RogerHouston schrieb:Mein Latein ist lange her, aber ein argumentum ad hominem ist in meinem Verständniss ein Argument gegen einen Diskussions-"Gegner".
Nein. Das lateinische "ad" heißt "zu". Es gibt also ein "argumentum ad hominem", ein Argument zur Person, wie es ein "argumentum ad rem" gibt, ein Argument zur Sache. Und letzteres, das "argumentum ad rem", bezieht sich auf eine Sache, was sowohl für als auch gegen diese Sache sein kann. Es heißt schlicht "zur Sache", also "sachbezogen".
Ansonsten wäre der gut gemeinte Segenswunsch beim Verabschieden aus römischen Tagen "[...] zu Gott!", "ad deo", der sich in den romanischen Sprachen erhalten hat als "adios", "a dieu", abgeschliffen als "ciao" (und selbst ins Deutsche importiert als "tschö"/"tschüs" und "tschau") - ansonsten wäre das ja kein lieber Wunsch, sondern was Negatives: "gegen Gott!"
RogerHouston schrieb:Und das ist auch meiner Meinung nach erstmal nicht verwerflich,
Aber es besagt nichts über den Inhalt jener These. Ob diese richtig ist oder nicht, entscheiden einzig die Sachargumente. Klar sind wir geneigt, bei Experten schneller auch mal ungeprüft zu glauben, was die behaupten. Aber dann ist es eben auch nur das: ein Glauben, daß das richtig sei. Irren aber kann sich jeder, selbst ein Experte in seinem eigenen Fach. Ob dies der Fall ist, findet man nicht durchs Vertrauen in die Behauptung jenes Experten heraus (genauso wenig durch die Ablehnung der These eines "der is ja nur Laie"), sondern einzig durch sachbezogene, inhaltliche Argumentation. Ein Verweis auf den Status der Person, die eine These vertritt, sagt also nichts aus.
Garantiert ist also ein solches argumentum ad hominem "verwerf-lich", also als Argument zu verwerfen.
RogerHouston schrieb:Ich würde auch ohne Bedenken Einstein ins Feld führen, wenn jemand behauptet die Lichtgeschwindigkeit sei zu toppen.
Also ich würde eher Einsteins Darlegungen dazu anbringen. Wer c als Lichtschranke ablehnt, der sagt doch schon damit aus, daß Einstein sich in dem Punkt geirrt haben kann. Was nützt es da noch, Einstein in die Wagschale zu werfen? Aber wenn Du zeigst, daß Einsteins Argumente sauber sind und der Gegenüber da keine Fehler aufzeigen kann, dann kann echte Erkenntnis keimen.
RogerHouston schrieb:Mir geht es in dieser Diskussion prinzipiell um eine Klärung einer spannenden Frage, Du hingegen siehst darin vielleicht eher eine Art Debattierwettbewerb.
Sa'ma', sonst gehts aber, ja? Mir gehts um die Klärung einer spannenden Frage. Aber selbst wenn ich hier aus niederen Motiven diskutieren würde, reicht es ja wohl völlig hin, meine dargelegten Argumente pro oder contra rem zu bewerten und ggf. zu entkräften. Würde ich nur um des Diskutierens willen eine These vertreten bzw. deren Gegenthese zu widerlegen versuchen, wäre ich dennoch "mit meinem Latein am Ende", sobald meine Argumente sich erledigt haben.
Du hingegen sprichst gar nicht über die sachliche Richtigkeit oder Falschheit meiner Darlegungen. Du kommst hier mit einem Adhominem nach dem anderen. "Der Hawking, der issn Experte, und Du, Pertti, Du diskutierst ja nur um des Diskutierens willen". Jetzt wirds aber
richtig persönlich hier!
RogerHouston schrieb:Deine 35 Lebensbedingungen hast Du Dir ausgedacht
Ja na selbstverständlich habe ich die mir ausgedacht. Wir wissen es schließlich gar nicht, wie viele Bedingungen nötig sind, genauso wenig, wie wir deren Auftretenswahrscheinlichkeiten nicht kennen. Immerhin aber kennen wir schon einige Bedingungen, und von manchen haben wir sogar schon ne Vorstellung von deren Wahrscheinlichkeiten. Aber solange wir das nicht wirklich wissen, können wir eben auch keine wirkliche Aussage über die Wahrscheinlichkeit von Leben im Universum geben - speziell nicht über
weiteres Leben neben uns.
Wenn hier also irgendsoeiner aufschlägt und ne deftige Wahrscheinlichkeitsaussage abgibt - "Das Universum ist so groß, da sind Aliens man sicher!" - dann halte ich dem mein Beispiel von den (natürlich erdachten!) 35 Bedingungen entgegen. Denn, erdacht oder nicht, es zeigt
unwiderleglich, wie schnell unser riesiges bekanntes Universum nicht mal mehr unsere eigene Existenz als wahrscheinlich garantieren kann.
Mit anderen Worten: Wer Aliens als sicher behauptet, der muß schon den Nachweis erbringen, daß es nicht 35 Bedingungen für Lebensentstehung gibt bzw. deren Auftretenswahrscheinlichkeit nicht gemittelt bei nur 20% liegt. Wer das nicht entkräften kann, der kann keine Aliens als sicher oder hoch wahrscheinlich behaupten. (Außer, er hat nen Beleg für Aliens.)
Dafür reicht schon die pure Möglichkeit jener 35 Bedingungen á 20% aus.
RogerHouston schrieb:Du gibst die Rahmenbedingungen vor, setzt Wahrscheinlichkeiten, und ich soll das wiederlegen?
Beleg' Du, dass das und nur das richtig ist / sein kann!
Ja siehste, und da liegst Du nun mal mörderisch daneben. Denn ich behaupte ja überhaupt nicht
* daß es keine Aliens gibt;
* daß Leben 35 Entstehensbedingungen hat;
* daß die Auftretenswahrscheinlichkeit von Lebensbedingungen im Durchschnitt bei 1.4 bzw. 1 von 5, also bei 20% liegt.
Sondern ich wende mich gegen solche, die durchaus mit ner echten, handfesten Behauptung aufschlagen. Nämlich jene, die behaupten, daß das riesige Universum mit den zahlreichen Sternen die Existenz von Aliens garantiert oder höchst wahrscheinlich macht. Derjenige ists, der was behauptet, und der muß das dann belegen. Oder meine Entgegnung entkräften. - Und selbstverständlich behaupte ich auch was, nämlich daß jene 35 Bedingungen mit 20% Wahrscheinlichkeit Leben im Universum zu einer unwahrscheinlichen Sache machen würden. Und das ist durch die Rechnung belegt. Öffne doch einfach mal einen Rechner Deines Computers, schreibe "5*" rein und tippe dann 34 mal auf die "="-Taste. Im sichtbaren Universum gibt es bei mir bekannter Maximalschätzung 70 Trilliarden Sterne, 7 * 10^22. Wenn Dein Rechner bei meiner Rechenaufgabe eine höhere Zahl als 70.000.000.000.000.000.000.000 ausspuckt, dann garantiert das ach so riesige Universum nicht mal unsere eigene Existenz als wahrscheinlich. Natürlich nur für den Fall jener 35 á 20%, versteht sich.
Während ich also überhaupt nichts in Sachen "Gips Aliens?" behaupte, wende ich mich mit meinem Rechenbeispiel aber gegen solche, die hier tatsächlich was behaupten.
Die, mein Gutster,
die sind in der Pflicht, ihres zu belegen oder meine Entgegnung zu widerlegen. Aber sowas von!
Und wenn Du Dir diese Jacke anziehst, ebenfalls diese These zu vertreten, dann: ja, dann stehst auch Du in dieser Beweispflicht. Nicht jedoch ich.
RogerHouston schrieb:Zu Hawking siehe oben ... für mich quasi wie ein Gutachter, der zu seiner Kernkompetenz ein Statement abgibt. Muss nicht stimmen, hat aber erstmal Gewicht.
Häää??? Was für ne "Kernkompetenz" soll Hawking in Sachen Lebensentstehung gehabt haben? Zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit von Lebensentstehung fehlt diese Kernkompetenz sogar denen, die sich fachlich geschult und professionell mit eben dieser Frage der Lebensentstehung beschäftigen!