Freimaurer
19.06.2008 um 14:10Wobei Habermas sehr gut den Begriff Toleranz anders auslegt und auch den Schritt zur Überzeugungsarbeit nimmt:
Gegenüber abgelehnten Religionen oder Weltbildern Toleranz üben, heißt natürlich nicht, den Einfluss von Glaubensgewissheiten auf die Praxis zu unterbinden, aber sie stellt diesen Transfer von der einen zur anderen Ebene unter gewisse Kautelen. Eine tolerante Einstellung modifiziert die Handlungsdispositionen dadurch, dass sie über einen fortbestehenden religiösen oder weltanschaulichen Dissens hinweg zur Achtung der Person des Andersgläubigen und Andersdenkenden als eines gleichberechtigten Mitbürgers anhält.
Anhand dieses Maßstabes muss sich allerdings eine kognitive Differenz als vernünftig erweisen, wenn Toleranz eine sinnvolle Antwort darauf sein soll. Toleranz kann nur greifen, wenn es für die Ablehnung konkurrierender Geltungsansprüche legitime Gründe gibt: "Wenn jemand Menschen mit schwarzer Hautfarbe ablehnt, sollten wir ihn nicht zu einer ‚Toleranz gegenüber Andersaussehenden' auffordern...Denn dann akzeptierten wir sein Vorurteil als ein ethisches Urteil, das der Ablehnung einer anderen Religion ähnlich ist. Ein Rassist soll nicht tolerant werden, er soll seinen Rassismus überwinden." In diesen und ähnlichen Fällen halten wir eine Kritik der Vorurteile und den Kampf gegen Diskriminierung und nicht etwa "mehr Toleranz" für die angemessene Antwort. Erst religiöse Gleichberechtigung konfrontiert die Bürger mit der Frage, wie sie mit Andersgläubigen, die zugleich Mitbürger sind, sozial umgehen sollen.
Die Toleranzfrage stellt sich erst nach Beseitigung der Vorurteile, aufgrund deren eine Minderheit zunächst diskriminiert worden ist. Aber was berechtigt uns, die Beschreibungen, die der religiöse Fundamentalist, der Rassist, der sexuelle Chauvinist, der radikale Nationalist oder der xenophobe Ethnozentriker jeweils von "ihrem Anderen" geben, "Vorurteile" zu nennen? Wir erlauben uns diese stigmatisierende Rede im Lichte des egalitär-universalistischen Maßstabs der staatsbürgerlichen Gleichheit, der sowohl Gleichbehandlung wie auch die gegenseitige Anerkennung als "ebenbürtiger" oder "vollwertiger" Mitglieder des politischen Gemeinwesens verlangt. Die Norm der vollständigen Inklusion aller Bürger muss akzeptiert sein, bevor wir uns Toleranz zumuten können. Erst der Maßstab der Nicht-Diskriminierung liefert für den toleranten Umgang der Bürger untereinander die moralischen und rechtlichen Gründe, die die epistemischen Gründe für die Ablehnung der bloß tolerierten Überzeugungen und Einstellungen des Anderen übertrumpfen. Auf dieser Grundlage einer normativen Übereinstimmung kann das Konfliktpotential der in der kognitiven Dimension fortbestehenden Widersprüche zwischen konkurrierenden Weltbildern in der sozialen Dimension der staatsbürgerlichen Gleichheit entschärft werden. Insofern beginnt Toleranz erst jenseits der Diskriminierung
Gegenüber abgelehnten Religionen oder Weltbildern Toleranz üben, heißt natürlich nicht, den Einfluss von Glaubensgewissheiten auf die Praxis zu unterbinden, aber sie stellt diesen Transfer von der einen zur anderen Ebene unter gewisse Kautelen. Eine tolerante Einstellung modifiziert die Handlungsdispositionen dadurch, dass sie über einen fortbestehenden religiösen oder weltanschaulichen Dissens hinweg zur Achtung der Person des Andersgläubigen und Andersdenkenden als eines gleichberechtigten Mitbürgers anhält.
Anhand dieses Maßstabes muss sich allerdings eine kognitive Differenz als vernünftig erweisen, wenn Toleranz eine sinnvolle Antwort darauf sein soll. Toleranz kann nur greifen, wenn es für die Ablehnung konkurrierender Geltungsansprüche legitime Gründe gibt: "Wenn jemand Menschen mit schwarzer Hautfarbe ablehnt, sollten wir ihn nicht zu einer ‚Toleranz gegenüber Andersaussehenden' auffordern...Denn dann akzeptierten wir sein Vorurteil als ein ethisches Urteil, das der Ablehnung einer anderen Religion ähnlich ist. Ein Rassist soll nicht tolerant werden, er soll seinen Rassismus überwinden." In diesen und ähnlichen Fällen halten wir eine Kritik der Vorurteile und den Kampf gegen Diskriminierung und nicht etwa "mehr Toleranz" für die angemessene Antwort. Erst religiöse Gleichberechtigung konfrontiert die Bürger mit der Frage, wie sie mit Andersgläubigen, die zugleich Mitbürger sind, sozial umgehen sollen.
Die Toleranzfrage stellt sich erst nach Beseitigung der Vorurteile, aufgrund deren eine Minderheit zunächst diskriminiert worden ist. Aber was berechtigt uns, die Beschreibungen, die der religiöse Fundamentalist, der Rassist, der sexuelle Chauvinist, der radikale Nationalist oder der xenophobe Ethnozentriker jeweils von "ihrem Anderen" geben, "Vorurteile" zu nennen? Wir erlauben uns diese stigmatisierende Rede im Lichte des egalitär-universalistischen Maßstabs der staatsbürgerlichen Gleichheit, der sowohl Gleichbehandlung wie auch die gegenseitige Anerkennung als "ebenbürtiger" oder "vollwertiger" Mitglieder des politischen Gemeinwesens verlangt. Die Norm der vollständigen Inklusion aller Bürger muss akzeptiert sein, bevor wir uns Toleranz zumuten können. Erst der Maßstab der Nicht-Diskriminierung liefert für den toleranten Umgang der Bürger untereinander die moralischen und rechtlichen Gründe, die die epistemischen Gründe für die Ablehnung der bloß tolerierten Überzeugungen und Einstellungen des Anderen übertrumpfen. Auf dieser Grundlage einer normativen Übereinstimmung kann das Konfliktpotential der in der kognitiven Dimension fortbestehenden Widersprüche zwischen konkurrierenden Weltbildern in der sozialen Dimension der staatsbürgerlichen Gleichheit entschärft werden. Insofern beginnt Toleranz erst jenseits der Diskriminierung