m.A.o schrieb:Das ist so der springende Punkt. Wenn die Räder sich auf der Erde befinden und sich von der Erde erheben, kann ich mit das mit dem aufrichten, also eine Art von aufstehen und nicht abheben vereinbaren.
Und wenn stehende Menschen sich erheben? Zum Beispiel gegen einen Tyrannen? Dann fliegen sie, ja? Selbst im Deutschen gibt es zahlreiche Verben, die zwar einen sehr physischen Bedeutungsgehalt haben, aber dennoch rein bildhaft verwendet werden können. Wenn sich jemand von Dir abwendet, muß er dafür auch nicht vor Dir stehen mit Blickrichtung auf Dich, und im nächsten Moment dreht er sich von Dir weg. Bei anderen Sachen wie "jemanden auf den Arm nehmen", "jemandem einen Bären aufbinden" usw. ist es noch deutlicher: hier liegt Bildrede vor. Auch im Hebräischen gibt es sowas. Und es gibt noch immer genügend Beispiele, wo das Aufdenarmehmen oder das Sichabwenden durchaus rein physisch gemeint ist. Aber das schließt nicht aus, daß es eben auch die rein übertragene Ausdrucksweise gibt.
Nur im Hebräischen, da darf es sowas nicht geben. Jedenfalls dann nicht, wenn der Gesenius es nicht ausdrücklich benennt. Wattene Einstellung!
m.A.o schrieb:Hier stellt sich die Frage, ob der unterstrichene Text sich auf alle 4 Räder gleichzeitig oder nur auf eines der 4 Räder bezieht
Hattenwa schon, aber Alzheimern ist natürlich schöner. Einfach in die parallele Beschreibung in Kapitel 10 schauen, da stehts ausdrücklich in Vers 10 drin:
und ihr Aussehen: Die vier hatten ein und dieselbe Gestalt, wie wenn ein Rad mitten im [anderen] Rad wäre.
Aber so gibts halt mehr Platz für Spekulatius.
m.A.o schrieb:Über die Aussage "WIE WENN" stolpere ich auch immer wieder, dann es sagt ja nich aus, dass es so ist. Es sieht nur so aus "als ob es so wäre".
Die Wortverbindung
ka'aschär, die in der Regel schlicht als Konjunktion "wie" eingesetzt wird, kann in der Tat zuweilen als "wie wenn" mit folgendem Verb im Konjunktiv eingesetzt bzw. übersetzt werden. Allerdings gibt es im Hebräischen auch dafür erkennbare Regeln, nämlich nur dann, wenn ein Irrealis vorliegt. Gesenius gibt für
ka'aschär in dieser (nach Gesenius' Zählung) dritten Bedeutungsweise zwei Textbeispiele an: Sacharja10,6:
Und ich stärke das Haus Juda und rette das Haus Joseph und lasse sie [wieder in ihrem Land] wohnen, denn ich habe Erbarmen mit ihnen, und sie werden sein, als hätte ich sie nie verstossen. Denn ich bin der HERR, ihr Gott, ich erhöre sie.
und Hiob10,19:
Als wenn ich nie gewesen, so wäre ich [dann]; vom Mutterschoss wäre ich zu Grabe geleitet worden!
Eindeutig geht es um etwas, mit dem verglichen wird, wovon man weiß, daß es gar nicht real ist / war.
Die Konjunktion
ka'aschär kann laut Gesenius auch als "weil" eingesetzt / wiedergegeben werden, ebenfalls noch als zeitlich gemeintes "wenn". Ansonsten bleibt die Grundverwendung als schlichtes "wie".
Will man das bei Hesekiel1,16 richtig übersetzen, kommt nur ein einfaches "wie" infrage, denn es geht ja um die Wiedergabe des Aussehens. Also kein "Weil", kein "Wann", und ebenso kein "Wie wenn + Konjunktiv = Irrealis". Will man nun nicht übersetzen als "wie das eine Rad inmitten des anderen", sondern als Satz (im Hebräischen fehlt ein Verb, aber es ist möglich, ein Hilfsverb gedanklich zu ergänzen), dann wäre als Übersetzung auch "wie wenn das eine Rad im anderen ist" möglich. Doch eben nur in dem Sinne, daß es nicht nur so aussieht, sondern auch genau so ist. Kann man auch gut erkennen an dem Anfang des Satzes:
und ihr Aussehen und ihre Verarbeitung war
Kann man sich bei einem "Und ihr Aussehen war wie [X]" noch vorstellen, daß etwas nur "so aussieht wie", ist dies bei
ma'aßäh, Beschaffenheit, Fertigung, Machart, eben nicht mehr so drin. Gemeint ist, "so ist es gemacht".
Man kann dem Hesekiel vorwerfen, daß er nicht einfach gesagt hat "und ich sah, daß ein Rad im andern war", sondern umständlich vom "Aussehen wie ein Rad im anderen" sprach. Aber Hesekiel ist nun mal ein Prophet, und er spricht von einer Vision, die er hat, auf hebräisch
mar'äh (so schon in Hesekiel1,1, oft mit "Gesicht" übersetzt). Und nun rate mal, welches hebräische Wort Hesekiel für "Aussehen" verwendet. - Bingo!!!
mar'äh heißt nicht nur Gesicht (Antlitz wie Vision), sondern auch Aussehen, Ansicht.
Na und da Hesekiel als ehemaliger Tempelpriester im Besonderen darum weiß, auf wie dünnem Eis er sich in Sachen Bilderverbot bewegt, spricht er eben nicht direkt davon, wie das Göttliche aussieht, sondern verklausuliert es als Erscheinung, Vision, als "Aussehen wie". Nicht um zu sagen, es sah halt nur so ähnlich aus, als wie..., sondern es sah als Visionsereignis genau so aus wie beschrieben, ist aber nur als Vision so zu sehen.
Ohne diesen Hintergrund mag man drüber stolpern "wieso so umständlich beschrieben, wenns als genauso aussehend gemeint wäre", aber diese "Vision" und das Bilderverbot im Hinterkopf ist die Beschreibung geradezu "exakt so und nicht anders möglich".
m.A.o schrieb:Weserdampfer schrieb:
18 Und ihre Felgen, sie waren hoch, und als ich sie anblickte, ⟨sah ich,⟩ dass ihre Felgen voller Augen waren[8] rings herum bei den vieren.
Wenn die Lauffläche der Räder aus vielen kleinen Kettengliedern bestand, dann sind diese ja mit irgendwas verbunden. Und wenn man sich so eine Panzerkette ansieht, dann kann man die Verbindungsteile (weis grad ned den Fachbegriff) mangels technischem Verständnis auch als Augen beschreiben.
Nur daß die eher wie Knöpfe, runde Verzierungen oder sonsterwas aussehen, nicht wie Augen. Nur im Umkehrschluß, wenn man über ne Beschreibung eines anderen nachdenkt, bei der "Augen" als Element vogegeben sind, kommt man dann auch auf die Idee. Issn bisserl wie mit den Flügeln. Wer bei heutiger Technologie nachsucht, kommt bei Heli-Rotorenblättern ebenfalls daruf, daß das zu Hesekiels Flügeln passen könnte. Fragt man sich dagegen, was so ein Eisenzeitler gesehen haben könnte, das er fälschlicherweise für "Flügel" hätte halten können, von Hesekiel und dessen Vorstellungswelt her denkend, würde niemand auf Heli-Rotorblätter kommen.
Es ist also ein Bias der falschen Herangehensweise. Du fragst nicht, was Hesekiel gesagt hätte, hätte er solche Kettenglieder gesehen, sondern nur, ob "
man" dies im Ernstfall ebenfalls hätte "Augen" nennen können.
Na und so ne Kette, die nicht komplett das Rad umschließt - Also "Felge" geht anders! Das Wort
gav heißt zumeist, Rücken, Buckel, Bogen, Erhebung. Hier ist eindeutig von "ihren"
gabbim die Rede, also dem Rücken, Buckel, Bogen der Räder bzw. deren "Erhebung". Wofür nur die Felge infrage kommt. So auch die Nebeneinanderstellung von Felge, Speiche und Nabe in 1.Könige7,33:
und die Bauart [ma'aßäh!] der Räder war wie die Bauart eines Wagenrades; ihre Halter und ihre Felgen und ihre Speichen und ihre Naben, das alles war gegossen.
Also genau die drei Elemente, aus denen sich ein Speichenrad zusammensetzt. Die Wiedergabe als "Felge" ist also eindeutig.
m.A.o schrieb:Versuche mal etwas zu beschreiben, ohne einem gewissen Hintergrundwissen.
Das ist in der Tat ein Problem. Aber nicht das von Hesekiel, sondern das von z.B. Dir. Was weißt Du denn schon davon, was in hesekiels damaliger Welt und Umwelt so alles an Göttergefährten vorkam, mit welchen Details, oder was er so alles an augenbedeckten Mythenobjekten kannte. Du kennst davon schlicht nichts, und daher mußt Du Dir halt mit dem "behelfen", das Dir geläufig und bekannt ist, und deutest die Hesekielbeschreibung dahingegend um. Und drehst den Spieß um: Hesekiel isses, der was wahrnimmt, zu dem er sich keinen Reim machen könne". Voll die Übertragung!
Wenn ich aber in Hesekiel1,10 zu den Cherubim (und den Rädern) lese:
und die Bauart der Räder war wie die Bauart eines Wagenrades; ihre Halter und ihre Felgen und ihre Speichen und ihre Naben, das alles war gegossen.
dann kommt mir dieser Geselle aus dem benachbarten Ägypten in den Sinn:
Original anzeigen (0,3 MB)ein ägyptischer Bes (ein Schutzwesen, das auch in Israel bekannt war und sogar in bildlicher Darstellung aus Kuntillet Agrud belegt ist). Der ist zweibeinig, hat ein menschliches und mehrere tierische Gesichter, auch sein Körper ist ein Mix aus Menschlichem und Tierischem. Dann hat er auch noch einen zweifachen Satz Flügel. Und schließlich Augen überall am Körper, auf den Armen und sogar auf den Flügeln. Nur daß es ein Bes ist und kein Cherub, aber die Übereinstimmung der Details ist arg frappant. Wieso also sollte ein Hesekiel, wenn es in "seiner Welt" doch genau "sowas" gab, was er da beschreibt, nicht auch genau "sowas" gemeint haben?
Nun ja, dazu müßte man freilich auch erst mal wissen, was es so alles in Hesekiels Umfeld als Reales oder Vorgestelltes wirklich gegeben hat.
Das Bes-Bild hatte ich übrigens schon auf Seite 7 eingestellt gehabt...
m.A.o schrieb:Wie würde so ein Einwohner dort irgendein von uns verwendetes Fahrzeug beschreiben?
Gute Frage. Wie würden sie denn? Weißt Du da was zu, oder denkst Du Dir nur was Dir Genehmes dazu aus, wie so ein Steinzeitheini (EvD) wohl ticken mag?