@Africanus Mal ein paar Infos zu deinem heißgeliebten Warren Report :
Warren-Report
Präsident Johnson wollte einen unabhängigen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Attentats verhindern und setzte schließlich einen politischen Ausschuss ein, den er selbst zusammenstellte. Mit der Leitung betraute er den umstrittenen Vorsitzenden Obersten Richter Earl Warren, einem früheren Funktionär des Ku Klux Klans. Warren war mit dem Mafiaanwalt Murray Chotiner befreundet, der u.a. den Bruder der Privatsekretärin von Marcello vertrat. Hale Boggs stammte aus Louisiana und war Marcello wegen Wahlkampfspenden verpflichtet. Ebenfalls aus Louisiana kam Staatsanwalt Leon D. Hubert, der dort für seine Zurückhaltung gegenüber der Marcello-Organisation bekannt war. Die Senatoren Richard Russel und John Sherman Cooper hatten kein Interesse daran, dass der Mord an Bürgerrechtler Kennedy weißen Rassisten aus dem Süden angelastet werden würde – wie etwa dem Schwarzen-Hasser und Clan-Spender Marcello. Als eifrigstes Mitglied erwies sich der zwielichtige Erzrepublikaner Allen Dulles, der die CIA aufgebaut hatte, welche die Kennedys nach dem Versagen in der Schweinebucht vergeblich unter ihre Kontrolle zu bringen versucht hatten.
Aus unbekanntem Grund ließ Chief Justice Earl Warren den Verdächtigen Ruby seinerzeit nicht durch den damaligen Ruby-Spezialisten vernehmen, sondern wurde neben Boggs von zwei insoweit unerfahrenen Ermittlern begleitet. Sowohl die CIA als auch das FBI verfügten über bemerkenswerte Erkenntnisse über Ruby und Oswald, enthielten sie jedoch der Warren-Kommission vor.
Johnson hatte die Warren-Kommission angewiesen, zur Vermeidung von außenpolitischen Spannungen jedes Ergebnis zu vermeiden, das die Sowjetunion oder Kuba belastete. Die wenig motivierten wie zerstrittenen Ausschussmitglieder waren von der Option, mit Oswald einen verrückten Einzelgänger als Lösung des Rätsels präsentieren zu können, begeistert. Der Fall konnte auf diese Weise elegant abgeschlossen werden, ohne die sensiblen Sicherheitsbehörden oder die Mafia mit lästigen Fragen zu behelligen. Einzig Boggs widerrief später seine Absegnung der Single Bullet-Theorie.
Zur Überraschung vieler Beobachter in New Orleans tauchte die Mafia nicht als Verdächtige im Warren Report auf, obwohl Marcellos Ankündigung des Mordes in der Stadt die Runde gemacht hatte und der sizilianische Kodex der Mafia eine ebenbürtige Reaktion auf die öffentliche Demütigung Marcellos durch Robert Kennedy verlangt hatte. Im Gegensatz zu den anderen italoamerikanischen Mafiabossen, die einen Präsidentenmord als unpatriotisch empfunden hätten, gab es keine entsprechende patriotische Tradition im frankophilen Louisiana, das einst Napoleon an Präsident Thomas Jefferson schlicht verkauft hatte und von europäischer Mentalität geprägt war. Für Marcello waren die Leute aus Washington nur weit entfernte Papiertiger und allesamt käuflich – bis auf die schwerreichen Kennedys.
Kannten sich Ruby und Oswald?
Nun ist also ein neues Dokument aufgetaucht, das einen angeblichen Dialog zwischen Oswald und seinem Mörder Ruby bietet, der ihn sogar vor einem solchen Verdeckungsmord warnt. Die Annahme, dass sich Ruby und Oswald kannten, ist alles andere als neu und wird etwa in den Untersuchungen des Journalisten Jonathan Kwitny von 1988 auf mehrere Zeugenaussagen gestützt:
Die Cocktailserviererin Esther Ann Mash, die angeblich auch Rubys Geliebte war, gab an, sie habe beide mehrfach in Rubys "Carousel Club" gesehen, ebenso die Nachtclubsängerin Beverly Oliver und die Stripperin Janet "Jada" Conforto. Anwalt Carrol Jarnigan aus Dallas sagte sogar vor der Warren-Kommission, Ruby und Oswald am Abend vor dem Mord im "Carousel" gesehen und eine Diskussion aufgeschnappt haben, bei der es um eine geplante Erschießung von Senator John Connally gegangen sei.
Rose Cheramie, eine von Jack Rubys Prostituierten, warnte zwei Tage vorher vor dem Mordanschlag in Dallas. Ihr zufolge habe die Unterwelt von New Orleans einen Preis auf Kennedy ausgesetzt. Zuvor war sie nach einem Streit von zwei mafiösen Exilkubanern ausgesetzt worden, die Kontakt zu Banister und Ferrie hatten.
Auch Oswalds Witwe Marina erklärte dem Enthüllungsjournalisten Jack Anderson, sie glaube an eine Intrige des Mobs, die sich eigentlich gegen Robert Kennedy gerichtet habe. Oswald habe stets nur positiv von den Kennedys gesprochen, sei irgendwie manipuliert worden und habe möglicherweise tatsächlich als Agent für die Regierung gearbeitet. In eine ähnliche Richtung geht die bizarre Geschichte des Militärgeheimdienstlers Richard Case Nigell, der auf Oswald angesetzt war, um diesen von einem Attentat auf den Präsidenten abzuhalten. Nigell will FBI-Chef Hoover detailliert über die Attentatspläne informiert haben. Da das FBI nichts veranlasst habe, will Nigell eine Intrige gewittert haben. Jedenfalls besorgte er sich ein handfestes Alibi, in dem er zwei Tage vor dem Attentat in einer Bank in die Decke schoss, um sich festnehmen zu lassen.
Murchisons Party
Die bemerkenswerteste Zeugin für eine Bekanntschaft zwischen Oswald und Ruby war jedoch Madeleine Duncan Brown, Johnsons Geliebte und Mutter eines gemeinsamen Sohnes, die von Johnson testamentarisch bedacht wurde. Brown kannte Ruby nicht nur bestens aus dem Carousel Club, sondern berichtete von einer höchst exklusiven Party im Hause von Dallas reichstem Ölbaron Murchison am Abend vor dem Attentat. Anwesend waren neben Vizepräsident Johnson, den rechtsgerichteten Finanziers Murchison und H.L. Hunt u.a. auch Wahlverlierer Nixon, Senator Connally, FBI-Chef Hoover - und mehrere Vertreter der Unterwelt: Marcello, sein Stadthalter in Dallas Civello und der Mann für besondere Aufgaben Ruby.
Brown berichtet, Johnson habe ihr nach einer Besprechung eröffnet, er werde nächster Präsident werden. Die "Hurensöhne" würden ihn nie wieder aufregen – dies sei keine Drohung, sondern ein Versprechen. Ihn aufzuregen, genau das hatten die beiden Kennedys gerade wieder getan, denn nach Johnsons aktuellen Skandalen, welche Verbindungen zur Mafia ruchbar machten, hielten die Kennedys ihren Vizepräsident für die 1964 anstehenden Wahlen nicht mehr für tragbar. Brown zufolge sei bereits seit Kennedys Wahl in Texas über ein Mordanschlag diskutiert worden.
Auf der Party von Murchison soll auch dessen Mitarbeiter D.H. Byrd anwesend gewesen sein. Byrd hatte die rechtsgerichtete Civil Air Patrol gegründet, in der sich Ferrie und Oswald kennen gelernt hatten. Außerdem besaß Byrd zufällig ein interessantes Gebäude in Dallas: Das Texas School Book Depositary. In dessen sechsten Stock wurde ein unvollständiger Fingerabdruck gefunden, der 1998 in hohem Maße mit dem eines bei Murchison verkehrenden Gangsters namens Malcolm Wallace übereinstimmt. Wallace steht im Verdacht, bereits 1951 einen politischen Mord in Texas ausgeführt zu haben, von dem Johnson profitiert hatte. Auch Wallace soll laut Brown Gast auf Murchisons Party gewesen sein.
Die Party vor dem Attentat bei Murchison sowie die Anwesenheit etwa von seinem langjährigen Freund Hoover wurden bestätigt, nicht allerdings die angebliche Gästeliste. So überzeugend die betagte Madeleine Brown in diesem 80-minütigen Interview auch agieren mag, so blieb sie für die Vorkommnisse auf dieser geheimnisumwitterten Party die einzige Zeugin. Nicht alle Details von Browns Bericht halten einer Überprüfung stand, was allerdings für eine in der Vorbereitung bereits abgeschlossene Konspiration auch keine Voraussetzung gewesen wäre.
Lyndon B. Johnson
Der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wäre zweifellos für ein erforderliches Cover Up ein denkbar zweckmäßiger Bündnispartner gewesen: Zwar beherrschte Marcello den Sonnenstaat Louisiana und kontrollierte die Unterwelt von Dallas; auch reichte sein Arm in Person des einflussreichen Lobbyisten Irving Davidson bis nach Washington, doch um die mysteriöse "Autopsie" des Präsidenten durch Militärärzte zu steuern und Ermittlungsbehörden wie Secret Service, CIA und FBI effizient zu blockieren, zu solcherlei bedurfte es anderer Befehlsstrukturen und Verbündeter. Mächtige Kennedy-Gegner, die Johnson vorgezogen hätten, gab es insbesondere im Pentagon und in der amerikanischen Sicherheits-Community, etwa den nach Vorschlag der terroristischen Operation Northwoods nach Europa abgeschobene General Lyman Louis Lemnitzer. Oder John J. McCloy, der Kennedy während der Kubakrise beraten hatte, später als Mitglied der Warren Kommission fungierte – und laut Brown ebenfalls Gast auf Murchisons exklusiver Party gewesen war. Oder der nach der Invasion in der Schweinebucht von Kennedy seiner Position in der CIA enthobene Dulles-Vertraute General Charles Pearre Cabell. Dessen Bruder Earle Cabell, damals Bürgermeister von Dallas, war für die Planung der Fahrtroute zuständig gewesen war, die einen überflüssigen Schlenker über die Elm Street machte – direkt am Grashügel vorbei.
Zu den ersten Amtshandlungen Johnsons zählte die Revidierung der unter Kennedy ausgearbeiteten Rückzugspläne der geheimen Operationen in Vietnam. Durch den hierdurch forcierten Vietnamkrieg rettete Texaner Johnson die schwächelnde texanische Helikopter-Industrie und verdiente auch selbst an kriegsbedingten Bauprojekten mit. Selbst Lyndon B. Johnsons Anwalt behauptet inzwischen, dieser sei an einem Mordkomplott gegen Kennedy beteiligt gewesen. Auch Ex-CIA-Mann und Watergate-Verschwörer E. Howard Hunt, der enttäuscht von Kennedys Kuba-Politik in das Lager Nixons gewechselt war und den manche an der Dealey-Plaza gesehen haben wollen, machte auf seinem Sterbebett Andeutungen über Johnsons Beteiligung am Coup d'Etat.
Als Johnson angeblich erst gegen Ende seiner Amtszeit von den Mordprogrammen der CIA erfuhr, lastete er sie den Kennedys an, obwohl es sich im Gegensatz zur von Robert Kennedy befohlenen Operation Mongoose hierbei genausogut um Eigenmächtigkeiten von CIA-Leuten wie Richard Helms und Desmond FitzGerald gehandelt haben könnte, wie sie unter der Ära Dulles üblich waren. "Kennedy was trying to get Castro, but Castro got to him first." pflegte Johnson zu kommentieren. Ein Ablenkungsmanöver?
Ruby an der Dealey-Plaza?
Ruby selbst befand sich nach eigenen Angaben während des Attentats in den Räumen der "Dallas Morning News", was von Zeugen bestätigt wurde. Die allerdings widersprüchlich aussagende Zeugin Julia Ann Mercer will Ruby jedoch vor der Tat in der Nähe des Grashügels in einem Kleinlaster mit einem verpackten länglichen Gegenstand gesehen haben. Nach der Tat wurde ein entsprechender Mann von einem Polizisten auf der Dealey-Plaza dabei beobachtet, wie er sofort nach dem Mord einen verpackten länglichen Gegenstand in seinen Pkw einlud. Das vom Polizisten notierte Kennzeichen gehörte zu Ruby.
Den besten Überblick über das Attentat hatte der Bahnbedienstete Lee Bowers, der von zwei Männern hinter dem Zaun auf dem Grashügel berichtete, die anschließend in seine Richtung zu den Gleisen und dem Parkplatz liefen. Seine Aussage wurde von anderen Zeugen, die nicht von der Warren-Kommission gehört wurden, bestätigt. So auch J. C. Price, der die Szene von oben beobachten konnte. Auf Amateurfilmen kann man deutlich erkennen, wie nach einem Schreckensmoment viele Zeugen auf den Grashügel zu rennen, offenbar, um Attentäter zu verfolgen.
Ein kontrovers diskutiertes Mosaiksteinchen bot eine Untersuchung eines Fotos der Zeugin Mary Anne Moorman, die auf der zu Bowers gegenüberliegenden Seite des Grashügels stand und kurz nach dem Kopfschuss den Präsidenten mit dem Zaun im Hintergrund aufgenommen hatte. Auf der Vergrößerung dieses Ausschnitts , - hier eine kolorierte Nachbearbeitung – wollen manche einen wie ein Geist schemenhaft auftauchenden Schützen nebst Mündungsfeuer erkennen, der eine Polizeimarke trug – seither bekannt als "Badge Man".
Quelle:
http://www.heise.de/tp/artikel/27/27447/3.htmlDas Kennedy-Puzzle