CoA 2017 HF 1 - Obrien vs. interpreter
07.06.2017 um 18:06
So, hier kommt sie also, meine Bewertung des Clash zwischen interpreter und obrien.
Vorausschicken möchte ich, dass ich das Thema überhaupt nicht so trocken und uninteressant finde, wie obrien das befürchtet.
Das Eingangsstatement von interpreter war ganz nett, überraschend kurz, aber auch ein wenig hinterfragenswert.
Denn der Fokus der EU liegt im friedlichen Miteinander, sowohl innerhalb der EU-Mitgliedstaaten, als auch gegenüber außenstehender Nationen. Logische Konsequenzen sehen da anders aus.
Und auch das Anführen des gemeinsamen Militärdienstes, um grenzüberschreitende Freundschaften zu etablieren, scheint mir doch etwas sehr in der Militärromantik angesiedelt.
Dieses Beispiel verfolgt uns Leser übrigens fast durch den ganzen Diskussionsverlauf immer wieder mal, da die beiden Diskutanten es öfters aufwärmen.
Das Eingangsstatement von obrien hat mir da nicht so gut gefallen.
Genau wie interpreter finde ich den Vergleich nicht repräsentativ, und dann auch noch das Argument bezüglich der sprachlichen Barriere halte ich für allzu schwach.
Warum sollte es das geben, wenn es doch in diversen anderen multinationalen Organisationen auch funktioniert?
Zum Beispiel bei Europol. (Oder der Fremdenlegion).
Hier haut ihm interpreter seine Argumentationskette gehörig um die Ohren.
Genauso wie den Pleven-Plan, hier kontert interpreter einfach ziemlich gut und schnell.
Als obrien dann den Rebound-Effekt ins Feld führt dachte man schon, jetzt, jetzt hat er interpreter ein wenig in die Enge gedrängt, aber leider nein, denn warum es ein Blödsinn ist, die ersparten Mittel für etwas anderes auszugeben, das erschließt sich mir nicht so genau.
Auch das Beispiel mit dem Hauptschüler, der eine 4- in Englisch hat, erschließt sich mir nicht so ganz, denn, warum sollte der dann unbedingt in die Armee eintreten können? Ist halt für diesen Beruf dann zu wenig qualifiziert, ist in anderen Berufen doch ähnlich.
Also in dieser ersten Runde des Clashs (er besteht ja irgendwie aus zwei Runden, da „Topic Twist“, wobei ich die Titulierung irreführend finde), habe ich interpreter mal argumentativ vorne, obrien punktet nur aufgrund der wenig stringenten „Verbrüderung durch gemeinsamen Militärdienst“-Theorie von inter.
Und jetzt kam der Switch und ich war sehr gespannt, wie die beiden das handhaben werden. Ist ja Premiere, denke ich.
Die Art und Weise, wie interpreter das gemacht hat, finde ich ausgezeichnet.
Sehr gut strukturiert, um es dem Mitleser einfacher zu machen.
Nur, dass er die Standpunkte seines Kontrahenten nicht übernimmt, ist ja wohl klar, sonst würde er ihm ja im Nachhinein in die Hände spielen. Uns verkauft er das als großzügige Geste, clever und verschlagen, aber ich sehe das nur als weiteres Mittel zum Zweck.
Ein Argument von obrien in seiner neuen Rolle ist die ominöse Gefahr aus dem Osten sowie die großen Kosten einer zukünftigen digitalisierten Kriegsführung. Nicht schlecht, wobei ich die Gefahr aus dem Osten nicht so eklatant drohend sehe wie er.
Interpreter geht da anfänglich gar nicht so wirklich ein, sondern bleibt dabei, seine Linie durchzuziehen, die er im Eröffnungspost nach dem Switch herausgestrichen hat.
Die Idee, in der Armee eine Gefahr aus dem Inneren zu sehen, gefällt mir, nur kann ich seiner Argumentation nicht ganz folgen.
Denn wenn die Armee wirklich durch eine parlamentarische Mehrheit kontrolliert werden würde (was schon mehr als fragwürdig wäre), dann ist es eben so und auch legitim, denn dann müsste sich unsere EU sowieso schon in einen Völkerbund der Radikalen und Xenophoben verwandelt haben.
Jedes Land bekommt denjenigen, den es wählt.
Aber auch hier bleibt das das einzige Argument von Interpreter, das angreifbar ist, sonst macht er keine Fehler.
Auch das Schlusswort von obrien schafft es nicht, bei mir eine tendenzielle Umkehr meiner Eindrücke zu erzeugen.
Es bleibt eher uninspiriert. Die Zitate sind ja ganz nett, aber reichen da nicht aus.
Nun komme ich zu meiner Punktevergabe.
Ich habe wieder einmal je 50 Punkte für Stil und Argumentation zu vergeben und tue das auch.
Im Stil fand ich beide ganz gut, im zweiten Teil wurde es dann auch ein wenig aggressiver, und jeder der mich kennt weiß, dass mir das gefällt.
Ein bisschen patziger war obrien, sehr schön. Dafür war interpreter manchmal so wunderbar von oben herab, und das noch mit argumentativen Vorteilen, auch ganz fein.
Ich vergebe an
interpreter 28 Punkte
und an
obrien 22 Punkte
Bezüglich der Argumentation hat für mich Interpreter klar die Nase vorne, alle, die bis jetzt meine Bewertung gelesen haben, werden das bereits geahnt haben.
Er hatte fast immer die bessere Argumentationskette, und setzte seinen Gegner immer wieder gekonnt unter Druck.
Zweimal war ich nicht bei ihm, da hat er sich, meiner Meinung nach, kleine Schnitzer erlaubt, aber sonst war er bestechend.
Auch seine Herangehensweise an den „Topic Twist“ hat mir gefallen, sehr schön strukturiert und argumentiert.
Von dieser Linie entfernte er sich bis zum Schluss nicht mehr, äußerst stringent.
Ich vergebe an
interpreter 30 Punkte
und an
obrien 20 Punkte
Daraus ergeben sich für mich für Interpreter 58 Punkte und für obrien 42 Punkte.
Daher ist für mich Interpreter der verdiente Sieger dieses Premieren-Clashs.
Ich bedanke mich aber bei beiden Diskutanten, die ihren Job hier ausgezeichnet gemacht und uns plebs misera exzellent unterhalten haben.