dots schrieb:Ich bin jetzt nicht explizit von einer technologisch (weit) entwickelten Zivilisation ausgegangen.
Das mit der Elektrizität und dem Smartphone sollte nicht die Technologielatte für "Zivilisation" hochhängen bzw. beschreiben, sondern als Beispiel veranschaulichen, daß manches erst vorhanden sein muß, damit darauf Aufbauendes vorhanden sein kann.
Und das gilt eben auch für Steinzeit-Zivilisationen. Die entstehen nicht aus dem Nichts, sondern es muß Vorstufen menschlicher Kulturen gegeben haben, die wiederum Vorstufen hatten usw. usf. Davon muß was zu finden sein.
dots schrieb:Wenn eine Zivilisation auf so einem technologischen Stand, durch welche Gründe auch immer, ausgelöscht wird, was bliebe dann, sagen wir mal 80.000 Jahre später übrig?
Und? Haben wir nix von den Menschen von vor 80.000 Jahren gefunden? Da muß ich doch glatt an die
Blombos-Höhle denken, die ziemlich gut in genau dieses Zeitfenster paßt (z.T. noch deutlich älter). Da hat man so einiges gefunden an Artefakten, und sogar solche Sachen, die wir für dieses Zeitfenster so noch gar nicht erwartet hatten. Zu deutsch: Wir können so alte Sachen finden, und diese Sachen verraten uns so einiges über die damalige Kulturstufe der damaligen Menschen. Oder denk nur an die Schöninger Speere, die in Niedersachsen gefunden wurden, Holzspeere, über 300.000 Jahre alt.
Na und die Steinwerkzeuge erst!
dots schrieb:Und um bei deinem Beispiel zu bleiben, wie lange überdauert ein Smartphone?
Versuch erst mal, mein Beispiel richtig zu verstehen.
dots schrieb:Und dann müssen wir ja auch noch bedenken, dass Innovationen, Weiterentwicklung usw. nicht global überall im gleichen Maße stattfinden.
Es könnte also durchaus Regionen gegeben haben, in denen es Zivilisationen gegeben hat, diese Entwicklung aber nicht global stattgefunden hat.
Bla! Keine Kultur wächst über Jahr(zehn)tausende weiter und weiter an, ohne daß sich dies auch in anderen Regionen bemerkbar macht. Nicht unbedingt bei allen Gruppen, die in dieser Großregion leben, aber durchaus kann eine Kultur nur dann anwachsen, wenn es sich um einen überregionalen Verbund mehrerer "Communities" handelt, die in kulturellem Austausch stehen. Die Kulturstufe jener Kultur aus der Blombos-Höhle z.B. verschwand tatsächlich wieder, eben weil sie insulär war, isoliert. Auf solche Weise schafft man kein Durchschreiten mehrerer Kulturstufen vom Altpaläolithikum bis zu ner Ziv.
dots schrieb:Wie viele Ballungsräume dieser Erde befinden sich noch heute an Küsten?
Durch den Anstieg der Weltmeere könnten derartige Spuren heute sehr schwer zu finden sein.
Das ist ne häufige, aber schlechte Ausrede. Schau Dir doch einfach mal ein paar Landkarten an, auf denen die Ausbreitung verschiedener Kulturstufen eingetragen ist, sei es Trichterbecher, Kurgan, Schnurkeramik, Solutreen, Megalithik, Natufien, Olduvan... Um Dir mal ein paar Stichworte zum Nachschauen zu geben.
Keine Kultur lebt ausschließlich direkt am Ufer, und in den allermeisten Weltgegenden gibt es ohnehin eher schnell ansteigendes Land, weswegen es auf der Weltkarte nur sehr wenige Weltgegenden gibt, bei denen sich die Küstenlinie mit dem Ende der Eiszeit deutlich verschoben hätte.
Na und der Nord- & Ostseeraum sowie das westliche Indonesien (Sunda) samt dem Australisch-Neuguineanischen "Groß"kontinent (Sahul) sind jetzt nicht grad die Hotspots der ganz frühen Sapiens-Zeit.
dots schrieb:ausschließen kann ich das für mich persönlich nicht
Nur solltest Du es nicht ohne verbesserten Kenntnisstand ernsthaft in Erwägung ziehen.
dots schrieb:Vor wie vielen Generationen, nutzte man ausschließlich Tiere (Pferde, Ochsen etc.) um schwere Lasten zu bewegen?
Sagen wir mal großzügig 10 Generationen.
Der Mensch existiert 300.000 Jahre, das sind 10.000 Generationen.
Das ist ne schlechte Rechnung. Je höher eine Kulturstufe, desto schneller kommen die Innovationen. Schau Dir mal die verschiedenen Kulturstufen der Menschheitsentwicklung an. Ums Dir einfacher zu machen, zitier ich mich mal selbst aus nem älteren Beitrag:
Edward Snowden über Kommunikation mit Außerirdischen (Seite 4) (Beitrag von perttivalkonen)Die älteste menschliche Kulturstufe ist das Oldowan. Diese Kulturstufe zog sich gut eine Million Jahre hin (2,6-1,5 mio a).
[...]
Darauf folgte die Kulturstufe des Acheuleens; sie währte von 1,75 bis 0,15 Millionen Jahren vor heute. Dies ist das Zeitalter des Faustkeils, dem markantesten Werkzeug des Acheuleens.
[...]
Während das Alt-Acheuleen noch rund eine Million Jahre währte, dauerte das Mittel-Acheuleen grob eine halbe Million Jahre, und des Jung-Acheuleen nur noch etwa 100.000 Jahre.
Das europäische Mittelpaläolithikum wird durch die Kulturstufe des Mousterien geprägt; beide Epoch3en währten etwa von 120.000 bis 40.000 vor heute.
[...]
Im Jungpaläolithikum entsteht nun bereits eine Vielzahl von Kulturen, die ofth nicht mehr kontinentweit, sondern in Regionen vorkommen (West-, Mitteleuropa usw., aber auch in Kleinregionen). Sie währen nur noch mehrere tausend bis 10.000 Jahre. Die Namen sind zumeist bekannt: Chatelperonnien, Aurignacien, Gravettien, Perigordien, Solutreen, Pavlovien, Magdalenien.
[...]
Die Kulturen des Jungpaläolithikums sind praktisch nur noch regional, und sie lösen einander in immer kürzeren Abständen ab. Auch lassen sich Unterschiede innerhalb der Kulturen erkennen, früh von spät unterscheiden.
Ab dem Chalkolithikum spricht man nur noch von einzelnen Kulturen innerhalb der Kulturstufen; diese währen zuweilen nur noch hunderte Jahre, und selbst da kann man noch einzelne Phasen unterscheiden.
Da kannste nicht sagen "vom Pferdekarren kurz vorm ersten Auto bis zur Mondlandung sind nicht mal hundert Jahre, also könnten auch damals schnell Innovationen aufeinanderfolgen". Zwischen dem ersten bearbeiteten Pebble (Chopper) und dem ersten ungelenken Faustkeil lagen nun mal ne Million Jahre, nicht bloß hundert (oder zehn Generationen oder whatever). Wären die damals im Olduvan kulturell sehr viel weiter gewesen, klar hätten die nächsten Innovationen schneller kommen können. Warense aber nicht. Also dauerte es.
Diese exponentielle Entwicklung hält noch immer an. In den letzten hundert Jahren gab es mehr technologische Fortschritte als in den davorliegenden hundert Jahren, aber auch dort wurde mehr entwickelt, erfunden, verbessert als in den hundert Jahren zuvor.
dots schrieb:Genauso denkbar ist aber auch, dass vorher schon Entwicklungen stattgefunden haben, die sich heute einfach nicht mehr nachvollziehen lassen.
Betonung liegt auf "denkbar".
Halte ich nicht für denkbar. Nicht mit dem Wissenshintergrund, der uns zur Verfügung steht.
Je weniger man weiß, desto mehr hält man für möglich.