gebildeten) Griechen bekannt.
Ich würd mal sagen: Platon Eins, Du Null!
[Natürlich: hast, nicht: bist.]
T.Rick schrieb:Und nicht zu vergessen, die Kanäle von "Atlantis" sollen ja (bis auf den innersten vielleicht) gar kein Menschenwerk gewesen sein.
Ich kann nicht erkennen, daß das eine nennenswerte Rolle spielt. Allenfalls die Dimensionen werden damit erklärlich. Ansonsten ist da eben sonst niemand, und Poseidon wirkt da letztlich als stinknormaler pater familiae, als Scheff von't janze, baut ne Hütte und umzäunt den Jarten für Käthe und die Jöhrn, salopp gesagt.
T.Rick schrieb:erfordert schon ziemlich viel Phantasie.
Ach, und ansonsten kommt Dir Platons Atlantisstory phantasielos vor?
T.Rick schrieb:Hätte eine rein erfundene Atlantis-Geschichte nicht genausogut ohne Kanäle funktioniert?
Sie hätte auch ohne die detaillierten Angaben zur Hauptebene, den Bergen, Gewässern, der Steilküste, den Mauern, dem Verbindungsgraben, den Gebäuden, Bräuchen, der Heeresordnung und manch anderem auskommen können. Platon hat dennoch all den Krams geschrieben. Ist das alles jetzt ein Anlaß für Dich dafür, all diese Detais in realen Vorgaben wiederfinden müssen zu wollen?