continuum schrieb:Dann erklär mir wie ein Wagen selbst mit den Rädern, dann aufstehen kann.
Nochmal: Die Belege für "sich erheben" im AT zeigen, daß mit "sich erheben" zuweilen eine richtige physische Bewegung gemeint ist, aber oft eben nicht. Und in letzteren wie ebenfalls in ersteren spielt der Aspekt des "aus einem Ruhezustand in einen Aktionsmodus wechseln", "aktiv werden", "loslegen" eine wichtige Rolle, kann sogar die einzige Bedeutung sein, die mit dem Begriff an der und der Stelle ausgedrückt werden soll. Das bedeutet: Wenn Rad und Cherub "sich vom Boden erheben", kann das heißen, daß die weder ihr Ausrichtung ändern (waagerecht -> senkrecht) noch ihre Positionierung (unten -> oben), sondern in stiller Mensch beginnt zu reden, ein stehendes Rad fängt an sich zu drehen, ein duldsames Volk wird mürrisch usw. Das hat nichts mit einem "erst liegen / sitzen / am Boden sein, dann aufstehen / sich in der Luft befinden", obwohl dies natürlich die ursprünglichste Bedeutung und eine durchaus gängige Verwendung ist bzw. sein kann / könnte. Muß aber nicht. Und wird zuweilen auch total nicht, was die Verwendung im AT zeigt.
Also muß ich Dir nichts erklären, was dort gar nicht ausgesagt wird.
Wie oft hab ich das jetzt hier im Thread schon angesprochen und erklärt und aufgezeigt? Und Du kommst noch immer damit an, als wär das hier noch nicht entkräftet.
THX1138 schrieb:Ist das nicht eine Frage der Einordnung, also auch wenn es für mich (Bspw.) eine Halluzination darstellt (nicht Real) es für jemand anderen einen realen Hintergrund hat?
Wikipedia meint dazu:
Im religiösen Kontext wird eine Vision, wenn sie als „echt“ (also nicht als Halluzination) betrachtet wird, auf einen realen äußeren Verursacher zurückgeführt. Dabei handelt es sich bei positiver Interpretation des Erlebnisses um eine Gottheit oder eine im Namen der Gottheit handelnde Instanz (beispielsweise einen Engel oder Heiligen), bei negativer Interpretation um einen Dämon oder Teufel.
Der Witz ist aber, daß die Vision bei Hesekiel, die vom Text her "selbstverständlich echt" ist, dennoch kein physisches Erleben meint, sondern ein psychisches. Der Prophet, wenn "die Hand des Herrn über mich kommt", bewegt sich körperlich nicht weg von dem Ort, da er sich befindet, wenn die Vision kommt. Seine Reisen z.B. nach Jerusalem erlebt er im Geist, nicht im Körper. Weswegen jene Menschen, die Hesekiel im Jerusalemer Tempel gerade eine abgöttische Kultveranstaltung zelebrieren, sich nicht an dem Loch in der Tempelwand stören, durch die Hesekiel zu ihnen eindringt, und sich auch nicht an dem JHWH-Priester Hesekiel stören, der sie gerade ertappt. Und auch die Ältesten, mit denen Hesekiel eben noch gemeinsam in einem Raum saß, stören sich nicht daran, daß der Prophet plötzlich leiblich verschwindet. Das Kommen der Hand des HERRN ist auch in 2.König3 beim Propheten Elischa geradzu ein
terminus technicus, ein prophetischer Fachausdruck für "in den Zustand der Ekstase gelangen". Ekstase, nicht physisches Wegsein. "Und brachte mich
im Geist nach Jerusalem".
Es kann auch prophetische Visionen geben, bei denen die Vorstellung ist, der Visionär würde das physisch erleben. Aber bei Hesekiel heißt es stets und ausschließlich "die Hand des HERRN kam über Hesekiel/ihm/mir". Durch das gesamte Hesekielbuch findet man diesen Ausdruck als eine Art Kapiteleröffnung, parallel zum noch häufigeren "das Wort des HERRN geschah zu Hesekiel/ihm/mir", womit dann eine Audition eröffnet wird. Sämtliche Sinnabschnitte lassen sich mit diesen beiden Sätzen voneinander abtrennen und so das gesamte Buch gliedern wie mit Kapitelüberschriften. Und auch bei den Auditionen hört keiner die Stimme Gottes außer dem Propheten, meint also ein psychisches Hören statt eines physischen Geschehens.
Kephalopyr hat völlig recht, Hesekiels Visionen sind laut eigener Darstellung des Buches eindeutig nicht physisch. Und das ist angesichts der in Jerusalem ertappten Götzendiener und der mitanwesenden Ältesten in Babylonien, als Hesekiel "im Geist" nach Jerusalem gebracht wurde quasi "durch Zeugen bestätigt", daß der Prophet nicht nur denkt, er erlebt das nur im Geist, aber in Wahrheit erlebt er da was in echt. Nein, es ist in echt "nicht in echt", sondern ein psychisches Erleben, eine Ekstase. Da aber gilt sie dem Hesekiel, dem Hesekielbuch und dem frommen Leser dann durchaus als echt, nicht als bloße Halluzination, sondern als gottgewirkt. Nur eben, nicht physisch. Auch prophetische Träume, Nacht"gesichte", gelten ja als nichtphysisch, aber "real".
Gibt also mitnichten nur die Extrema "entweder Hallu oder physisch real" im religiösen Verständnis. Und so billig sagts die Wikipedia auch gar nicht. Denn es wird nicht von einem "äußern Erleben" der Vision gesprochen, sondern von einem "äußeren Verursacher" der Vision. Und den gibts für den daran Glaubenden ja auch bei einer ekstatischen, rein psychischen Vision.
THX1138 schrieb:Ist das die Meinung der Experten mit religiösem theologischen Hintergrund oder nur Deine Interpretation?
Es ist nicht nur die Meinung der Erstgenannten, es steht auch ausdrücklich erkennbar so im Text des Hesekielbuch.
Du hingegen verstehst ja nicht mal einen neuzeitlichen muttersprachlichen Wikipediatext, Du wirst dann natürlich erst recht an einem deutlich über 2000 Jahre alten Text einer anderen Kultur in Übersetzung scheitern.