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Hexenverfolgungen: Das Märchen der 9 Millionen Opfer

4 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Religion, Mystery, Magie ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Hexenverfolgungen: Das Märchen der 9 Millionen Opfer

06.11.2024 um 18:33
Die wissenschaftlich ermittelte Zahl der Hinrichtungsopfer der Hexenverfolgung liegt europaweit bei ca. 50.000 bis 60.000 für den gesamten Zeitraum, der vom 15. bis 18. Jahrhundert reicht. Das ist inzwischen sehr gut erforscht und mit einer wesentlichen Erhöhung der Zahlen ist nicht mehr zu rechnen. Trotzdem geistert bis heute eine Angabe von „Millionen“ Opfern durch populäre Medien, oft eine konkrete Zahl von 9 Millionen.

Der Historiker Wolfgang Behringer, Experte für das Thema Hexenverfolgungen, zeigt sich in seinen Schriften von den verbreiteten Klischees spürbar genervt. Wie er dort darlegt und auch Kollegen es heute sehen, wurden die angeblichen 9 Millionen Todesopfer zu keiner Zeit von der seriösen Wissenschaft vertreten. Die realen Opfer der Verfolgung werden seit über 200 Jahren von Agitatoren zum Kampf gegen das Christentum und für andere Eigeninteressen missbraucht. Und wer die 9-Millionen-Behauptung heute noch vertritt, stellt sich in eine Ecke mit Rechtsextremisten. Harte Kost und ein Grund, sich das einmal näher anzusehen.

Vorab noch der Hinweis auf einen anderen Aspekt des Themas:
Hexenverfolgungen: Das Märchen von den „weisen Frauen" und Hebammen (Beitrag von Borromini)




Der Ursprung der 9 Millionen

Die Zahl geht auf eine spekulative Ermittlung von Gottfried Christian Voigt aus dem 18. Jahrhundert zurück. Voigt hat auf sehr dünner Grundlage gearbeitet, den Zeitraum der Verfolgungen viel zu groß angesetzt, die unterschiedliche Intensität im Lauf der Zeit und in verschiedenen Regionen nicht berücksichtigt und das dann einfach hochgerechnet. Seine Zahlen sind damit völlig hinfällig.
Ähnlich unbefriedigend, jedoch im Sinne einer kruden Volksaufklärung wirkungsvoll, waren die Ausführungen des Quedlinburger Stadtsyndikus Gottfried Christian Voigt (1741 -1791) Über die Hexenprocesse in Deutschland. [...] Voigt ist der Urheber der berühmten »Neun-Millionen-Theorie«
Quelle: Behringer, Wolfgang: Zur Geschichte der Hexenforschung, 1994
https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/handle/20.500.11880/23635
Längst widerlegt ist die Annahme, während der großen Hexenverfolgungen seien neun Millionen Menschen verbrannt worden. In die Welt gesetzt wurde diese Zahl durch den Quedlinburger Stadtsyndikus Gottfried Christian Voigt (gest. 1791), der in einer abenteuerlichen Hochrechnung – ausgehend von einigen Hexenprozessakten, die er im städtischen Archiv fand – für den völlig willkürlich festgelegten Zeitraum von elf Jahrhunderten „Hexenverfolgungen“ bis in seine Zeit mit insgesamt 9.442.994 Hinrichtungen „ermittelt“ haben wollte. [...]

Einsicht: Die kritische Quellenanalyse und Forschung zeigt, dass es europaweit ungefähr 50.-60.000 Hinrichtungen gegeben hat, wobei die Konfession der Gerichtsherren für die latente Bereitschaft, Hexenprozesse zuzulassen beziehungsweise zu führen, offenbar nur eine untergeordnete Rolle spielte.
Quelle: Voltmer, Rita: Vom getrübten Blick auf die frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen – Versuch einer Klärung, 2006
https://fowid.de/sites/default/files/download/hexenverfolgungen_rita_voltmer_ta-2006-12.pdf

Voigt war nicht der erste, der sich an absurden Zahlenangaben versuchte. Vor ihm hatte Voltaire eine willkürliche Zahl von 100.000 in seinem „Essai“ von 1751 angegeben, die ebenfalls oft abgeschrieben wurde.
Die von Voltaire geschätzten [sic] Zahl von 100.000 Hexenhinrichtungen hat die Zeitgenossen beeindruckt und wird bis heute gelegentlich genannt. Entsprechend dem „Esprit“ des Erfinders war sie völlig aus der Luft gegriffen.
Quelle: Behringer, Wolfgang: Neun Millionen Hexen – Entstehung, Tradition und Kritik eines populären Mythos
https://www.uni-saarland.de/fileadmin/upload/lehrstuhl/behringer/PDF/9miohexen.pdf




Der Instrumentalisierung der Opferzahl in Aufklärung und Kulturkampf - 18. bis 19. Jhd.

Am Anfang standen einerseits radikale Aufklärer als Kritiker und Gegner der Kirchen, insbesondere der katholischen, und des Christentums generell; andererseits protestantische Autoren, die den Vorwurf der Hexenverfolgungen von sich weg und zu der katholischen Kirche schieben wollten. Allerdings haben auch katholische Vertreter der Aufklärung die Thesen teilweise übernommen und die Positionen konnten sich vermischen.

Hintergrund waren die konfessionellen Konflikte der Zeit, die antiklerikale Polemik der Aufklärer, der sogenannte Kulturkampf des 19. Jahrhunderts in Deutschland und eine stark protestantisch sowie preußisch-kleindeutsch geprägte Geschichtsschreibung. Vor allem das Buch von Wilhelm Gottlieb Soldan "Geschichte der Hexenprocesse“ von 1843 und die inhaltlich verschärfte Neuauflage durch seine Tochter und seinen Schwiegersohn Heppe von 1880 sind zu nennen. Sie wurden zum Standardwerk und beeinflussen das populäre Bild der Hexenverfolgung bis heute, auch wenn sie in der Forschung als voreingenommen und völlig überholt gelten.
Die fast durchweg protestantischen Historiker suchten die Schuld dafür bei der katholischen Kirche, gleichsam Bestandteil jener »Leyenda ne[g]ra«, mit der auch die Spanische Inquisition belegt worden war - in der Hexenfrage zu Unrecht, wie man heute weiß und noch im 17. Jahrhundert wußte. Von seiten der katholischen Aufklärung war man jedoch durchaus zur Übernahme dieser Lesart bereit [...]

Wurde schon von der deutschen Geschichtstradition insgesamt behauptet, sie wurzele im protestantischen Pfarrhaus, so kann man dies ganz gewiß von der »älteren Hexenforschung« behaupten. Wie Hauber, Schwager oder Horst war Wilhelm Gottlieb Soldan (1803-1869) lutherischer Theologe. [...]
Quelle: Behringer, Wolfgang: Zur Geschichte der Hexenforschung, 1994
https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/handle/20.500.11880/23635
Die protestantisch geprägte Aufklärung wie auch die macht- und kirchenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen dem protestantischen Zweiten Kaiserreich des 19. Jahrhunderts und dem Papsttum instrumentalisierten diese Zahl, um die katholische Kirche und ihre Anhänger zu desavouieren. Vergleichbares geschah während des Nationalsozialismus. Ungeprüft lebt der „Neun-Millionen-Mythos“ auch heute noch fort, wie Ausgaben des „Stern“ aus den Jahren 1982 und 1986 zeigen. Auch Hinrichtungsangaben, die zwischen Hunderttausend und einigen Millionen schwanken, beruhen allein auf reinen Vermutungen.
Quelle: Voltmer, Rita: Vom getrübten Blick auf die frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen – Versuch einer Klärung, 2006
https://fowid.de/sites/default/files/download/hexenverfolgungen_rita_voltmer_ta-2006-12.pdf

Speziell die maßlos übertriebenen Opferzahlen waren aber immer vor allem ein Gegenstand der Polemik, weniger der Wissenschaft, die sich schon damals gegen die Hochrechnungsversuche reserviert zeigte und Einseitigkeiten zu vermeiden suchte.
Die professionelle Geschichtsschreibung wahrte gegenüber solch spekulativen Zahlen Distanz.
Quelle: Behringer, Wolfgang: Neun Millionen Hexen – Entstehung, Tradition und Kritik eines populären Mythos
https://www.uni-saarland.de/fileadmin/upload/lehrstuhl/behringer/PDF/9miohexen.pdf




Die Instrumentalisierung der Opferzahl durch die völkische Bewegung – 20. Jhd.
Wenn sich die seriöse Forschung so deutlich gegen die ideologisch bedingte Opfervermehrung verwahrte, woher kommt dann die große Anhänglichkeit an diese Zahlen bis in die Gegenwart? Die Anwort dürfte weder kritische Zeitgeistmagazine, noch die Frauenbewegung oder die Esoterikszene erfreuen. Denn die „Neun-Millionen-Theorie“ wandelte seit den 1920er Jahren ihre Bedeutung und wurden [sic] im Kontext der NS-Ideologie politisiert und neu interpretiert.
Quelle: Behringer, Wolfgang: Neun Millionen Hexen – Entstehung, Tradition und Kritik eines populären Mythos
https://www.uni-saarland.de/fileadmin/upload/lehrstuhl/behringer/PDF/9miohexen.pdf

Für die völkische Bewegung war das Hexenthema von großem Interesse, denn hinter den vermeintlichen Hexen wurden altgermanische Ursprünge bzw. Reste einer vorchristlichen Religion vermutet, anknüpfend an Thesen von Jacob Grimm (1785-1863) und Jules Michelet (1798-1874). Diese Ideen waren vom Zeitgeist geprägt und sind seit langem überholt, mehr dazu hier:

Hexenverfolgungen: Das Märchen von den „weisen Frauen" und Hebammen (Beitrag von Borromini)

Aus völkischen Kreisen kamen einige Schriften, die das weitere Hexenbild stark beeinflussten. Zu nennen ist Mathilde Ludendorff (1877–1966), die in ihren Schriften eine krude Mischung aus Neuheidentum, Esoterik, Feminismus, Antisemitismus und Verschwörungstheorien zusammenbraute. Ihr rechtsextremer „Bund für Deutsche Gotterkenntnis“ existiert bis heute.

Da das Christentum aus dem Judentum hervorging, wird es von großen Teilen der antisemitischen Bewegungen ebenfalls abgelehnt oder gar als Teil der „jüdischen Weltverschwörung“ angesehen. Das ist wichtig, um Ludendorffs Ausführungen einzuordnen:
So berief sie sich in ihrem 1917 erstmals erschienenen und später ideologisch zugespitzten Werk „Das Weib und seine Bestimmung“ auf das Idealbild der „Urzeiten germanischer Hochwertung des Weibes“, in der die Frau ein hohes Maß an religiöser Bedeutung gehabt habe. Durch die „Einführung der jüdischen Entmündigung des Weibes“ sei diese jedoch verloren gegangen [...]

Im Jahre 1934 veröffentlichte Mathilde Ludendorff zusammen mit einem gewissen Walter Löhde (1890–1965) ein Pamphlet mit dem Titel „Christliche Grausamkeit an deutschen Frauen“. Dabei handelte es sich in erster Linie um stark antisemitisch zugespitzte antichristliche Propaganda. Darin hieß es etwa, die neun Millionen [sic!] ‚Hexen', die das Christentum auf dem Gewissen habe, seien das Produkt eines von den „Semiten Babylons“ ersonnenen Teufelsglaubens (Ludendorff 1939: 9).
Quelle: Hackel, Sebastian: Zwischen „weisen Frauen“ und Antisemitismus: Die „romantische“ und die „völkische“ Rezeption der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung
https://www.hexenprozesse-kurmainz.de/rezeption/historiographie/19-jahrhundert/aufsatz-rezeption-der-hexenverfolgung-1920jh.html

Eine andere einflussreiche Autorin war Friederike Müller-Reimerdes, die ähnlich wie M. Ludendorff dachte, aber noch radikaler war.
Ein besseres Verhältnis zu ranghohen Vertretern und Nahestehenden des NS-Regimes hatte Friederike Müller-Reimerdes, die mit ihrem Traktat „Der christliche Hexenwahn. Gedanken zum religiösen Freiheitskampf der deutschen Frau“ von 1935 das wohl radikalste Beispiel einer völkischen Feministin darstellte. [...] Müller-Reimerdes warf dem „deutschen Mann“ vor, sein „artgemäßes Heldentum, das einst nur gleichwertige Frauen ertragen konnte, mit orientalischem Mannestum“ vertauscht zu haben, was erst die Hexenverfolgungen in Deutschland ermöglicht habe (Müller-Reimerdes 1935: 17). Daran sei jedoch vor allem die christliche Kirche und ihre Teufelsvorstellung schuld, welche die Autorin als „Ausgeburten religiösen Wahnsinns“ bezeichnete (Ebd.: 14). Wie Ludendorff identifizierte sie „artfremde, orientalische Wurzeln“ des Christentums (Ebd.: 26) als tiefer liegenden Grund der von ihr beklagten Zustände. Dies verlieh ihrer radikal antiklerikalen Haltung zusätzlich eine radikal antisemitische Note. Müller-Reimerdes rief schlussendlich zum Kampf der „deutschen Frau“ gegen das „jüdische Patriachat“ und das „römisch-jüdische Christentum“ auf (Ebd.: 23, 63).
Quelle: Hackel, Sebastian: Zwischen „weisen Frauen“ und Antisemitismus: Die „romantische“ und die „völkische“ Rezeption der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung
https://www.hexenprozesse-kurmainz.de/rezeption/historiographie/19-jahrhundert/aufsatz-rezeption-der-hexenverfolgung-1920jh.html




Hexenbilder des Nationalsozialismus

Das Verhältnis des Nationalsozialismus zum Thema "Hexen" ist kompliziert und uneinheitlich. NS-Autoren übernahmen sowohl völkische Theorien wie die eben vorgestellten als auch andere Theorien und stritten um die Deutung. Ein Teil vertrat das „rationalistische" Hexenbild, das eine Realität des Hexenwesens ablehnte; ein anderer Teil das „romantische“ Bild, nachdem im Hexenwesen Reste vorchristlicher Traditionen bis in die Neuzeit überlebt hätten. Besonders Heinrich Himmler und Alfred Rosenberg interessierten sich für das Thema, ihre Organisationen konkurrierten und vertraten unterschiedliche Sichtweisen.
Im Jahre 1930 veröffentlichte Alfred Rosenberg (1893-1946), Chefredakteur des Nazi-Parteiblattes Völkischer Beobachter, ein kurioses Buch mit dem Titel Der Mythus des 20. Jahrhunderts . In dieser antiklerikalen Kampfschrift vertrat der Ideologe unter anderem die Ansicht, der Hexenwahn, dem Millionen von Frauen - zumeist in Deutschland und daher »Germaninnen« - zum Opfer gefallen seien, ginge auf das Schuldkonto des »rasselosen, wüsten Rom«, des Papsttums als Nachfolger des etruskischen Haruspex. Die »klassischnordische Antike« habe keine Hexenverfolgung gekannt, diese Heimsuchung der germanischen Kultur sei ein Ausfluß »syrischen« (= jüdischen) Wesens. Diese abstruse rassistische Vorstellung gewann mit der Machtübernahme der Nazis 1933 politische Substanz.
Quelle: Behringer, Wolfgang: Zur Geschichte der Hexenforschung, 1994
https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/handle/20.500.11880/23635

Von der SS wurde das sogenannte Hexen-Sonderkommando und die „Hexenkartothek“ gegründet. Ziel dieser Initiative war von Anfang an, das gesammelte Material als Nachweis einer altgermanischen und damit „arteigenen“ Religion zu verwenden und propagandistisch gegen die Kirchen zu nutzen, wenn auch das Ergebnis offenbar hinter den Erwartungen zurückblieb. Wikipedia: Hexenkartothek
Das aus elf Mitarbeitern bestehende »H-Sonderkommando« wurde 1935 auf Veranlassung Heinrich Himmlers gegründet und unterstand zunächst dem »Sicherheitsdienst« (»SD«). Mit diesem zusammen ging es 1939 im »Reichssicherheitshauptamt« (»RSHA«) auf. Seine Aufgabe war zunächst vor allem, jedes Opfer eines Hexenprozesses zu erfassen und Namen sowie äußere Umstände in einer Kartei zu dokumentieren. Die Sammeltätigkeit des »H-Sonderkommandos« erfolgte im Umkreis des »SS-Ahnenerbes«, einer Institution, die von den Theoremen der sogenannten »Wiener Schule der Germanistik« im Anschluß an den Germanenforscher Rudolf Much (1882-1936) beeinflußt war, einer Schule, die »den Grimmschen Gedanken einer Kontinuität zwischen dem Germanischen Altertum und den volkstümlichen Kulturäußerungen der Gegenwart auf die Spitze trieb«
Quelle: Behringer, Wolfgang: Zur Geschichte der Hexenforschung, 1994
https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/handle/20.500.11880/23635
Diese aus SS-Männern mit wissenschaftlicher Ausbildung bestehende Arbeitsgruppe, die mit bis zu zwölf hauptamtlichen Mitarbeitern von 1935 bis 1944 tätig war, sollte mögliche Spuren einer germanischen Religion in den Prozeßakten suchen, vor allem aber belastendes Material gegen die großen Kirchen zusammentragen.
Quelle: Behringer, Wolfgang: Neun Millionen Hexen – Entstehung, Tradition und Kritik eines populären Mythos
https://www.uni-saarland.de/fileadmin/upload/lehrstuhl/behringer/PDF/9miohexen.pdf

Wie schon erwähnt, unterschieden sich die NS-Interpretationen der Hexenverfolgung. Worin sich aber alle einig waren, war die Suche der Ursache beim Judentum und der Annahme, Christentum und Kirche seien Teil der „jüdischen Weltverschwörung“, insbesondere gegen das Germanentum. Die seriöse Wissenschaft blieb auch damals eher auf Abstand, es war vor allem ein Thema NS-naher Forscher.

Der bis zu seinem Tod akademisch einflussreiche Otto Höfler (1901-1987 Wikipedia: Otto Höfler) von der SS-Organisation „Ahnenerbe behauptete, ...
... daß unter den als Vorfahren der Deutschen betrachteten Germanen geheime Männerbünde existierten, deren Zweck es war, Schaden von der Gemeinschaft abzuhalten. In diesen ekstatischen »Männerbünden«, die dem rituellen Wodanskult nachgingen, manifestiere sich die »staatenbildende Kraft« der »nordischen Rasse«. Feinde des Volkes, böse kulturzerstörende Frauen, wurden angeblich durch diese Männerbünde - für deren Existenz Höfler jeglichen Beweis schuldig blieb – aufgespürt und getötet. Später habe die Kirche diese Funktion übernommen, um gleichzeitig das germanische Erbe auszulöschen. Es liegt auf der Hand, wie sehr die Thesen Höflers geeignet waren, die Tätigkeit der männerbündischen SS zu legitimieren.
Eine andere Erklärung bot Bernhard Kummer (1897-1962):
Seiner Ansicht nach handelte es sich bei den verfolgten Hexen keineswegs um böse Volksschädlinge, wie Höfler und die Ritualisten behaupteten, sondern vielmehr um hehre, blonde, blauäugige Germaninnen, Hüterinnen der Volkskultur, kräftig, wissend und klug, »weise Frauen« eben, deren Vernichtung von der katholischen Kirche betrieben worden sei - ebenfalls um die germanische Kultur auszulöschen. Wie hinter Höfler das SS-»Ahnenerbe«, stand hinter Kummer Alfred Rosenbergs »Amt für Weltanschauungsfragen«
Quelle (beide Zitate): Behringer, Wolfgang: Zur Geschichte der Hexenforschung, 1994
https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/handle/20.500.11880/23635




Kontinuität nach 1945

Man könnte meinen, dieser Spuk hätte 1945 ein Ende gefunden, aber dem ist nicht so. Viele Wissenschaftler und Laienforscher waren vom NS-Gedankengut beeinflusst und führten es auch nach dem Krieg bruchlos weiter. Oft wurde einfach nur der allzu offensichtliche NS-Jargon entschärft, aber die Ideen blieben die gleichen, und ältere Bücher wurden mit wenigen Änderungen neu aufgelegt. Auch Autoren aus ganz anderen weltanschaulichen Richtungen wiederholen Behauptungen, die sie nur aus rechtsextremistischen Quellen von ca. 1900 bis 1945 abgeschrieben haben können. So wurden die völkischen bzw. nationalsozialistischen Hexenmythen Teil des heutigen populären Geschichtsbildes.
In Deutschland tauchten die „neun Millionen Hexen“ dagegen bald wieder dort auf, wo sie zuletzt propagiert worden waren, nämlich in der neuheidnisch-esoterischen Ecke. Zwei Jahre vor der ersten Neuauflage von Roskoffs „Geschichte des Teufels“, die aus den Bibliographien einschlägiger Lexikonartikel verschwunden war, schwadronierte Ursula von Mangoldt in ihrer Einleitung zu Gerald B. Gardners Buch „Ursprung und Wirklichkeit der Hexen“ 1965 von „neun Millionen“ Hexen, eine Zahl, die sich in Gardners Text selbst nicht findet. Die Übersetzerin begründet ganz im Sinne [Alfred] Rosenbergs und [Mathilde] Ludendorffs, die Hexenverfolgungen seien Ausdruck „des Kampfes der christlichen Kirchen gegen alte heidnische Bräuche, die auszurotten die Priester und Instanzen der damaligen Geisteshaltung“ als ihre Aufgabe angesehen hätten.
Da ältere Quellen des 9-Millionen-Mythos kaum noch bekannt waren, ist von einer Übernahme aus NS-Quellen auszugehen.
Man geht wohl recht in der Annahme, daß die Mär von den neun Millionen Hexen nach 1945 in Deutschland nicht direkt von den inzwischen nurmehr schwer erhältlichen Publikationen von Voigt oder Graeff übernommen worden ist, sondern Anknüpfungspunkte an die Indoktrination der NS-Zeit bestanden.

Nicht wenige wegen politischer Belastung suspendierte Professoren hatten in den 1950er Jahren wieder in den Universitätsdienst zurückkehren können.

[...] publizierten deutschvölkische Autoren wie Mathilde Ludendorff und Bernhard Kummer im westlichen Nachkriegsdeutschland bis an ihr Lebensende ungestört weiter und unterhielten Kreise von Gleichgesinnten, welche die eigenartigen Ansichten des Milieus tradierten, auch wenn nicht mehr von „Rasse", sondern von „Art“ geschrieben wurde und zeitweise Kelten die Germanen als mythischen Bezugspunkt ersetzten.
Aus einer ganz anderen politischen Richtung kommend, haben auch feministische Autorinnen zum Erhalt des 9-Millionen-Mythos beigetragen. Auch in esoterischen und neuheidnischen Kreisen ist die Zahl bis heute präsent.
Der andere Grund für die Wiederkehr der Neun-Millionen-Theorie liegt im Erstarken eines radikalen Feminismus.
Quelle (ganzer Abschnitt): Behringer, Wolfgang: Neun Millionen Hexen – Entstehung, Tradition und Kritik eines populären Mythos
https://www.uni-saarland.de/fileadmin/upload/lehrstuhl/behringer/PDF/9miohexen.pdf




Missbrauch der historischen Hexenverfolgungen nach 1945 zur Holocaust-Relativierung

Die 9-Millionen-Behauptung wurde nach 1945 nicht nur einfach fortgesetzt. Sie erhielt sogar eine neue Dimension, die sich bis zum heutigen Tag durch zahlreiche populäre Bücher und Artikel zieht. Die fiktiven 9 Millionen getöteten Hexen sind mehr als die 6 Millionen ermordeten Juden der Shoah. Auf dieser Grundlage werden die historischen Hexenverfolgungen seit 1945 missbraucht, um Holocaust-Relativierung zu betreiben. Die Hexenverfolgungen sollen damit als älteres und größeres Verbrechen als die Judenvernichtung der Nationalsozialisten dagestellt werden.

Im Rechtsextremismus ist der Fall relativ klar. Wie oben und in dem anderen Beitrag erklärt, galten die Hexenverfolgungen nach rechtsextremistischer „Logik“ seit dem 19. Jahrhundert als gezielte Verfolgung germanischer Frauen durch das Christentum als Teil der jüdischen Weltverschwörung. Es ist deshalb kein Wunder, dass gerade in diesen Kreisen auf die „9 Millionen“ verwiesen wird. So erklärt sich z. B. ein Artikel im Parteiblatt der NPD, den Felix Wiedemann erwähnt:
Die wachsende Bedeutung antichristlicher Ideologie im Rechtsextremismus lässt sich besonders markant an der Entwicklung der NPD ablesen: [...] In diesem Sinn ist das Hexenthema etwa vom Parteiorgan ,Deutsche Stimme’ in einem zur Walpurgisnacht 2005 erschienenen Beitrag von Igmar Klop (zugleich Landesvorsitzender der DVU in Sachsen-Anhalt) aufgegriffen worden. Ganz nach dem altvölkischen Muster stellt der Autor die Hexenverfolgung als „Vernichtungsfeldzug gegen das Heidentum“ und die „Volksgläubigkeit der Germanen“ dar, dem „mehr als neun Millionen“ Frauen zum Opfer gefallen seien.
Quelle: Wiedemann, Felix: Rassenmutter und Rebellin, 2007, Seite 201
https://books.google.de/books?id=WCClZEzq1G8C&pg=PA76&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=2#v=onepage&q&f=false




Instrumentalisierung der Hexenverfolgung im radikalen Feminismus

Aber auch im radikalen Flügel des Feminismus sind solche, den Holocaust durch die Hexenverfolgung relativierende Aussagen keine Seltenheit. Sie werden von Forschern mit Opferkonkurrenz und sogenanntem sekundärem Antisemitismus erklärt. Fairerweise muss gesagt werden, dass es sich nur um Teile des Feminismus handelt und es offenbar vor allem ein deutsches Problem ist. Aus dem Feminismus kommt auch ein erheblicher Anteil der Kritik an diesen Theorien.

Wikipedia: Holocaust (Begriff)#Frauen-Holocaust
Umgekehrt sind aber auch Erklärungsansätze feministischer Forscherinnen über die gezielte Ausrottung von Frauen durch die Hexenverfolgung, wie sie seit Mitte der 1970er Jahre unter anderem durch die Autorinnen Barbara Ehrenreich und Deirdre English vorgebracht wurden, nicht tragfähig. Weder machten die Hexenverfolger ausschließlich und gezielt Jagd auf "weise Frauen" oder Hebammen, um deren "geheimes" Verhütungswissen auszumerzen, noch lässt sich die Hexenverfolgung direkt oder indirekt mit dem Holocaust verglichen, wie manch andere Autorinnen das getan haben.
Quelle: Opitz-Belakhal, Claudia: Hexenverfolgung - Ein historischer Femizid? Bundeszentrale für politische Bildung, 31.03.2023
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/femizid-2023/519675/hexenverfolgung
Hierzu hat schon die amerikanisch-jüdische Feministin Susannah Heschel treffend bemerkt, der deutsche Feminismus reagiere stets mit einer „Mischung aus Eifersucht und Ressentiment“ auf Diskussionen über die Shoah; von daher ist ihre Vermutung sicher nicht von der Hand zu weisen, dass der Reiz der tradierten (Fehl-)Schätzung von neun Millionen Opfern der Hexenverfolgung für Feministinnen wohl nicht zuletzt darauf basierte, dass diese Zahl höher liegt, als die sechs Millionen Opfer der Shoah, und derartige Hexenrekurse schließlich als Versuche anzusehen sind, die Verbrechen von Auschwitz zu relativieren.
Quelle: Wiedemann, Felix: Rassenmutter und Rebellin, 2007, Seite 264
https://books.google.de/books?id=WCClZEzq1G8C&pg=PA76&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=2#v=onepage&q&f=false
Während das Schicksal historischer, tatsächlich als „Hexen“ verbrannter Einzelpersonen zum bloßen Belegmaterial verkommt, dient „The Great Burning“ als Legitimation der eigenen Radikalität. [Diane] Purkiss diagnostizierte eine Art Wettbewerb mit dem Ergebnis, „daß Frauen mehr gelitten hätten als alle Opfer von Rassismus und Völkermord.“ Das Bestehen auf dem „Verbrennen" (burning) deute auf die Parallelisierung mit den Krematorien, wenn nicht auf Hiroshima oder Dresden. Die Botschaft, die Hexenverfolgung sei in Wirklichkeit eine Frauenverfolgung gewesen, und diese habe den Holocaust quantitativ weit übertroffen, wurde charakteristischerweise erneut an der Schnittstelle von esoterischem Neuheidentum und Feminismus geboren
Quelle: Behringer, Wolfgang: Neun Millionen Hexen – Entstehung, Tradition und Kritik eines populären Mythos
https://www.uni-saarland.de/fileadmin/upload/lehrstuhl/behringer/PDF/9miohexen.pdf
„Millionen Frauen“ hätten die Hexenjagden das Leben gekostet, ein „Holocaust der Frauen“, wie [Alice] Schwarzer 1988 meinte. Diese Millionen-Zahl hat nichts mit der Realität zu tun. Sie ist frei erfunden, wie Jahrzehnte seriöser Hexenforschung ergaben. [...]
Befremdlich wirkt die Quelle der von den Feministinnen im Dienste ihres Projektes anführten Zahlen. NSDAP-Chefideologe Alfred Rosenberg schrieb in seinem 1930 erschienenen Buch „Der Mythos des 20. Jahrhunderts“: „Millionen des Abendlandes“ seien dem „Hexenwahn“ zum Opfer gefallen.
Quelle: Adam-Tkalec, Maritta: Walpurgisnacht: Wie die Nazis den Hexenkult befeuert haben, Berliner Zeitung, 28.04.2022
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/walpurgisnacht-feministische-hexenfreude-baut-auf-himmlers-hexenforschung-li.220964
Gegenstand der Kritik waren bspw. antijudaistische Diskurse einiger feministischer Theologinnen und Matriarchatsforscherinnen, welche behaupteten, dass das ‚patriarchale Judentum’ die ‚matriarchalen Kulturen’ und den Göttinnenkult zerstört habe (kritisch: Baader 1993: 83 u. 85; Heschel 1994; Heine 1994). Des Weiteren kritisierten jüdische Feministinnen den unzulässigen Vergleich des Holocaust mit der Ermordung von 9-30 Millionen Hexen in Europa (kritisch: Heschel 1994: 167).
Quelle: Walgenbach, Katharina: Intersektionalität - eine Einführung
http://portal-intersektionalitaet.de/theoriebildung/ueberblickstexte/walgenbach-einfuehrung
In diesem Abschnitt stehen Auszüge des Beitrags von Christa Reinig in der Schwarzen Botin 5/1978 im Fokus der Analyse. Als Anlass des Beitrags Der Wolf und die Frau nennt Reinig eine von ihr gehörte Sendung gleichen Titels im Bayerischen Rundfunk zum Thema Hexenverfolgung. [...]
In dem genannten Text geht es an keiner Stelle um das Leid von Juden_Jüdinnen, im Übrigen auch nicht um ein faktenbasiertes Leid der als Hexen Verfolgten. [...] Dieser Vorgang geht ebenfalls mit der Geste der Verdinglichung einher. Besonderheiten, Spezifika und die historische Unvergleichlichkeit des Grauens des Holocausts wird aus[ge]blendet, und zwecks Identifizierung herangezogen, damit instrumentalisiert. [...]
In dieser Gegenüberstellung wird der Genozid an Juden_Jüdinnen nicht nur gleichgesetzt mit Frauenmorden, es wird darüber hinaus suggeriert, die Anzahl an Frauenmorden überträfe bei Weitem die Anzahl ermordeter Juden_Jüdinnen. Die enthistorisierte Apologie auf die Hexenverfolgung ist eine geschichtsrevisionistische Darstellung. Diese wird auch ersichtlich den Bezug auf historisch widerlegte
Opfermythen. Reinig referiert eine Opferzahl von neun Millionen als Hexen verfolgter Frauen (Schwarze Botin 8/1978: 35). In der Forschung wird jedoch von einer Opferzahl von etwa 50 000 Menschen ausgegangen. Der 9-Millionen-Mythos wurde seit dem 18. Jahrhundert tradiert, allerdings bereits im 19. Jahrhundert korrigiert (Behringer/Hexen 2006). Zudem entspricht die Behauptung, Hexenverfolgung habe sich genuin gegen Frauen gerichtet, nicht den historischen Tatsachen – so ist von einem Anteil von etwa 20 Prozent als Hexen verfolgter Männer auszugehen (Wiedemann 2007: 32).

Antisemitismus als Grund der Etikettierung, Entrechtung, Verfolgung und Vernichtung von Millionen von Menschen wird nicht erwähnt. Ebensowenig der Fortbestand von Antisemitismus. Die Singularität der nationalsozialistischen Verbrechen wird damit relativiert, der Genozid an europäischen Juden_Jüdinnen trivialisiert. Die Äußerung im Quellenexzerpt ist somit als holocaustrelativierende und -bagatellisierende Aussage im feministischen Diskursstrang der Hexenverfolgung zu interpretieren.
Quelle: Eifler, Naemi (2019): Ausradierung, Verdinglichung, Identifizierung. Antisemitische Denkmuster in der deutschen Lesbenbewegung der 1970er und 1980er Jahre. Eine Analyse von Äußerungen und symbolischen Gesten in Zeitschriftenbeiträgen.
https://opus4.kobv.de/opus4-ash/frontdoor/index/index/start/0/rows/10/sortfield/score/sortorder/desc/searchtype/simple/query/eifler/docId/415
https://opus4.kobv.de/opus4-ash/files/415/Eifler_2019.pdf



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Belege für diese Sichtweise der Forscher lassen sich leicht finden. Ein Blick in die „Emma“ bringt Beispiele. So begann Alice Schwarzer 1988 einen Artikel zunächst mit Wissenschaftsbashing:
Einer der Autoren des Hexenhammers war Dekan an der Universität in Köln. Ich hoffe, für alle Frauen (und auch Männer), die hier sitzen, wirft es ein Licht auf die sogenannte Wissenschaft... Wissenschaft steht gemeinhin im Dienste der Herrschenden, und es ist nicht leicht, eine andere, eine kritische, aufklärerische Art von Wissenschaft zu praktizieren. Trotzdem muss es immer wieder versucht werden. Und darum sind wir heute hier.
Sie fährt fort mit einem Holocaust-Vergleich:
die Hexenverfolgungen sind sozusagen der Holocaust der Frauen.
Dann setzt sie Pornografie mit antisemitischer Propaganda gleich:
Bevor man sechs Millionen Juden ermorden konnte, musste man sie entmenschlichen. Man hat sie mit Fratzen gezeigt, wie Tiere, Ratten, ganz ähnlich wird das heute mit Frauen gemacht. Man kennt das aus den Medien, und zwar nicht nur aus Porno- und Sexheften, sondern auch zunehmend aus den Zeitschriften, die zu Hause auf dem Couchtisch liegen: diese entwürdigende, erniedrigende, unmenschliche Darstellung von Frauen, die Pornographie.
Quelle: Schwarzer, Alice: Wir modernen Hexen, Emma, 01.12.1988
https://www.emma.de/artikel/alice-schwarzer-wir-modernen-hexen-316907

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Ihre Kollegin Ingrid Strobl ging 1977 noch weiter. Sie stilisiert die Hexenverfolgung als „Vernichtungskrieg“ der Männer gegen alle (!) Frauen und erfindet die bisher lächerlichste Übertreibung der Opferzahlen mit bis zu 30 Millionen. Auch der falsche Mythos von Hebammen und „weisen Frauen“ und alle möglichen Geschichtsklischees fehlen nicht.
Der Krieg der Geschlechter wurde im Laufe der Geschichte brutaler und weniger brutal geführt. Es gab Waffenstillstände und uneingeschränkte Vernichtungskriege der Männer gegen die Frauen. Einer dieser Vernichtungskriege war der Kampf gegen die so genannten "Hexen", der in Wahrheit ein Krieg gegen alle Frauen war. Alles in allem wurden mindestens neun Millionen Frauen verbrannt. Es gibt sogar Schätzungen von 30 Millionen!
Dann bringt auch sie einen Holocaust-Vergleich ...
Die Hexen waren die "Juden" dieser Epoche!
... und stellt kurz danach die Juden als Ursprung allen Übels dar:
Die Kirche - aus dem jüdischen Eingott-Glauben kommend - war seit jeher frauenfeindlich.
Quelle: Strobl, Ingrid: Was hinter der Hexenjagd stand, Emma, 01.10.1977
https://www.emma.de/artikel/wer-waren-die-hexen-316909

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Ein aktuelles Beispiel für die 9-Millionen-Legende fand ich eher zufällig beim „Autonomen Frauenzentrum Potsdam“ in einem Artikel, der auch das Märchen von den „weisen Frauen“ und „vorchristlichen Ursprüngen“ enthält und die in Wirklichkeit nur gering beteiligte Inquisiton als verantwortlich bezeichnet:
Im 15. und 16. Jahrhundert versank Europa in einen Inquisitionsrausch nie gekannten Ausmaßes. Mehr als 9 Millionen Menschen, vor allem Frauen, wurden von der christlichen Kirche als „Hexen“ ermordet.
Quelle: Walpurgisnacht, Autonomes Frauenzentrum Potsdam e. V., 29.04.2021
https://frauenzentrum-potsdam.de/walpurgisnacht

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Quellen und Links

Adam-Tkalec, Maritta: Walpurgisnacht: Wie die Nazis den Hexenkult befeuert haben, Berliner Zeitung, 28.04.2022
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/walpurgisnacht-feministische-hexenfreude-baut-auf-himmlers-hexenforschung-li.220964

Behringer, Wolfgang: Neun Millionen Hexen – Entstehung, Tradition und Kritik eines populären Mythos
In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 49, 1998
https://www.uni-saarland.de/fileadmin/upload/lehrstuhl/behringer/PDF/9miohexen.pdf

Behringer, Wolfgang: Zur Geschichte der Hexenforschung
In: Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten, Sammelband, 1994
https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/handle/20.500.11880/23635

Deutschlandfunk Kultur, "Urkraft Volk", 22.08.2007
https://www.deutschlandfunkkultur.de/urkraft-volk-100.html

Doña Carmen e.V.: Solidarität mit Ruby Rebelde, 2023
https://www.donacarmen.de/wp-content/uploads/01-SOLIDARIT%C3%84T-mit-RUBY-REBELDE.pdf

Eifler, Naemi (2019): Ausradierung, Verdinglichung, Identifizierung. Antisemitische Denkmuster in der deutschen Lesbenbewegung der 1970er und 1980er Jahre. Eine Analyse von Äußerungen und symbolischen Gesten in Zeitschriftenbeiträgen.
https://opus4.kobv.de/opus4-ash/frontdoor/index/index/start/0/rows/10/sortfield/score/sortorder/desc/searchtype/simple/query/eifler/docId/415
https://opus4.kobv.de/opus4-ash/files/415/Eifler_2019.pdf

Ghazivakili, Schirin: Was nicht passt, wird passend gemacht - Wie Patriarchen die Matriarchatstheorie erfanden
Universität Zürich, Zeitschrift "facultativ", 2022
https://www.trf.uzh.ch/de/aktuell/facultativ/2022/ghazivakili_patriarchat_matriarchat.html

Hackel, Sebastian: Zwischen „weisen Frauen“ und Antisemitismus: Die „romantische“ und die „völkische“ Rezeption der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung
https://www.hexenprozesse-kurmainz.de/rezeption/historiographie/19-jahrhundert/aufsatz-rezeption-der-hexenverfolgung-1920jh.html

Opitz-Belakhal, Claudia: Hexenverfolgung - Ein historischer Femizid? Bundeszentrale für politische Bildung, 31.03.2023
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/femizid-2023/519675/hexenverfolgung

Schloemann, Johan: Der Mann des Matriarchats, Süddeutsche Zeitung, 21.12.2015 (über J. J. Bachofen)
https://www.sueddeutsche.de/kultur/kulturgeschichte-der-mann-des-matriarchats-1.2792243

TAZ: „Es war eine Graswurzel-Bewegung“ - Historiker Behringer über Hexenverfolgung, 12.3.2014
https://taz.de/Historiker-Behringer-ueber-Hexenverfolgung/!5046668

Voltmer, Rita: Vom getrübten Blick auf die frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen – Versuch einer Klärung, 2006
https://fowid.de/sites/default/files/download/hexenverfolgungen_rita_voltmer_ta-2006-12.pdf
(für das Hexenthema allgemein sehr lesenswert als Zusammenfassung des Forschungsstandes)
https://www.uni-trier.de/universitaet/fachbereiche-faecher/fachbereich-iii/faecher/geschichte/profil/fachgebiete/geschichtliche-landeskunde-1/unser-team/rita-voltmer/veroeffentlichungen

Walgenbach, Katharina: Intersektionalität - eine Einführung
http://portal-intersektionalitaet.de/theoriebildung/ueberblickstexte/walgenbach-einfuehrung

Wiedemann, Felix: Rassenmutter und Rebellin - Hexenbilder in Romantik, völkischer Bewegung, Neuheidentum und Feminismus, 2007
Download nach kostenloser Anmeldung: https://www.academia.edu/60228192/Rassenmutter_und_Rebellin_Hexenbilder_in_Romantik_v%C3%B6lkischer_Bewegung_Neuheidentum_und_Feminismus
Umfangreiche Leseprobe: https://books.google.de/books?id=WCClZEzq1G8C&pg=PA76&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=2#v=onepage&q&f=false
Information beim Verlag: https://verlag.koenigshausen-neumann.de/product/9783826036798-rassenmutter-und-rebellin

Wikipedia: Die Vernichtung der weisen Frauen (zum Buch von Heinsohn und Steiger)
Wikipedia: Die Vernichtung der weisen Frauen

Deutsches Historisches Museum, Berlin: Hexenwahn - Ängste der Neuzeit, Ausstellung 2002
https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/hexenwahn/vorwort.htm


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Hexenverfolgungen: Das Märchen der 9 Millionen Opfer

06.11.2024 um 21:25
Schnell überflogen.

Aber gefällt mir das du das Klischee und Mythen klarstellst.

Vor allem das viele das fälschlicherweise im Mittelalter verorten.


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Hexenverfolgungen: Das Märchen der 9 Millionen Opfer

10.11.2024 um 18:57
Der Beitrag wurde gerade noch im letzten Abschnitt erweitert.

@Fedaykin
Danke für die Rückmeldung.


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Hexenverfolgungen: Das Märchen der 9 Millionen Opfer

10.11.2024 um 23:12
@Borromini

Auch dieser Beitrag ist sowas von hochinteressant mit Top-Quellen. Vielen Dank auch dafür.


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